Pacta sunt servanda – aber nicht beim FM12! Gleich drei Überraschungen erwarteten mich in der nächsten Zeit:
1. Dass man offenbar keine Nationalmannschaft managen kann, wenn man keinen Club managt, war mir ja schon klar. Wie ich jetzt aber feststellen musste, geht das sogar so weit, dass man seinen Club nicht verlassen kann, solange man Nationaltrainer ist. Folge: Malte Womerde bleibt Trainer und Manager des 1. FC Union Berlin, obwohl sein Vertrag ausgelaufen war.
2. Der Vertrag von Scout Arne Rolff wurde gerade verlängert, und dennoch geht der Mann nun in den Ruhestand (was mir allerdings erst nach vier Ingame-Wochen auffiel). Fazit: Offenbar darf ein Vereinsmitarbeiter nicht älter als 71 sein. Da fragt man sich: Was passiert mit Malte in zehn Jahren?
3. Und dann kam es da noch zu einer Vertragsverlängerung, die keine ist. Aber dazu zu gegebener Zeit mehr…
Abschnitt 8: Auf dem Weg (möglichst) nach ganz oben
253. Teil: Eine ganz unerwartete Aufgabe
(30.06.2020)
Manuela brachte Chips und Getränke und sah dann nochmal nach Klein-Basti. Tramp machte es sich unter dem Tisch bequem, Sabrina ermahnte Malte junior zum x-ten Mal, Lukas nicht an den Haaren zu ziehen – der trug sie nämlich jetzt ganz modegemäß an den Seiten extra-lang – und ich fragte Emmo:
„Na, wer wäre dein Wunschgegner?“
„Ganz klar, die Bayern“, antwortete er.
Die gleiche Antwort hätte wohl jeder Manager all der Vereine gegeben, die heute im Lostopf lagen. Und dann startete sie, die Auslosung der ersten Runde des DFB-Pokals.
Unsere erste Reaktion war die, dass Emmo und ich gleichzeitig losprusteten, während Sabrina leise „Oh“ sagte und Malte fragte:
„Ziehst du jetzt wieder nach Berlin?“
Dann interessierte Emmo sich vorübergehend für den SC Verl und verkündete, dass der die vorige Saison auf Platz fünf der Regionalliga Nord abgeschlossen hatte. Um anschließend zu dem eigentlichen Thema des Tages zurückzukehren und zu sagen:
„Das ist ja wirklich ein Hammer. Fast schade, dass du deinen Vertrag bei Union nicht verlängert hast!“
Und grinste dazu. Ich grinste nicht. Vielmehr ahnte ich, dass da noch etwas nachkommen würde. Dass es allerdings derart schnell passieren würde, damit hatte ich dann eigentlich doch nicht gerechnet: Mein Handy meldete sich mit einer SMS.
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„Was soll das heißen?“, fragte Sabrina.
„Von wem stammt die?“, fragte Emmo.
Dieselben Fragen stellte ich mir auch gerade.
„Nee, Malte, oder?“ Emmo hatte es als Erster begriffen.
Und dann piepte es gleich wieder.
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„Warum simsen die denn alle mit unterdrückter Nummer?“, fragte Sabrina. Aber das war eine Frage, die ich ihr beantworten konnte:
„Das ist der einzige Grund, überhaupt noch SMS zu verschicken – dass man als Absender unerkannt bleibt.“
„Na, von wem die zweite stammt, ist ja wohl mal klar.“
Ich nickte. Es passte zu Max Stehle, dass er mich weiter als Union-Trainer sehen wollte, nur damit ich die Bayern in der ersten Runde aus dem Pokal warf.
„Dann vermute ich mal stark, die andere Nachricht kam von Marcel Butzmann.“
Für alle, die es – wie ich bis gerade da auch – vergessen haben: Marcel Butzmann war der Geschäftsführer des 1. FC Union Berlin.
„Und? Machst du’s?“, wollte Emmo wissen.
Im selben Moment erschien Sabrina in der Tür, die die Jungs zu Bett gebracht hatte.
„Ja, wirklich: machst du’s?“
Aber ich schüttelte entschieden den Kopf.
„Nein! Kommt überhaupt nicht infrage!“
Und damit ging ich ins Bett. Allerdings tat ich die ganze Nacht kein Auge zu.
Dementsprechend müde war ich am Morgen beim Frühstück. Es war ein Mittwoch, weshalb Malte (13) und Lukas (7) bereits in der Schule waren. Sabrina schenkte mir schon zum zweiten Mal Kaffee nach und ließ die Ecke eines Croissants zu Boden fallen, wo Tramp sie sich geräuschvoll schnappte. Hertha (4) rührte indessen fortwährend in ihrer Cerealienpampe und sang vor sich hin. Man konnte es beinahe ein Familienidyll nennen.
