Der bemerkenswerte Weg des Emmo W.


  • Abschnitt 8: Auf dem Weg (möglichst) nach ganz oben


    253. Teil: Eine ganz unerwartete Aufgabe
    (30.06.2020)


    Manuela brachte Chips und Getränke und sah dann nochmal nach Klein-Basti. Tramp machte es sich unter dem Tisch bequem, Sabrina ermahnte Malte junior zum x-ten Mal, Lukas nicht an den Haaren zu ziehen – der trug sie nämlich jetzt ganz modegemäß an den Seiten extra-lang – und ich fragte Emmo:


    „Na, wer wäre dein Wunschgegner?“


    „Ganz klar, die Bayern“, antwortete er.


    Die gleiche Antwort hätte wohl jeder Manager all der Vereine gegeben, die heute im Lostopf lagen. Und dann startete sie, die Auslosung der ersten Runde des DFB-Pokals.



    Unsere erste Reaktion war die, dass Emmo und ich gleichzeitig losprusteten, während Sabrina leise „Oh“ sagte und Malte fragte:


    „Ziehst du jetzt wieder nach Berlin?“


    Dann interessierte Emmo sich vorübergehend für den SC Verl und verkündete, dass der die vorige Saison auf Platz fünf der Regionalliga Nord abgeschlossen hatte. Um anschließend zu dem eigentlichen Thema des Tages zurückzukehren und zu sagen:


    „Das ist ja wirklich ein Hammer. Fast schade, dass du deinen Vertrag bei Union nicht verlängert hast!“


    Und grinste dazu. Ich grinste nicht. Vielmehr ahnte ich, dass da noch etwas nachkommen würde. Dass es allerdings derart schnell passieren würde, damit hatte ich dann eigentlich doch nicht gerechnet: Mein Handy meldete sich mit einer SMS.



    „Was soll das heißen?“, fragte Sabrina.


    „Von wem stammt die?“, fragte Emmo.


    Dieselben Fragen stellte ich mir auch gerade.


    „Nee, Malte, oder?“ Emmo hatte es als Erster begriffen.


    Und dann piepte es gleich wieder.



    „Warum simsen die denn alle mit unterdrückter Nummer?“, fragte Sabrina. Aber das war eine Frage, die ich ihr beantworten konnte:


    „Das ist der einzige Grund, überhaupt noch SMS zu verschicken – dass man als Absender unerkannt bleibt.“


    „Na, von wem die zweite stammt, ist ja wohl mal klar.“


    Ich nickte. Es passte zu Max Stehle, dass er mich weiter als Union-Trainer sehen wollte, nur damit ich die Bayern in der ersten Runde aus dem Pokal warf.


    „Dann vermute ich mal stark, die andere Nachricht kam von Marcel Butzmann.“


    Für alle, die es – wie ich bis gerade da auch – vergessen haben: Marcel Butzmann war der Geschäftsführer des 1. FC Union Berlin.


    „Und? Machst du’s?“, wollte Emmo wissen.


    Im selben Moment erschien Sabrina in der Tür, die die Jungs zu Bett gebracht hatte.


    „Ja, wirklich: machst du’s?“


    Aber ich schüttelte entschieden den Kopf.


    „Nein! Kommt überhaupt nicht infrage!“


    Und damit ging ich ins Bett. Allerdings tat ich die ganze Nacht kein Auge zu.


    Dementsprechend müde war ich am Morgen beim Frühstück. Es war ein Mittwoch, weshalb Malte (13) und Lukas (7) bereits in der Schule waren. Sabrina schenkte mir schon zum zweiten Mal Kaffee nach und ließ die Ecke eines Croissants zu Boden fallen, wo Tramp sie sich geräuschvoll schnappte. Hertha (4) rührte indessen fortwährend in ihrer Cerealienpampe und sang vor sich hin. Man konnte es beinahe ein Familienidyll nennen.


    Aber nur beinahe. Denn in diesem Moment erhielt ich eine E-Mail. Noch in der Nacht hatte ich ein kurzes „Nix da!“ an Unions Butzmann geschickt und dabei irgendwie das ungute Gefühl gehabt, dass die Sache damit nicht ausgestanden sein würde. Genau das war es, was sich jetzt bestätigte.



    „Emmo, ich brauche deine Hilfe!“


    Etwas Besseres, als denjenigen anzurufen, den ich vor ein paar Jahren als Jungen quasi in der Gossen aufgelesen hatte und der jetzt Bundesliga-Manager war, fiel mir nicht ein.


    „Moment mal, ganz langsam“, sagte der. „Erstens: Wer ist Dr. Jürgen Butzmann? Der Geschäftsführer von Union heißt doch, denke ich, Marcel Butzmann! Zweitens: Wieso Vertrag erfüllen? Mir hast du erzählt, der Vertrag wäre ausgelaufen und nicht verlängert worden!“


    Die erste Frage ließ sich schnell klären. Aus meiner Zeit in Berlin wusste ich, dass der FC Union keinen Vereinsanwalt hatte, und Jürgen war ganz offensichtlich der Bruder von Marcel. Und auch die Antwort auf die zweite Frage war eigentlich ganz einfach:


    „So ist es ja auch – der Vertrag ist seit gestern, 24 Uhr erledigt!“


    „Na, da scheint das Doktor-Butzemännchen aber anderer Ansicht zu sein.“ Ungeachtet seiner Wortwahl klang Emmo gar nicht amüsiert. „Sag mal, Malte: Du hast nicht in letzter Zeit manchmal mit Erinnerungsschwierigkeiten zu tun oder so?“


    „Naja, ich…“


    Was sollte ich darauf sagen? Ich war zwar über sechzig, hielt mich aber noch für ganz schön taff. Dass man hin und wieder was vergaß, konnte schließlich schon mal vorkommen.


    „Aber was das angeht, da bin ich mir ganz sicher!“


    „Na schön. Dann sagst oder mailst oder simst du jetzt mal bis auf weiteres gar nichts mehr!“


    Und wenig später hatten wir einen Gast am Frühstückstisch, den ich mir da nicht unbedingt hingewünscht hätte.



    „Danke, dass Sie so schnell kommen konnten, Herr Marquardt!“, sagte ich tapfer, als ich den Rechtsanwalt des VfB Lübeck in mein Haus hereinließ.


    „Kommen wir gleich zur Sache!“, sagte er, während er sich ein halbes Croissant in den Mund stopfte. „Dmpf Mwpf vmm Mmjmmm…“


    Ich goss ihm Kaffee ein und stellte ihm je ein Glas mit Orangensaft und Mineralwasser hin. Erst als er von allem getrunken hatte, war er wieder zu verstehen.


    „Den Anwalt von Union werden wir erst mal zurückweisen. Denn der hat gar keine Vollmacht vorgelegt.“


    Je länger wir redeten – oder besser gesagt: er redete –, desto beruhigter wurde ich. Eigentlich schien er doch gar kein so schlechter Anwalt zu sein. Wenn es keinen Vertrag gäbe, meinte er, dann könnte die Klägerseite (so nannte er den 1. FC Union Berlin nur noch) auch keine Vertragserfüllung verlangen. Das leuchtete mir ein. Also musste ich auch nicht nach Köpenick fahren.


    „Lassen Sie mich nur machen, Womerde!“, sagte er und griff zu seinem Handy.


    Er telefonierte etwa vierzig Minuten lang. Zu Beginn redete er sehr viel, dann immer weniger. Schließlich sagte er:


    „Gut, dann schicken Sie mir das!“


    Anschließend öffnete er eine E-Mail, die man ihm geschickt hatte, und deren Anhang. Dann sagte er nur noch:


    „Tja.“


    Und zeigte mir dies:



    „Was soll das heißen?“


    „Mein lieber Womerde, das soll heißen, dass Sie sich haben übertölpeln lassen. Es existiert ein rechtsgültiger Vertrag mit Ihnen, wonach Sie unverändert Trainer und Manager des Vereins sind, und zwar zu exakt den gleichen Konditionen wie zuvor, nur mit einer Laufzeit bis zum 30. Juni 2021.“


    „Das kann nicht sein!“


    Er schwieg eine Weile und sah mich forschend an. Dann fragte er:


    „Soll ich eine Klage vorbereiten?“


    „Ja, unbedingt!“


    „Eine Klage auf Feststellung, dass der Vertrag nicht wirksam ist? Oder auf Anfechtung? Oder auf außerordentliche fristlose Kündigung?“


    „Egal, meinetwegen gegen alles!“ Ich war einfach nur noch aufgebracht. „Überziehen Sie die mit einer Klage, dass ihnen die Lust vergeht, mich als Trainer zu beschäftigen!“


    „Hmm, aber ich weise Sie darauf hin, dass…“


    „Das ist mir scheißegal!“


    Damit stürmte ich aus dem Zimmer und aus dem Haus. Wutentbrannt.


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  • 254. Teil: Vorbereitungen hier wie dort
    (01.07.2020)


    „Als Ihr Anwalt rate ich Ihnen, sich um Schadensbegrenzung zu bemühen.“


    Dieser Satz von Rechtsanwalt Sebastian Marquardt geisterte mir beständig durch den Kopf. Okay, die Klage gegen den 1. FC Union lief, aber fürs Erste musste ich mich wohl weiterhin als deren Manager betrachten. Zwar fiel mir nicht ein, deswegen nach Berlin zu fahren, aber ich beschloss, wenigstens aus der Ferne alles Notwendige zu veranlassen, um mir keine entscheidenden Versäumnisse vorwerfen lassen zu müssen. Außerdem hing ja auch noch ein wenig mein Herz an dem Verein und seinen Spielern und Mitarbeitern, so dass es durchaus in meinem Interesse lag, eine halbwegs ordentliche Saisonvorbereitung zu ermöglichen.


    Weil ich aber dennoch den Job als Sportdirektor des VfB Lübeck als meine Hauptaufgabe betrachtete, will ich auf das Berliner Geschehen hier nur in Grundzügen eingehen. Ich nahm ohnehin stark an, dass sich das Thema nach der Entscheidung über die von Sebastian Marquardt eingereichte Klage bald erledigt haben würde. Womit ich mich allerdings irren sollte.



    Die finanzielle Situation bei Union stellte sich mir einigermaßen katastrophal dar. Für praktisch nichts war Geld vorhanden. An eine personelle Verstärkung – Spieler und/oder Mitarbeiter – war natürlich überhaupt nicht zu denken. Im Gegenteil mussten sogar eigentlich die Gehälter drastisch reduziert werden. Aber ich hatte nicht vor, das zu meinem Problem zu machen. Stattdessen übertrug ich sämtliche Management-Aufgaben auf Geschäftsführer Marcel Butzmann bzw. Sportdirektor Hannes Wurzinger (den ich im Stillen nur Hans Wurst nannte). Lediglich um den sportlichen Teil würde ich mich selbst kümmern, und zwar von Lübeck aus. Immerhin stand zu erwarten, dass wir mit dem vorhandenen Kader durchaus konkurrenzfähig sein würden. Selbst ein Mitmischen um den Aufstieg erschien nicht ganz ausgeschlossen.



