Der bemerkenswerte Weg des Emmo W.

  • 65. Teil: Good Times Gone
    (8. März 2014)


    Emmo und Wolfgang standen ab heute für eine Woche offiziell im Kader der ersten Mannschaft, und am Samstagvormittag saßen sie mit uns im Bus nach Wolfsburg. Die anderen Spieler kannten sie ja bereits vom gemeinsamen Training, aber natürlich auch von den beiden Testspielen, die sie in dieser Saison gegeneinander bestritten hatten. Gegen Wolfgang wurde sogleich gestichelt, denn seine drei Tore aus dem vorigen Juli waren nicht vergessen worden, und Emmo brachten sie schon deshalb trotz seiner Jugend einigen Respekt entgegen, weil sein außergewöhnliches Talent sofort auffiel, wenn er nur den geringsten Kontakt mit einem Fußball hatte.


    Als das Spiel begann, nahmen die beiden auf der Bank Platz zwischen Briant Alberti (TW), der kaum mehr Viertligaerfahrung hatte als sie, und den vier übrigen Feldspielern, die heute auf einen Einsatz hofften.



    (Quelle: Screenshot FM12, bearbeitet)


    Der Anpfiff war kaum erfolgt, als mein Handy mir meldete, dass ich eine SMS bekommen hatte. Erst wollte ich sie ignorieren, denn auf dem Platz ging es gleich mächtig zur Sache. Schon nach acht Minuten musste einer der beiden gegnerischen DM raus, weil er sich bei einem Zweikampf verletzt hatte. Aber dann schaute ich doch nach – und wünschte gleich, ich hätte es bleiben lassen.


    „Sehe da zwei Jugendspieler auf der Bank.“, schrieb Tim Krause, mein Herzens-Sportdirektor, der irgendwo auf der Tribüne sitzen musste. „Wagen Sie ja keinen Einsatz. Das ist hier kein Kinderkram!“


    „Boh!“, machte ich nur, und Daniel sah mich kurz fragend von der Seite an. „Ist nichts.“, wiegelte ich vorsorglich ab und steckte das Handy wieder weg. Aber mir schwante, dass da noch etwas nachkommen würde. Okay, wenn er Streit haben wollte – den konnte er kriegen. In diesem Moment beschloss ich, Emmo und Wolfgang auf jeden Fall zu bringen, wenn es irgendwie zu rechtfertigen war.


    Bis zum Halbzeitpfiff ging es beiderseits eifrig, aber ereignisarm hin und her. Martin Willmann (ST) machte ein reichlich schwaches Spiel, sodass es schon mal eine Überlegung wert schien, ihn Mitte der zweiten Hälfte durch Wolfgang zu ersetzen. Zehn Minuten nach der Pause gingen wir tatsächlich durch ein Eigentor mit 1:0 in Führung. Emmo blickte schon fragend zu mir herüber, und obwohl Winkelmann und Kluk auf den ZM-Positionen ein ordentliches Spiel lieferten, war ich nahe dran, auch ihn gleich einzuwechseln. Aber ich zögerte. Ein zweites Tor für uns, und die Entscheidung war klar. Doch momentan schien die Abwehr ein wenig zu schwimmen, und ich beschloss, noch etwas zu abwarten.


    „Das sieht eng aus.“, bemerkte Daniel nach einer Wolfsburger Chance in der 70. Minute. Natürlich war ihm bewusst, welche Überlegungen mir durch den Kopf gingen.


    „Du hast recht.“, sagte ich und dachte bei mir, dass auch ein Einsatz für die letzten zehn, zwölf Minuten noch ein deutliches Signal war. Ein Signal an Emmo und Wolfgang und ihre Eltern, was ihre Zukunftspläne anging, aber auch ein Signal an Tim Krause, dass ich mich einen Kehricht um seine Ratschläge scherte.


    Dann kam die 75. Minute. Noch eine Viertelstunde bis zum Schlusspfiff. Und just in diesem Moment fasste sich Mateusz Klich, der DM, der in den ersten Minuten eingewechselt worden war, ein Herz und jagte den Ball unhaltbar für René Melzer in den Winkel. Mist, dachte ich. Aber ein Punkt gegen den Verfolger wäre ja auch nicht ganz schlecht. Genau dasselbe schien gerade auch Arvid Lang gedacht zu haben. Er war Angreifer der Gastgeber, und im Anschluss an einen Doppelpass mit seinem Sturmpartner schob er den Ball durch vier oder sechs Abwehrbeine hindurch zur Führung für die Wölfe in unseren Kasten.


    Okay, damit war die Entscheidung gefallen. Nicht unbedingt über das Spiel, aber über die Personalmaßnahmen. Ich wechselte auf den Positionen ST und ZM, aber statt Wolfgang und Emmo schickte ich Zekiri und Jerat aufs Feld. Enttäuschung pur, das war klar, aber jetzt mussten alle anderen Überlegungen zurückstehen. Dass es am Ende nichts Zählbares brachte, war dann auch schon egal.



    (Quelle: eigene Tabellengrafik)


    Durchaus möglich, dass mein abruptes Verschwinden aus dem Stadion und aus Wolfsburg – statt des Mannschaftsbusses nahm ich den Zug – nicht wirklich gut ’rüberkam, aber ich ärgerte mich buchstäblich die Platze! Das Spiel verloren, eine Chance hinsichtlich der beiden Jungs vertan, und was am schwersten wog: der feine Herr Sportdirektor glaubte jetzt sicher, ich hätte mit meiner Entscheidung vor ihm gekuscht!


    Auch in den nächsten Tagen wurde meine Laune nicht besser. Reservespieler Deniz Kadah (ST) zog sich einen Achillessehnenanriss zu und fiel für neun Wochen aus. Das hatte zur Folge dass die zweite Mannschaft am nächsten Wochenende ebenfalls nur 16 gesunde Spieler hatte, und da ging es immerhin gegen den Tabellenführer.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Um nicht Gefahr zu laufen, dass da ein Schrumpfungsprozess einsetzte, machte ich gleich mal Verlängerungsangebote für die Reservespieler Felix Lopar (TW) und André Senger (OM), was uns monatlich 23.500 Euro mehr kosten würde. Beide unterschrieben umgehend, und mir war ein ganz klein wenig mulmig im Hinblick auf die Budgets.


    Zu den laufenden größeren und kleineren Ärgernissen passte es, dass die B-Jugend am Montag ihr Spiel, das ich mir seit längerer Zeit mal wieder ansah, gegen den Karlsruher SC klar mit 0:2 verlor. Jack und Joe begrüßten mich vor der Begegnung freundlicher, als ich es bei meiner derzeitigen Laune verdient gehabt hätte, und spielten auch nicht schlecht, konnten aber nicht verhindern, dass der Qualitätsmangel dieses Teams nicht zu übersehen war. Immerhin blieben sie mit jetzt acht Punkten Vorsprung auf einen Abstiegsrang Zehnter ihrer Liga. Die A-Jugend gewann beim FSV Frankfurt 3:1, aber daran ärgerte mich nun wiederum, dass Emmo und Wolfgang meinetwegen nicht hatten mitfahren können. Und die Krönung der schlechten Nachrichten war dann – vorerst – die, dass unser bester Jugendspieler, Reginald Zarb (RV), sich beim Training schwer verletzte.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Tja, die guten Zeiten, wie sie sich seit meiner Übernahme der ersten Mannschaft zu Jahresbeginn gezeigt hatten, gehörten momentan eindeutig der Vergangenheit an. Als Sportdirektor Krause mir auf dem Vereinsgelände entgegenkam und ganz kurz so etwas wie ein hämisches Grinsen aufsetzte, wäre ich um ein Haar ausgerastet.


    „He!“, rief ich ihm hinterher. „Ist irgendwas?“


    Er drehte sich nicht einmal um, als er zurückrief: „Besser, Sie gewinnen am Samstag mal wieder, sonst…“


    Den Rest verstand ich nicht. Vielleicht hatte er den Satz auch gar nicht beendet. Aber weshalb regte ich mich eigentlich auf? Selbstverständlich würden wir am Samstag das leichte Heimspiel gegen den HSV II gewinnen! Zumal Kalus (IV) und Duspara (LA) wieder fit waren. Da konnte gar nichts schief gehen, schon gar nicht so schief, dass mir Tim Krause am Sonntagmorgen den Sportteil des „OH Kleeblatt“ mit einem süffisanten Lächeln auf den Schreibtisch werfen würde.



    (Bildquelle: Screenshot FM12)


    Kaum hatte ich seinen Namen in diesem Wurschtblatt gelesen, sprang ich auf und stürmte um den Schreibtisch herum auf ihn zu.


    „Nur zu!“, grinste er, als ich vor ihm stand. „Macht sich auch gut, wenn Sie Ihren populären Sportdirektor verprügeln. Mitten in einer Niederlagenserie. Macht sich ausgesprochen gut!“


    Aber ich besann mich, schob ihn nur beiseite und lief hinaus. Pressefreiheit hin oder her, das ging mir entschieden zu weit! Wo fand man um diese Zeit einen wie Rob Referee? Die fällige Karteikarte fertigte ich, wie man sich denken kann, erst sehr viel später an diesem Tag an.



    (Quelle: eigene Tabellengrafik)


    Rob Referee aufzustöbern und zur Rede zu stellen, gelang mir nicht. Nur eine seltsame Beobachtung wusste ich nicht recht einzuordnen: Als ich am frühen Abend nach Hause kam, war mir so, als sähe ich einen Schatten aus der Hintertür unseres Hauses huschen. Einen männlichen Schatten. Aber natürlich konnte ich mich da auch geirrt haben…

  • [irony]"Kannst du mir noch mal die Vergangenheit erzählen die ich zwar selbst erlebt habe, aber schon länger als gestern her ist? Du kannst das immer so gut mit dem "Wir haben uns noch nie zuvor gesehen"-Stil!" - "Kein Problem, ich führe seit Jahren einen Almanach über meine Arbeit. Immerhin sollte man immer vorbereitet sein, falls man plötzlich Lust verspürt seine Memoiren zu verfassen." :D[/irony]
    Aber im Ernst: Reife Leistung! Für das Problem sein eigenes Werk nacherzählen zu müssen, hätte ich auch keine bessere Lösung anzubieten (im Gegenteil, in jedem zweiten Satz persönliche Rede, nur damit es authentischer würde, wäre eher nervig). Auf Anhieb habe ich jetzt oft nicht erkennen können, was alt ist, neu ist und was rekonstruiert wurde. Das erinnert ja fast an den gelungenen Wiederaufbau der Lübecker Innenstadt. Eine kleine technische Sache: Man muss schon genau hingucken, wo die beiden Zeitlinien ansetzen. Die beiden versteckten Spitzen habe ich aber gleich entdeckt. ;)
    Der sportliche Aspekt ist die gewohnte Kost, nur mit dem Unterschied des fehlenden Erfolges. Viel interessanter als die mutmaßliche Vereitelung des Durchmarsches ist aber das extreme Verletzungspech. Irgendwie hast du das gute Karma aufgebraucht und jetzt schlägt das Universum zurück. Daumen drücken, dass es langfristig ohne Nachwirkungen bleibt.
    Übrigens offenbart Malte nach längerer Zeit mal wieder, drücken wir es mal euphemistisch aus, paradiesvogelartige Züge. So schlecht scheint er bei den Medien ja gar nicht zu stehen, wenn das mit der Bahn ohne Folgen bleibt. Der Umtrunk war wohl auch im Separee, sodass da keine Zeugen Unruhe stiften konnten. Vielleicht spricht er ja einfach nur ständig mit den falschen Leuten. :tommy:
    Tja, und der letzte Satz: War das jetzt Freund oder Feind? Wenn der Schatten männlich war, dann gab es ihn auch. Vielmehr scheint da jemand die Wahrheit nicht wahrhaben zu wollen - und die ist irgendwo da draußen.
    Wäre übrigens nett, wenn es am Saisonende mal einen Überblick über die Tabellen gäbe.
    Eine Frage noch zum Abschluss: Irgendwelche Pläne außerhalb des Spielbetriebs?


  • 66. Teil: Halbwegs zurück in der Spur
    (8. März 2014)


    Um mich ein wenig zu entfrusten, unterzog ich am nächsten Morgen den Spielbericht vom Spitzenspiel der Schleswig-Holstein-Liga einer eingehenden Betrachtung.



    (Quelle: Screenshot FM12, bearbeitet)


    Nach diesem großartigen Erfolg lag Marius’ Team jetzt punktgleich mit Tabellenführer Pauli II auf dem zweiten Platz, und sie hatten durchaus die Chance, sich endlich die längst verdiente Teilnahme an den Relegationsspielen zur Regionalliga zu sichern. Absprachegemäß ließ Marius die Reserve schon seit einiger Zeit mit der gleichen Taktik spielen, mit der die erste Mannschaft so erfolgreich war, auch wenn einige Positionen (ZM, LA, RA) damit nicht optimal besetzt waren. Aber wie man sah, funktionierte es. Auch Tobias (LV), der nun schon fast zur Stammkraft in dem Team geworden war, lieferte regelmäßig solide Leistungen ab.


    Aber für meine erste Mannschaft war – vor allem nach einem Aufstieg in die Dritte Liga – von dort keine wirkliche Verstärkung zu erwarten.


    „Arne? Gut, dass ich dich erreiche. Ja, ich schlage mich immer noch mit dem Torwart-Thema herum, aber zurzeit scheint das aussichtslos. Der Transfermarkt ist wie leergefegt, und etwaige Kandidaten mit auslaufenden Verträgen sind entweder zu schwach oder zu teuer, was ihre Gehaltserwartungen angeht. Nein, Arne, kümmere dich doch jetzt bitte mal um Paolo Basile; das ist ein 21-jähriger Stürmer aus Grosseto, spielt da in der Reserve und sein Vertrag läuft aus. Ja. Ja, genau. Viel Erfolg, Arne!“


    Arne sagte noch irgendetwas wie, dass ich mich nicht zu sehr über Tim Krause ärgern solle, der sei halt mal so, aber da wollte es mir schon wieder hochkommen. Das Schlimmste war, dass tatsächlich Handlungsbedarf bestand. Zwar hätten wir uns, nachdem Wolfsburg gerade in Halberstadt ebenfalls verloren hatte, durchaus auch mal eine mittelfristige Schwächephase erlauben können, aber angesichts des unmöglichen Auftretens dieses, dieses… Sportdirektors – Spottdirektors! – kam eine weitere Pleite überhaupt nicht infrage. Zuerst zog ich ein Kurztrainingslager in Erwägung, aber angesichts der knappen Finanzen begnügte ich mich schließlich damit, für den nächsten Tag eine Krisensitzung einzuberufen. Krause wurde dabei ausdrücklich ausgeladen, obwohl er von seinem Aufgabenprofil her natürlich gerade dazugehört hätte, aber ich trug ihm auf, für mich das gleichzeitig stattfindende Spiel der A-Jugend anzusehen und mir einen Bericht über Emmo zu fertigen. Hätte er in dem Moment, da ich ihm das aufgetragen hatte, jemanden töten dürfen, ich bin sicher, der VfB Lübeck hätte sich einen neuen Manager suchen müssen.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Alle anderen – Spieler wie Trainer – waren gekommen, und es wurde eine sehr konstruktive und erfreuliche Aussprache. Ich machte deutlich, dass ich im nächsten Spiel in Cottbus mehr Kampf und Einsatz erwartete und dann die beiden letzten Spiele zu vergessen bereit war. Martin Willmann (ST) sprach den anderen aus der Seele, als er sagte, es sei einfach mal nur ein Drecksspiel gewesen, in dem nichts klappen wollte. Nun, er selbst hatte etliche gute Chancen versiebt, aber ich versprach ihm, dass wir gegen Energie II wieder genau so auflaufen würden wie zuletzt. Das gefiel den Spielern, und man konnte regelrecht sehen, wie entschlossen sie waren, zu den vorangegangenen Erfolgen zurückzufinden. Und zudem hatte ich den Eindruck, dass niemand hier den Sportdirektor vermisste.