Aber nur beinahe. Denn in diesem Moment erhielt ich eine E-Mail. Noch in der Nacht hatte ich ein kurzes „Nix da!“ an Unions Butzmann geschickt und dabei irgendwie das ungute Gefühl gehabt, dass die Sache damit nicht ausgestanden sein würde. Genau das war es, was sich jetzt bestätigte.
„Emmo, ich brauche deine Hilfe!“
Etwas Besseres, als denjenigen anzurufen, den ich vor ein paar Jahren als Jungen quasi in der Gossen aufgelesen hatte und der jetzt Bundesliga-Manager war, fiel mir nicht ein.
„Moment mal, ganz langsam“, sagte der. „Erstens: Wer ist Dr. Jürgen Butzmann? Der Geschäftsführer von Union heißt doch, denke ich, Marcel Butzmann! Zweitens: Wieso Vertrag erfüllen? Mir hast du erzählt, der Vertrag wäre ausgelaufen und nicht verlängert worden!“
Die erste Frage ließ sich schnell klären. Aus meiner Zeit in Berlin wusste ich, dass der FC Union keinen Vereinsanwalt hatte, und Jürgen war ganz offensichtlich der Bruder von Marcel. Und auch die Antwort auf die zweite Frage war eigentlich ganz einfach:
„So ist es ja auch – der Vertrag ist seit gestern, 24 Uhr erledigt!“
„Na, da scheint das Doktor-Butzemännchen aber anderer Ansicht zu sein.“ Ungeachtet seiner Wortwahl klang Emmo gar nicht amüsiert. „Sag mal, Malte: Du hast nicht in letzter Zeit manchmal mit Erinnerungsschwierigkeiten zu tun oder so?“
„Naja, ich…“
Was sollte ich darauf sagen? Ich war zwar über sechzig, hielt mich aber noch für ganz schön taff. Dass man hin und wieder was vergaß, konnte schließlich schon mal vorkommen.
„Aber was das angeht, da bin ich mir ganz sicher!“
„Na schön. Dann sagst oder mailst oder simst du jetzt mal bis auf weiteres gar nichts mehr!“
Und wenig später hatten wir einen Gast am Frühstückstisch, den ich mir da nicht unbedingt hingewünscht hätte.
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„Danke, dass Sie so schnell kommen konnten, Herr Marquardt!“, sagte ich tapfer, als ich den Rechtsanwalt des VfB Lübeck in mein Haus hereinließ.
„Kommen wir gleich zur Sache!“, sagte er, während er sich ein halbes Croissant in den Mund stopfte. „Dmpf Mwpf vmm Mmjmmm…“
Ich goss ihm Kaffee ein und stellte ihm je ein Glas mit Orangensaft und Mineralwasser hin. Erst als er von allem getrunken hatte, war er wieder zu verstehen.
„Den Anwalt von Union werden wir erst mal zurückweisen. Denn der hat gar keine Vollmacht vorgelegt.“
Je länger wir redeten – oder besser gesagt: er redete –, desto beruhigter wurde ich. Eigentlich schien er doch gar kein so schlechter Anwalt zu sein. Wenn es keinen Vertrag gäbe, meinte er, dann könnte die Klägerseite (so nannte er den 1. FC Union Berlin nur noch) auch keine Vertragserfüllung verlangen. Das leuchtete mir ein. Also musste ich auch nicht nach Köpenick fahren.
„Lassen Sie mich nur machen, Womerde!“, sagte er und griff zu seinem Handy.
Er telefonierte etwa vierzig Minuten lang. Zu Beginn redete er sehr viel, dann immer weniger. Schließlich sagte er:
„Gut, dann schicken Sie mir das!“
Anschließend öffnete er eine E-Mail, die man ihm geschickt hatte, und deren Anhang. Dann sagte er nur noch:
„Tja.“
Und zeigte mir dies:
„Was soll das heißen?“
„Mein lieber Womerde, das soll heißen, dass Sie sich haben übertölpeln lassen. Es existiert ein rechtsgültiger Vertrag mit Ihnen, wonach Sie unverändert Trainer und Manager des Vereins sind, und zwar zu exakt den gleichen Konditionen wie zuvor, nur mit einer Laufzeit bis zum 30. Juni 2021.“
„Das kann nicht sein!“
Er schwieg eine Weile und sah mich forschend an. Dann fragte er:
„Soll ich eine Klage vorbereiten?“
„Ja, unbedingt!“
„Eine Klage auf Feststellung, dass der Vertrag nicht wirksam ist? Oder auf Anfechtung? Oder auf außerordentliche fristlose Kündigung?“
„Egal, meinetwegen gegen alles!“ Ich war einfach nur noch aufgebracht. „Überziehen Sie die mit einer Klage, dass ihnen die Lust vergeht, mich als Trainer zu beschäftigen!“
„Hmm, aber ich weise Sie darauf hin, dass…“
„Das ist mir scheißegal!“
Damit stürmte ich aus dem Zimmer und aus dem Haus. Wutentbrannt.
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