    „Was hältst du davon“, fragte ich Emmo, „wenn wir in der Vorsaison gleich mal wieder ein Testspiel gegeneinander vereinbaren?“


    „Ach“, antwortete er lustlos, „da frag mal besser Martin Wiss, mit dem musst du dich ja sowieso wieder messen.“


    „Nein“, beharrte ich, „ich meine schon ein Treffen der beiden ersten Mannschaften von Union und VfB.“


    „Hör mal, ich weiß ja nicht, was die Fans und die Presse dazu sagen werden, aber ich finde es einfach irgendwie blöd, wenn wir dauernd unsere Teams gegeneinander antreten lassen, nur weil du hier Sportdirektor und da Trainer bist.“


    „Aber gerade deswegen ergibt das doch Sinn: Ich kenne keine Mannschaft so gut wie die Lübecker Profis, und wenn ich einen Eindruck von der Spielstärke der Union-Spieler bekommen will, dann kann ich das auf diese Weise am besten. Und außerdem: >einfach irgendwie blöd < war noch nie ein brauchbares Argument!“


    Da schmunzelte er und gab nach. Und so vereinbarten wir ein Zusammentreffen in einer Woche auf dem Platz an der Lohmühle.


    Mit Martin Wiss setzte ich mich am folgenden Tag aber ebenfalls zusammen, um ihn bei der Kaderplanung für die Dritte Liga zu unterstützen. Einen Konflikt mit meiner Berliner Aufgabe sah ich darin überhaupt nicht.


    „Allerdings erwarte ich von dir“, erklärte Martin mir gleich zu Beginn, „dass du mir exakt die gleichen Einblicke in eure Belange gewährst, wie du sie von mir bekommst!“


    Das versprach ich ihm. Letztlich würde es uns beiden nützen und allenfalls den gemeinsamen Ligakonkurrenten schaden. So begannen wir zunächst einmal mit der aktuellen Bestandsaufnahme.



    Nach Prager und Pentz hatte Emmo nun auch Grasser und den aus Bielefeld zurückgekehrten Everswald in die Reserve beordert. Sieben Verträge (gelb) liefen zum Saisonende aus, aber das war jetzt nicht das Thema. Klar war, dass wir einen linken Verteidiger brauchten und einen oder zwei starke Leute für die rechte Offensivfraktion.


    „Am liebsten auch noch, wenn wir schon gerade darüber reden, einen weiteren Stürmer und einen Mittelfeld-Allrounder.“


    „Na, du kannst ja Wünsche haben!“


    Aber ich gab ihm recht. Voraussetzung war für mich allerdings, dass es sich um junge Talente handelte, die eventuell das Zeug dazu hatten, auch für die Profimannschaft aufgebaut zu werden. Bis auf Maiello (ZM), Kegel (OM) und Iturrioz (ST) waren das hier ja alles Youngsters, und das entsprach auch dem Konzept, das uns für die zweite Mannschaft vorschwebte. Nur sah ich allenfalls bei Albornos (TW), Hakanpää (IV) und mit Abstrichen Lönnblad (LA) und Grasser (ST) das Potenzial für eine Zukunft in der Bundesliga.


    Ein erster Erfolg gelang uns schon gleich wenige Tage später:



    Luca war vereinslos, hatte zuvor aber immerhin bei Lazio Rom und in Cagliari gespielt. Besonders vielversprechend für die Zukunft mochte er zunächst nicht erscheinen, aber er besetzte die wichtigste vakante Position.


    „Was mir ehrlich gesagt nicht so gut gefällt, sind die drei Torhüter. Drei sind für mein Gefühl immer einer zu viel.“


    Das fand Martin nicht. „Lass einen ausfallen, dann brauchst du einen für die Bank!“


    Aber ich schüttelte den Kopf. „In dem Fall kannst du noch auf die Jugend zurückgreifen. Aber wenn einer regelmäßig seinen Platz auf der Tribüne hat, schadet das der Motivation – unter Umständen auch im übrigen Team.“


    Wir einigten uns darauf, Bönkendorf freien Transfer zu erlauben. Dann aber entwickelte sich das Thema in eine ganz andere Richtung, denn mehrere Vereine äußerten Interesse an Adrian Prager, der ja immerhin einige Bundesligaerfahrung vorzuweisen hatte. Energie Cottbus, Steaua Bukarest und Gladbach zählten zu den Interessenten, und von Adrians Ehefrau hörten wir, dass sie ganz gern in eine andere Stadt gezogen wäre. Martin, Emmo und ich sahen uns die Angebote erst einmal an.


    Finanziell hatten wir einigen Spielraum, und Auflagen wegen der teuren Vorab-Verpflichtungen hatte es seitens des DFB auch nicht gegeben. Um 15,7 Millionen lagen die Budgets insgesamt im Plus. Emmo hatte das im Vorfeld sehr geschickt verhandelt, wobei er als Saisonziele die Qualifikation für die Champions League und das Erreichen des Viertelfinals sowohl im DFB-Pokal wie in der Europa League ausgegeben hatte. Das deckte sich übrigens – bemerkenswerterweise – nicht mit dem, was er im mit Spannung erwarteten ersten Training äußerte. Denn sehr zur Freude von Spielern, Fans und Lokalpresse erklärte er rundheraus:


    „Leute, machen wir uns nichts vor: Wir wollen die Schale und wir wissen auch, dass wir sie holen können!“



    Emmos erste Aufgabe der Saison war dann die Buchung eines Trainingslagers ab dem 9. Juli in St. Moritz in der Schweiz. Dort hofften wir insbesondere die Fitness zu stärken, aber natürlich auch, stärkemäßig ein wenig mehr zu den Konkurrenten aufschließen zu können.



    Am 8. Juli kam es jedoch erst einmal zu dem Vergleich zwischen seiner und meiner Profimannschaft. Gut 3.700 Zuschauer kamen bei Regen an die Lohmühle, um zum ersten Mal in der neuen Saison die Zugänge des VfB in Aktion zu sehen. Emmo bot gleich drei von ihnen in der Startelf auf: Trindade Meireles (ZM), für den er sogar selbst zunächst auf der Bank Platz nahm, Iturbe (RA) und Ganz (ST). Wolff, Labyad und Reus blieben fürs Erste draußen. Ich war sehr gespannt, wer von ihnen sich wirklich als Verstärkung erweisen würde, überließ es Emmo aber vollkommen, über ihre Einsätze zu entscheiden.


    Klar, ich war ja heute auf der gegnerischen Seite tätig, auch wenn ich mich durchaus nicht so fühlte. Mike und Gottfried, meine beiden Berliner Co-Trainer, durften Unions Startelf untereinander ausmachen, was sie ziemlich stolz und aufgeregt machte. Nur eine Forderung hatte ich an sie, und die hing damit zusammen, dass ich zwei vereinslose Spieler zum Probetraining eingeladen hatte: Andreas Lässer (IV) und Zach Tindall (ST) sollten sie auf jeden Fall in der zweiten Halbzeit ins Spiel bringen.


    „Ehm, Malte, meinst du nicht, du solltest besser da drüben Platz nehmen?“, fragte Emmo mich, als wir gemeinsam mit den Mannschaften aus den Kabinen kamen.


    „Och, wieso denn eigentlich? Ich finde, die Verantwortlichen von Union sollen ruhig sehen, dass ich nicht auf Dauer ihr Trainer bin. Schließlich hat Sebastian Marquardt ihnen ja gerade die Klage zugestellt, in der wir genau das fordern.“


    Aber im Grunde war es natürlich ziemlich egal, auf welcher Bank ich saß. Auf der einen Seite traf Emmo die Entscheidungen, auf der anderen Unions biedere Co-Trainer. Ich saß einfach nur da und verfolgte interessiert und genüsslich das Spiel.



    „Und, bist du zufrieden?“, fragte ich Emmo nach dem Spiel.


    „Naja, allzu viel durfte man natürlich noch nicht erwarten. Die Abstimmung in der Abwehr hatte noch Schwächen und Elez war im Tor heute eindeutig besser als Cissé. Mal sehen, wer letztlich die Nummer Eins wird. Aber die Neuen haben mir gut gefallen, allen voran André Augusto Tra… - wieso muss der Mann nur so einen endlosen Namen haben!“


    „Ach, lass mal – die Presse nennt ihn schon nur Trindade und für seine Freunde ist er Augusto.“


    „Und was ist deine Meinung zu unserer Mannschaft?“


    „Tja, das ist schon ein Luxus, wenn man Spieler wie Jahn, Rildo, Matthews, Kraetschmer und Ayew einfach mal so beiseite lässt. Meinst du nicht, da könnte irgendwo Unzufriedenheit entstehen?“


    „Nun, ich könnte mir ja vorstellen, dass da noch das eine oder andere Angebot reinflattert. Da werden wir dann drüber nachdenken.“


    Konkret ergab sich dieses Bild, über das es durchaus nachzudenken lohnte:


  • 255. Teil: Erkenntnisreiche Vergleiche
    (09.07.2020)


    Mit diesem sehr ausgeglichenen 23-Mann-Kader ging es am nächsten Tag ins Schweizer Trainingslager. Und weil die Zuordnung zu erster und zweiter Mannschaft noch nicht endgültig sicher war, erschien es uns sinnvoll, das Reserveteam ebenfalls dahin mitzunehmen. Das hatte zudem den Vorteil, dass die beiden gleich mal ein Testspiel gegeneinander bestreiten konnten. Leider hatten auch auf dem Trainingsplatz in St. Moritz die Reservebänke nur sieben Plätze, sonst hätten sowohl Martin Wiss als auch Emmo gern sämtliche Spieler spielen lassen. So blieben bei den Profis diesmal Iturbe, Schmelzer, Esswein, Höwedes und Bonaventura draußen.


     


    Martin Wiss ließ – wie schon seit einiger Zeit – seine Mannschaft stets in dem gleichen 4-2-4 spielen wie Emmo. Das machte es besonders interessant, diese beiden Formationen gegeneinander antreten zu sehen, da das Mittelfeld beiderseits – theoretisch – nur dünn besetzt war und sowohl Verteidiger wie Angreifer viel Laufarbeit leisten mussten, um etwa entstehende Lücken zu schließen. Beide Seiten machten das insgesamt sehr gut. Letztlich gab es dann aber doch ein standesgemäßes Ergebnis, und hätte sich Alcacer heute nicht als ausgesprochener Chancentod erwiesen, wäre durchaus ein noch höherer Sieg des Bundesligisten möglich gewesen.


     


    Übrigens fuhr auch der 1. FC Union ins Trainingslager, und zwar ins Berlin-nahe Stettin. Unnötig zu erwähnen, dass sie das ohne ihren etatmäßigen Trainer taten. In dieser Zeit kam es zu einer durchaus zufälligen Begegnung der beiden Clubs aus Lübeck und der Hauptstadt, nämlich beim alljährlichen Sommer-Jugendturnier, das diesmal im bayrisch-schwäbischen Aindling stattfand. Die beiden Mannschaften hatten aber in unterschiedlichen Gruppen anzutreten, und da die Berliner schon in der Vorrunde ausschieden, gab es kein direktes Aufeinandertreffen.



    Unter den traditionsgemäß hervorgehobenen auffälligsten Spielern des Turniers befanden sich am Ende auch zwei Lübecker: Heiko Bartosch (IV, 18, 53) und Christoph Schober (TW, 18, 58). Überhaupt hatten wir für mein Empfinden – und nach Ansicht von Jugendcoach Alex Fröhlich – dieses Jahr wieder eine recht vielversprechende A-Jugendmannschaft beisammen.

    Einer, der aus unserer Jugend hervorgegangen war, verließ uns dieser Tage. Adrian Prager (TW, 20, 61) hatte vor vier Jahren bei den B-Junioren angefangen und sich trotz mittelmäßigen Talents sehr ordentlich entwickelt. Den Höhepunkt seiner bisherigen Karriere hatte er zweifellos Präsident Vollborn zu verdanken, der ihn quasi per Dekret an den deutlich stärkeren, aber eben nicht deutschen Torhütern Elez und Cissé vorbei lanciert hatte. Nachdem nun im Verein offenbar die Rückkehr zur Vernunft vollzogen worden war, blieb für ihn lediglich der Bankplatz im Reserveteam, so dass jeder verstehen konnte, dass es ihn in die Ferne zog. Ausnahmsweise vereinbarten wir mit seinem neuen Club, dem Fotbal Club Steaua București, sogar ein Abschiedsspiel, das eine Woche darauf nach unserer Rückkehr aus dem Trainingslager stattfinden sollte.