    Der lieferte mir brav am nächsten Tag den geforderten Bericht ab; allerdings nicht ohne ihn so auf die Schreibtischkante zu knallen, dass er zu Boden fiel und ich ihn aufheben musste.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Der FC Ingolstadt 04 war zu Gast gewesen, und das Ergebnis von 1:0 wurde unserer Überlegenheit in keiner Weise gerecht. Aber natürlich freute ich mich besonders darüber, dass Emmo und Wolfgang gemeinsam das entscheidende Tor fabriziert hatten. Am schwächsten war erneut Raphael Kienast (LM), und das nahm ich zum Anlass für eine aus meiner Sicht schon länger fällige Maßnahme.


    „Wie siehst du uns aktuell und in Zukunft auf der linken Seite?“, fragte ich Kristian Gentner am Rande des Jugendtrainings am Nachmittag.


    „Naja, du weißt ja: hinten stehen wir gut da. Tobias ist zwar jetzt regelmäßig bei der Reserve dabei, aber Panaiotis macht seine Sache auch immer besser. Wo es fehlt, das ist die Offensive. Linksaußen kann praktisch keiner der Jungs spielen, und als LM fällt Raphael doch deutlich gegenüber dem restlichen Team ab.“


    Das sah ich genauso. Deshalb einigten wir uns darauf, dass Kevin sich unmittelbar die LM-Position draufschaffen sollte. Perspektivisch kam er dann vielleicht für mehrere Mittelfeldpositionen in Betracht.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    So, das war dann auch erledigt. Aber war da nicht noch was? Seit Tagen lief ich mit dem Gefühl herum, dass ich Sabrina unbedingt etwas fragen wollte. Aber mir fiel beim besten Willen nicht mehr ein, was es war. Nun gut, dann war es wahrscheinlich auch nicht wichtig. Einigermaßen zufrieden war ich hingegen am Samstag mit dem Spiel in Cottbus.



    (Quelle: eigene Tabellengrafik)


    Natürlich hätten wir viel deutlicher gewinnen müssen, aber wenigstens kamen die drei Punkte rein. Zudem hatten die Wölfe wieder nur Remis gespielt. Wir waren also wieder halbwegs zurück in der Spur Richtung Aufstieg. Aber wie sagte schon mein kluger Großvater, in Abwandlung eines Spruches meiner Großmutter, womit er sie fürchterlich ärgern konnte: Immer, wenn du denkst, es kommt ein Lichtlein daher, dann ist es bestimmt wieder nur irgend so ein leuchtendes Stück Sch****.



    67. Teil: Einiges läuft schief
    (22. März 2014)


    Beinahe wäre ich über die Nachricht, die ich noch am Samstagabend erhielt, einfach hinweggegangen.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Ach, dachte ich zuerst, das ist ja schön, dass der Lance so fit ist. Aber dann dämmerte mir, dass da irgendwas nicht stimmte. Wieso schickte mir Daniel Lippmann diese Nachricht?


    „Ich dachte mir, du solltest es wissen“, sagte er nur knapp, als ich ihn noch am selben Abend anrief, „immerhin macht er in der A-Jugend ja wohl sehr ordentliche Spiele, sagt Kristian.“


    „Ja, natürlich macht er das. Aber was…?“


    Doch mehr wollte er nicht sagen. Er brummelte noch etwas von Früh-schlafen-Gehen und legte auf. Und mir kam ein Gedanke. Als Nächstes hatte ich Marius Mattle am Rohr, der auch nicht gesprächiger war, aber immerhin konnte ich ihn dazu überreden, mir gleich mal den Spielbericht seiner zweiten Mannschaft vom heutigen Nachmittag zuzumailen. Beim SV Breitenfelde hatten sie 2:2 gespielt, was nicht eben befriedigend war, aber weitaus mehr entsetzte mich ein Blick auf die Reservebank.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Was folgte, war ein Riesentanz am heiligen Sonntag. Oculi mei semper ad Dominum (das war jetzt wieder meine Großmutter). Heiliger Fastensonntag hin oder her, was raus muss, muss raus. Ich rief Daniel, Kristian und Marius an und bestellte sie in mein Büro. Kristian kam als Erster, dann folgte Daniel. Wer nicht kam, war Marius.


    „Okay, das geht auch ohne ihn.“, erklärte ich. „Daniel, du wolltest mir mit deiner Nachricht also mal eben mitteilen, dass Marius einen unserer besten Jugendspieler abzieht, aber dann bei sich auf der Bank verschmoren lässt. Ist das so?“


    „Naja, ich dachte mir halt, du solltest es wissen.“, wiederholte er seinen Satz von gestern Abend.


    „Gibt es da ein Problem zwischen Marius und dir?“


    Jetzt druckste er erst einmal herum, ehe er mit einer Äußerung herausrückte: „Mit mir eher nicht. Obwohl ich das in keiner Weise richtig finde.“


    „Du willst sagen, Marius hat ein Problem mit mir?“ Naja, das war ja nichts Neues. Mich überraschte nur, dass er nach der scheinbar wiedergewonnenen Harmonie mich jetzt mit so einer Dämlichkeit provozieren wollte. „Was meinst du denn dazu, Kristian?“


    „Na, eins ist mal klar: Lance ist für unser Team eminent wichtig. Übermorgen in Fürth werde ich Yero May einsetzen müssen oder das System umstellen. Aber beides wirft uns im Kampf um den Aufstieg zurück.“


    „Okay“, sagte ich wutschnaubend, „vergiss den Aufstieg! Tim Krause soll schon mal vorsorglich den Antrag stellen, dass wir auch im Falle des sportlichen Aufstiegs in der dritten Liga verbleiben werden. So läuft das hier nämlich nicht, habt ihr das verstanden?


    Außer mir vor Ärger stapfte ich aus dem Zimmer, vermutlich mit hochrotem Kopf und ebenso hohem Blutdruck. Die Tür knallte ich hinter mir zu. Erst als ich draußen im Gang stand, fiel mir auf, dass ich ja gerade mein eigenes Zimmer verlassen hatte und eigentlich die anderen hätten gehen müssen. Nun, um mir keine Blöße zu geben, riss ich die nächstbeste Tür auf und betrat den dahinter liegenden Raum.



    Minnie Mangold quietschte laut, als sie mich hereinkommen sah. Dabei hatte sie nur gerade vor dem Spiegel gestanden und ihr Make-up überprüft. Ich gab vermutlich ein ziemlich blödes Bild ab, aber da hatte sie sich schon wieder gefangen.


    „Ist ja gut, Malti! Deine Minnie-Mausi ist ja da…“


    Ich war entschieden der Meinung, dass sich hier einiges ändern musste.



    Der letzte Punkt fiel mir erst ganz zum Schluss ein. An den meisten Kursen hatte ich ja bereits teilgenommen, aber die Abschlussprüfung fand erst im Mai statt, und bis dahin musste ich unbedingt in allen Punkten fit sein. Ich überlegte mir sogar, ob es nicht von Vorteil war, wenn ich mich mal wieder für eine Weile in Bonn einquartierte. Sozusagen um ein bisschen Abstand zu gewinnen. Andererseits ließ sich nicht leugnen, dass ich hier gebraucht wurde und dass mein Platz zum Arbeiten in Lübeck war, im Verein, bei meiner Mannschaft.


    Dennoch verging die nächste Woche, ohne dass ich in irgendeiner Weise vorangekommen wäre. Krause und Mattle gingen mir aus dem Weg, Kristians Team gewann auch ohne Lance 2:0 bei Greuther Fürth und blieb Tabellenführer, wobei erneut Emmo und Wolfgang – mit Unterstützung von Kevin – es waren, die für die Tore sorgten.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Tim Krause teilte mir per SMS mit, dass es nicht möglich sei, eine Jugendmannschaft vom Aufstieg zurückzuziehen. Da ich ihm das schon grundsätzlich nicht glaubte, rief ich in Hennef den Ausbilder an, der für Statuten- und Regelfragen zuständig war, und der bestätigte mir das leider. Nur drohende Insolvenz, Auflösung einer Jugendsparte oder andere wichtige Gründe rechtfertigten einen derartigen Schritt. Nun ja, letztlich war das natürlich auch nicht wirklich wichtig gewesen.


    Paolo Basile (ST, 21, Stärke 59, Talent 5) erwies sich nach Arnes Bericht tatsächlich als interessante Option für eine Verstärkung des Angriffs. Ich bot ihm monatlich 55.000 Euro ab 1. Juli, lehnte seinen Wunsch auf ein Handgeld aber ab. Grosseto, sein aktueller Verein, setzte ihn daraufhin sogleich auf die Transferliste. Als Nächstes erteilte ich Arne einen Scouting-Auftrag für einen Torwart aus Foggia.


    „Ja, Foggia. Wie der Nachname von Andrea, unserem jungen DM.“ Eigenartig – hatte ich nicht kürzlich gerade etwas ganz Ähnliches zu Arne gesagt? „Er heißt Daniel Lück, ist 22, hat einen Marktwert von 60.000 Euro und soll abgegeben werden. Okay, danke, Arne!“


    Die Woche endete mit einem mäßigen Heimspiel gegen den Tabellen-16., Paloma Hamburg, wofür unser Sponsor sogar eine Siegprämie von 4.300 Euro auslobte.



    (Quelle: eigene Tabellengrafik)


    Das Erfreulichste daran war, dass Wolfsburg erneut patzte; unser härtester Verfolger verlor 0:1 in Havelse, sodass wir nun schon die Faustformel erfüllten, die meistens einen Vorsprung sicherte: mehr Punkte Vorsprung (10) als ausstehende Spiele (9). Trotzdem durften wir natürlich nicht sorglos werden. Am selben Tag verlor Marius’ zweite Mannschaft an der Lohmühle mit 0:1 gegen den VfR Neumünster und fiel auf Platz 3 zurück. Linker Verteidiger spielte wie gehabt Tobias Ribbeck, und wer saß wieder das ganze Spiel auf der Bank? Der fitte Lance Lott!


    „Pass auf, Marius.“, sagte ich zu seinem Anrufbeantworter. „Ich sehe ein, dass es dir an Ersatzspielern fehlt. Aber das liegt vor allem daran, dass du keinen zweiten Torwart hast, einen RM dagegen brauchst du überhaupt nicht! Du kannst dir gern Robin oder Hany als Keeper ausleihen, das fände ich sogar für beide sehr gut. Aber zieh mir verdammt noch mal keine Jungs ab, die dann bei dir auf der Bank versauern! So, und jetzt gibt es für dich noch eine Anweisung: Du spielst ab sofort nicht mehr das 4-2-4-System, das die Erste praktiziert. Hast du das verstanden?“


    „Klick.“, sagte der Anrufbeantworter.


    Mit Emmo sprach ich hin und wieder, wenn wir uns auf dem Trainingsgelände begegneten. Aber auch er wirkte distanziert, was an der leidigen Vertragsfrage liegen mochte, vielleicht aber auch daran, dass die anderen Trainer zurzeit nicht so positiv über mich sprachen. Mir war es gleichgültig. Ich erfuhr aber, dass er immer noch mit seiner Freundin Effie zusammen war, die seit kurzem in der ersten Frauenmannschaft spielte und mit ihr beachtliche Erfolge feierte.


  • Hallo Single, Walla ist auch wieder da. War schon wieder länger weg. Immer stres :). Ich wollte jetzt nur einmal sagen - Du bist einer der letzten positiv Verrückten. Zuerst müssen wir unsere Geschichten im anderen Forum einstellen, wegen Zuschauerschwund. Dann machst Du Dir die Arbeit einer Nacherzählung und einer Weiterführung Deiner Geschichte. Dann kommt es zum Black Friday. Und jetzt beginnst Du wieder ganz von "vorne". Cool. Was das für eine Arbeit ist. Respekt. Alleine dafür verdienst Du einen Orden :). Man merkt, dass da sehr viel Liebe, sehr viele Gedanken und Überlegungen drinnen stecken. Und sehr, sehr, sehr viel Arbeit auch.


    Ich habe jetzt leider ein paar Teile übersprungen, die muss ich noch nachlesen. Mit ist früher nie aufgefallen, dass Du den Herrn Duspara verpflichtet hast. Der kam aus der Jugendabteilung von Sturm Graz. Finde ich extrem cool. Mach weiter und ich gehe mal nachlesen :)


  • 68. Teil: Jeder stresst so gut er kann
    (31. März 2014)


    Sensationell war es nicht, aber doch recht vielversprechend, was Arne über Daniel Lück zu berichten wusste.



    (Quelle: Screenshot FM12, bearbeitet)


    „Er ist erst 22“, schwärmte er, „da lässt sich an den Schwächen durchaus noch arbeiten. Und Foggia will nur 35.000 Euro für ihn haben.“


    „Aber das sind ja 25 Mille weniger als sein Marktwert!“, stellte ich begeistert fest.


    Kurzentschlossen rief ich Rob Referee an und bekundete mein Interesse daran, den Spieler unter Vertrag zu nehmen; das sollte er so veröffentlichen. In seiner Rubrik „Transfervorbereitungen“. Und dann konnte ich mir einen kleinen Seitenhieb in Marius’ Richtung nicht verkneifen. Jack Warners aktueller Mentor war ja Kevin Samide, der im Sommer nach Sarajewo wechselte und deshalb nicht mehr sonderlich motiviert war. Vermutlich war das auch der Grund dafür, dass er für Jack nicht mehr der richtige Mentor war, und bevor mich mal wieder dessen alter Herr anrufen konnte, sah ich mich selbst nach einem neuen Mentor für ihn um. Da fiel mir auf, dass wir ganz aktuell einen geeigneten im Reservekader hatten.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Okay, ich sprach mit den beiden, und Lance war sogar sehr froh, eine solche Aufgabe zu bekommen.


    „Es ist echt ziemlich ätzend, bei der Reserve nur tatenlos zuzugucken, wie sie ihre Aufstiegschancen verspielen. Jack und ich kennen uns ja durch Emmo schon sehr gut, und vielleicht kann ich ihm tatsächlich auch ein bisschen was beibringen.“


    „Wie sieht’s denn bei euch zurzeit aus?“, fragte ich Jack.


