Wer mich ein wenig kennt, weiß, dass ich eine gewisse Affinität zu skandinavischen Hinterlandvereinen habe. Bereits vor etwa einem Jahr habe ich meine zweite Hammerfest FK Story gestartet. Jedoch nur, um sie aus zeitlichen Gründen viel zu früh wieder beerdigen zu müssen. Durch diverse berufliche Veränderungen habe ich nun neben meinem Studium wieder etwas Zeit (und auch Lust) zum Zocken. Doch ich kenne mich viel zu gut, weswegen ich diese Geschichte (vorerst) nur als Short-Story laufen lasse.
Das im letzten Jahr gestartete Savegame ist mittlerweile etwas vorangeschritten. Noch immer befindet sich unser Protagonist Emil Halvorsen als Trainer beim Hammerfest FK. Im perfekten Traineralter von 62 Jahren startet Onkel Emil in seine 16.Saison mit HFK! Viel Spaß beim Lesen!
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Seit 15 langen Jahren nun schon ist Berufsfischer Emil Halvorsen als Interimstrainer beim Hammerfest FK im nördlichsten Nordnorwegen beschäftigt. Was mit Abstiegskampf in den unendlichen Tiefen der norwegischen Unterklassigkeit begann, hat sich mittlerweile zu einem wahrlich märchenhaften und zugleich nervenaufreibenden Aufstieg eines jungen Vereins entwickelt. In unserer Chronik möchten wir nur in groben Zügen umreißen, wie sich der 1994 gegründete Hammerfest FK dorthin gearbeitet hat, wo er heute - im Jahr 2021 - steht.
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1994 - 2005
Aus der Fusion zwischen HIF/Stein und Indrefjord IL entstand im Jahr 1994 der Hammerfest FK. Nachdem man weit unten im norwegischen Ligensystem startete, stieg der HFK 1997 in die 2.Divisjon auf, der 3.norwegischen Ligastufe. In den folgenden Jahren fungierte Hammerfest als typische Farstuhlmannschaft zwischen dritter und vierter Liga. Nach einer großartigen Spielzeit 2005 stieg man unter Erfolgstrainer Danny Sannes erneut auf. Jedoch verließ dieser den Verein im folgenden Frühjahr. Die Suche nach einem geeigneten Nachfolger gestaltete sich extrem schwer. Letztendlich entschied sich der Vorstand für den nur leicht infantil-psychopathisch wirkenden Krabbenfischer Emil Halvorsen. Unter den annähernd 10.000 Einwohnern Hammerfests die denkbar schlechteste aller Entscheidungen.
2006 - 2010
Als Interimstrainer gestartet ließ die dickbäuchige Frohnatur relativ schnell einen gewissen Grundsachverstand bezüglich der Sportart Fußball erkennen. Deklariert als Absteiger Nummer 1 formte er aus der führungslosen Thekentruppe ein Team, das von Beginn an nur in der vorderen Tabellenhälfte der 3.Liga angesiedelt war. Die erste Saison unter Emil Halvorsen schlossen die Eisbären, wie man den HFK nennt, mit einem guten 5.Platz ab.
Doch schon in der zweiten Spielzeit offenbarten sich eklatante Probleme. Ständiger finanzieller Notsituationen ausgeliefert, hatte Halvorsen kaum Chancen, die Mannschaft mit weiteren Spielern zu verbessern. Die Tatsache, dass, sofern man gen Norden fährt, nach Hammerfest eigentlich Nichts mehr kommt, erschwerte die Situation ebenso. Kaum ein Spieler wollte sich dieser Einsamkeit aussetzen. Trotzdem landeten die Eisbären am Ende auf einem akzeptablen 7.Platz.
Auch in der 3.Spielzeit hatte der Krabbenkönig vom Nordkap so seine Probleme mit Finanzen und abwanderungswilligen Stammspielern. Mit dem Rekordwert von 10 Unentschieden in 26 Partien wurde HFK Neunter.
Doch Onkel Emil lernte aus diesen Situationen und begann, aus der Not eine Tugend zu machen. Fortan setzte Halvorsen vornehmlich auf die eigene Jugend und verpflichtete junge Spieler aus der Region, denen er regelmäßige Einsatzzeiten versprach. Damals begann Hammerfest das zu werden, was es heute ist. Ein Ausbildungsverein für junge norwegische Talente. Gestärkt vom jugendlichen Schwung schlossen die Eisbären die Übergangssaison 2009 mit Platz 7 ab, um ein Jahr später vollends durchzustarten. Nach 5 Jahren 3.Liga hatte Halvorsen die Schnauze voll und stieg, zur Überraschung aller, in die zweithöchste norwegische Stufe auf.