     


    Ein paar Tage später nutzten wir den glücklichen Umstand, dass ein Club aus der Serie A sich ebenfalls in St. Moritz auf die neue Saison vorbereitete: die Unione Calcio Sampdoria aus Genua, auch kurz „Samp“ genannt. Die Norditaliener waren in der vorigen Saison Zehnter der Serie A geworden und hatten daher die Qualifikation für die europäischen Wettbewerbe verpasst. Nichtsdestotrotz waren sie nominell nicht wesentlich schwächer als wir, und so wurde es der erste echte Härtetest, den wir in unserer vermeintlichen Bestbesetzung begannen.


     


    Mein erster Eindruck bis hierhin war der, dass die Neuzugänge insgesamt gut einschlugen. Hervorzuheben waren vor allem Reus und Trindade, während sich Iturbe und Ganz noch nicht wirklich beurteilen ließen. Rolff und Labyad gefielen mir zwar ebenfalls, aber für sie würde es vorerst wohl bestenfalls einen Bankplatz geben. Von den Stammkräften zeigte Alcacer sich in noch nicht allzu überzeugender Form, und sehr gespannt durfte man darauf sein, wer sich wohl als die Nummer Eins im Tor etablieren würde.

    Bester Dinge, fit und gut in Form kehrten danach alle aus dem Trainingslager zurück. Zwei weitere Testspiele standen noch an, ehe am 8. August die Pflichtspielphase begann, und zwar mit dem Pokalfight in Verl. Das erste war das bereits erwähnte gegen Steaua Bukarest. Die Rumänen hatten 1986 als erster osteuropäischer Verein den Europapokal der Landesmeister – also quasi die Champions League – gewonnen, seither aber international nicht mehr allzu viel zuwege gebracht. Aktuell waren sie immerhin rumänischer Meister. Vor drei Jahren hatte es Bestrebungen gegeben, den Club in „SC Fotbal Club FCSB SA“ umzubenennen, aber daraus war nichts geworden.

     

    Adrian Prager schaute sich die gesamte Partie – fragt mich nicht, warum – von der Bank aus an. Emmo und ich wechselten zur Pause wieder sieben Spieler ein und aus, das Maximum also, und ließen diesmal Rolff, Iturbe, Labyad, Esswein und Schmelzer auf der Tribüne Platz nehmen. Weshalb es nicht lief, war uns beiden hinterher vollkommen schleierhaft.



    „Haben Sie einen Moment oder störe ich?“

    Zu den wenigen Menschen, mit denen ich mich in diesem Verein siezte, gehörte Gernot Fischer, der Bauleiter. Oder es traf es wohl besser, wenn man ihn hauptberuflich als den Vetter von Alex Fischer ansah, denn nur diesem Verwandtschaftsverhältnis hatte er es zu verdanken, dass er mich überhaupt stören durfte.

    „Beides“, gab ich knapp zurück.

    „Ich hatte da einen Anruf“, fuhr er ungerührt fort. „Max Stehle – sagt Ihnen der Name was?“

    Sofort leuchteten bei mir alle roten Lampen. Der Herr Stehle saß mir ja anscheinend ordentlich im Nacken – erst machte er Druck, dass ich Union-Manager bleiben sollte, und jetzt wandte er sich auch noch an unseren Bauleiter.

    „Was will er?“, fragte ich möglichst gelassen.

    „Tja, das ist ein Thema, auf das mich auch schon andere angesprochen haben: ein paar Parteifreunde von Präsident Vollborn, die Firma Microsoft als Hauptsponsor und einige Bekannte meines Cousins Alex.“

    „Nun machen Sie es nicht so spannend!“

    „Okay, ist ja eigentlich auch nur ‘ne Kleinigkeit. Aber anscheinend wurde das bisher vergessen.“

    Ich muss langsam dunkelrot angelaufen sein. „Fischer, ich vergesse mich, wenn Sie nicht sofort sagen, worum es geht!“

    „Ehm, ganz einfach: VIP-Plätze. Wir haben keine.“

    „Na, Mann, dann bauen Sie welche!“



    Okay, der Mann hatte insofern recht, als 1,22 Millionen gerade nicht im Baubudget vorgesehen waren. Doch das regelte ich locker über einen Kredit. Emmo schickte ich der Ordnung halber eine Textnachricht, aber ich wusste ja, dass er mit solchen Dingen nicht groß behelligt werden wollte.

    Am folgenden Wochenende startete dann der Spielbetrieb in der Dritten Liga. Allerdings interessierte mich das nur eher peripher. Gut, der Start unserer Reserve in die neue Saison war natürlich schon spannend, aber namentlich die Partie des 1. FC Union Berlin beim VfR Aalen hatte für mich bei weitem nicht die Bedeutung, die sie nach der Vorstellung mancher Leute hätte haben sollen. Leider war man in Berlin keineswegs gewillt, mein Desinteresse zu akzeptieren.

    „Womerde, ich hatte Sie gewarnt“, sagte Sebastian Marquardt, der bei mir hereinplatzte und mir ein Schreiben auf den Tisch knallte.

    Verständnislos nahm ich es in die Hand und las.

    „Ladung? Vom Berliner Arbeitsgericht? Das ist doch wohl ein Scherz!“

    „Keineswegs“, erwiderte der Anwalt und wischte sich wiederholt seine stetig dünner werdende blonde Tolle aus der Stirn. „Antrag auf einstweilige Verfügung. Die wollen es wissen. Und Sie müssen da hin.“

    „Nach Berlin?“

    „Jawohl. Übermorgen.“

    Um es kurz zu machen: Die Union-Verantwortlichen holten sich, wie der Berliner sagt, eine Brüsche ab. Mit der einstweiligen Verfügung hatten sie erreichen wollen, dass ich ab sofort Training und Leitung des Sport- und Managementbetriebs ihres Vereins übernahm, und zwar vor Ort. Mein Donald, äh: Anwalt hatte ein ausschweifendes Plädoyer vorbereitet, mit dem er geltend machte, dass die Vertragsverlängerung erstens gefälscht und zweitens unwirksam und drittens sittenwidrig und was nicht sonst noch alles war – aber er kam gar nicht dazu, überhaupt etwas zu sagen.

    „Es fehlt dem Antragsteller am Rechtschutzinteresse“, sagte der Richter unumwunden zu dem bedenklich keuchenden Union-Anwalt Dr. Butzmann. „Damit wird der Antrag abgelehnt. Sie werden auf den Klageweg verwiesen, weil keine Eilbedürftigkeit vorliegt. Der Antragsbegründung ist kein stichhaltiger Hinweis dafür zu entnehmen, dass es dem 1. FC Union Berlin nicht zumutbar wäre, eine Klärung des Rechtsstreits in der Hauptsache abzuwarten. Bis dahin kann der Antragsgegner seine Tätigkeit von Lübeck aus wahrnehmen.“

    Ich verstand kein Wort, aber Marquardt erklärte mir, dass wir nun wohl erst einmal für ein paar Monate Ruhe haben würden. Der gegnerische Anwalt bekam einen hochroten Kopf, so dass ich kurz um sein Überleben fürchtete. Dann stotterte er etwas von einem Pokalspiel gegen Bayern München und dass kein anderer als ich das übernehmen könnte.

    „Herr Womerde“, wandte sich der Richter da an mich, „mir persönlich wäre ein Berliner Erfolg natürlich auch ganz recht. Würden Sie sich um des lieben Friedens willen bereit erklären, die Vorbereitung auf diese Begegnung zu übernehmen?“

    „Nur ohne Anerkennung einer Rechtspflicht!“, blökte Marquardt dazwischen.

    Aber ich nickte gnädig, gab dem schnappatmigen Union-Juristen sogar die Hand und erklärte:

    „Ich werde sehen, was ich tun kann. Aber machen Sie mir keinen Vorwurf, wenn die Bayern doch gewinnen!“

  • 256. Teil: Vertrags-Gemauschel
    (25.07.2020)


    Um mich mehr, als ich zuzugeben bereit war, auf das Pokalmatch von Union gegen die Bayern vorzubereiten, fuhr ich am Samstag sogar nach Aalen und sah mir den Saisonauftakt der Berliner an. Alles in allem hatte die Mannschaft ein ganz ordentliches Potenzial. Zwei leihweise neu verpflichtete zentrale Mittelfeldspieler – Hacioglu und Moldovanov – fielen positiv auf und der noch von mir für die neue Saison geholte Mario Schopp (ST) machte sogar schon nach sechs Minuten das 1:0 für die Gäste. Die alten Union-Ikonen Silvio und Mosquera trafen ebenfalls, am Ende stand ein 3:1 zu Buche, was für die Köpenicker Platz zwei in der Tabelle bedeute, knapp hinter den Sportfreunden Siegen und fünf Plätze vor dem VfB Lübeck II, der beim Absteiger 1. FC Kaiserslautern 2:1 gewonnen hatte. Dort sorgten Maiello (ZM) und Iturrioz (ST) für die Lübecker Tore.


    Weit mehr interessierte mich aber, wenn ich ehrlich war, die schon traditionelle Begegnung zwei Tage später zwischen den grün-weißen Profis und ihrer A-Jugend. Es war das vorletzte Testspiel der Saisonvorbereitung und für ein paar Spieler die letzte Möglichkeit, Emmo doch noch von ihren Fähigkeiten zu überzeugen. Wer dazu gewiss nicht zählte, waren die drei, die sich in der ersten Halbzeit am auffälligsten hervortaten, denn die hatten ihren Stammplatz vermutlich bereits sicher.



    In der Pause wurde wieder munter durchgewechselt, und die Torausbeute war erneut die gleiche. Diesmal trafen Deulofeu (LA), Labyad (ZM) und Esswein (ST). In der Jugendmannschaft, die diesmal weit weniger entgegenzusetzen hatte als in den vergangenen Jahren, fiel allein Torwart Christoph Schober positiv auf, aber das mochte weniger an den Fähigkeiten von Alex Fröhlichs Jungs liegen als daran, dass Emmos Spieler auf sehr hohem Niveau um die zu vergebenden Plätze im Team konkurrierten. Seit ich beim VfB dabei war, fand dieses Treffen übrigens zum 16. Mal statt.



    Das neue Gesamttorverhältnis lautete nun also 90:8.


    „Na, lief doch sehr ordentlich“, sagte ich nach dem Spiel zu Emmo und Daniel Lippmann.


    „Im Wesentlichen schon“, gab Emmo zurück.


    „Wie, womit bist du denn nicht zufrieden?“


    „Ist es dir nicht aufgefallen, dass wir eine Schwachstelle haben?“


    Nein, das war mir nicht aufgefallen. Und wieder einmal konnte ich feststellen, dass Emmo auf manches einen etwas anderen Blick hatte als ich oder als andere Trainer.


    „Okay, nicht in diesem Spiel und auch nicht in den vorigen. Aber potenziell in den künftigen.“


    Ich sah Daniel verständnislos an, aber der schmunzelte nur.


    „Du hast es wirklich nicht bemerkt, was?“ fragte er noch einmal ohne eine Spur von Überheblichkeit. „Ich rede von der LV-Position.“


    Ich wusste immer noch nicht, worauf er hinauswollte. Links hinten hatten wir mit Kasper Rasmussen (Stärke 74, 23 Jahre, 8 Sterne) einen starken und talentierten jungen Spieler und auch Christian Kraetschmer (70/26/6) war für mein Empfinden nicht schlecht. Das sagte ich Emmo auch.