    „Naja, den Klassenerhalt werden wir wohl schon schaffen. Momentan sind wir Zehnter, mit zehn Punkten Abstand auf die Abstiegsränge. Von den letzten sechs Spielen haben wir aber nur eins verloren.“


    Ich freute mich, dass sie nicht gleich wieder abzusteigen drohten. Mit der B-Jugend hatte mein Engagement für den VfB Lübeck begonnen, und irgendwie fühlte ich mich auch immer noch ein bisschen für sie verantwortlich. Auch wenn ich mich jetzt bedeutend intensiver um die Männer kümmern musste, was trotz der Erfolge mitunter viel Kraft und Nerven kostete. So kam am Mittwoch René Melzer zu mir und fragte mich, ob für seine Position (Torwart) für die kommende Saison Verstärkungen geplant seien.


    „Na, René“, sagte ich, weil ich ihm natürlich nichts vormachen wollte, „das weißt du doch selbst, oder? Kann ja sein, dass du die Nummer Eins bleibst, aber Verstärkung brauchen wir unbedingt, wenn wir aufsteigen.“


    Seine Reaktion verblüffte mich total: Er war regelrecht geschockt, anders konnte man es nicht nennen. Mich veranlasste das jetzt nur dazu, die Sache mit Daniel Lück aus Foggia zu beschleunigen. Ich bot seinem Verein die verlangten 35.000 Euro, und das Budget umfasste eine solche Summe auch locker. Trotzdem intervenierte das Präsidium zu meinem grenzenlosen Erstaunen.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    „He, Jérôme, das kannst du nicht machen!“, rief ich in den Hörer, noch ehe er sich am anderen Ende gemeldet hatte. Er meldete sich auch gar nicht. Stattdessen säuselte mir eine andere, wohlbekannte Stimme entgegen.


    „Tut mir leid, der Präsident ist nicht da.“


    „Ach du, Minnie? Komm, sag mir, wo er ist. Ich muss ihn unbedingt sprechen!“


    „Herr Vollborn möchte nicht gestört werden. Lassen Sie sich bitte von seinem Vorzimmer einen Termin geben, wenn es wichtig ist.“


    „Aber Minnie! Ich bin’s, Malte! Was heißt… ist er nicht da oder will er nicht gestört werden? Und sein Vorzimmer, das bist ja jetzt offenbar du. Hey, was soll der Mist?“


    Aber da hatte sie schon aufgelegt. Ich drückte die Wahlwiederholung, doch jetzt kam nur noch die Mailbox. Nun, das Abwimmeln von Anrufern schien sie ja inzwischen ganz gut gelernt zu haben. Ich machte mir jedenfalls erst mal einen Zettel, mit wem ich in der nächsten Zeit sprechen wollte. Allerdings verschwanden diese Zettel dann meistens irgendwo oder ich fand sie wieder und wusste nicht mehr, was ich mir dabei gedacht hatte.



    Natürlich hatte ich eigentlich vor allem mit Marius zu reden, aber den auf die Liste zu setzen, widerstrebte mir. Sollte er sich doch melden! Aber er tat es nicht, rief nicht zurück und zeigte sich auch nicht beim Training, wenn ich da war. So entschloss ich mich, am Dienstag mal wieder beim Spiel der A-Jugend gegen Wacker Burghausen vorbeizuschauen, um mir einen Eindruck davon zu verschaffen, wie Kristians Jungs ohne Lance auskamen. Fraglos hätte es mir zusätzliche Munition geboten, wenn sie ohne ihren standardmäßigen RM schwächelten, aber davon konnte überhaupt keine Rede sein. Ich sah nur zwanzig Minuten der ersten Halbzeit, und da war nicht die geringste Schwäche auszumachen.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    „Zwei“, antwortete Kristian stolz, als ich ihn später anrief, „zwei Tore haben sie noch gemacht, nachdem du weg warst. Eins Emmo, das letzte Bruno. 5:0! Wolfgangs Hattrick war natürlich die Krönung, aber letztlich haben sie alle super gespielt. Ich kann dir nur sagen: wenn die aufsteigen – und daran kann man jetzt kaum noch zweifeln – , dann haben sie es sich redlich verdient.“


    „Und Lance wurde nicht vermisst?“, fragte ich zögernd.


    „Hör zu, Lance ist natürlich ein echt guter RM, aber das Team ist jetzt auch imstande, einzelne Ausfälle aufzufangen. Außerdem habe ich schon gehört, dass er ja nächstes Mal wieder dabei ist.“


    Soso, hatte er gehört. Da schienen meine Subalternen ja sehr gut miteinander zu kommunizieren. Ich war mir nicht sicher, ob ich das gut finden sollte. Aber dann konzentrierte ich mich auf die Vorbereitungen für das nächste Regionalligaspiel, denn dabei handelte es sich immerhin um das möglicherweise mal wieder letzte Schleswig-Holstein-Derby für längere Zeit.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Die Kieler hatten ihre Pläne für einen direkten Wiederaufstieg längst begraben müssen. Sie lagen auf einem für ihre Fans traurigen zehnten Platz und hatten aus den letzten drei Spielen nur einen mickrigen Punkt geholt. Nach 25 Spielen waren wir ihnen sage und schreibe 27 Punkte voraus, aber das bedeutete keineswegs, dass es für uns einfach werden würde.



    (Quelle: eigene Tabellengrafik)



    69. Teil: Rache ist Krause
    (6. April 2014)


    Die Reserve gewann übrigens ihr Spiel am selben Tag mit 3:1 beim TSV Kropp, und zwar ohne Lance auf der Bank. Marius hatte tatsächlich auf ein 4-4-2 mit großer Raute umgestellt, und wenn man mal von den vier eingeheimsten gelben Karten absah, waren offenbar alle Spieler gut damit zurecht gekommen. Na also, sagte ich mir, es ging doch!


    Am Sonntag widmete ich mich wieder dem leidigen Thema Vertragsangebote. Co-Trainer Daniel Lippmann belohnte ich mit einer Verbesserung und Verlängerung bis 2017, die er dankend annahm. Ob Marius Mattle das als ein Signal verstand? Vermutlich nicht. Auch für Wolfgang und Emmo stockte ich das zu erwartende Monatssalär noch einmal auf (25 bzw. 15 Teuronen), und ich besuchte sie sogar persönlich zu Hause, um ihnen jeweils in Gegenwart ihrer Eltern den Umschlag mit dem Angebot zu übergeben. Und schließlich hatte ich dann doch noch einen möglicherweise interessanten Keeper für uns aufgetan, der jung und ablösefrei war, wenngleich nicht übermäßig talentiert und daher wohl doch eher die kleine Lösung.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Noch am Nachmittag kam Emmo in meinem Büro vorbei, und ich sah ihm gleich an, was der Grund für seinen Besuch war.


    „Es ist echt nur zum Kot***!“, fluchte er. „Mein Alter meint, er müsse da jetzt den ganz coolen Abzocker raushängen lassen.“


    „Weiß er davon, was die anderen kriegen?“, wollte ich wissen. Und offenbar war genau das das Problem.


    „Das Blöde ist, dass er Wolfgangs Vater gut kennt. Der alte Zurawsky war sogar mal sein Vorgesetzter, und jetzt passt es ihm überhaupt nicht in den Kram, dass dessen Sohn mehr bekommen soll als ich.“


    „Tja, dumm gelaufen. Aber ehrlich, Emmo: wenn ich bei dir noch höher rangehe, kann ich das Jérôme nicht mehr plausibel machen. Der sagt dann glatt, du sollst einfach noch ein Jahr länger in der Jugend spielen, und damit hätte er nicht mal unrecht.“


    „Vielleicht ist das ja auch besser.“, sagte er mit hängendem Kopf. „Von den 15 Mille müsste ich sowieso mindestens vierzehn an meinen Alten rausrücken, verlangt er. Weil es in meinem Alter nicht gut wäre, so viel Geld zu haben.“


    „Macht Kevin das denn auch?“


    „Ach, der! Kevin ist anders, außerdem ist er schon volljährig. Der lässt sich von unseren Eltern nichts sagen, hat den Vertrag einfach unterschrieben und zieht nächste Woche zu ein paar Kumpels auf der anderen Seite der Stadt. Der Alte ist nur am Fluchen und scheint sich jetzt auf mich eingeschossen zu haben.“


    „Wärst du denn auch bereit, noch ein Jahr in der A anzuhängen? Ich meine, der Klassenerhalt wäre eine echte Herausforderung, du spielst wieder mit Jack und Joe zusammen und außerdem hast du da im Zweifel die besseren Möglichkeiten, dich weiterzuentwickeln.“


    „Ja, du hast recht. Vielleicht hat das was. Und vielleicht wird auf die Art ja doch auch ein anderer Club auf mich aufmerksam.“


    Ich hätte es ihm nicht verdenken können, wenn er abgewandert wäre. Zwar war das Geldproblem beim Angebot eines anderen Vereins das gleiche, aber dann hätte Emmo einen Grund gehabt, bei seinen Eltern auszuziehen. Nur war natürlich die Frage, was seine Freundin Effie dazu sagen würde.


    Wenigstens Wolfgang sagte zu, sodass jetzt alle meine Wunschkandidaten für die nächste Saison in der Reserve spielen konnten. Und auch Pascal Nagel, der Torwart aus Hannover, nahm mein Vertragsangebot erstaunlich prompt an. Insofern begann die Woche dann doch noch ganz erfreulich. Am Dienstag fuhr ich sogar ausnahmsweise mal wieder mit der A-Jugend zum Auswärtsspiel, das in Braunschweig stattfand und bei dem auch endlich Lance wieder dabei war. Trotz schwacher Leistungen von Stephan (RV), Ingo (IV) und Robin (TW) gewannen sie ziemlich locker 3:1, und Wolfgang bestätigte seine zurzeit großartige Form wieder mit zwei Toren.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Besonders interessant fanden Kristian und ich gleichermaßen, wie gut sich Kevin jetzt immer wieder auch auf anderen Positionen zurechtfand. Er hatte vielleicht nicht das Talent seines Bruders, aber dennoch entwickelte er sich zu einem sehr vielversprechenden Spieler für den Verein. Bei noch sechs ausstehenden Spielen hatten die Jungs jetzt 14 Punkte Vorsprung gegenüber dem Dritten und den Aufstieg in greifbarer Nähe. Vermeintliche Größen wie Düsseldorf, RB Leipzig und Greuther Fürth ließen sie locker hinter sich.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    All das versetzte mich in eine äußerst gute Stimmung. Das hätte durchaus bis zum Wochenende so bleiben können, wäre da nicht dieser Anruf auf meiner Mailbox gewesen, als ich am Morgen nach dem Braunschweig-Ausflug wieder in mein Büro kam.


    „Guten Tag, Herr Womerde.“ Die Stimme erkannte ich auch, ohne dass Tim Krause seinen Namen sagte. „Sie wurden heute bei der kurzfristig von mir angesetzten Teambesprechung vermisst. Da wird es Sie interessieren, dass ich in Vertretung für Sie ein paar Vertragsgespräche geführt und die Ablöseforderungen neu festgelegt habe. Übrigens wäre auch mein Heimatverein, die TSG Wattenbach, für die kleine Aufwandsentschädigung von 35.000 Euro zu einem Freundschaftsspiel bereit. Man wartet dort nur noch auf Ihr Okay. Einen schönen Abend noch!“


    Ich kochte. Von einem Moment auf den anderen war es aus mit der guten Laune. Durfte der das überhaupt, was der da gemacht hatte? Ich wühlte in meinem reichlich unsortierten Aktenschrank und fand nach einer Weile die Stellenbeschreibung für einen Sportdirektor.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Nun, und wenn ich nicht da war, dann vertrat er mich in all diesen Aufgaben; das stand unter Paragraph 7 oder so. Na warte, Tim Krause, jetzt ist es an der Zeit, dass dir das Lachen vergeht! Die einmal herausgesuchten Unterlagen enthielten nämlich auch für mich etwas Interessantes, und das besagte, dass sich die Position eines Mitarbeiters einseitig, also ohne dessen Zustimmung verändern ließ. Und das machte ich jetzt!



    (Quelle: Screenshot FM12)


    So, verehrter Herr Krause, sagte ich freudig zu mir selbst und rieb mir vergnügt die Hände, ab sofort hat der VfB Lübeck einen neuen Bauleiter!


    Bleibt noch das Spiel am Samstag gegen Werder Bremen II zu erwähnen. Herr Dutt war leider nicht persönlich erschienen, und vielleicht war das der Grund dafür, dass es – zumindest in den Augen eines anwesenden lokalen Klatschblattreporters – keine Partie auf sehr hohem Niveau wurde.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Wegen der Verletzung von Wolf (ST) berief ich den jungen Kai Köppel aus der Reserve für zwei Wochen in den Kader und übertrug ihm auch gleich die verantwortungsvolle Aufgabe, neben Martin Willmann die zweite Spitze zu spielen. Er schlug sich mäßig, sodass ich ihn nach einer Stunde wieder herausnahm. Aber bis auf einen Geistesblitz von Kluk zeigten auch alle anderen keine sonderlich begeisternde Leistung.



    (Quelle: eigene Tabellengrafik)



    70. Teil: Aufstieg Nummer eins
    (15. April 2014)


    Am darauffolgenden Dienstag erlebte das Lohmühle-Stadion etwas, das es bis dahin vermutlich noch nicht gegeben hatte, nämlich dass die Tribüne bei einem Jugendspiel brechend voll war.



    Gegen Fortuna Düsseldorf sollte heute der Aufstieg in die zweite Klasse perfekt gemacht werden. Eltern, Mitschüler, Spieler der unteren Jugendklassen und sogar einige der Profis waren erschienen und machten mächtig Remmidemmi; es war eine regelrechte Partystimmung.


    „Hallo Jack! Hi Joe! Schön euch auch hier zu treffen!“


    „Na, das wollen wir uns doch nicht entgehen lassen.“


    Emmos Kumpels aus der B-Jugend hatten sogar ein Spruchband dabei, das sie zusammen mit anderen aus ihrer Mannschaft extra für diesen Tag gefertigt hatten und das sie nun ausrollten und so spannten und hochhielten, dass einige der Kleineren sich beklagten, sie könnten nichts sehen.



    „Wie läuft`s denn bei euch so?“, erkundigte ich mich.


