@thegame: Wär‘ mir schon irgendwie peinlich gewesen, wenn ich jetzt mit den Ösis Europameister geworden wäre.
@Alex: Ich glaube, ich lasse es mit der Schrift an der Stelle erst mal so. Ist halt die Womerde-Klaue.
Panthera: (1) Solange mich die Schweizer nicht als „Blatter“ beschimpft hätten… (2) Siehe oben: Vize-EM reicht völlig, um eingebildet zu werden. Aber sein eigentliches Problem löst er damit auch nicht. (3) Das mit der Zuschauer-Relation ärgert mich auch. Ich fürchte, auch als Bundesligist wird der Schnitt hinter Paderborn (14.859) zurückbleiben. (4) Lübeck braucht (zurzeit) keinen Österreicher, aber vielleicht wird ja umgekehrt was draus: Mit Günni Schwarz (was macht schwarzgrün1913 eigentlich so?) haben wir ja einen Ösi in der eigenen Jugend.
@all: Wegen der „Emmo-Wende“ habe ich mich entschlossen, ein neues Kapitel zu beginnen mit dem Titel „Emmo will mehr“. Spielt eigentlich überhaupt keine Rolle und wirkt sich hauptsächlich auf meinem PC aus, wo ich – was dringend nötig war – mal alle alten Dateien bis hierhin aufräume und extern sichere.
Abschnitt 5: Emmo will mehr
122. Teil: Kaderüberlegungen
(01.07.2016)
Der 1. Juli war ein Donnerstag. Alle Trainer begannen die Saison mit einem lockeren Auslaufen und ein paar Spielchen. Am Abend kamen wir alle zu unserem wöchentlichen Jour fixe im Finnegan zusammen. Fast jeder hatte irgendwo Urlaub gemacht und dementsprechend viel zu erzählen, manchen war ich nach der EM noch nicht begegnet, und die ließen es sich natürlich nicht nehmen, mir noch zu gratulieren, und auch sonst gab es allerlei zu diskutieren, zu lachen und zu hinterfragen.
„Na, was habt ihr für einen Eindruck von euren Neuen?“, wollte Matthias, unser Geschäftsführer, von Daniel Lippmann und mir wissen.
„Oh, insgesamt bin ich positiv überrascht.“, antwortete mein Co-Trainer. „Über die Verpflichtung von Lukas Rupp (HS) sind alle sehr froh, und die Stimmung im Team stieg gleich angesichts von Anastasios Papazoglou (IV) und Pierre-Emerick Aubameyang (ST) deutlich an. Martin Dotterweich und Vedad Ibisevic fühlen sich dadurch geradezu angespornt, sich weiter zu verbessern. Auf Willibald Grasser (ST) reagierte Joselu wiederum ausgesprochen gelassen.“
„Soll ich sie alle auf unserer Website vorstellen, oder ist das zu wenig?“
„Nein, Website muss reichen. Grasser soll übrigens erst mal in der Zweiten spielen und sich gegebenenfalls von da aus empfehlen.“
„Was, echt? Findest du das gut?“, schaltete sich der andere Matthias, seines Zeichens Amateurtrainer, ein. „Damit hätten wir ganze sieben Stürmer in der Reservemannschaft – wie soll ich die denn alle motivieren?“
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Tatsächlich war ja auch Umut Sükür gerade aus der Jugend dazugestoßen, ebenso wie Hoffmann, Dotterweich – den ich zu den Profis nahm – , Everswald und Warner. Für die drei Erstgenannten mussten wir übrigens Ausbildungsentschädigungen zwischen 23.000 und 68.000 Euro nach Chemnitz, Leverkusen und Hamburg überweisen. Aber den Konkurrenzkampf im Angriff sah ich zunächst durchaus entspannt.
„Na, wart’s mal ab. In der Saisonvorbereitung und im Trainingslager können sie sich alle gern für die erste Mannschaft empfehlen. Im Übrigen spielt Duspara ohnehin links, mit Kadah plane ich mittelfristig nicht mehr und die jungen Talente sollen sich, wenn sich da was ergibt, ruhig per Leihvertrag woanders Spielpraxis holen.“
Mehr Gedanken machte ich mir über das Überangebot an Torhütern, deren wir nach Nagels Rückkehr nun sechs hatten. Aber dazu sagte ich vorerst noch nichts. Stattdessen erklärte ich meinen Entschluss, mit der ersten Mannschaft zum schon früher so erfolgreichen 4-2-4 zurückzukehren, wobei mir bereits eine Startaufstellung vorschwebte, an der sich aber natürlich durchaus noch dies und das ändern konnte.