    „Malte, ich möchte, dass du dich da um eine Lösung kümmerst. Das bedeutet nicht unbedingt, dass wir einen weiteren linken Verteidiger kaufen. Das Problem hat drei Facetten: Erstens ist Kasper seit Wochen, wenn nicht seit Monaten nicht richtig motiviert und zufrieden, zweitens hat Christian nicht ganz das Niveau der anderen Abwehrspieler und drittens sind beide, Kasper und Christian, ausschließlich auf dieser einen Position einsetzbar.“


    Letzteres bedeutete, da musste ich ihm recht geben, dass stets schon einer von sieben Bankplätzen allein für diese Position besetzt war, wenn wir über einen Ersatz verfügen wollten. Denn bis auf die beiden konnte praktisch keiner im Kader dort spielen. Damit nahm Kraetschmer aber anderen, stärkeren Spielern eine Chance zum Einsatz weg.


    „Okay, ich kümmere mich darum“, erklärte ich und griff gleich nach meinem Handy.


    Mehrere Stunden lang erreichte ich Arne Rolff nicht.


    „Arne, was ist los?“, sagte ich auf die Mailbox. „Die Saisonvorbereitung läuft, das Transferfenster steht sperrangelweit offen und du bist nicht erreichbar!“


    Erst am Abend rief er zurück. Er klang müde.


    „Moin, mien Jong“, sagte er. „bist du bisschen dösig im Kopp?“


    „Wieso, was ist denn los?“


    „Och, dann het dir der Lennard das wohl man nich secht.“


    Und so erfuhr ich auf diesem Weg, dass der Vertrag mit unserem Scout auf dessen Wunsch aus Altersgründen aufgelöst worden war. Und das, nachdem ich ihn gerade vor Kurzem erst noch verlängert hatte! Arne hatte sich klammheimlich in den Ruhestand verabschiedet.


    „Mann, Arne, das ist ja vielleicht ein Mist! Ich meine: schade ist das! Wer soll mir denn jetzt bei der Spielersuche helfen?“


    Aber darauf hatte er auch keine Antwort. An wen sollte ich mich mit meinem Problem jetzt wenden? Spontan fiel mir niemand anderer ein als Pascal Berger. Ja, genau der Pascal Berger. Ich machte zwar meist immer noch einen Bogen um ihn, wenn ich konnte, aber auch er hatte ja irgendwie seine Existenzberechtigung und, was viel entscheidender war: er hatte einen Job beim VfB Lübeck – er war der Vereinspsychologe.



    „Aber Malte, sei doch nicht so aufgeregt!“, sagte er, als ich in sein Büro kam, das er Praxis nannte. Da hätte ich mich gleich schon wieder aufregen können.


    „Ich bin nicht aufgeregt!“


    „Ist ja gut. Möchtest du einen Passionsblumentee?“


    „Nein, lieber einen Whisky.“


    Aber den hatte er erwartungsgemäß nicht da. Stattdessen stellte er mir unaufgefordert ein Glas Wasser hin, und aus irgendeinem Grund fiel mir das Zitat von Frank Sinatra ein: Warum gibst du mir Wasser? Ich bin durstig, nicht schmutzig!


    „Erzähl, was hast du auf dem Herzen?“


    Unter demonstrativer Missachtung des Wasserglases erzählte ich ihm von unserem LV-Problem und davon, dass der Verein von heute auf morgen keinen Scout mehr hatte.


    „Und glaube jetzt bitte nicht, ich bräuchte Trost oder Verständnis! Ich brauche eine Lösung!“


    Er sah mich milde an, gerade so, wie man ein bettnässendes Kind ansieht.


    „Gut, zunächst einmal werde ich mit Kasper Rasmussen sprechen. Als Zweites würde ich dir raten, dich nach einem Verteidiger umzusehen, der in erster Linie innen spielen kann, daneben aber auch gut links einsetzbar ist. Und für dein drittes Problem habe ich ebenfalls eine Lösung.“


    Er ging um seinen Schreibtisch herum und wühlte in einer Kiste aus Bast, in der er offenbar Visitenkarten aufbewahrte.


    „Okay, finde ich jetzt nicht“, sagte er dann schulterzuckend, „aber ich kann dir versprechen, dass du gleich morgen Besuch von einem äußerst fähigen Mann bekommen wirst, den ich dir als den neuen Vereinsscout wärmstens ans Herz lege.“


    Ich sah ihn an. War er fertig? Ja, er war fertig. Und ich verließ, derart psychisch gewärmt, schnurstracks seine Praxis, um auf direktem Weg mein eigenes Büro aufzusuchen.


    Am Mittwoch, dem 29. Juli 2020, bekam ich in eben diesem Büro Besuch von unserem neuen Scout. Allerdings war er zuvor bereits bei Lennard Heiße, dem VfB-Geschäftsführer gewesen und hatte seinen Arbeitsvertrag unterschrieben. Aus diesem Grund verkniff ich es mir, irgendwelche Zweifel an seinen Fähigkeiten zu äußern, und hieß ihn in unserem Verein willkommen.



    Ich erklärte ihm seinen Auftrag, allerdings war ich mir nicht so ganz sicher, ob er alles richtig verstand. Das mochte mit daran liegen, dass sein schielender Blick immer leicht rechts an einem vorbeiging. Aber er hatte gute Referenzen, war noch relativ jung und konnte immerhin auf die Empfehlung unseres Psychologen verweisen.


    Pascal Berger hatte übrigens, wie ich am nächsten Tag erfuhr, auf die Geschäftsführung eingewirkt, ein Fanclubtreffen zu organisieren. Darauf hätte ich natürlich auch selbst kommen können! Nach dem Hin und Her in der vorigen Saison mit den politischen – ich sag’ mal: Unerfreulichkeiten war das eine sehr gute Idee und kam bei den Fans auch richtig, richtig gut an.



    Markus Wegener erblickte ich unter den vielen Menschen nicht. Und ich verzichtete auch darauf, den Psychologen auf ihn anzusprechen. Wahrscheinlich war er ja schon unterwegs, um die drei Spieler zu scouten, die ich ihm benannt hatte. Sie waren 26 bzw. 27 Jahre alt und sollten zwischen 3 und 11,6 Millionen kosten. Deshalb legte ich großen Wert darauf, dass man so genau wie möglich über sie Bescheid wusste.



    Am 1. August ließ ich mich dann doch mal in Berlin blicken. Eine Woche vor der ersten Pokalrunde nahm ich so die Gelegenheit wahr, die Union-Mannschaft selbst aufzustellen und zu coachen. Gegner im zweiten Saisonspiel war der VfL Osnabrück, der zum Auftakt gegen Arminia Bielefeld 0:2 verloren hatte. Aber was ich sah, ließ mich nicht sonderlich optimistisch auf die Begegnung gegen die Bayern blicken, denn gegen einen durchaus mittelmäßigen Gegner langte es nur zu einem 1:1, das wir dem eingewechselten Carlos Alberto (LM) zu verdanken hatten. Besser machte es zur gleichen Zeit die Lübecker Reserve, die den VfR Aalen 2:1 schlug (Tore: Grasser, Kegel) und in der Tabelle an den Berlinern vorbeizog. Sie waren jetzt Zweiter hinter Siegen, Union folgte auf Platz drei.


    Aber tags darauf war ich selbstverständlich zurück in der Hansestadt, um das letzte Testspiel des VfB zu verfolgen. Zu Gast an der Lohmühle war Betis Sevilla, genauer: Real Betis Balompié, ein nicht zu unterschätzender Gegner aus der spanischen BBVA. Emmo schickte zu Beginn das auf den Platz, was er für unsere stärkste Elf hielt, um aber zur Pause erneut das gesamte Wechselkontingent auszuschöpfen:



    Ob es stimmt, dass gelungene Generalproben ein schlechtes Omen sind? Wenn ja, musste man sich nach diesem Spiel womöglich Sorgen machen. Denn es wurde ein Fußball-Fest!



    Am Sonntag fanden dann – offenbar überall im Land – die Jahreshauptversammlungen der Fußballvereine statt. Ich war so gnädig, mich dafür erneut nach Köpenick zu begeben, und durfte erfahren, dass ich in Sachen Vorstandsvertrauen und Fanbeliebtheit mächtig punktete. Dadurch entging mir aber natürlich die Parallelveranstaltung in Lübeck, bei der ich vor allem wegen eines speziellen Vorkommnisses allzu gern dabei gewesen wäre.



    „Stell dir vor“, berichtete mir Co-Trainer Daniel Lippmann hinterher kopfschüttelnd, „Emmo redet da erst noch ganz euphorisch davon, vor was für einer großartigen Saison wir stünden, und dann erklimmt Vollborn die Bühne und erklärt, er habe Emmos Vertrag mal eben einseitig um zwei Jahre verlängert!“


    „Unfassbar! Und wie hat Emmo reagiert?“


    „Na, erst dachte ich, jetzt platzt ihm der Kragen, aber dann hat er einfach artig Applaus gespendet.“


    „Und hat sich denn tatsächlich was an seinem Vertrag geändert?“


    „I wo, natürlich nicht! Dazu hätte er ja was unterschreiben müssen!“


    Wir diskutierten über diesen Vorfall und waren uns schließlich einig, dass dem Herrn Senator die Irrungen und Wirrungen des letzten halben Jahres wohl nicht so sonderlich gut bekommen waren. Immerhin war aber zu erfahren, dass Emmos Reputation in Sachen sportliches Management um vier Punkte von 13 auf 17 gestiegen war.


    Die letzte Woche vor dem Lübecker Pflichtspielstart brachte einige Interessensbekundungen anderer Vereine wie Hamburg, Mainz und Leverkusen an Benedikt Höwedes (IV) oder Christian Kraetschmer (LV). Danach schien es mir umso wichtiger, dass wir noch einen guten Backup für diese beiden Positionen fanden. Aber von Markus Wegener, dem neuen Scout, hörte ich erst einmal nicht viel. Dafür gab es eine – angebliche – Erfolgsmeldung von der Arbeit unseres Psychologen.



    Und schließlich erfuhren wir auch, wer unser erster Gegner im internationalen Wettbewerb sein würde: In den Play-Offs der Europa League traf der VfB Lübeck auf Wisła Krakau, den polnischen Vizemeister.

  • Der alte Arne, dein Scout verabschiedet sich also auch in den Ruhestand? Ob das noch Zufall sein kann? Weisst du von einer unglaublich tollen Scouts-in-Rente-Gesellschaft, bei der plötzlich alle unbedingt dabei sein wollen? Immerhin erhält so der gute Herr Berger wieder einmal ein wenig Rampenlicht. Ich könnte mir vorstellen, dass du seine Passagen mit dem grössten Vergnügen schreibst. Und an wen erinnert mich der neue Scout? Sieht irgendwie nach Stanley Tucci mit Toupet aus.:/


    Apropos Ruhestand: So ganz habe ich deine neue Story noch nicht verstanden. Wird nun Malte früher oder später von Emmo auch aufs Abstellgleis geschoben?