    „Ach, naja, es geht so.“, sagte Joe Everswald, den sie jetzt immer Joe Cool nannten, weil er sehr ballsicher geworden war und auf dem Platz viel Ruhe ausstrahlte. „Aber die dritte Liga ist schon schwer, zumal wenn so Typen wie Emmo nicht mehr dabei sind. Absteigen werden wir zwar wohl nicht, aber wir haben auch schon lange nicht mehr gewonnen. Gerade gestern gab es eine 0:1-Klatsche in Mannheim.“


    „Hab’ ich gehört. Aber nächste Saison wird es womöglich noch haariger, wenn ihr in der A-Jugend noch eine Etage höher die Klasse halten wollt.“


    „Stimmt, das wird echt schwer. Meinst du denn, Emmo wird da noch dabei sein?“


    „Ehrlich, ich weiß es nicht. Aber wie wäre es, wenn du ihn mal darauf ansprichst? Voriges Jahr ward ihr ja doch ein super Team zusammen.“


    Er versprach es, und mir war diese Vorstellung inzwischen sogar auch lieber. Doch dann begann das Spiel, und es ging gleich von Beginn an ganz schön zur Sache. Die Düsseldorfer lagen zwölf Punkte hinter Bochum, dem Tabellenzweiten, und hatten die Hoffnung offenbar noch nicht ganz aufgegeben, ebenfalls noch oben mitmischen zu können. Innerhalb kürzester Zeit holten sich ein gegnerischer IV sowie Stephan (RV) und Panaiotis (LV) gelbe Karten ab, aber Zählbares brachte die erste Hälfte nicht. Dann jedoch kamen die Gäste ganz neu motiviert aus der Kabine, oder man musste wohl sagen: übermotiviert. Erst wurde Emmo im Strafraum zu Fall gebracht, und Wolfgang (ST) verwandelte den fälligen Strafstoß; dann grätschte der schon verwarnte IV einem Lübecker von hinten in die Beine und musste dafür vom Platz. Vierzig Minuten noch zu spielen, das in Überzahl bei einer 1:0-Führung – die Anhänger unserer Mannschaften feierten schon mal und machten einen ohrenbetäubenden Lärm. Deshalb konnte ich auch nicht verstehen, was Rob Referee ein paar Meter weiter vor sich hinmurmelte.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Das Spiel war seit dem Platzverweis jedenfalls bedeutend ruhiger geworden, Emmos Team hatte den Gegner im Wesentlichen im Griff, nur Bruno (ST) sah noch Gelb wegen Meckerns. Eine Viertelstunde vor Schluss fiel dann die Entscheidung, als unsere beiden Spitzen die Düsseldorfer Abwehr aushebelten und erneut Wolfgang Zurawsky zum 2:0 traf.


    „Hast du das gesehen?“, sagte ich zu Daniel Lippmann, der neben mir stand. „Einfach stark! Der Wolfgang hat jetzt in drei Spielen sieben Tore gemacht!“


    Daniel nickte anerkennend. „Da scheinst du ja doch recht gehabt zu haben, was deine Einschätzung des Jungen angeht.“


    Nach einer selten homogenen Leistung – alle Lübecker bekamen Noten zwischen 2,0 und 3,0 – endete die Begegnung 2:0, und der Jubel kannte keine Grenzen. Die A-Jugend hatte gerade den Aufstieg in Liga zwei geschafft! Daniel und ich gingen gleich zu Kristian Gentner hinüber, um ihm zu gratulieren, und natürlich wurden auch die Spieler selbst gebührend beglückwünscht.


    „Na, Malte, Zweite Liga – schaffst du das mit den Männern auch noch?“, lachte Kristian am Abend, als wir mit etlichen anderen im Finnegan saßen.


    Ich lachte mit. „Na, warte mal ab. Erstmal wollen wir ja in die Dritte, und dann sehen wir, ob wir uns da festsetzen können.“


    „Pass bloß auf, dass du nicht zu erfolgreich wirst! Hast du gehört, wer in letzter Zeit wieder vermehrt beim Präsidenten auf der Matte steht?“


    „Wie, wer? Sag jetzt bloß nicht, Gaston Deneuve?“


    „Eben jener!“


    Das war ja wohl wirklich nicht zu fassen. Besaß der geschasste Manager die Chuzpe…? Aber heute wurde erst mal gefeiert, und bis zum Spiel am Samstag hatte ich mich entschlossen, die Nachricht nicht weiter ernst zu nehmen. Und auch da gab es genügend Grund, sich nicht mit schweren Gedanken zu belasten.



    (Quelle: eigene Tabellengrafik)


    Nach diesem Spieltag war klar, dass allenfalls Wolfsburg II uns die Spitze noch streitig machen konnte. Immerhin waren sie zuletzt auf die Erfolgsspur zurückgekehrt und gewannen ein Spiel nach dem anderen. Nicht viel anders sah es eine Woche später aus.



    (Quelle: eigene Tabellengrafik)


    In den noch ausstehenden fünf Spielen mussten wir also sechs Punkte holen, oder anders ausgedrückt: wenn wir die beiden nächsten Partien gegen Torgelow (Platz 9) und Meuselwitz (Platz 13) gewannen, waren wir durch!


    „Sag mal, wie heißt der Keeper da bei Hertha?“, fragte mich Daniel während des Spiels und konnte sich ein Lachen kaum verkneifen.


    Ich warf einen Blick auf meine Notizen und antwortete: „Zecke.“



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Daniel kicherte vor sich hin. „Meinst du, das ist der kleine Bruder von Zecke Neuendorf?“


    „Nee, dann müsste er ja Neuendorf heißen. War Zecke nicht so etwas wie ein Künstlername?“


    „Genau! Deshalb finde ich das ja so komisch!“


    Aber es gelang uns nicht, diese Frage heute noch zu klären. Die Stimmung war jedenfalls allgemein sehr gut, und am nächsten Morgen wurde sie sogar noch besser. Es war Ostersonntag.



    (Quelle: Screenshot FM12)

  • So, jetzt lasse ich auch mal einen Kommentar da! Alle Story´s sind so ziemlich an mir vorbeigegangen... Respekt, was du in dieser kurzen Zeit alles geschrieben hast! Da hätte ich gar nicht die Zeit dazu. Diese Interviews sind sehr schön aufbereitet und angenehm für das Auge zum Lesen. Anscheinend bist du mit dem VfB Lübeck zurzeit voll auf der Erfolgspur. Für den Saisonendspurt wünsche ich euch alles Gute! Die Saison ist noch nicht beendet und Wolfsburg könnte bei einem Durchstarten noch gefährlich werden.


    So und jetzt weiter Bayern gucken und hoffen, dass Real sie mit 10:0 zurück nach Bavaria schickt.

  • Mein lieber Whisky, ich würde gerne mehr schreiben, aber ich muss noch ein bisschen was fürs RL tippen.


    Allerdings habe ich auch so nicht viel zu sagen: Es ist endlich mal wieder ALLES drin! Die Hälfte aller Handlungsfäden wurden wieder aufgenommen und selbst Gaston ist endlich mal wieder als Schlagwort gefallen. Sportlich läuft es so wie es laufen sollte. Und von der Massigkeit her ist es so viel, dass ich gelesenes noch einmal überfliegen musste, um den Überblick fürs Neue nicht zu verlieren. Dafür hast du aber ein geniales Medium eingeführt: die Notiz! Super damit Malte nichts vergisst, super damit Single Malt nichts vergisst, super damit der Leser nichts vergisst! Bitte beibehalten!
    Ich bin fest von der Dritten Liga überzeugt - und davon, dass es der 'habe vergessen zu zählen'te Kreis der Hölle werden wird. Es fehlt schon das Geld für die Kleinigkeiten und ohne Investitionen wird die Luft wohl schnell dünn werden. Auch da die große Frage, ob Womerde ein Ass im Ärmel hat oder wenigstens eines auf dem Fußboden findet.
    Um deine offene Frage zu beantworten: Ich habe mich gefragt, ob Malte nicht endlich mal wieder eines seiner Hobbys frönen sollte. Der hat sich ja so verzettelt, dass er dringend mal den Kopf freibekommen sollte. In den Schmierblättern aus dem VfB-Wartezimmer ist ja genug Werbung für die Sportschulen in der Region. Apropos: Ist das nicht Maltes Vorgarten über den sich Provinzblätter wie der Bote gerade das Maul zerreißen?
    [Blockierte Grafik: http://s7.directupload.net/images/140426/temp/ffb2kabe.jpg]
    Quellen: house-interior-design-idea.blogspot.de und http://www.onlinewahn.de



  • 71. Teil: Die nächste Saison im Blick
    (20. April 2014)


    Anlässlich des Sonntagsbrunches sprach ich dann auch mal Marius Mattle an, weil ich fand, dass sich an dem gespannten Verhältnis zwischen uns etwas ändern musste. Tags zuvor hatte sein Reserveteam durch ein 0:1 beim TSV Preetz gerade möglicherweise seine letzte Chance auf den Aufstieg verspielt.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    „Na, Marius“, begann ich betont locker, während er sich bemühte, die letzten Shrimps aus der Salatschüssel zu fischen, „nächste Saison bekommst du da ja ganz ordentliche junge Verstärkung für dein Team.“


    „Hmm!“, machte er mit vollem Mund.


    „Wolfgang vor allem, der ist zurzeit ja die reinste Tormaschine.“


    „Hmm!“, wiederholte er, jetzt mit leerem Mund.


    „Nur ob Emmo schon dieses Jahr dabei sein wird, steht noch nicht fest.“


    „Hmm!“ Wollte er eigentlich gar nicht mit mir reden?


    Ich wechselte das Thema: „Gestern hast du ja auch zum ersten Mal Andrea Foggia bei dir eingesetzt. Was hattest du denn für einen Eindruck von ihm?“


    „Malte, hör mal.“ Er nahm noch einmal einen üppigen Bissen, sodass er jetzt wieder mit vollem Mund redete. „Ich mache hier meinen Job. Und du machst deinen. Warum lassen wir es nicht einfach dabei?“


    Damit drehte er ab und wandte sich den geistigen Getränken zu. Ich blieb einigermaßen verdattert am Buffet zurück. Hatte ich überhaupt Lust, Emmo in die Obhut dieses Trainers zu geben? Ich war mir da im Moment alles andere als sicher. Am Dienstag fuhr ich sogar mit Kristian und seinen Jungs zu dem Spiel beim TuS Koblenz mit, um mir noch einmal ein Bild von der A-Jugend zu machen.


    „Ich weiß nicht recht“, sagte ich nachdenklich im Bus zu Kristian, „mir war noch nie so bewusst, was das für ein Einschnitt ist, wenn sie für die A-Jugend zu alt werden.“


    „Diesmal ist es ein gutes Dutzend, praktisch ein komplettes Team, das nächste Saison nicht mehr dabei ist.“, nickte Kristian zustimmend. „Plus eventuell Emmo. Und viele von diesem Jahrgang sind wirklich richtig gut. Das wird für uns hier eine mächtige Umstellung werden. Außerdem natürlich eine Bereicherung für die Reserve, vielleicht sogar für deine erste Mannschaft.“


    „Ja, keine Frage.“ Ich kramte in meinen Unterlagen die ich mitgenommen hatte, und zog eine Übersicht über die Vertragssituation bei den A-Jugendspielern heraus.



    (Quelle: Screenshot FM12, bearbeitet)


    „Ich bin ja immer noch am überlegen“, dachte ich laut, „ob wir noch einem der anderen Jungs die Möglichkeit geben sollen, beim Verein zu bleiben. Die zurzeit rausfallen sind Hebib (IV, 40, 3*), Möder (RV, 32, 3*), Kienast (LM, 42, 4*), May (RM, 40, 4*) und Schweins (OM, 33, 3*).“


    „Zeig mal her!“, sagte Kristian und griff sich den Zettel. Eine Weile lang rieb er sich das Kinn, während er die Liste betrachtete; dann stellte er fest: „Malte, ich fürchte, du hast da einen Fehler gemacht!“


    Er hatte recht und brauchte es mir auch gar nicht lange zu erklären. Tobias Ribbeck war so häufig von Marius abgezogen worden, dass er mir glatt durchgerutscht war.


    „Mensch, das musst du unbedingt sofort ändern. Sprich mit ihm, biete ihm was er will – Tobias gehört zu den wichtigsten Spielern, die wir in der Jugend haben, und er hat ja auch schon einige Erfahrung bei den Männern gesammelt.“


    Jetzt gleich konnte ich es nicht machen, da Tobias und Andrea ja nicht nach Koblenz mitfuhren. Aber ich machte mir eine Notiz, damit ich es ja nicht vergaß. Und ich ärgerte mich maßlos über mich selbst; so etwas durfte einfach nicht passieren!


    Das Spiel selbst war einmal mehr eine Freude für den Trainer. Diesmal war es nicht Wolfgang (ST), sondern Bruno (ST), der für die Tore sorgte. Schon nach zwanzig Minuten hatte er zunächst mit einer schönen Einzelleistung, dann durch einen Elfer nach Foul an Wolfgang das Endergebnis von 2:0 herausgeschossen. Zu Beginn der zweiten Hälfte zog er sich einen Muskelfaserriss zu und musste raus, aber zum Glück war es nicht so schlimm; er würde nur für zwei Wochen ausfallen. Auch die anderen machten durchweg ein gutes Spiel, allen voran Emmo, und am Ende entschloss ich mich, doch auch Raphael (LM) einen Vertrag anzubieten. Als linker Flügelspieler konnte er durchaus noch seine Chance bekommen, sich auszuzeichnen, fand ich.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Zu dem Spiel am darauffolgenden Sonnabend kamen übrigens – wie in letzter Zeit häufiger bei Auswärtsspielen der ersten Mannschaft – auch einige Jugendspieler mit, und ich beobachtete Emmo dabei immer mal, so gut ich das von meinem Platz auf der Trainerbank aus konnte. Würde er nicht langsam auch verstärkt den Wunsch verspüren, selbst bei den Großen dabei zu sein?



    (Quelle: eigene Tabellengrafik)


    Trotz des erst spät klargemachten Sieges war es ein gutes Spiel, und vor allem hatten wir jetzt die Möglichkeit, uns mit einem Sieg am nächsten Wochenende den Aufstieg zu sichern! Entsprechend gut gelaunt war ich am Sonntagmorgen, als ich in mein Büro kam und mich daran machte, die Vorbereitungen für alles Wichtige in der kommenden Woche zu treffen. Doch wieder einmal blieb es nicht lange bei der guten Laune, denn ich fand prompt eine Nachricht von Tim Krause in meinem Eingang.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Sollte das eine Art Rache für die einseitige Vertragsänderung werden? Ich machte gleich mal höchstpersönlich einen Rundgang über das Vereinsgelände und fand bestätigt, dass sämtliche Gebäude entweder in neuem oder zumindest in ausgezeichnetem Zustand waren. Es handelte sich also zweifellos um einen erneuten Versuch des Bauleiters, Aufmerksamkeit zu erregen. Naja, der alte Mann wurde im Juni 68 – vielleicht erledigte sich dieses Problem ja irgendwann von alleine.



    72. Teil: Nie mehr vierte Liga!
    (1. Mai 2014)


    In der folgenden Woche beschäftigten mich allerdings andere Dinge als Tim Krause und seine Sticheleien. Der Aufstieg in Liga drei war zum Greifen nahe! Ich war total aufgeregt! Zuerst spendierte ich unserem Hauptsponsor Universal mal wieder 500 Freikarten für das Heimspiel gegen Meuselwitz in der Hoffnung, dass er im Hinblick auf die kommende Saison vielleicht noch ein paar einflussreiche Geschäftspartner für uns interessieren konnte. Dann ließ ich mich von Ulrich Leitenberg zu einem kurzen Interview überreden. Er stellte im Wesentlichen die zu erwartenden Fragen zum nächsten Spiel, zum Aufstieg und zur Saison 2014/15, die ich eher unkonzentriert und mit hinlänglich bekannten Phrasen beantwortete. Dem alten Fuchs war das offenbar nicht entgangen, und so schaffte er es doch tatsächlich, mich mit seiner letzten Frage mächtig reinzulegen.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Kaum hatte ich die Antwort ausgesprochen, platzte er los vor Lachen und wollte sich gar nicht wieder beruhigen.


    „Also, ich meinte natürlich, ich finde Frauenfußball ebenso gut wie Männerfußball.“, versuchte ich klarzustellen, aber das bewirkte bei ihm nur noch größere Heiterkeit.