2011 - 2017
Die Philosophie, aus Junioren gestandene Spieler zu formen, wurde auch nach dem Aufstieg konsequent fortgeführt. Die noch immer geringe Reputation und weiterhin beklemmende finanzielle Lage hatten die Situation nicht wirklich verbessert. Hammerfest galt - mal wieder - als Absteiger Nummer 1, schloss aber, wie schon vor 5 Jahren, die erste Saison in einer neuen Ligastufe mit einem sensationellen Rang 5 ab. Halvorsen hatte bereits jetzt eine absolute Jobgarantie als Interimstrainer.
Auch in den folgenden Jahren hatte der HFK kaum Abstiegssorgen in der Addecoligaen. Zwar kauften die größeren Vereine den Eisbären stetig ihre besten Spieler weg. Doch die Jugendarbeit und die mittlerweile gut vernetzte Scoutingabteilung sorgten durchweg für weitere junge Talente, die Hammerfest in den Jahren 2011-2014 immer auf einem einstelligen Tabellenplatz beenden ließen. Zwar weit entfernt vom Aufstieg, allerdings auch vom Abstieg. Nachdem man im Jahr 2015 Zehnter wurde und eine gewisse Stagnation einsetzte, begann das Management, einige Spieler mit Vollzeitverträgen auszustatten. Diese Tatsache und die mittlerweile stabile finanzielle Lage spülten Hammerfest 2016 auf Rang 6 und im folgenden Jahr sogar auf Position 3, die zur Relegation für die 1.Liga berechtigte. In zwei sensationellen Spielen besiegte man die hochfavorisierten Profis von Strømsgodset IF Drammen mit 5:0 und 1:0. Toptorjäger und Eigengewächs Joakim Solberg, der bereits 2006 mit 17 Jahren bei HFK debütierte, erzielte alle Treffer. Man war in die Tippeligaen, die höchste norwegische Spielklasse, aufgestiegen.
2018 - 2020
Konnte man sich bei den vorherigen Aufstiegen noch auf den Fakt des Amateurbereichs verlassen, war Hammerfest nun mit 13 kompletten Profiteams konfrontiert. Niemand, wirklich niemand prognostizierte den Eisbären aus dem hohen Norden auch nur ansatzweise eine Chance auf den Klassenerhalt. Doch wie so oft in der Geschichte dieses jungen Fußballvereins war man für eine Überraschung gut. Nach einer langen und nervenaufreibenden Saison sicherte man den Nichtabstieg mit Rang 11. In der Saison 2019 folgte schließlich die bis dato beste Platzierung der Vereinsgeschichte: Rang 10! Kleine Schritte waren schon immer die Stärke von Emil Halvorsen.
Das Team, mittlerweile gespickt von zahlreichen hochtalentierten Jungspunden, wurde jedoch immer unruhiger. Viele Topspieler drängten auf einen Wechsel, waren unzufrieden und brachten nur noch selten die Leistung aus den beiden Vorjahren. Nach einem recht positiven Start rutschte man schnell auf den letzten Platz in der Tabelle ab und schien wenige Spieltage vor Saisonende bereits so gut wie sicher abgestiegen. Mit etwas Schützenhilfe der Konkurrenz und einer großen Menge an Charakterstärke kämpften sich Onkel Emils Kinder allerdings noch auf den Relegationsplatz. Erst in der 85.Minute des 26. und letzten Spieltags sprang man auf diesen. Die beiden folgenden Partien gegen Kjelsas wurden nochmals zur Kraftprobe. Nach dem 2:1 Auswärtssieg gegen den Zweitligisten folgte auch im Rückspiel ein 2:1. Der Abstieg war abgewendet.
Wäre dieser Last-Minute-Klassenerhalt nicht schon das höchste der Gefühle, erreichte Hammerfest FK 2020 im NM Cupen, dem Landespokal, sensationell das Finale, welches man folglich im Elfmeterschießen gegen IK Start Kristiansand gewann.
Klassenerhalt, Pokalsieg, die daraus resultierende Teilnahme am europäischen Wettbewerb! Für das Herz eines mittlerweile 62-jährigen eine wahre Belastbarkeitsprobe!
Erst 26 Jahre war dieser Verein alt. Und schon hatte man den Aufstieg in die erste Liga und den Pokalsieg geschafft! Ein wichtiger Faktor: Emil Halvorsen! Vereinspräsident Steinar Gabrielsen entschied im Anschluss, Onkel Emil einen Vertrag als Profitrainer anzubieten. Der grenzdebile Vorrentner sagte zu und startet nun in sein letztes Abenteuer!