  • 257. Teil: Kaderanalyse und erste Pokalrunde
    (08.08.2020)


    Bevor die Saison für den VfB Lübeck tatsächlich losging, erstellte ich mir eine Übersicht, die mir dabei helfen sollte, die Besetzung unserer Spielpositionen optimal einzuschätzen. Und damit auch einen etwaigen Verstärkungsbedarf. Zwar waren die Fans in der Regel total begeistert, wenn ihr Club einen Neuzugang zu vermelden hatte, aber das änderte ja nichts daran, dass immer nur elf Mann gleichzeitig spielen konnten. Deshalb war ich momentan eher zurückhaltend, zumal wir ja schon ganz schön zugeschlagen hatten. Und wenn ich mir meine Übersicht so ansah, dann erkannte ich im Großen und Ganzen eigentlich keine zwingende Notwendigkeit zum Handeln.



    Für eine echte Nummer Eins würde Emmo sich noch entscheiden müssen, und das schien mir nicht ganz einfach. In den sechs Vorbereitungsspielen hatten beide Kandidaten je dreimal in der Startelf gestanden bzw. waren ansonsten später eingewechselt worden. Jeder verdiente sich einmal die Note 1,5, aber auch die 4,0 gab es für jeden einmal. Es herrschte also insgesamt ein Patt. Torwarttrainer Andreas Johne enthielt sich einer Meinung, ich hätte eher Elez den Vorzug gegeben, aber das lag vielleicht auch an unserer gemeinsamen Erfahrung bei der EM in den Niederlanden.



    Wenn man sich die Abwehrspieler mal genau betrachtete, so konnte in Wahrheit keine Rede davon sein, dass es auf der linken Seite an gutem Ersatz fehlte. Okay, Negrão blieb dort stärkemäßig etwas zurück, aber die aktuell von Markus Wegener zu scoutenden Spieler waren vermutlich auch nicht viel besser. Klar, falls Kraetschmer uns verließ und Rasmussen Motivationsprobleme hatte, dann war es vielleicht nicht das Gelbe vom Ei, aber einen starken, teuren Spieler nur für die Bank zu holen, hielt ich nun wirklich nicht für sinnvoll. Ansonsten sah man hier, fand ich, sehr schön, dass sich die Startelf fast von allein aufstellte – außer vielleicht rechts – und ein guter zweiter Anzug da war.


    Rasmussen konnte übrigens, was die Abwehr anging, als der Gewinner der Vorbereitung angesehen werden. In allen sechs Spielen kam er zum Einsatz und erreichte insgesamt eine Durchschnittsnote von 2,6. Vielleicht hatte Pascal Berger das auch angesprochen; jedenfalls hoffte ich sehr auf den 23-jährigen Dänen.



    Das zentrale Mittelfeld hielt ich ja für unseren wichtigsten Mannschaftsteil, und insgesamt war er auch unser bester. Emmo sah das etwas anders, für ihn war jeder bis auf den Torwart zugleich auch Mittelfeldspieler, und das machte uns im Zentrum so erfolgreich. Wie dem auch sei, alle vier Spieler verdienten sich in der Vorbereitung Durchschnittsnoten zwischen 2,1 (Giacomo) und 2,5 (Emmo, Trindade). Selbst Zakaria (2,3), den wir eigentlich als Allround-Reservisten geholt hatten, fand sich sofort in das System hinein und überzeugte mit guten Leistungen. Hier war eindeutig Rotation angesagt, bei der Emmo sich zweifellos auch hin und wieder selbst herausnehmen würde.



    Die Offensivfraktion schließlich musste man in seiner komplexen Gesamtheit betrachten, wollte man eine optimale Besetzung für die vier freien Plätze finden. Emmo hatte vier der neun Spieler in allen sechs Begegnungen eingesetzt, und mit ihnen plante er ganz offensichtlich auch als Stammkräfte: Deulofeu, Reus, Alcacer und Ganz. Wobei er Reus stets Rechtsaußen spielen ließ, was ich nicht so zwingend fand, auch wenn Deulofeu auf der linken Seite fraglos der Beste war. Ich hätte es vorgezogen, mehr die Positionen zu wechseln, aber darüber war mit Emmo zurzeit nicht zu reden. Enttäuscht hatte eigentlich nur Rildo, dem wie Jahn und Ayew wohl mehr ein Platz auf der Tribüne als auf der Bank oder auf dem Platz winken würde. Jahn (20) und Rildo (22) waren ja noch sehr jung, möglicherweise wäre ihnen mit einer Ausleihe am meisten gedient, überlegte ich. Bei Ayew (28) hätte es mich nicht gewundert, wenn er den Club hätte verlassen wollen.


    Aber es waren ja noch gut drei Wochen, bis das Transferfenster schloss. Jetzt richteten sich alle Blicke erst einmal auf die erste Runde des DFB-Pokals.


    Für mich war es das letzte Mal für einige Zeit, dass ich mich auf den Weg nach Berlin machte. Aus der Ferne hatte ich bereits Vorgaben für Training und Taktik gemacht, jetzt ging es darum, das Spiel gegen den Deutschen Meister und klaren Favoriten einigermaßen glimpflich zu überstehen. Max Stehle mochte ja an Wunder glauben, aber mir war klar, dass es für den 1. FC Union heute gegen Bayern München keinen Blumentopf zu gewinnen geben würde.


    Obwohl – ganz zu Beginn hatten wir den Überraschungseffekt auf unserer Seite.



    Das Wuhlheide-Stadion glich dem sprichwörtlichen Hexenkessel. Ich spürte die Blicke der Union-Verantwortlichen auf mich gerichtet und malte mir gerade aus, wie ihr dicker, kurzatmiger Anwalt, Dr. Jürgen Butzmann, an seinem nächsten Schriftsatz formulierte: Das Pokalspiel habe gezeigt, welchen Schaden der Beklagte durch seine Verweigerung der Vertragserfüllung dem Kläger zufüge.


    Aber erwartungsgemäß hielt der Jubel der Berliner nicht lange an. Schon eine Minute später führte eine Kombination von Bastian Schweinsteiger, Mario Gomez und Thomas Müller zum Ausgleich. Der aus unmittelbarer Nähe auf mich gerichteten ARD-Kamera erlaubte ich festzuhalten, wie ich mit ansonsten unbewegtem Gesicht eine Augenbraue leicht in die Höhe zog.


    Eine halbe Stunde später hatte Gomez bereits zwei weitere Tore hinzugefügt, eines per Strafstoß, so dass zur Pause eigentlich schon alles entschieden war. Die Fans stimmten trotzdem muntere Gesänge an und skandierten, als wir wieder aus der Kabine kamen, sogar Womerde-Womerde-Rufe. Ich setzte mich demonstrativ gelassen wieder auf die Trainerbank. In der zweiten Halbzeit schalteten die Bayern einen Gang zurück und meine Unioner zeigten noch ein durchaus ordentliches Spiel, in dem lediglich noch einmal Thomas Müller auf Vorarbeit von Toni Kroos zum 4:1-Endstand traf.



    In Wahrheit hatte ich natürlich mit keinem Berliner Reporter gesprochen. Das war mal wieder so ein Fake-Interview der Boulevard-Presse. Ich musste aber zugeben, dass mich das ein wenig beunruhigte: Offenbar sollte Druck auf mich ausgeübt werden, damit ich bei Union blieb. Nun, die würden meinen Gegendruck schon zu spüren bekommen!


    Apropos Gegendruck: den erhielt der VfB Lübeck am heutigen Tag kaum. Mit einem Ergebnis, das eher zu den Bayern gepasst hätte, besiegte Emmos Mannschaft den Regionalligisten SC Verl. Freuen durfte sich von den Spielern der Gastgeber nur André Senger (ZM), der von 2008 bis 2017 in Grün-Weiß gespielt hatte; Emmo, der einst in der zweiten Mannschaft auch mit ihm zusammen auf dem Platz stand, begrüßte ihn sehr herzlich. Aber Gastgeschenke gab es nicht.



    Fast tat es mir leid für die acht Spieler unserer ersten Mannschaft, die nicht zum Einsatz kamen und sich deshalb hier heute nicht für den Ligastart empfehlen konnten. Aber ein echter Maßstab war das ohnehin nicht. Und dass Emmo Cissé, Schmelzer und Esswein von Beginn an hatte auflaufen lassen, hieß natürlich auch noch nichts. Ich war gespannt, wie er das Spiel nächste Woche gegen Leverkusen beginnen würde.


    Drei Bundesligisten flogen diesmal schon in der ersten Runde aus dem Wettbewerb: Kaiserslautern schlug Dortmund 4:2 nach Elfmeterschießen, Drittligist OSC Vellmar fertigte RB Leipzig mit 2:0 ab und dem MSV Duisburg gelang ein 1:0 gegen Wolfsburg. Die Bundeshauptstadt war in Runde zwei überhaupt nicht mehr vertreten, denn die Hertha verlor bei Rot-Weiß Essen überraschend mit 1:2. Und als nächster Gegner des VfB Lübeck wurde eine dieser Überraschungsmannschaften ausgelost: der OSC Vellmar.


    Die nächsten Tage wurden beherrscht von Personalnachrichten. Weitere Bundesligisten interessierten sich für Lübecker Spieler, darunter Esswein (ST) und Meywald (IV). Für Letzteren bot Leverkusen immerhin fast das Anderthalbfache seines Marktwertes und er hätte gern in einem anderen Team gespielt. Ayew (ST) zog sich einen Muskelfaserriss zu und würde den Ligastart versäumen. Und der 1. FC Union bemühte sich um Verstärkung für den Sturm und die rechte Abwehrseite, wo ich sogar einmal helfend eingriff. Denn dank meiner alten Kontakte konnte ich zwei ehemalige VfB-Spieler ausfindig machen, die tatsächlich bereit waren, nach Berlin zu wechseln:



    David hatte zwischen 2014 und 2018 69 Spiele für unsere erste Mannschaft absolviert und dabei 34 Tore geschossen. Auch in der Reserve hatte er gespielt, wo Stephan von 2011 bis 2015 eine feste Größe gewesen war. Deshalb hätte ich mich gefreut, wenn es gelang, die beiden nun nach Köpenick zu holen. Dort sollten sie natürlich das Drittligateam verstärken. Die Union-Reserve war derweil gerade mit den Ex-Lübeckern Fana, Boule, Toogfirs und Streicher in die neue Fünftligasaison gestartet, und zwar mit einem zufriedenstellenden 0:0 beim TuS Dassendorf.

  • Guter Pokal Auftakt. :thumbup:

    7:0 gegen einen Regionalligisten, muss man auch erstmal so gewinnen.

    Bonaventura und Deulofeu (2 alte Milan Bekannte) sind da anscheinend gut beteiligt gewesen. :P

    Alcacer ist anscheinend auch im FM 12 ein guter Knipser.

    Emmo Winter... generiert? Oder?

    Wobei ich schon denke/las das es "The Way des..." Dein eigener Alter Ego ist. :)

    Cool... !!!

    FM 12, da habe ich auch reichlich Erfahrung und Bezug dazu gesammelt.

    Finde einer der besten EA FM dieser Serie.

    Der FM 07 (Th. Doll war auf dem Cover) war neben dem 12er und 13er mMn auch noch Top.

    Glaube sogar der erste (FM) mit eigener Community und offiziellen Updates (2. Halbzeit oder so).

    Grüße

  • 258. Teil: Start in Liga und Europa
    (15.08.2020)



    „Sind Pferde eigentlich eine vom Aussterben bedrohte Tierart?“


    „Nö, kann ich mir nicht vorstellen.“


    „Dann weiß ich auch nicht.“


    Emmo fand, dass seine Frau mit ihrem Geld machen konnte, was sie wollte. Aber ich hatte Bedenken, ob Manuela da möglicherweise eine Ausgabe als Spende deklarierte, um sie steuerlich absetzen zu können, obwohl es eigentlich nur um Sabrinas Pferd ging. Doch letztlich waren wir uns einig, dass uns das nichts anging.