    „Ja, ja, logo!“, sagte er nur und steuerte auf eine Gruppe Reporterkollegen zu, denen er gleich von meinem Fauxpas berichten musste.


    Ich sah sie dann noch gleichfalls in Gelächter ausbrechen, einer schien sogar mit dem Finger in meine Richtung zu zeigen, aber da wandte ich mich schon ab und fand, dass ich mich mit solchen Kleinkindern wirklich nicht abzugeben brauchte. Mein Status bei den Medien sank an diesem Tag jedenfalls ein wenig.


    Doch dann kam der große Tag: Wir empfingen den Tabellen-Dreizehnten, der theoretisch noch in Abstiegsgefahr geraten konnte. Unser Goalgetter Denis Wolf war wieder fit, und wir konnten inzwischen auf eine stolze Serie von sieben Siegen in Folge zurückblicken. Alle erwarteten einen Sieg, und ich muss sagen: ich erwartete ihn auch.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    In der ersten Halbzeit vergaben wir eine ganze Reihe guter Chancen reichlich leichtfertig. Im Sturm hatte ich neben Wolf zunächst Zekiri gebracht, weil er in Torgelow ordentlich gespielt hatte, aber heute gelang ihm schlichtweg gar nichts. Rob Referee mit seiner Stentorstimme hörte ich schon nach der Anfangsphase kritische Anmerkungen in sein Diktaphon brüllen.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Nach der Halbzeitpause schickte ich dann doch wieder Martin Willmann, mit 34 Jahren unseren erfahrensten Spieler, aufs Feld. Tatsächlich machte er gleich in der 49. Minute ein Kopfballtor, das der Schiri aber wegen eines angeblichen Fouls am Torwart der Gäste nicht geben wollte. Doch dann, nach einer guten Stunde, schlug mal wieder unser unwiderstehliches Mittelfeld-Duo zu: Vorlage Kluk, Abnahme Winkelmann – Tor!



    (Bildquelle: Screenshot FM12)


    So konnte man es am nächsten Morgen lesen. Da sich die zweiten Mannschaften von Wolfsburg und Cottbus 1:1 getrennt hatten, lagen wir jetzt, drei Spieltage vor Schluss, zwölf Punkte vor Platz zwei.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Am selben Tag wurde übrigens Bayern München mal wieder vorzeitig Meister, unsere Reserve unter Marius Mattle verspielte endgültig ihre Chance auf die Tabellenspitze und damit den Aufstieg, den sie noch vor zwei Jahren sportlich hätte schaffen können, wenn Gaston Deneuve nicht sein Ziel für die erste Mannschaft verpasst hätte. Aber noch zwei andere Dinge waren an diesem Sonntag erfreulich. Erstens: Die Mitarbeiter unseres Sponsors, die die Freikarten für das Spiel hatten ergattern können, zeigten sich zufrieden mit dem Sieg und hatten ihren Spaß beim Match gehabt, sodass mein Image bei den Sponsoren etwas zulegte. Und zweitens: Es gelang mir seit langer Zeit endlich mal wieder, einen vielversprechenden Jugendspieler für unseren Club zu gewinnen.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Mir gefiel nicht nur der bemerkenswerte Name des Jungen, er war mit Stärke 58 (IV) bzw. 50 (LV) auch eine echte Bereicherung und durfte für den Rest der Saison sogar noch für die B-Jugend auflaufen. Ach ja, und – in aller Bescheidenheit – es gab noch einen dritten Grund zur Freude.



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    Ansonsten muss ich an dieser Stelle sagen, dass der Rest dieser – alles in allem ziemlich aufregenden, aber auch erfolgreichen – Saison eher im Nebel an mir vorbeilief. Denn im Mai stand bekanntlich meine Trainerprüfung an, genauer: die Abschlussprüfung für den Fußballlehrerschein, der dazu berechtigte, eine Drittligamannschaft zu trainieren. Die Drittligamannschaft hatte ich ja jetzt, es fehlte also nur noch der Schein. Tja, und damit tat ich mich dann doch etwas schwer. Zu guter Letzt bestand ich die Prüfung zwar, aber ich habe keine sonderlich gute Erinnerung an diese Zeit. Vermutlich war ich auch für meine Umwelt nicht immer leicht zu ertragen, was sich in der Folge insbesondere nachteilig auf meine Beziehungen zu Marius Mattle, Tim Krause und – ich muss es leider zugeben – auch zu meiner Frau Sabrina auswirken sollte.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Wie dem auch sei, die Story ging weiter. Emmos Story und meine Story. Und das sogar recht erfolgreich…

  • Mein lieber Schwan, du legst ja derart gewaltig vor, ich wäre in arger Versuchung eine Ode an diese Story zu verfassen, wenn ich denn die Zeit dazu hätte.


    Stattdessen erfreue ich mich daran, dass Panthera in gewohnter Weise viel vorweggenommen hat und unterstreiche ganz besonders das Lob dafür, dass so viele der Handlungsfäden wieder aufgenommen werden. Diese zahlreichen wunderbaren Details machen einfach den Reiz der Story aus. Für mich besonders erfreulich ist, dass du dich auch wieder vermehrt um Emmos Anteile an der Geschichte widmest und ihm auch etwas mehr Charakter verleihen konntest. Gerade den Konflikt mit den Eltern, bzw offenbar generell mit der einen oder anderen Person außerhalb des Vereins kannst du sicherlich noch gewinnbringend ausschmücken.


    Indes, der Junge bleibt für mich noch immer ein bisschen gesichtslos, ein biederer und netter Mensch, aber auch etwas langweilig, ohne Kanten. Da hat es noch nie so richtig geknallt, mal war da ein bisschen Liebeskummer, mal ein bisschen Auflehnung gegen den Coach, mal ein bisschen Ärger über die Eltern, aber eine echte (jugendliche) Krise gab es nicht. Etwas Polarisation würde dem Jungen nicht schaden und sei es nur Skeptiker, die sein Talent anzweifeln.


    Auf der anderen Seite will ich dich nicht dazu verleiten, krampfhaft Probleme für Emmo zu erfinden, da hat der gute Malte ja schon genug von und der Unterhaltungswert ist ja auch so schon hoch genug. Aber so ist er, der Cule, immer am jammern, auch an einem der, wenn nicht DEM Marktführer...

  • Ich bin jetzt wieder auf dem Laufenden und muss sagen: Was Du hier ablieferst, Single Malt, ist einfach toll!
    Bei den vielen handelnden Personen hätte ich schon längst den Überblick verloren. Dazu die AUsgestaltung des Privaten, das Einbauen von Kleinigkeiten wie einem Trainer namens T.Hegame (ein Japaner?) - das ist große Klasse und sucht seines gleichen.


    Bitte weiter so! Und zwar ziemlich bald.


  • Abschnitt 3: Emmo und Malte rocken Lübeck



    73. Teil: Das Ende der Saison 2013/14
    (1. Juli 2015 / Juni 2014)


    „Na, der Titel Emmo startet durch war dann ja eigentlich nicht wirklich passend für den zweiten Teil deiner Story.“, bemerkte Emmo, während wir auf dem Balkon seiner neuen Wohnung standen, der nach Westen zeigte, wo die Sonne bald untergehen würde. Nachdem wir gut anderthalb Stunden in der Umgebung herumgelaufen waren und einiges für Emmos Kühlschrank eingekauft hatten, waren wir erneut hierher zurückgekehrt.


    „Das stimmt. Dabei hättest du die Chance gehabt, aber dein alter Herr wollte ja partout nicht. Selbst mein letztes Angebot im Juni, das ich Jérôme gegenüber kaum noch hätte rechtfertigen können, hat er abgelehnt. Deshalb blieb mir gar nichts anderes übrig, als dich zunächst weiter in der A-Jugend spielen zu lassen.“


    Emmo öffnete die beiden Bierflaschen, die er gerade für uns aus der Küche geholt hatte, und reichte mir eine.


    „Stimmt das denn, dass du dich an das Ende der vorletzten Saison überhaupt nicht mehr erinnern kannst?“, wollte er wissen.


    „Naja, um ehrlich zu sein: ich denke an diese Zeit nicht sonderlich gern zurück.“


    „Aber du wirst doch noch wissen, wie die letzten drei Spiele ausgegangen sind.“


    Nun, natürlich ließ sich das rekonstruieren. Ich habe sogar noch den Zeitungsausschnitt des Kicker, in dem dieser die Ergebnisse der ausstehenden Spieltage vorhersagte: 1:0, 1:0 und 1:1. Tatsächlich schlugen wir erst Magdeburg durch Tore von Wolf (3), Winkelmann (2), Kraetschmer und Herrmann sensationell mit 7:0, dann gab es in Halberstadt aber bloß ein mageres 0:0 und auch das letzte Spiel gegen Halle endete nur unentschieden, wobei ich mit Steinfeldt (LV), Schaffrath (IV), Jerat (ZM) und Zekiri (ST) bewusst auch nochmal die Reservisten einsetzte, die ich in der nächsten Saison in der ersten Mannschaft halten wollte. Außerdem kam Briant Alberti (TW) zu seinem vierten und letzten Einsatz.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    „Und was ist mit unserer Tabelle?“, forderte Emmo. „Die hast du doch bestimmt auch noch!“


    „Ja, klar. Auf die bin ich ja mindestens genauso stolz wie du.“



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Emmo und seine Kumpels hatten nach dem Sieg in Koblenz auch die drei folgenden Spiele souverän gewonnen – darunter ein 1:0 bei RB Leipzig – , nur am Schluss gegen Cottbus setzte es noch die zweite Saisonniederlage (0:1) und zugleich die erste und einzige Heimniederlage; Wolfgang Zurawsky und Ingo Thered hatten sich zuvor verletzt, und es kam ja auch nicht mehr wirklich auf etwas an. Nun stellte der VfB Lübeck in der nächsten Saison also tatsächlich eine Zweitligamannschaft! Emmo würde weiter mit dabei sein, gemeinsam mit Jack und Joe und all den anderen, mit denen er vor gut einem Jahr noch den Aufstieg der B-Jugend in die dritte Liga erreicht hatte. Deren Team war übrigens letztlich auf einem sicheren 10. Platz gelandet, neun Punkte vor einem Abstiegsrang, und hinterließ seinerseits dem nächsten Jahrgang die schwere Aufgabe, erneut die Klasse zu halten.


    Emmos Freund Jack Warner jun. zeigte weniger Enttäuschung als ein bisschen Schadenfreude, dass der TSV 1860 München unter der Ägide seines Vaters als Tabellenvorletzter erneut aus der Bundesliga absteigen musste. Ihn begleitete der SC Freiburg, während Cottbus und Hertha aufstiegen. Von unten gelangten Jena und Heidenheim in die Zweite Liga, wohingegen die Absteiger Rostock und Aue sich nun künftig unter anderem mit dem VfB Lübeck würden auseinandersetzen müssen. Die beiden anderen Aufsteiger außer uns waren Schalke II und Unterhaching.


    „Haben nicht die Bayern damals auch das Double geholt?“


    „Ja. Meisterschaft und DFB-Pokal. Champions League-Sieger wurde aber Barcelona und in der Europa League gewann der AC Mailand. Aber ich finde, wir haben auch nicht schlecht gefeiert, oder?“



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Zuvor hatte Jérôme bereits die ganze Mannschaft samt Trainern zu einem Meeting zusammengerufen und sich äußerst zufrieden über den Aufstieg geäußert. Zwar hatte ich seit Monaten den Eindruck, dass er sein Präsidentenamt eher als Nebensache betrachtete, aber wenn man ihn brauchte, war er immer da, und mein Verhältnis zu ihm war insgesamt so, dass ich mich nicht beklagen konnte. Zwei andere Vereinsangestellte wichen mir an diesem Tag übrigens weitgehend aus: Marius Mattle und Tim Krause. Aber besondere Beachtung – nicht nur in der regionalen Presse – fand dann noch die Entscheidung über die Mannschaft des Jahres.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Meiner Meinung nach hätte eigentlich auch René Melzer (TW) dazugehört, denn in der Rangliste der notenbesten Spieler belegte er Platz 10. Die Torjägerkanone verpasste Denis Wolf am Ende noch knapp, denn mit seinen beachtlichen 22 Toren landete er hinter dem Torgelower Guido Gaede nur auf dem zweiten Platz.


    „Wir waren alle einfach nur stolz und happy.“, erinnerte ich mich. „Auch die Aussichten auf den Klassenerhalt eine Liga höher schätzten wir durchweg vorsichtig optimistisch ein. Immerhin blieben uns alle wichtigen Spieler erhalten, wir hatten vielversprechenden Nachwuchs und eine gute Reservemannschaft.“


    „Die allerdings unter Marius‘ Leitung nicht so erfolgreich war wie erhofft.“


    „Das stimmt. Marius hatte da zeitweise wohl andere Dinge im Kopf…“



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Zu diesem Thema schwieg Emmo, und er wusste, dass er gut daran tat. Aber den Spielern der zweiten Mannschaft konnte man wirklich nichts vorwerfen. Kai Köppel (ST) wurde Zweiter in der Torschützenliste der Schleswig-Holstein-Liga, André Senger (OM) war mit 13 Torvorlagen und 5 eigenen Toren ein super Scorer und auch mit den Eigengewächsen aus meiner Zeit als – assistierender oder hauptamtlicher – Jugendtrainer war ich sehr zufrieden: Fabian Strauss (IV), Paul Nagel (IV), Hans-Jörg Mohr (RV) und Konstantin Heidel (LM) hatten sich gut integriert, gar nicht zu reden von Kai Köppel, dem Goalgetter, und Christian Kraetschmer (LV), der sogar zum Stammspieler in der Ersten geworden war.


    „Nicht zu vergessen“, ergänzte Emmo, „dass ja einige von uns auch mal bei der zweiten Mannschaft zum Einsatz gekommen sind.“


    Damit meinte er natürlich Tobias (LV), Reginald (RV) und Andrea (DM), aber auch Lance (RM), den Marius dann doch noch eingesetzt hatte. Und das Stichwort gab mir Gelegenheit, meine auch diesmal wieder erstellte Statistik über die Jugendspieler aus Emmos Team zu präsentieren.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Tobias Ribbeck unterschrieb zu guter Letzt auch noch einen Vertrag, und damit waren es nun insgesamt neun Nachwuchsspieler, die sich künftig in der zweiten Mannschaft beweisen konnten. Aber auch für eine weitere Verstärkung der Männer, die sich jetzt Profis nennen durften, hatte ich gesorgt.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Ja, ich hatte anscheinend auch so meine vereinzelten lichten Momente in der schweren Zeit im Mai und Juni 2014, denn im Nachhinein muss ich sagen, dass mir da so einige Coups geglückt waren. Teilweise war es sogar ausgesprochen schwierig, Jérômes Widerstand gegen die zwangsläufig steigenden Gehälter zu überwinden. So musste ich beispielsweise Loheider (HS) ein fettes Handgeld von 185.000 Euro anbieten, um sein Monatssalär nicht über 100 Teuronen hinauswachsen zu lassen. Am Ende setzte ich aber jeweils durch, was ich wollte. Interessanterweise wurde ich ausnahmslos bei zweiten Mannschaften von Bundesligisten fündig, und da war die Abwanderungsbereitschaft zum VfB Lübeck, der zuletzt eine sehr gute Presse hatte, erstaunlich groß. Czichos (LM) und Nagel (TW) hatte ich mir ja schon frühzeitig gesichert, mit dem Togolesen Agbossoumonde (IV) klappte es ganz schnell und überraschend und auf die Verpflichtung von Hoogland (RV) war ich besonders stolz, denn der war ein echter Allrounder, der praktisch überall in Mittelfeld und Abwehr spielen konnte.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Damit sollte und musste der Kader für die Dritte Liga dann aber auch stehen, denn wir erhielten die Lizenz nur unter der Auflage, in der kommenden Saison nicht mehr Geld für Spieler auszugeben, als wir auf dem Transfermarkt einnahmen. Das war kein Wunder, denn wir schlossen die Saison mit einem Finanzergebnis von minus 233.000 Euro ab. Doch alles in allem lagen wir ordentlich im Soll, und als Jérôme mir schließlich zum doch noch bestandenen Trainerschein gratulierte, äußerte er sich auch ausdrücklich zufrieden mit dem Saisonergebnis.