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„Alessandro als Nummer Eins macht Sinn.“, sagte Andreas Johne, der Torwarttrainer. „Andererseits hat er die wenigste Erfahrung, und Pascal und René sind ebenfalls noch relativ jung. Ich bin gespannt, wer sich da bis zum Saisonbeginn hervortut.“
Auch die Abwehr war zahlen- wie qualitätsmäßig gut bestückt. Deana gab ich keine großen Chancen auf einen Platz in der ersten Mannschaft und Herrmann (RV) hatte mit Zarb und Hoogland natürlich eine starke Konkurrenz vor der Nase. Papazoglou und Dotterweich konnten zunächst einmal als gesetzt gelten, links waren Ribbeck und Straith einsetzbar und Agbossoumonde sah ich als Spieler für die Bank.
„Hattest du Aubameyang nicht eigentlich für die Außenpositionen geholt?“, erkundigte sich Martin Ulbricht, der Pressesprecher, der gewiss schon darüber nachdachte, wie er das Konzept der Öffentlichkeit verkaufen konnte.
„Richtig, und da soll er auch häufig eingesetzt werden. Aber zurzeit sind ja vor allem die Angreifer noch sehr formschwach. Joselu, Loheider und auch Wolf haben in den kommenden Wochen die Gelegenheit, Pierre-Emerick zu verdrängen. Den und Lukas Rupp sehe ich dann über die Flügel kommen.“
Zwei, für die in diesem System letztlich wohl kein Raum mehr bleiben würde, waren Czichos und Potenza. Auch das sollte die Vorbereitung erweisen. Die beiden ZM-Positionen hingegen waren zunächst einmal klar vergeben, und zwar an Bonaventura und Winkelmann.
„Und was ist mit Emmo?“ Die Frage kam von Kristian Gentner, dem Jugendtrainer.
„Tja, der Emmo…“
Einmal mehr verdrängte ich dieses Thema. Aber ich buchte für beide Teams gemeinsam ein zweiwöchiges Trainingslager. Die Auswahl, wohin es diesmal gehen sollte, fiel mir nicht schwer – oder besser: ich traf sie gar nicht wirklich selbst. Vielmehr teilte Draggy mir mit, dass unser italoaffiner Präsident bereits festgelegt hatte, dass wir in das Land seiner Wahl zu fahren hatten. Wenigstens konnte ich noch darauf hinwirken, dass für eine ordentliche Fitness- und Teamworkentwicklung gesorgt sein würde.
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Wir flogen nach Mailand und fuhren von dort aus mit dem Bus weiter. Villafranca liegt bei Verona und gehört gerade noch so zur Region Venezien. Im Bus setzte ich mich sogleich zu Emmo, der heute ausgesprochen guter Dinge zu sein schien.
„Na, dein erstes Trainingslager mit den Profis – wie fühlt sich das an?“
„Schon geil.“, sagte er. „Machen wir denn auch mal ein Match Erste gegen Zweite?“
„Aber ganz sicher, das habe ich vor. Und weißt du was: du wirst in der Ersten spielen!“
„Was, echt?“
„Ja. Ich habe nämlich beschlossen, dich zunächst einmal für drei Wochen zu den Profis zu verschieben. Und, Emmo: ich würde mich sehr freuen, wenn du da Tritt fasst!“
„Hm, ich weiß schon, was du meinst.“, erwiderte er. Dann drehte er sich zu Pan und Lan, sorry: Panaiotis und Lance um, die hinter uns saßen, um ihnen freudestrahlend die Neuigkeit zu verkünden.
Auch die A-Jugend schickte ich dieser Tage mit Kristian Gentner ins Trainingslager, aber wie stets in das örtliche bei Lübeck. Einige aus der zuletzt so erfolgreichen B-Jugend waren ja nun in diesem Erstligateam dabei und sollten auf die veränderten Aufgaben gut vorbereitet werden.
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Hier wurde aber erst recht offenbar, dass es in Lübeck zurzeit offensichtlich eine Torhüterschwemme gab. Noch vor der Abreise sortierte ich deshalb Süme und Strauss aus, denen sicherlich mehr damit gedient waren, wenn sie sich beim Stadtkonkurrenten Phönix Lübeck bewarben, der sich immer mal über die Jugendspieler freute, die bei uns nicht zum Zuge kamen. Auch Bierbauer würde kaum Einsatzzeiten erwarten können, aber ich erklärte ihm, dass ich ihn gern für einen gesunden Konkurrenzdruck und für den Verletzungsfall behalten wollte.
„Vollborn hier!“ Da rief mich der Präsident doch tatsächlich um halb sieben Uhr früh auf meinem Handy an, als wir gerade die antike Via Postumia entlangjoggten.