    Viel mehr beschäftigte uns dagegen der unmittelbar bevorstehende Ligaauftakt. Wir hatten sogar 500 Freikarten für den Sponsor vergeben, wenngleich der leider die just heute fertig gewordenen VIP-Plätze dafür noch nicht nutzen konnte. Aber in jedem Fall war es wichtig, dass wir einen Einstieg in die Bundesligasaison fanden, der sich einigermaßen sehen lassen konnte. Zu Gast im Lohmühle-Stadion war der Vorjahres-Zweite, Bayer Leverkusen, dessen Startelf um 31 Punkte stärker bewertet wurde als unsere. Es handelte sich also gleich schon mal um eine veritable Herausforderung. Ach ja, und falls jemand Zweifel gehabt haben sollte: Natürlich saß ich heute hier auf der Bank und nicht beim Union-Spiel in Siegen.


    Bundesliga 1. Spieltag

    Nur zwei neue Gesichter fanden sich zunächst bei den Lübeckern, nämlich auf der rechten Angriffsseite Reus und Ganz. Im Tor gab Emmo nun doch Cissé den Vorzug und rechts hinten durfte wieder Schmelzer statt Matthews ran. Die drei übrigen Neuzugänge saßen vorerst auf der Bank.



    Über Bayer 04 Leverkusen brauchte man nicht viele Worte zu verlieren. Die Buchmacher gaben nur sehr geringe Quoten, wenn man für sie auf die Vizemeisterschaft wetten wollte, denn darauf waren sie seit zehn Jahren – mit einer Ausnahme – abonniert.


    --- Anpfiff ---


    Alcacer (ST) holte sich schon gleich mal eine Gelbe Karte ab, ansonsten hatten wir einen eher schläfrigen Start.

    Danach lief auf beiden Seiten nicht viel zusammen. Bei uns harmonierte vor allem der Angriff noch nicht. An den Neuen lief das Spiel irgendwie vorbei.

    Damit ging es dann auch in die Kabinen.


    --- Halbzeit ---


    Das Spiel wurde im zweiten Abschnitt nicht ansehnlicher. Nach gut einer Stunde brachte Emmo zwei der Neuen: Rolff (IV) für Negrão und Iturbe (RA) für Reus. Zehn Minuten vor Schluss nahm er den enttäuschenden Ganz für Esswein (ST) raus. Wer jetzt ein Tor schoss, hatte die Partie gewonnen.

    Danach wurde es noch einmal hektisch, das Spiel hätte eigentlich keinen Sieger verdient gehabt, aber es blieb bei diesem Ergebnis.


    --- Schlusspfiff ---


    Hier die Ergebnisse des ersten Spieltages:



    Danach wurde die Tabellenspitze zunächst einmal von den beiden Mannschaften gebildet, die mit Kantersiegen losgelegt hatten: Wolfsburg und Mainz. Hinter Schalke teilten wir uns mit Stuttgart und den Bayern Platz vier. Vom Ergebnis her konnten wir also durchaus zufrieden sein. Aber gut gespielt hatten wir nicht, die besten Noten bekamen noch Cissé und Bonaventura mit 2,5, und vor allem waren die Neuen offenbar noch nicht wirklich im Team angekommen. Daran würden Emmo und Daniel Lippmann arbeiten müssen.


    Die Microsoft-Manager, denen wir die Freikarten spendiert hatten, zeigten sich jedoch sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Weitere Neuigkeiten ließ ich mir seit Kurzem per App auf das Handy spielen. „Ergebnisdienst“ nannte sich die simple, aber geniale Erfindung eines jungen Start-up-Unternehmens mit der eigenwilligen Bezeichnung „thegame007“.



    Die neue Woche begann mit einem Paukenschlag: Christian Kraetschmer (LV) wechselte für eine Ablösesumme von 1,1 Mio. Euro zum FC Carl Zeiss Jena, unserem Ligakonkurrenten, der aktuell auf Platz 11 lag. Vor gut neun Jahren, noch ehe ich meinen ersten Kontakt zum VfB Lübeck aufgenommen hatte, war Christian als 17-Jähriger in die Hansestadt gekommen. Vier Jahre später hatte er uns für exakt die gleiche Summe wie heute in Richtung Basel verlassen, um jedoch nach drei Jahren dort und in Wolfsburg wieder zurückzukehren.


    „Wer weiß“, sagte er beim Abschied, der ihm sichtlich schwerfiel, „vielleicht komme ich ja noch ein drittes Mal nach Lübeck.“



    Durch seinen Weggang wurde unser LV-Problem natürlich erst richtig prekär. Ich wandte mich sofort an Markus Wegener, den neuen Scout.


    „Wie weit bist du denn mit deinen Recherchen zu den drei Linksverteidigern?“ Inzwischen duzten auch wir uns.


    „Naja, sieht nicht gerade sehr gut aus“, war seine Antwort. „Luyindula – das war der Franzose aus Sochaux – ist zwar ein ordentlicher Innenverteidiger, bringt es auf der linken Seite aber nur auf eine Stärke von 64. Guterres vom FC Santos hat einen super IV-Wert von über 80, kann aber bei genauem Hinsehen überhaupt nicht Außenverteidiger spielen. Und bei Conway, dem Glasgower, ist es ähnlich wie bei Luyindula, auch wenn er jeweils etwas bessere Werte hat.“


    „Mist“, fluchte ich. „Dann können wir die vergessen. Aber sieh dich unbedingt noch weiter um, wir brauchen bis zum Monatsende eine Lösung!“


    Wenig später schickte er mir eine Mail. Immerhin, rührig war er ja. Sie enthielt schlicht und einfach die Suchergebnisse nach einem linken Verteidiger mit einem Stärkewert über 70 und einem Alter unter 30.



    Aber mit einer Ausnahme handelte es sich dabei um nicht realistische Optionen. Der VfB Lübeck besaß eben doch noch nicht das Renommee, um für sehr gute Spieler interessant zu sein. Die Ausnahme war der Stuttgarter Valerianos, der allerdings auch wieder ausschließlich auf einer Position einsetzbar war.


    So kam ich also nicht weiter. Ein wenig trösten konnte mich die Welle von Freude und Dankbarkeit, die mir gerade aus Berlin entgegenschlug, nachdem David Loheider und Stephan Henn tatsächlich bei Union unterschrieben hatten. Hatten meine alten Kontakte also doch etwas genützt. Und mein Sohn Malte war total stolz darauf, im ersten Saisonspiel seiner C-Jugend das erste Tor beim 3:0 gegen Hansa Rostock erzielt zu haben. Weniger erfreulich war dagegen, dass Trindade (ZM) sich eine Innenbanddehnung zugezogen hatte und nun erst einmal für zwei Wochen ausfiel. Doch auch ohne ihn gelang der Auftakt in der Europa League auf ganzer Linie.



    0:4 – das war ja auch (wenn man sich erinnern mag) genau das gleiche Ergebnis unseres letzten internationalen Pflichtspiels. Vor einem knappen halben Jahr hatte Emmos Elf im heimischen Stadion eine Klatsche in dieser Höhe gegen den FC Porto erlitten. Wenn man so wollte, war das ja vielleicht ein gutes Zeichen für die Rückkehr auf das europäische Parkett. Auf jeden Fall lieferte die Mannschaft hier eine großartige Leistung ab, so dass das Rückspiel in einer Woche vermutlich zu einer einigermaßen lockeren Angelegenheit werden würde.


    „Malte, kann ich dich mal kurz sprechen?“ Es war Jugendtrainer Alex Fröhlich, der da seinen Kopf zur Tür hereinstreckte.


    „Na klar, was hast du auf dem Herzen?“


    Er schloss die Tür hinter sich, setzte sich auf die vordere Kante des Besucherstuhls vor meinem Schreibtisch und rang verlegen mit seinen Händen.


    „Nun, das ist vielleicht eine etwas … delikate Angelegenheit.“


    Das konnte man wohl sagen! Ich hätte vermutlich laut herausgelacht, wäre Alex nicht derart verlegen gewesen.


    „Um es kurz zu machen: In die Geschäftsstelle ist eingebrochen worden.“


    „Wie, in unsere Geschäftsstelle? Na, dann wende dich an Lennard Heiße, der soll eine Strafanzeige fertigmachen.“


    „Ja, nee, also…“


    Wie sich herausstellte, war ziemlich eindeutig, was vorgefallen war. Gestohlen worden war nämlich nichts außer einer Spielerakte. Einer Jugendspielerakte.


    „Ha, lass mich raten: Foma Radev?“


    Das war es! Und Alex, der das Mädchen immer sehr gemocht und sie mit ihrem kleinen Geheimnis auch vertrauensvoll gedeckt hatte, wollte ihr nun partout nicht die Polizei auf den Hals hetzen.


    „Okay“, entschied ich, „wir machen nichts. Schließlich wollen wir ihr ja nicht die Zukunft verbauen, nachdem wir sie hier schon so etwas … unsanft verabschiedet haben. Ist denn irgendein Schaden entstanden?“


    „Naja, kein wirklich bedeutender.“



    Damit war die Sache dann aber hoffentlich wirklich endgültig erledigt.

  • Holt der VfB Lübeck 2021 den Europa-League-Titel? 5

    1. Ja (1) 20%
    2. Nein (4) 80%


    259. Teil: Lübeck auf dem Weg zum ersten Titel?
    (22.08.2020)


    „Ich hab‘ gehört, ihr sucht einen linken Verteidiger?“


    Ich brauchte einen Moment, bis ich begriff, wer mich da anrief.


    „Mensch, Lance! Wie geht es dir denn? Was machst du so?“


    „Och, ich hab‘ mich hier in Finnland sehr gut eingelebt. Sind ja jetzt schon vier Jahre hier. Aber sportlich läuft’s so la-la.“



    „Tja, schade eigentlich. Ich wäre dir gern mal in der Europa League begegnet. Aber dass wir einen LV suchen, das stimmt. Wolltest du dich damit selbst ins Spiel bringen?“


    Da lachte er laut auf am anderen Ende. „Mann, Mann, Malte – schlimmer darf es mit deiner Vergesslichkeit aber auch nicht werden! Ich spiele seit eh und je im rechten Mittelfeld.“


    „Ach so, ja. Blöd von mir.“


    „Ich dachte viel mehr an Panaiotis, der sicher mit sich darüber reden ließe, Bosnien zu verlassen, wenn du ihn rufst.“


    Das war natürlich nicht wirklich ernst gemeint. Aber ich freute mich über seinen Anruf, und wir quatschten noch eine ganze Weile darüber, was einige unserer ehemaligen B-Jugendspieler heute so machten.



    Von den sechsen spielten nur Lance und Panaiotis erstklassig, Theos Club war zuletzt immerhin 13. der zweiten Bundesliga geworden, TMU und Henry durften sich über Platz sechs in der drittklassigen österreichischen Regionalliga Mitte freuen und Mika war über den sechsten Rang der viertklassigen deutschen Regionalliga Süd nicht hinausgekommen.


    Aber nun zurück zum VfB Lübeck. Gegen den SV Werder Bremen hatten wir das vorletzte Auswärtsspiel der vorigen Saison bestritten. Die Bremer waren damals Neunter, wir Fünfter. Markus Rosenberg und Marko Marin trafen gegen uns, Berresheim erzielte kurz vor Schluss den Lübecker Anschlusstreffer. Was für eine passende Gelegenheit, dafür heute Revanche zu nehmen!


    Bundesliga 2. Spieltag

    Emmo begann mit denselben elf Mann wie gegen Krakau. Ganz kam also erneut statt Esswein zum Zug, Cissé stand zwischen den Pfosten und Schmelzer hatte auf der RV-Position die Nase vorn. Trindade fehlte wegen seiner Verletzung.