    (Quelle: Screenshot FM12)

  • 74. Teil: Die A-Jugend bis Ende 2014
    (1. Juli 2015 / Juli-Dezember 2014)


    „Nicht schlecht.“, bemerkte Emmo anerkennend. Wir standen immer noch auf seinem Balkon, und es war unverändert mild. „Warte mal, ich glaub‘, ich hab ‘ne SMS.“


    Der Juni 2014 war für Fußball-Deutschland dann aber noch zur großen Enttäuschung geworden. Die Nationalelf blamierte sich bei der WM zunächst mit einem 0:1 gegen Ägypten, erreichte aber immerhin das Achtelfinale, wo sie dann gegen Russland ausschied. Weltmeister wurde schließlich erneut Spanien, während die Gastgeber in tiefe Depression versanken.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    „Wer schreibt?“, fragte ich Emmo, während der eine Antwort in sein Handy tippte.


    „Lance. Er will wissen, ob er noch kurz mit den anderen vorbeikommen kann.“


    „Also, ich hab nichts dagegen!“


    „Ich hab nur nicht viel da, vielleicht gehen wir ja noch irgendwo hin.“


    „Macht das nur. Ich muss sowieso allmählich nach Hause. Morgen will ich anfangen, mich in die ganzen Saisonvorbereitungen reinzuknien.“


    Aber da protestierte er: „Kommt gar nicht infrage! Ich will ja noch die weitere Story hören. Immerhin wird es jetzt erst richtig spannend!“


    „Aber wie die letzte Saison gelaufen ist, das weißt du doch selbst sehr gut.“, widersprach ich halbherzig.


    „Ich? Keine Ahnung!“, grinste er. Dann klingelte es, und er ging rein, um die Tür aufzumachen.


    Tja, wie die letzte Saison gelaufen war! Das war alles schon der totale Hammer. Dabei fing es ziemlich normal an: Als Saisonziel schwebte Jérôme eigentlich nur der Klassenerhalt vor, aber ich war so mutig, durchaus ein bisschen mehr für erreichbar zu halten. So einigten wir uns auf einen Platz im gesicherten Mittelfeld als Ziel. Dafür wollte ich mich im Pokal nicht auf mehr als die erste Runde festlegen lassen, denn wir trafen als Erstes gleich auf den MSV Duisburg, einen relativ starken Zweitligisten. Heute kommt mir das beinahe lächerlich vor. Leider ging es damals aber mit meiner Ehe schon ziemlich bergab, und ich Idiot merkte entweder nichts davon oder ignorierte gut gemeinte Hinweise von Freunden.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    „Hey, Single, kommst du mit rein? Wir sind alle hier drin!“, rief Emmo auf den Balkon hinaus.


    Ich musste lachen. „Mann, du sollst mich doch nicht immer … boh, was ist denn hier los?“, unterbrach ich mich, als ich sah, wie viele Leute plötzlich Emmos kleine Anderthalbzimmerwohnung bevölkerten.


    „Ja, kleine Surprise-Party!“, sagte Effie, die sich gerade an mehreren Plastiktüten zu schaffen machte. „Und ein paar Kleinigkeiten zum Essen und Trinken haben wir auch mitgebracht.“


    An die zwanzig Leute drängten sich zwischen den unausgepackten Kartons, einige ließen sich schon auf dem Fußboden nieder, Getränkeflaschen wurden weitergereicht, und als Lance eine weitere große Tüte öffnete, erfüllte herzhafter Dönergeruch die Räume.


    „Hört mal zu, Leute“, rief Emmo in das Gewusel hinein, „unser Freund hier, Trainer Malte, den man seit sechs Monaten gelegentlich auch als Single Malt kennt, erzählt gerade die bewegende Geschichte des Emmo W.!“ Das löste ein großes Hallo aus, aber Emmo bat um Ruhe, um fortzufahren: „Die ersten beiden Teile habt ihr leider versäumt, aber jetzt kommt die Schilderung der Saison 2014/15, die – wie ihr alle wisst – als die erfolgreichste des VfB Lübeck seit über zehn Jahren in die Annalen eingehen wird.“


    „Yeah!“, warf Joe ein, und einige begannen zustimmend mit ihren Bierflaschen auf den Fußboden zu trommeln.


    „Also, Single, du hörst: alle wollen es!“


    „Na, okay, wenn ihr darauf besteht. Ich werde mich allerdings auf einen Schnelldurchlauf beschränken, sonst sitzen wir morgen Mittag noch hier. Und Emmo: den Spitznamen Single bitte ich dich für heute stecken zu lassen. Diesen Teil der Story mag ich ohnehin nicht besonders…“


    „Ooh – wir wollen ihn aber unbedingt auch hören!“ Das war jetzt wieder Effie, die das sagte, und Panaiotis setzte schon wieder mal zu irgendeinem Schiller-Zitat an – oder war es diesmal Herodot? – , wurde aber von den anderen zum Schweigen gebracht.


    „Also, da passt es ja vielleicht am besten, wenn ich mit der A-Jugendmannschaft beginne, wie sie sich heute vor einem Jahr präsentierte.“



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Wie unschwer zu sehen war, hatten wir einige Talente dabei, die schon jetzt auf dem Sprung zu größeren Aufgaben standen. Reginald (RV) litt allerdings unter seiner Verletzungsanfälligkeit, Robin (TW) wollte ich sein Talent auf jeden Fall noch eine ganze Saison in der Jugend weiterentwickeln lassen. Schon jetzt auffallend war die bemerkenswerte Stärke des gerade erst in die B-Jugend geholten Martin Dotterweich (IV), den ich zwar noch nicht gut kannte, auf dessen Entwicklung und Eigenschaften ich aber sehr gespannt war. Emmo (OM) hätte ebenso wie Bruno (ST) und Ingo (IV) im Grunde schon jetzt bei den Männern spielen können, aber ich versprach mir einiges davon, wenn sie in dieser Saison andere Perspektivspieler wie Robert (ZM), Jack (LM), Martin Gruber (IV) und Joe (DM) bei ihrer Entwicklung unterstützten. In der zweithöchsten Spielklasse konnte es für sie natürlich allein um den Klassenerhalt gehen, und da war ich gar nicht mal böse, dass Emmos Vater es bislang verhindert hatte, dass sein Sohn zu den Männern dazustieß.


    Natürlich gab es auch diesmal wieder ein Saisonvorbereitungsmatch zwischen erster Mannschaft und A-Jugend. Aber während vor einem Jahr Spieler wie Wolfgang, Lance und Panaiotis den Großen das Leben mächtig schwer gemacht hatten, wurde es diesmal eine ziemlich klare Angelegenheit.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Nicht erst diese Partie verdeutlichte, dass wir beim Nachwuchs ein Stürmerproblem hatten. Weder André noch Christopher konnten irgendwelche Akzente setzen. Zudem wurde im Mittelfeld deutlich, dass Emmo gegen stärkere Gegner dann doch überfordert war, wenn er von den Seiten keine brauchbare Unterstützung bekam. Deshalb bemühte ich mich weiterhin um eine entsprechende gezielte Verstärkung. Übrigens taten Emmo Trainingslager und Saisonbereitung sehr gut, aber einen gewissen Rückschlag musste er dann doch hinnehmen.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Der Berater mit dem schlechten Einfluss war natürlich niemand anderer als Frank Winter gewesen, Emmos ehrgeiziger Vater. Er selbst nahm das ziemlich gelassen, aber ich regte mich einmal mehr fürchterlich auf. Nun, in einem halben Jahr, wenn er volljährig war, würde er selbst über das Angebot entscheiden können, das ich ihm dann vorlegte, und ich war sicher, dass er es annahm.


    Dann aber begann die Saison für die A-Jugend mit einem Paukenschlag. Gast im ersten Spiel war der Mitaufsteiger VfL Bochum, und Emmo und seine Freunde ließen dem Gegner praktisch keine Chance. Nach 22 Minuten, die man als eine Art Eingewöhnungsphase betrachten konnte, erzielte Emmo auf Vorlage von Joe das 1:0, dem drei Minuten später durch ein Eigentor der Gäste das 2:0 folgte. Auch der Anschlusstreffer nach einer halben Stunde verunsicherte die Mannschaft keineswegs, und folgerichtig machte Emmo in der 87. Minute mit seinem zweiten Treffer zum 3:1-Endstand alles klar.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Alle Spieler verdienten sich ein dickes Lob für diese Leistung, auch wenn nach dem gelungenen Start noch keineswegs zu ahnen war, dass das Team in dieser Saison zu keiner Zeit auch nur in die Nähe einer Abstiegsgefahr geraten würde. Aber man kann heute sagen, dass da schon einige Weichen gestellt wurden. So brachte Kristian konsequent Jack und Joe in beinahe jedem Spiel, weil sie optimal miteinander harmonierten, Emmo besetzte zunächst vorwiegend die rechte Außenbahn und vorne machten zwei Spitzen Druck, obwohl weder André noch Christopher viel auszurichten vermochten. In der Abwehr waren wir über die Außenseiten am angreifbarsten, solange Reginald noch nicht wieder fit war, aber innen kam nicht viel durch. Übrigens, falls es jemandem aufgefallen ist: mit einer Doppelvergabe von Rückennummern nahm man es in den Jugendligen nach wie vor nicht sehr genau.


    Das erste Auswärtsspiel endete in Kaiserslautern 0:0, aber dann bekam die Euphorie über die guten Leistungen und Ergebnisse einen ersten Dämpfer, als – trotz der Rückkehr von Reginald (RV) – zu Hause gegen Dynamo Dresden 1:2 verloren wurde. Das Tor erzielte Bruno (ST) auf Vorarbeit von Jack (LM). Was folgte, waren zwei extrem spannende und emotionale Nordduelle, nämlich bei Hansa Rostock und gegen den FC St. Pauli. Ohne Emmo, der kurzzeitig verletzt war, aber mit einem überragenden Robert Schumann (ZM) holten wir in Rostock unseren ersten Auswärtssieg (2:0, Tore: Robert und Jack), und noch am Vormittag des zweiten Duells erreichte mich endlich eine Erfolgsmeldung, auf die ich händeringend gewartet hatte.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Umut kam von Chemnitz II, war wie Anil und Bekir Türke und mit Stärke 51 (ST) bzw. 45 (HS) variabel im Sturm einsetzbar. In seinem ersten Spiel riss er zwar noch nicht die wirklich großen Bäume aus, aber er fügte sich gut ein und leistete in einem eher schwachen Spiel durchaus seinen Beitrag zu einem leistungsgerechten 2:2 gegen die Paulianer (Tore: Reginald und Bruno). Umut gelang übrigens in der gesamten Hinrunde kein einziges Tor in einem Ligaspiel, aber dennoch erwies er sich als sehr wertvolle Bereicherung.



    (Quelle: eigene Tabellengrafik)


    Die Ergebnisse der weiteren Spiele im Jahr 2014 verdeutlichen vor allem eine erstaunliche Auswärtsstärke. Auf des Gegners Platz holten wir insgesamt 14 von 18 möglichen Punkten und blieben ungeschlagen, während zu Hause die Nerven nicht immer so stabil waren und in sieben Spielen nur zehn Punkte heraussprangen. Dennoch konnte sich die Halbzeittabelle der A-Jugend letztlich durchaus sehen lassen.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Dass die Mannschaft, statt gegen den Abstieg zu kämpfen, auf einem Aufstiegsplatz überwinterte, rechnete ich vor allem auch Emmo an, der es mehr und mehr verstand, ein Spiel zu leiten und zu dirigieren. In acht der dreizehn Spiele setzte Kristian ihn als ZM ein, dreimal auf der RM-Position und nur einmal auf seinem angestammten Platz im offensiven Mittelfeld. Dabei erzielte er drei Tore und gab fünf Torvorlagen, er erhielt nur zwei gelbe Karten, aber ebenfalls zweimal die Bestnote 1,0. Da war es kein Wunder, dass ich mir sowohl für die Rückrunde als auch für die weitere Zukunft noch einiges von ihm versprach.

  • So wenn man selbst keine Zeit zum zocken hat, hat man auf Arbeit Zeit sich die Story mal durchzulesen. Ich finde den "Ted-Mosby-Style" auf jeden Fall interessant und sehr lesenswert. Auch wenn ich nicht so ganz verstehe, welchen Job du grade eigentlich hast beim VfB Lübeck. :D


    Was machst du eigentlich, wenn Emmo den Verein verlassen sollte?

    Siamesen kann niemand trennen.
    Schizophrene sind nie allein.
    Pädophile haben immer Bonbons.
    Und wir hassen Hoffenheim!
    :beer:



  • 75. Teil: Die B-Jugend bis Ende 2014
    (Juli-Dezember 2014)


    Klassenerhalt war auch das Thema für die B-Junioren. Wie ein Jahr zuvor profitierten die Jungs einerseits noch von dem Aufstieg in die dritte Liga, der seinerzeit unter Emmos Mitwirkung geglückt war, andererseits galt es erneut die Abgänge derer zu verkraften, die nun eine Jugendklasse höher aufgerückt waren. Zudem brachten die Neuen, die ihrerseits aus der jüngeren Klasse dazustießen, keine Ligaspielerfahrung mit, denn die C-Jugend war ja vor einem Jahr abgestiegen und gerade jetzt erst wieder für die Teilnahme an der fünften Liga zugelassen worden. Eine schwere Aufgabe also für Kristian Gentner und Daniel Celio.


    „Meinst du, es wäre möglich, das Team da noch einmal ein bisschen zu verstärken?“, fragte Kristian mich vor dem Saisonbeginn, und die gleiche Frage stellte er mir Mitte September noch einmal, als das Team aus den ersten fünf Spielen gerade mal einen Punkt und ein Torverhältnis von 1:10 geholt hatte.