„Moin Herr Senator“, sagte ich pustend, „was gibt’s?“
„Ich wollte Ihnen nur mal meine Zufriedenheit mit Ihrer Arbeit ausdrücken. Sportlich wie finanziell. Wirklich, der gesamte Vorstand ist vollauf zufrieden mit Ihnen!“ Ich freute mich über diese Anerkennung und sah förmlich die beiden Balken auf 20/20 anwachsen. „Außerdem teile ich Ihnen mit, was ich von der kommenden Saison erwarte. Meiner Meinung nach ist das Saisonziel ganz eindeutig die obere Tabellenhälfte!“ Auch das freute mich, denn selbstverständlich hatten wir alle in Wahrheit bedeutend mehr vor – wir wollten den Aufstieg. „Und schließlich noch etwas.“
„Noch etwas?“ Was denn nun noch!
„Ja, ich habe gerade schon mal mit Ingo Huber und Raffaele Scuderi gesprochen. Es ist ausgemacht, dass…“
„Raffael wer?“
„Raffaele Scuderi. Müssen Sie doch kennen! Das ist der Präsident von U.S. Foggia.“
Oh je, Foggia – da war doch schon dies und das gewesen! Namen wie Tobias Huber, Daniel Lück und Marco Mona fielen mir ein. Deswegen also hatten wir unser Trainingslager in Italien wählen sollen, weil der Herr Senator mal wieder seine diplomatischen Beziehungen pflegen wollte! Okay, ich nahm zur Kenntnis, dass sich der Manager von Foggia an mich wenden würde, um ein Testspiel in Villafranca zu vereinbaren.
In den ersten zwei Tagen in Venezien kam ich aber zu praktisch überhaupt nichts, weil sich in personeller Hinsicht einiges tat, das gut überlegt und sorgfältig entschieden werden wollte.
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Sebastian war 22 und seit einem Jahr bei uns, aber da er praktisch nur HS spielen konnte, war er nicht sehr häufig zum Einsatz gekommen, und wenn, dann als Einwechselspieler oder auf der ST-Position, mit der er sich nicht recht anzufreunden vermochte. 19 Spiele hatte er bestritten und dabei drei Tore erzielt – eindeutig zu wenig für einen talentierten Angreifer. Alemannia Aachen übernahm sein volles Gehalt und wollte mit ihm versuchen, den zuletzt knapp verpassten Wiederaufstieg in die 2. Liga zu vollziehen.
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Und dann hatten Arne und ich, wie es schien, ein paar sehr interessante ablösefreie Spieler aufgetan, die nicht abgeneigt waren, zum VfB Lübeck zu wechseln. Alle drei waren sehr variabel einsetzbar und brachten mit 22 (Fayos) bzw. 25 Jahren noch durchaus Perspektiven für die Zukunft mit. Allen dreien machte ich Angebote, und obwohl sie so einiges an Handgeldern und Gehältern verlangten, erfolgten keinerlei Einwände seitens meines Vorstandes.
Außerdem wurde mir ein Stürmer vom FC Energie Cottbus angeboten: Garra Dembélé, 30 Jahre alt, Stärke 66 – und das für knapp zwei Drittel seines Marktwertes. Aber mal ehrlich: was sollten wir mit noch einem Stürmer? Ich sagte danke und lehnte ab. Noch am selben Tag flatterte mir ein Angebot auf den Tisch, oder besser: auf den Bildschirm, das unter einigen unserer Reservespieler hitzige Diskussionen auslöste.
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„Kuopio – ist das eine Geschlechtskrankheit?“, fragte Joe spöttelnd. Und auch Lance’s andere Kumpels wussten nur wenig damit anzufangen.
„Macht euch ruhig lustig“, konterte Lance, „immerhin handelt es sich dabei um einen Erstligaverein. Also, ich finde, so ein Angebot sollte man sich zumindest mal überlegen.“
Kuopion Palloseura, kurz: Kuopio PS oder auch KuPS, war der Fußballverein der achtgrößten Stadt Finnlands. Er spielte in der Veikkausliiga, zuletzt meist auch in der Europa League und war fünffacher finnischer Meister. Verstehen konnte ich Lance durchaus. Zwei Angebote aus Linz und Hanau für Panaiotis Thera hatten wir in der vorigen Saison abgelehnt, aber natürlich durfte unseren Nachwuchsspielern auch nicht die Chance verbaut werden, sich woanders ihre Meriten zu verdienen. Schon gerade, wenn auch internationaler Fußball im Bereich des Möglichen lag.
„Hallo Kristian, wie geht es euch so im Lübecker Trainingslager?“
„Prinzipiell nicht schlecht, nur das Wetter hier ist beschissen, kann ich dir sagen!“
„Na, da haben wir es in bella Italia natürlich bedeutend besser. Es ist sogar fast ein bisschen zu heiß. Du, sei doch so nett und bitte Mika, mich mal anzurufen. Ich möchte etwas Wichtiges mit ihm besprechen.“
Und an diesem Abend führte ich ein langes Gespräch mit Mika Siikainen, unserem Stürmertalent aus der A-Jugend, über Finnland und seine Sitten, Zustände und Gewohnheiten.