    Die Bremer hatten die Vorsaison auf Platz acht beendet und punktgleich hinter Hoffenheim die Qualifikation zur Europa League verpasst. Zum Auftakt waren sie vorige Woche in Jena nicht über ein 1:1 hinausgekommen. Als einzige Sturmspitze boten sie heute einen alten Bekannten auf: Marius Holtorf.


    --- Anpfiff ---


    Von Beginn an ging es ganz schön zur Sache. Negrão, Alcacer und Rasmussen holten sich beim strengen Schiri Uwe Martens Verwarnungen ab, aber ein Tor wollte in der ersten Hälfte nicht fallen – bis kurz vor dem Abpfiff.

    --- Halbzeit ---


    Emmo sah – zu Recht – keinen Grund zu wechseln, vielmehr hatte unser Team das Spiel souverän im Griff.

    Danach ging es ruhiger zu. Die einen konnten nicht, die anderen wollten nicht. Zu einigen Einsatzminuten kamen noch Iturbe (LA), Rolff (IV) und Esswein (ST).


    Schlusspfiff ---


    Na, das war doch mal ein Signal! Der VfB Lübeck unterstrich seine Ambitionen auf den Titelkampf, das wurde jetzt wohl auch dem Letzten klar. Und da die Bayern schon gleich zum ersten Mal gepatzt hatten (2:2 beim 1. FC Köln), machten sich auch einige andere Clubs Hoffnungen. Zum Beispiel der VfL Wolfsburg, der dem 6:0 gegen Frankfurt ein 1:0 in Mönchengladbach hatte folgen lassen. Letztere zierten übrigens ohne jeden Punkt gemeinsam mit RB Leipzig und München 1860 das Tabellenende. Und was geschah an diesem Wochenende sonst noch so?



    Am Sonntag nahm ich mir mal Zeit für ein Gespräch mit Kasper Rasmussen (LV). Der war zwar nach der Intervention unseres Vereinspsychologen wieder ganz gut drauf, aber ob das so blieb, schien mir keineswegs sicher zu beantworten. Dabei lief sein Vertrag zum Saisonende aus, und ich sah uns dann schon ganz ohne Linksverteidiger dastehen. Das Gespräch verlief zufriedenstellend. Am Ende erklärte ich ihm, dass ich gern seinen Vertrag verlängern würde, und dies war seine Reaktion:



    Da war es natürlich nicht schwer, zu einer raschen Einigung zu kommen. Ich erhöhte sein Gehalt von 300 auf 1.600 Teuronen, dafür verzichtete er auf jegliche Prämien. Keine Ahnung, weshalb er das wollte, aber mir sollte es recht sein.


    Als Nächstes stand das Rückspiel gegen Krakau an. Emmo bot in der Anfangsformation im Wesentlichen den zweiten Anzug auf, dessen Leistungen allerdings doch spürbar hinter denen des Hinspiels zurückblieben. Nur einer erwischte einen richtig guten Tag.



     

    Am Abend verfolgten wir alle gemeinsam im Vereinsheim die Auslosung der Gruppenphase. Emmo äußerte sich sehr zufrieden und hielt alle unsere Gegner für schlagbar. Trotz aller Skepsis konnte ich ihm da nur beipflichten. Die anderen deutschen Vertreter Hoffenheim (Gruppe B) und Schalke (Gruppe E) hatten es da möglicherweise etwas schwerer.



    „Auf unsere Erfolge“, sagte Emmo und hob sein Glas, in dem sich – anders als zum Beispiel in meinem – kein Alkohol befand, „und wenn ich ehrlich sein soll: Ich stelle mir vor, dass wir in diesem Wettbewerb den Titel holen können!“


    Das löste ein Raunen in der Runde aus. Aber mit konstanten Leistungen und ein bisschen Glück lag das wahrscheinlich wirklich im Bereich des Möglichen. Insofern war es dann vielleicht sogar ganz gut, dass wir im Gegensatz zur Vorsaison diesmal nicht in der Champions League antreten durften, denn die wirklich harte Konkurrenz tummelte sich überwiegend dort und nicht in der Europa League.


    „Was glaubt ihr“, fragte Emmo in die Runde, „gewinnen wir diese Saison den Pokal der Europa League?“



  • Also die Gruppenphase sollte Lübeck locker überstehen, mit Odense, Tel-Aviv & Dnipropetrovsk habt ihr eine der leichteren Gruppen erwischt, wenn ich sehe wer da hätte alles kommen können (Genua, Spartak Moskau, Galatasaray, Braga, Anderlecht, Twente, Benfica, Rapid Wien oder Fenerbace)


    Aber der Titel ist noch nicht drin...dafür ist der Wettbewerb in der Spitze mit Chelsea, Tottenham, Arsenal & Juve zu stark besetzt. Freuen würde ich mich aber trotzdem wenn es klappen sollte für die Lübecker!


    Die Vertragsverlängerung von Rasmussen nimmt dir auch ein wenig den Druck einen LV mit Stammplatzniveau verpflichten zu müssen. Bin gespannt wen du da aus dem Hut zauberst.

  • Hi,

    Das Spiel gegen Werder verlief natürlich perfekt !

    Alcacer ist ein wahres "Tor Monster".

    Ähnlich wie ein Edin Dzeko, solche braucht man einfach.

    Falsche 9, da lache ich immer nur... ;)

    Nur das es bei Dir ansch. die Ecken schießen darf?

    Damit beraubst Du Dich einer weiteren Stärke im Strafraum.

    Kann das bei Dir kein anderer übernehmen, wie Bonaventura? :)


    Ja Emmo hat recht... die Euro League.

    Ne machbare Gruppe hast Du da gelost bekommen.

    Da sollte der Gruppensieg mMn "Pflicht" sein.

    Mehr? Wird man dann sehen.

    Mein Vorredner sagte es richtig, es sind spannende Teams im Wettbewerb.

    Da ne Prognose ist natürlich schwierig abzugeben.

    Die Gr. Phase unbeschadet überstehen, dann mit etwas Losglück ins Viertelfinale.

    Danach ist alles möglich.


    Gute Story,

    nur könntest Du bitte die komplette Liga Tabelle nach den Liga Spieltagen bringen.

    Oder als Kompromiss: zumindest komplett alle 3-5 Spieltage.

    Damit man sich einen kurzen, aber wichtigen Gesamt Überblick verschaffen kann.

    Sonst natürlich Top !!! :thumbup:

    Gruß


  • 260. Teil: Aufregende letzte Transferstunden
    (29.08.2020)


    Wie sich zeigte, war aktuell Emmo fast der Einzige, der daran glaubte, dass wir den internationalen Titel holen konnten. Aber irgendwie war sein Optimismus auch sein Markenzeichen.



    Am Samstag pausierte die Bundesliga. Nicht so Liga drei, aber dort hatte die zweite Mannschaft des VfB Lübeck zurzeit gerade einen negativen Lauf.



    „Woran liegt’s?“, fragte ich Martin Wiss, doch der war auch recht ratlos.


    „Die Spieler sind alle fit und motiviert. Aber es ist ja geradezu wie verhext: Jedes Spiel endet 2:1, erst zweimal für uns, dann dreimal für den Gegner. Als hätten wir es überhaupt nicht mehr selbst in der Hand, das Ergebnis zu gestalten!“


    Da musste ich schmunzeln. An höhere Mächte glaubte ich wahrlich nicht, aber nach fünf Spielen war das tatsächlich ein seltsamer Zufall.


    „Na, ich bin sicher, das nächste Spiel gewinnt ihr wieder. Und zwar mit 3:0!“


    Zugegeben, vielleicht ließ ich dabei den nötigen Ernst vermissen. Aber momentan beschäftigte mich ein anderes Thema ungleich mehr: Es blieben nur noch zwei Tage, um einen halbwegs tauglichen Backup für die LV-Position zu finden. Emmo war mir da leider gar keine Hilfe.


    „Du machst das schon“, sagte er jedes Mal. Und einmal riet er mir: „Dann frag doch bei den dreien an, die Markus Wegener gescoutet hat.“


    In meiner Not tat ich schließlich genau das. Pegúy Luyindula vom FC Sochaux, Paulo Guterres vom FC Santos und Chris Conway von Celtic Glasgow waren zwar jeder für sich allenfalls eine Notlösung, aber doch besser als gar nichts. Leider erlebte ich eine böse Überraschung: Keiner der drei war überhaupt nur bereit, mit mir über einen Wechsel zu verhandeln. Ob ich zu lange gezögert hatte?


    Okay, aber ich gab nicht auf. Bisher hatte ich nach Spielern unter 30 gesucht, jetzt schaute ich einfach mal, ob es vielleicht einen älteren Spieler gab, der infrage kam. Und siehe da, es gab einen.


    Vasilis Torosidis, ein 35-jähriger Grieche, Ex-Nationalspieler, hatte seine größte Zeit bei Olympiakos Piräus gehabt, war 2013 bei AS Rom im Gespräch und spielte jetzt bei Borussia Dortmund. Mit Stärkewerten, die immer noch deutlich über 70 lagen, war er ein echter Allrounder für Abwehr und defensives Mittelfeld. Vorige Saison – das sagte mir ein Blick in meine Aufzeichnungen – spielte er gegen uns einmal RV und einmal IV, aber am stärksten war er auf der linken Abwehrseite. Gut, sagte ich mir, es musste dringend gehandelt werden, also schickte ich ein Angebot für ihn raus. Das war am Sonntag, dem 30. August.


    Der dann folgende Tag hatte es in sich. Buchstäblich von 0:00 bis 24:00 Uhr saß ich vor dem Computer und traute mich kaum, aufs Klo zu gehen oder mir etwas zu essen zu holen. Beständig schaute ich von rechts nach links und umgekehrt zwischen meinen beiden 28-Zoll-Monitoren hin und her. Denn auf dem einen war ich als Manager des 1. FC Union gefragt, auf dem anderen im Interesse des VfB Lübeck. Zwar hätte beide Jobs eigentlich ein anderer machen sollen – für Berlin fühlte ich mich nicht zuständig und hier in Lübeck war das Emmos originäre Aufgabe –, aber was blieb mir anderes übrig, wenn alle das von mir erwarteten.


    Und so unglaublich das auch erscheinen mag: Jemand machte sich meine ungewöhnliche Doppelrolle zunutze. Genau genommen war es der Manager des 1. FC Köln. Keine Ahnung, wieso, aber der Bundesligist wandte sich an mich als Union-Verantwortlichen, um an zwei Lübecker Spieler zu kommen. Und er tat das letzten Endes mit Erfolg.



    Zunächst einmal gelang es mir, dem 1. FC Union etwas Gutes zu tun, indem ich mit André Richter einen starken Innenverteidiger verpflichten konnte, und das zu einem Schnäppchenpreis von Borussia Neunkirchen. Dafür ließ ich die nicht mehr benötigten Berliner Reservespieler Dohm und Schlegel für mehr als ihren Marktwert gehen. Aber außerdem flatterten mir da zwei Angebote auf den Bildschirm, die mit dem Köpenicker Drittligisten aber auch gar nichts zu tun hatten: Für Höwedes und Ayew boten mir – mir! – die Kölner zusammen 1,9 Millionen.