    „Na klar, ich schau gerne mal, was ich machen kann.“, war meine Antwort. Schließlich hatte dem Aufbau der Jugendteams von Beginn an mein besonderes Interesse gegolten, und nachdem ich soeben den Coup mit Umut Sükür für den A-Sturm gelandet hatte, war ich auch rasch für die B-Jugend erfolgreich.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Giovanni war mir als ein möglicher kommender Nationalspieler angepriesen worden, und diesmal musste ich nicht einmal pokern, um ihn zu bekommen. Er kam aus San Marino, war 15 und hatte ein Talent von 7. Auf den Positionen LA, LM, ZM und OM war er annähernd gleich stark, und mit ihm stellte sich auch sofort der erste Erfolg ein: Das nächste Spiel gegen den 1. FC Magdeburg wurde 3:0 gewonnen.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    „Malte Womerde hier, ich hätte gern Mister Jack Warner gesprochen.“ Natürlich hatte ich sofort einen Verdacht, wer der ungenannte Wohltäter war, dem ich die großzügige Spende zu verdanken hatte. „Wie, nicht da? Gar nicht mehr? Oha!“


    Unser Jack hatte mir überhaupt nichts davon erzählt, und jetzt erfuhr ich auf diese Art, dass sein Vater die Arbeit beim TSV 1860 München schon im Sommer hingeschmissen hatte und in die USA zurückgekehrt war. Ich nahm mir vor, Jack junior demnächst mal vorsichtig darauf anzusprechen. Aber in der Sache war es mir natürlich letztlich gleichgültig, von wem die üppige Spende stammte. Ich nahm sie und sah mich nach einer weiteren Verstärkung um, diesmal für die Abwehr. Was auch ziemlich schnell von Erfolg gekrönt war.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Auch Jarek, der aus der Slowakei kam, war mir sehr ans Herz gelegt worden, und er hatte mit seinen 16 Jahren sogar ein 9-er Talent und eine Stärke von 50 auf der LV-Position. Zwar vollzog sich der Wechsel zu uns erst nach dem letzten Spiel der Hinrunde, aber bis dahin hatten seine zukünftigen Teamkameraden schon einen ganz ordentlichen Abstand zu den Abstiegsplätzen hergestellt – auch sie vor allem dank guter Auswärtsleistungen.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Daneben soll aber auch nicht verschwiegen werden, dass sich unsere beiden anderen Jugendmannschaften ebenfalls gut schlugen. Die C-Junioren waren diesmal auf dem besten Weg, den erneuten Abstieg aus der fünften Liga vermeiden zu können, denn sie waren zur Halbzeit Sechster (von 14 Teams), die D-Junioren konnten in der gleichen Spielklasse mit Platz 9 auch durchaus zufrieden sein.



    76. Teil: Die VfB-Reserve bis Ende 2014
    (Juli-Dezember 2014)


    Um es vorwegzunehmen: das erfolgreichste VfB-Team der Hinrunde war unsere zweite Mannschaft unter Leitung von – ja, immer noch! – Marius Mattle. Abgesehen von ein paar grundlegenden Personalentscheidungen ließ er sich nicht von mir reinreden, und der Erfolg gab ihm zweifellos Recht. Zu den genannten Entscheidungen gehörte gleich zu Saisonbeginn die Verschiebung von vier Spielern in die Reserve, die mir in der Dritten Liga nicht mehr von Nutzen sein konnten: Briant Alberti (TW), Moritz Marheineke (IV), Nils Lange (DM) und Halil Suveren (RA). Beim erneut für alle sehr unterhaltsamen Probetrainingstag tat sich auch dieses Jahr ein Spieler hervor, den ich für die zweite Mannschaft unter Vertrag nahm, nämlich Stefan Holm (ST), um den etwas dünn besetzten Angriff zu unterstützen. Andererseits gelang es mir, zur Reduzierung der Personalkosten einige Spieler an andere Vereine abzugeben, und das brachte sogar insgesamt ein kleines Transfer-Plus, was sich im Hinblick auf die Linzenzauflage ganz gut machte.



    (Quelle: eigene Tabellengrafik)


    Mit Paul (IV ) und Konstantin (LM) verließen mich somit erstmals zwei Jungs, die ich schon in der Jugend betreut hatte. Ich wünschte ihnen viel Glück und Erfolg und nahm mir vor, mich immer mal wieder danach zu erkundigen, wie es ihnen weiter erging. Für einige Aufgaben fand ich dann übrigens glücklicherweise Entlastung, denn man kann sich, wie ich mehr und mehr merkte, als Trainer und Manager wirklich nicht um alles kümmern.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Mit Matthias verstand ich mich auf Anhieb gut, und er war mit seinen 56 Jahren – anderthalb Jahre älter als ich – auch ungefähr mein Jahrgang. Ich übertrug ihm unter anderem die allgemeine Regelung der Finanzen, die Verlängerung von Mitarbeiterverträgen und die Überwachung der Stadion-Infrastruktur. Seine Idee war es übrigens auch, an einem spielfreien Wochenende einmal die erste gegen die zweite Mannschaft antreten zu lassen, was seinen besonderen Reiz unter anderem darin hatte, dass einige der Spieler ja schon bei dem denkwürdigen 4:4 zwischen Männern und A-Junioren im Sommer 2013 gegeneinander gespielt hatten. Und wenn ich mir die Startaufstellung der Reserve da so anschaute, dann durften wir wohl zu Recht stolz darauf sein, welche guten Ergebnisse unsere Jugendarbeit in den letzten drei Jahren hervorgebracht hatte.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Die Begegnung am 12. Oktober 2014 endete mit dem gleichen Ergebnis wie der Test der Ersten gegen die A-Jugend im Juli: 5:0 für die Profis. Loheider (2), Wolf, Agbossoumonde und Zekiri schossen die Tore. In der Schleswig-Holstein-Liga trat die zweite Mannschaft aber selbstbewusst und vor allem taktisch und spielerisch sehr sicher auf, was dazu führte, dass von 17 Spielen 14 gewonnen wurden. Sie starteten mit drei Siegen in Folge und gaben ab dem sechsten Spieltag die Tabellenführung nicht mehr ab. Trotz starker Konkurrenz war nicht nur die Halbzeitmeisterschaft der Liga der Lohn, sondern es schien bereits jetzt durchaus realistisch, am Ende auf eine Teilnahme an der Aufstiegsrunde zu hoffen.



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    Als bester Spieler des Teams galt gegenwärtig Andrea Foggia (DM, 61), bester Torschütze war Kai Köppel (ST) mit 19 Toren; beide waren bekanntlich aus dem Nachwuchs des VfB hervorgegangen. Auch Lance Lott (RM) traf einmal, und zwar im Spiel gegen Schackendorf. Und gewissermaßen als Krönung für die Bestätigung unserer Jugendarbeit ging dann sogar noch ein bemerkenswertes Angebot bei Matthias Bünter ein, dem wir jedoch selbstredend nicht ernsthaft näher traten.



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  • 77. Teil: Die Hinrunde des Drittligisten VfB Lübeck
    (Juli-Dezember 2014)



    Ich muss zugeben, ich war sehr aufgeregt vor der ersten Saison des VfB in der Dritten Liga. Erstmals seit 2008 bedeutete das wieder Drittklassigkeit für die Hansestadt, und für mich persönlich war es die Premiere unter Nutzung des neuen, schwer erworbenen Trainerscheins. Im Statistikbereich meines Managerprogramms fand ich übrigens eine Übersicht, die ich seltsam unvollständig fand; auf ihr wirkte es, als hätte es den VfB Lübeck sieben Jahre lang nicht gegeben.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Nun, ich machte mir nicht viel daraus, druckte die Grafik im DIN A2-Format aus und pinnte sie in meinem Büro an die Wand. Von dort sprach sie gewissermaßen zu mir: Seit der Saison 2011/12 bist du hier, und seitdem geht es aufwärts; noch dominiert die blaue Farbe, als Nächstes kommt die gelbe, aber letztlich soll es wieder die rote werden. Dieses Ziel galt es jetzt in Angriff zu nehmen und nicht aus den Augen zu verlieren! Und dass es für den VfB Lübeck durchaus eine gute Saison werden konnte, ahnte man im Juli bereits bei einem Blick auf die Mannschaftsstärken der Liga.



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    Vor allem die Zugänge brachten uns eine erfreuliche Verstärkung – jedenfalls nominell. Wie sie einschlagen würden und ob sie leicht in das gewachsene Team zu integrieren waren, ließ sich natürlich nicht vorhersagen. Mitte August gelang mir zudem doch noch eine weitere vielversprechende Neuverpflichtung, und zwar mit dem 24-jährigen Mittelfeldallrounder Jonathan Schmid.



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    Jonathan war 24 und kostete keine Ablöse, weil er zuvor vereinslos war. Vor seinem ersten Einsatz hatten wir allerdings schon unsere ersten drei Pflichtspiele gewonnen. Die Entscheidung, weniger offensiv als in der Regionalliga zu spielen, stellte sich als vollkommen richtig heraus, und so liefen wir in der Regel mit dieser 4-1-3-2-Formation auf:



    (Bilderquelle: Screenshots FM12)


    Womit ich mir den Luxus erlaubte, den Spieler des Jahres der Vorsaison, Marius Winkelmann, zunächst meistens auf die Bank zu setzen und erst im Spielverlauf hereinzunehmen. Weitere Reservisten waren Keeper René Melzer, in der Abwehr Sascha Steinfeldt, Sven Schaffrath und Marcel Gebers sowie die Offensivkräfte Domogoj Duspara, Ermir Zekiri, Martin Willmann, Marcus Steinwarth und Holger Lemke. Der Erfolg gab mir Recht. Die Zweiten Mannschaften von Bayer Leverkusen und Schalke 04 schlugen wir in den ersten Ligaspielen 1:0 und 3:0, ehe wir im DFB-Pokal den MSV Duisburg empfingen.


    Die Meidericher spielten eine Liga höher und kamen natürlich als Favoriten an die Lohmühle. 10.694 Zuschauer freuten sich genau zehn Minuten lang an dem ersten Pokalmatch seit über zwölf Monaten, ehe uns der albanische OM Gjasula das 0:1 einschenkte. Mit einem Mal war es totenstill im Stadion. Doch das änderte sich schnell, denn unser Zweimannsturm, der das Publikum schon im ersten Heimspiel gegen Schalke II begeistert hatte, zeigte eindrucksvoll sein Können. David Loheider, eigentlich ein etatmäßiger HS, aber mit der Qualität eines Sturmtanks, rechtfertigte seine Aufstellung als zweite Spitze und machte schon in der 24. Minute das Tor zum Ausgleich. Danach schien es zuerst, als warteten die Duisburger nur darauf, dass das ihnen zustehende Siegtor von alleine fiel, dann fanden sie sich mit zunehmender Spieldauer erst mit der Verlängerung, dann mit dem Elfmeterschießen ab. Aber genau da, in dem dramatischen Shoot-out, zeigten wir, dass es sich gelohnt hatte, Elfmeter zu trainieren: alle unsere Schüsse saßen, und am Ende hieß es 6:4 für uns!



    (Quelle: Screenshot FM12, bearbeitet)


    Es folgte ein respektables 2:2 beim stärksten und finanzkräftigsten Team der Liga, den Leipziger Rasenballisten, gegen die wir – erinnern wir uns – vor drei Jahren in der Regionalliga noch mit 0:3 untergegangen waren, und das zu Hause. Danach setzte eine schier unglaubliche Serie ein, in der wir acht Spiele ohne Gegentor blieben und selbst sage und schreibe 22-mal trafen; allein der VfR Aalen trübte diese Bilanz geringfügig, weil er uns beim 0:0 Punkte stahl. Seit dem fünften Spieltag lagen wir an der Spitze der Tabelle und hegten nicht die geringste Absicht, uns von dort anders zu verabschieden als durch einen Aufstieg in die nächsthöhere Spielklasse.



    (Quelle: Screenshot FM12, bearbeitet)


    Nachdem die nächsten Ergebnisse gegen Union Berlin und Bielefeld jeweils durch ein Gegentor verunziert wurden (3:1 und 2:1), ging es in der zweiten Pokalrunde erneut gegen einen Zweitligisten, diesmal jedoch auswärts. Wir reisten zu Eintracht Braunschweig, wo es uns tatsächlich nicht gelang, ein Tor zu schießen. Aber das schaffte Marjan Petkovic, der Braunschweiger Keeper, schon in der allerersten Spielminute mit einem Eigentor. Danach hätten eigentlich alle am besten nach Hause gehen sollen, denn es passierte nichts mehr, was eine Anwesenheit von Spielern, Schiedsrichtern oder Zuschauern wirklich gerechtfertigt hätte. Am Ende nahmen wir das 1:0 dankbar aus Niedersachsen mit und hatten zum ersten Mal, seit ich mich für den VfB Lübeck engagierte, die dritte Runde im DFB-Pokal erreicht.


    Was dann folgte, konnten die Statistiker gern als unsere schlechteste Phase der ganzen Saison bezeichnen, denn wir holten aus fünf Spielen nur sechs Punkte. Sogar eine Niederlage unterlief uns – zum ersten Mal seit fast einem Dreivierteljahr. An der Tabellenführung und an unseren Ambitionen, den direkten Durchmarsch durch die Dritte Liga zu vollziehen, änderte das nicht das Geringste.



    (Quelle: Screenshot FM12, bearbeitet)


    Und eine Woche später meldeten wir uns schon wieder eindrucksvoll zurück. Das erfolgreichste Sturmduo des deutschen Profifußballs schenkte dem Wuppertaler SV allein fünf Tore ein, mit Agbossoumonde und Jerat komplettierten zwei Defensivspieler das zweite 7:0 in diesem Jahr, nachdem wir ja im Mai schon Magdeburg mit dem gleichen Ergebnis nach Hause geschickt hatten. Das folgende mühsame 3:2 bei Schalke II erschien dagegen eher wie eine schlechte Generalprobe für das nächste Pokalspiel, und da gingen die Emotionen zum ersten Mal in dieser Saison richtig hoch. Denn uns war erneut ein Zweitligist zugelost worden, und wir empfingen keinen Geringeren als unseren Erzrivalen, den FC St. Pauli! Meine Spieler brannten, das Publikum – immerhin 11.307 Zahlende – pfiff gellend, als die Braun-Weißen den Platz betraten, und selbstredend waren auch Emmo und seine Freunde ins Stadion gezogen, um den erhofften Triumph zu erleben, wie der dritte Zweitligist aus dem Wettbewerb geschossen wurde.


    „Die schlagen wir locker!“, prophezeite Emmo. „Ein Tor von Denis Wolf in der Anfangsphase, und den Rest erledigt wieder die Abwehr.“


    Er sollte Unrecht haben, denn es gab kein Tor von Denis Wolf. Aber mit der Abwehr lag er insofern richtig, als unser dienstjüngstes Teammitglied, Jonathan Schmid, nach einer halben Stunde sein bereits viertes Saisontor erzielte und uns damit auf die Siegerstraße brachte. Pauli hatte uns tatsächlich nicht viel entgegenzusetzen, vor allem als dann unser Sturm wieder zu wirbeln begann. Da war es dann erneut David Loheider, der noch vor der Pause das 2:0 und nach Wiederanpfiff das 3:0 erzielte. Dem eingewechselten Ermir Zekiri (ST) war es vorbehalten, zwanzig Minuten vor Schluss sogar noch das 4:0 oben drauf zu setzen, und so endete die Vorstellung höchst peinlich für die Reeperbahner, während der Jubel auf unserer Seite keine Grenzen kannte:


    „Berlin, Berlin! Wir fahren nach Berlin!“



    (Quelle: Screenshot FM12, bearbeitet)


    Was für ein Weihnachtsgeschenk für unsere Fans und für uns selbst! Die vereinsinterne Feier mit Santa Claus und Rute wurde ein entsprechend großer Erfolg. Dabei geriet die alljährliche FIFA World Player Gala buchstäblich zur Nebensache, aber es lässt sich noch rekonstruieren, dass wieder einmal Lionel Messi (Barcelona) zum besten Spieler der Welt gewählt wurde, gefolgt von Thomas Müller (Bayern) und Pato (AC Mailand). Unser Topspieler war hingegen Denis Wolf, auch wenn man ihn weder gegenüber seinem Stürmerkollegen David Loheider noch vor irgendeinem anderen Spieler herausheben konnte, so ausgeglichen hatte sich das Team in der Hinrunde präsentiert.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Nach 19 von 38 Ligaspielen hatten wir – jeweils mit Abstand – den besten Sturm und die beste Abwehr der Liga. Vom Relegationsplatz trennten uns schon jetzt neun Punkte, der vermeintlich ärgste Konkurrent, RB Leipzig, dümpelte im oberen Mittelfeld mit 13 Punkten weniger herum. Wer wollte, wer sollte, wer konnte uns eigentlich noch bremsen?



    (Quelle: Screenshot FM12)

  • Das waren ja jetzt einige Kapitel, bei denen ich nicht rechtzeitig eingehakt hatte. Nun gut, versuch ich halt die wichtigsten Aspekte des ganzen Blocks herauszuarbeiten.
    - Du glaubst mir nicht, dass ich mal nichts bedeutendes auszusetzen habe? Na schön, zwei besonders fehlerarme Kapitel habe ich nun mit einem "Daumen Hoch" markiert. Betrachte es als Qualitätssiegel!
    - Falls ich einfach nicht mehr genug nörgel, bitte, lässt sich ändern: Die Übergänge haben etwas von einem Episodenfilm, der mit zu vielen Schnitten Action suggerieren will. Mal ist man hier, mal ist man dort, mal ist dort Handlung, mal nur Resultat. Um dieser Heisenbergschen Unschärfe vorzubeugen, muss man stets ein wenig mitdenken. Gerade die Kapitelübergänge könnten etwas "weicher" sein. Jammern auf hohem Niveau, aber du wolltest es ja nicht anders!
    - Wenn man schon bei Verbesserungsvorschlägen ist: Auch bei ablösefreien Spielern oder Jugendlichen wäre es doch mal spannend zu erfahren, woher genau sie stammen. Es macht übrigens echt Spaß zu lesen, wie dein Verein trotz geringer Ligenhöhe und Renommee eine Anlaufstelle für Talente in ganz Europa wird - zumal viele aus Ländern stammen, in denen sie irgendwann als Jahrhunderttalente gelten könnten. Wäre mal spannend, ob du eine storytechnische Erklärung für deine Netzwerke in Länder hast, auf die sonst kein Manager käme.
    - Allgemein sind viele kleine Infos mit profilbildender Wirkung ein wenig untergegangen. Wenn man schon groß erwähnt, wie toll das Trainingslager half, dann kann man schon einmal anmerken, wo und was trainiert wurde.
    - Gibt es eigentlich einen Grund, dass in Personalfragen ein solcher Gesprächsumfang mit italienischen Provinzklubs zu Stande kommt? Valenzana war ja nicht der erste Gesprächspartner südlich der Alpen. Nur mal so der Neugierde halber.
    - Kaum lobe ich sie, da verschwindet auch schon wieder die To-Do-Liste. Selbst wenn da nichts hinzukommt, man könnte zumindest kleine Häkchen für Erledigtes verteilen.
    - Zur sportlichen Situation gibt's es ja nicht viel zu sagen. Zu schön um wahr zu sein. War der Dritte Kreis der Hölle nicht Maßlosigkeit oder Völlerei? Die Gier nach Punkten lässt sich beim VfB derzeit ja kaum stillen - und er kriegt auch was er will. Aber was bitte ist daran "Hölle", das Aufwachen aus dem Traum? Vielleicht hat das untergegangene Gemurmel von wegen ""ὦ δαιμόνιοι, μέχρι κόσου ἔτι πρύμνην ἀνακρούεσθε" ja doch etwas bedeuten. Ich weiß zwar auch nicht was das bedeutet, aber scheinbar war das eine Art Ermahnung auch in Zukunft nicht nachzulassen.
    - Sehr positiv ist die Entwicklung der einzelnen Figuren, die nun hin und wieder mal individuelle Züge zeigen. Vermutlich wird es aber schwer, das in einer "gegenwärtigen" Saison noch auszubauen.
    - Ach ja, kommt das mit der Ehekrise noch, oder wurde es aus Verbitterung verdrängt?


    So, das war es erstmal. Ich werde versuchen, beim nächsten Mal etwas zeitnaher zu reagieren. Bei diesem Post hier habe ich vermutlich schon wieder einiges vergessen. :D



  • 78. Teil: Ein bisschen was Persönliches
    (31. Dezember 2014)


    Silvester 2014 war für mich selbst weder fröhlich noch besinnlich – es war einfach beschissen. Ich blickte zurück auf ein überaus erfolgreiches Jahr des VfB Lübeck, und Emmo hatten wir gerade vor drei Tagen anlässlich seines 18. Geburtstages großartig gefeiert. Aber persönlich sah mein Leben alles andere als rosig aus. Den Jahreswechsel verbrachte ich in meinem Büro, ich hatte mir eine Packung mit Wunderkerzen zurechtgelegt und wartete darauf, dass der Stundenzeiger endlich die Zwölf erreichte. Denn ich hatte den festen Vorsatz, im neuen Jahr einiges anders zu machen, einiges besser werden zu lassen. Als es so weit war, zündete ich eine der Wunderkerzen an, hob mein Sektglas und sagte:


    „Auf dein Wohl, Malte Womerde, Supertrainer und Superdepp!“



    Seit der Zeit im Mai, als ich meine Trainerprüfung ablegte, galt ich in meiner Familie als ungenießbar. Okay, eine Zeitlang war ich sicher nicht so gut drauf, aber wenn ich mir mal lieber ein Jugendspiel ansah, als mit Sabrinchen ins Theater zu gehen, so musste dafür doch Verständnis übrig sein! Gut, dann kam noch das Sommerfest von Ulrich Leitenberg, das ebenfalls mit einem Theaterbesuch kollidierte, für den wir schon Karten gekauft hatten. Lukas‘ zweiten Geburtstag zu vergessen, war ebenfalls keine Glanzleistung, aber immerhin wusste meine Gattin spätestens seit dem Vorjahr, dass just am 31. August der Transfermarkt schließt – ein für mich und den Verein sehr wichtiger Tag. Selbst wenn man wegen der Lizenzauflage gar keine Spieler kaufen darf. Und jetzt sagt mal ehrlich, wie würdet ihr reagieren, wenn eure Ehefrau nicht zum ersten, nicht zum zweiten, sondern zum soundsovielten Mal ihr Auto gegen die Garagenwand setzt? So geschehen am 27. September 2014. Zumal wenn einen gerade ein Freund aus England besucht, der wegen des schlechten Wetters bereits zuvor sein rotes Cabrio in eben derselben Garage untergestellt hat. Ich meine, da kann man doch erst mal gucken, ob überhaupt Platz in der Garage ist!



    Der erwähnte Freund aus England – eigentlich übrigens Deutscher, er heißt Alex Fischer – blieb übrigens erstaunlich cool und unterbreitete mir in den nächsten Tagen einen Vorschlag, wie man das mit den Garagenwänden etwas konfliktärmer gestalten konnte. Er nannte das den „Humidor für den wertvollsten aller Gebrauchsgegenstände“ und hatte auch schon eine Grafik gemacht, die meine künftige Vorgartengestaltung in vier Phasen zeigte. Aber ich blieb bis auf weiteres unschlüssig, ob das wirklich eine Lösung sein konnte.



    Die Beziehung zwischen Sabrina und mir war seither jedenfalls endgültig ziemlich… sagen wir: eingeeist. Und mit einer weiteren Person verstand ich mich in dieser Zeit ebenfalls gar nicht besonders gut, und das war Marius Mattle, unser Amateurtrainer. Wer mich hingegen jedes Mal, wenn wir uns begegneten, fröhlich anlächelte, war der Baudirektor Tim Krause, den ich ja eigentlich zuletzt nicht sehr freundlich behandelt hatte. Dass alle diese drei Umstände eventuell miteinander zusammenhängen könnten, auf diese Idee kam ich vorerst nicht.


    Ich hielt mich vielmehr verstärkt an die Menschen, denen ich vertraute. Dazu gehörte Kristian Gentner, der Jugendtrainer, dem sein Job verständlicherweise zurzeit großen Spaß und viel Befriedigung brachte.


    „Es ist die reine Freude, Emmo und die anderen spielen zu sehen.“, sagte er ein ums andere Mal.


    „Meinst du nicht, dass die gegenwärtigen Erfolge der ersten Mannschaft für einen zu großen Leistungsabstand zwischen Jugend und Profis sorgen?“


    „Und wenn schon! Lass Emmo, Lance und die anderen nächstes Jahr erst mal in der Reserve Erfahrung sammeln, da sind das Niveau und die Herausforderungen schon groß genug. Und eines Tages wirst du sehen, dass sie auch in der dritten oder sogar zweiten Spielklasse mithalten können.“


    Ich hoffte, dass er recht behalten würde. Ich notierte mir jedenfalls schon mal, wem ich gleich nach dem Jahreswechsel Vertragsangebote machen würde.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    „Ach übrigens“, sagte er bei dieser Gelegenheit, und ich werde nie vergessen, wie beiläufig er es herausbrachte, „hast du die Neuigkeiten vom FC Schönberg schon gehört?“


    Dazu muss man wissen, dass der FC Schönberg einer der dem VfB Lübeck geografisch am nächsten beheimateten Fußballclubs ist. Dass uns keine sehr intensive Rivalität verbindet, liegt daran, dass zwischen ihm und uns die Grenze zu Mecklenburg liegt und wir deshalb nie in einer Liga gespielt haben. Dennoch sind wir für die Schönberger die ewigen Besserwessis und sie für die Lübecker die DDR-Loser. An beidem ist richtig, dass jene seit Jahren sechstklassig spielen und damit weit hinter uns zurückbleiben. Zu DDR-Zeiten gab es sie aber noch nicht, denn ihr Verein wurde erst 1995 gegründet, als sich die Fußballsparte aus der TSG Schönberg herauslöste. Weshalb ich das hier lang und breit erwähne? Weil ich auf Kristians Frage nur ehrlich antworten konnte:


    „Nein, habe ich nicht. Was für Neuigkeiten?“


    „Na“, sagte er und grinste vielsagend, „dann schau dir mal deren Datenblatt im Internet an!“


    Was ich umgehend tat.



    (Quelle: Screenshot FM12, bearbeitet)


    Wie so oft musste ich mehrmals hingucken, ehe ich begriff. Aber dann war es, als packte mich eine große Kralle an der Kehle: Gaston Deneuve war zurück! Also war an den Gerüchten tatsächlich etwas Wahres dran gewesen, und jetzt managte er ausgerechnet den Verein, der bei uns quasi um die Ecke lag! Nun, da sah ich noch einiges Unheil auf uns, auf mich zukommen.


    Schließlich muss ich an dieser Stelle noch eine weitere Person erwähnen. Der Name: Hans-Günter Bruns.



    (Quelle: Screenshot FM12)


    Dazu muss man wissen, dass Hans-Günter Bruns, der vielen noch aus seiner aktiven Zeit in Gladbach und als Nationalspieler bekannt ist, Trainer des Wuppertaler SV war. Am 13. Dezember 2014 waren der VfB Lübeck und der Wuppertaler SV zum ersten Mal seit undenklichen Zeiten im Ligaspielbetrieb aufeinandergetroffen, und der VfB Lübeck hatte gewonnen: Wolf, Loheider, Agbossoumonde, Jerat, noch einmal Loheider, noch zweimal Wolf. 7:0. Und jetzt suchte ihr Trainer mit mir den Wettkampf mit dem kleinen Ball.



    Um es kurz zu machen: Ich hatte keine Chance, aber ich hielt mich tapfer. Vielleicht empfand Hans-Günter es ein bisschen als Wiedergutmachung für die Megaklatsche eine Woche zuvor. Doch wir verstanden uns recht gut, er konnte mir einiges aus seiner Erfahrung als Spieler und Trainer erzählen und das Treffen erinnerte mich daran, dass ich noch einige wichtige Gespräche zu führen hatte. Den Zettel, den ich danach erstellt hatte, hielt ich jetzt, wenige Minuten nach Anbruch des Jahres 2015 in den Händen und stellte mir die Frage, auf wie vieles von dem, was ich mir für das neue Jahr vorgenommen hatte, ich eigentlich wirklich Einfluss nehmen konnte.



    Aber es war nicht das Garagen-Desaster, nicht die Golf-Niederlage und nicht einmal die Rückkehr von Gaston Deneuve, weshalb ich in der Silvesternacht so fertig war. Nein, schuld war ein Telefonat, das ich vor wenigen Stunden geführt hatte. Mit meiner Schwiegermutter, die ja voriges Jahr den Jahreswechsel bei uns verbracht hatte, weshalb sich Sabrina mit Lukas diesmal zu ihr aufgemacht hatte.


    „Ich wollte euch wenigstens telefonisch einen guten Rutsch wünschen, nachdem ich ja nicht selbst zu dir mitkommen konnte.“


    „Das ist sehr nett von dir, Malte, danke!“, sagte die alte Frau, die manchmal sogar ganz freundlich sein konnte. „Damit habe ich ja nun wirklich überhaupt nicht gerechnet.“


    „Ich weiß. Macht es euch einfach gemütlich, ihr drei!“ Was war ich heute liebenswürdig.


    „Das machen wir.“, antwortete sie. „Aber wir sind nicht zu dritt, sondern nur zu zweit.“


    „Wieso?“, fragte ich, noch ganz arglos.


    „Na, Sabrina hat nur den Kleinen hier abgegeben und ist dann zu diesem Bekannten weitergefahren, mit dem sie…“ Sie stockte.


    „…die Nacht verbringt?“, riet ich.


    „Hat sie dir davon gar nichts gesagt?“


    Mein Puls beschleunigte sich, der Bluthochdruck drängte gegen die Schädeldecke. „Wer ist es? Wie heißt er? Komm jetzt, raus mit der Sprache!“


    „Ich hab’s vergessen. Ehrlich!“ Sie wirkte tatsächlich ehrlich. „Sein Name fing irgendwie mit M an…“

  • Das Sportliche gibt im Moment nicht so viel Storypotential her, zu gut läuft es mit dem VfB.


    Anders sieht es im Privatleben des Trainermanagerjugendleiters aus, das gibt genug her, um eine Daily Soap daraus zu machen. Der alte Konkurrent mit dem französischen Namen erscheint wieder auf der Bildfläche - Querelen, Abwerbeversuche und ähnliches sind vorprogrammiert.
    Und dann ist die Nochehefrau dabei, sich anderweitig zu orientieren, laut Schwiegermama mit jemandem, dessen Name mit M beginnt. Vllt. Marius? Oder irrt sich die Gute und es ist stattdessen der dauergrinsende Tim Krause?


    Schalten Sie ein, wenn es bald wieder heißt: Die Leiden des jungen W.

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