    Beide Spieler waren am 17. Januar 2018 zusammen nach Lübeck gekommen, Höwedes aus Leverkusen, Ayew von Schalke. Beide hatten vor zweieinhalb Jahren eine Stärke von 73. Heute stand für sie möglicherweise nicht einmal mehr ein regelmäßiger Platz auf der Bank zu erwarten. Deshalb war es nicht weiter verwunderlich, dass sie sich mit dem 1. FC Köln rasch einig wurden, und der VfB Lübeck hatte zwei Spieler weniger, die zusammen 3,4 Millionen pro Jahr verdienten. Ich fand, das war ein Erfolg!


    Einen gewissen Beigeschmack bekam der Deal dann aber durch ein ganz anderes Angebot: Bayer Leverkusen wollte Christoph Meywald (IV). Den wollten sie schon praktisch den ganzen Sommer hindurch, aber ich hatte stets abgewiegelt oder sie durch eine hohe Ablöseforderung abgeschreckt. Jetzt standen sie erneut auf der Matte und boten 12 Millionen, dreieinhalb mehr, als der Mann auf dem Papier wert war. Hier nochmal zur Erinnerung unsere aktuelle Personalsituation in der Innenverteidigung:



    Höwedes war schon weg, aus der Reserve kam allenfalls Hakanpää perspektivisch in Betracht. Das bedeutete, dass wir ohne Meywald praktisch nur Negrão und Rolff hatten. Die Antwort auf die Leverkusener Anfrage konnte also nur lauten: Nein.


    Es sei denn, es kam gleichzeitig eine wirkliche Verstärkung hinzu. Und tatsächlich – auch diesen Transfer brachte ich unter Dach und Fach:



    Torosidis wechselte für den Spottpreis von 2,3 Mio. Euro nach Lübeck. Drei andere mir angebotene Spieler waren hingegen in mehrfacher Hinsicht uninteressant, einerseits, weil sie nur auf Positionen einsetzbar waren, die bei unserer aktuellen Taktik keine Rolle spielten, andererseits wegen der zu hohen Preisvorstellungen.



    Blieb also nur noch die Entscheidung über das Angebot für Meywald. Da jede Entscheidung ihre Vor- und Nachteile haben würde, entschied ich mich fürs Zocken. Nachdem die Leverkusener schon vor drei Wochen 12 Mio. geboten hatten, sollte da eigentlich noch mehr drin sein. Bis 16,5 ging ich runter, aber sie blieben beharrlich bei ihrem Angebot. Bis 23 Uhr. Und auch danach noch. Die Minuten tickten runter. Dann war es vorbei, sie hatten sich nicht weiter bewegt. Sei’s drum.


    Kurz nach Mitternacht lag mein Adrenalinspiegel irgendwo knapp unter der Zimmerdecke. War das richtig, was ich da gerade gemacht hatte? Ich beschloss, das morgen mit Emmo und den anderen verantwortlichen Mitarbeitern zu besprechen und bis dahin keine Selbstzweifel zuzulassen. Bevor ich den Computer ausschaltete, erhielt ich noch eine erfreuliche Information: Paco Alcacer war mit rekordverdächtigen 41,3 Prozent der Stimmen zum Fußballer des Monats August gewählt worden.


    „Bemerkenswerter Coup!“ Das waren Emmos Worte. „Okay, Torosidis ist zwar schon stolze 35 Jahre alt, so dass das wohl eher eine vorübergehende Lösung sein wird. Aber für diese Saison darf man sich wohl noch einiges von ihm erhoffen.“


    Ich gebe zu, ich war erleichtert. Vor allem darüber, dass er nicht sauer war, weil ich den zweistelligen Millionendeal mit Meywald hatte platzen lassen. Das Geld hätten wir vielleicht noch ganz gut gebrauchen können, denn mir war gar nicht richtig klar gewesen, wie tief wir diesen Sommer in die Tasche gegriffen hatten.



    Ich glaube, es war das erste Mal, dass wir überhaupt in dieser Tabelle des Kicker auftauchten. Und dann gleich mit fast 30 Millionen! Aber Emmo gefiel das.


    „Damit unterstreichen wir gleich noch mal eindrucksvoll, dass wir diese Saison ganz große Ziele haben!“, sagte er.


    Ich glaube, er war tatsächlich der Meinung, wir könnten 2021 den Meistertitel holen. Wohlweislich widersprach ich ihm nicht. Stattdessen rechnete ich nach, erstens weil ich ein Pedant bin und zweitens weil ich allem, was die Presse so veröffentlicht, erst einmal misstraue. Aber das Ergebnis stimmte.



    „Malte, darf ich ganz ehrlich sein?“, fragte Sabrina mich beim gemeinsamen Mittagessen.


    Meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass man auf der Hut sein sollte, wenn eine Frau ankündigt, ehrlich sein zu wollen.


    „Na, ausnahmsweise“, versuchte ich es mit einem Scherz.


    „Dieses Haus…“


    Ich sah sie zweifelnd an. „Das haben wir beide gemeinsam gekauft!“


    Aber sie guckte sehr unglücklich. „Darin hattest du all deine Affären. Mit Minnie Mangold, mit Denise Wessels, mit Margit und Anita…“


    „Das stimmt überhaupt nicht!“, empörte ich mich. „Nur mit Anita habe ich hier gewohnt, das ist richtig, aber…“


    Bei genauem Überlegen war ich mir nicht einmal sicher, ob sie nicht eigentlich recht hatte.


    „Egal, was da konkret war“, unterbrach sie mich. „Aber ich verbinde mit diesem Haus eine alte Zeit, die wir hinter uns lassen sollten.“


    Wir diskutierten noch eine Weile, aber wenn bei einem solchen Thema früher zwischen uns die Fetzen geflogen wären, ging es diesmal sehr viel friedlicher zu. Beinahe harmonisch. Und am Ende konnte ich ihr den Wunsch nicht abschlagen, von dem ich kaum zugeben mochte, dass ich ihn teilte. Kurzum: Wir besichtigten das Landhaus im britischen Stil am Rande Lübecks, das Sabrina aufgetan hatte, und leiteten noch am selben Tag alles für einen Kauf in die Wege.



    Inmitten der Umzugsstrapazen freute ich mich außerordentlich auf das kommende Wochenende. Es gab einem immer wieder ein besonderes Gefühl, Anfang September das erste Ligaspiel mit dem Kader bestreiten zu können, der nun nach allem vorangegangenen Hin und Her endlich stabil stand und für die ganze Hinrunde unverändert bleiben sollte. Glücklicherweise war niemand verletzt, so dass Emmo gegen Mainz 05 die Elf auf den Platz schicken konnte, die er momentan für die wirklich stärkste hielt.


    Bundesliga 3. Spieltag


    Vasilis Torosidis durfte gleich sein Debut geben. Außerdem erhielten Elez und Iturbe wegen leicht besserer Form den Vorzug gegenüber Cissé und Reus. Für Rolff, Rildo und Jahn blieb nur ein Tribünenplatz.



    Mainz war gut in Form, und so war es im Grunde das erste Spitzenspiel der Saison. Für uns sprach, dass wir gegen den FSV in der Bundesliga noch nie verloren hatten. Drei Siege und drei Unentschieden hatten bislang für ein Torverhältnis von 8:3 gesorgt, wobei uns im letzten Heimspiel vor fast genau einem Jahr mit 3:0 (Tore: Esswein, Winter, Bonaventura) der einzige klare Sieg gelang.



    Drittes Spiel, dritter Sieg und jedes Mal noch ein bisschen überzeugender. Ich war schon fast geneigt, Emmo in seinem Optimismus Recht zu geben – wenn wir so weitermachten, schien diese Saison fast alles möglich.



    Wolfsburg setzte seine Serie fort und schlug Hoffenheim mit 3:0. Mit dem gleichen Ergebnis gewannen der HSV in Stuttgart und Leverkusen bei 1860 München. Und auch die Bayern gaben sich keine erneute Blöße beim 3:1 gegen Hannover 96.


    In dem neuen Haus, das ich für Sabrina, Hertha, Malte, Tramp und mich gekauft hatte, wurde es dieser Tage so langsam richtig wohnlich. Dennoch – irgendwie änderte sich in meinem Leben gerade etwas. Da war immer noch diese Ungewissheit wegen des Prozesses mit Union Berlin, da war auch Anita, die uns gelegentlich besuchen kam und stets betonte, wie wenig ihr das alles ausmachte, und da war auch Emmo, der mich geradezu mit Arbeit überschüttete und mir dennoch das Gefühl gab, dass ich eigentlich gar nicht richtig dazugehörte. Ich fühlte mich überfordert und ausgelaugt.


    Da beschloss ich, mal zumindest für eine Weile den Griffel fallen zu lassen.

  • 3 Spiele: 9 Punkte !!!


    Sehr guter Start...


    Torisidis, guter Mann, könnte Dir helfen, trotz seiner (bei Dir) schon 35 Lenze.

    Hat auch nen Bonus auf Mitspieler, wie ich es sah.

    Ein Mann mit Roma Vergangenheit. ;)


    Das Landhaus finde ich auch geil... so einen Stil, ja das hat mMn was.

    Britischer Charme, ländliche Gegend. :thumbup:

    Denke mal, die Kamin Abende werden da sehr lauschig werden, mit Deiner Sabrina. :)

    Finde ich Nice !

    Gruß

  • 261. Teil: Entscheidung am Silvesterabend
    (31.12.2020)


    Silvesterabend. Alle Welt machte Party, nur Tramp und ich saßen zu Hause und fuhren jedes Mal zusammen, wenn es draußen wieder knallte. Wir hatten uns eine Bowle gemacht, seine ohne Alkohol, meine mit. Und ein Steak gebraten, seins ohne Gemüse, meins auch. Zum Nachtisch gab es eine Tüte Kartoffelchips.


    Viel war passiert in den letzten vier Monaten. Und über all das, was den VfB Lübeck betraf, hatte Emmo Winter in seinem Blog „Alles Große ist ein Trotz“ die Welt informiert gehalten. Emmo war mit all dem zufrieden, und er konnte es wahrlich auch sein. Indessen saß ich hier und hatte den Jahresendblues.


    Obwohl – gerade hatte ich immerhin etwas ganz Erfreuliches gelesen.



    Und selbstverständlich freute auch ich mich über all die Erfolge des VfB Lübeck in dieser Saison. Aber irgendetwas fehlte mir. Und ich wusste auch, was.


    „Meinst du, ich sollte wieder anfangen?“, fragte ich Tramp.


    Der Goldendoodle sah von seinem Steakknochen auf und sagte: Wie bitte? Ich habe gerade nicht zugehört. Oder so ähnlich. Und dann legte er seinen Kopf schief und erklärte: Ja, natürlich sollst du wieder anfangen mit dem Schreiben deiner Story. Alle wollen es, du willst es, und das mit der vielen Arbeit und der Schreibblockade waren doch sowieso nur blöde Ausreden.


    Okay, kann sein, dass er das nicht wörtlich so sagte. Aber doch sinngemäß. Bildete ich mir ein.


    „Naja, ich kann ja für den Anfang wenigstens mal einen Blick auf die aktuelle Bundesligatabelle werfen“, sagte ich. „Das ist doch wirklich mal was Schönes, an dem man sich eigentlich gar nicht sattsehen kann.“



    Und nachdem ich die Tabelle auf meinem Laptop aufgerufen hatte, fing ich auch schon an, auf meinem Schreibblock zu krakeln. 51 Tore in 17 Spielen, das waren genau drei pro Spiel. Und 9 Gegentore waren rund ein halbes pro Spiel. Vor einem Jahr hatten wir da – Moment, hier hab‘ ich es: 33:10. Das Jahr davor 30:23 und in unserem ersten Bundesligajahr 26:25. Das ergab eine hübsche kleine Grafik:



    Ach ja, und da wusste ich, was mir gefehlt hatte. Statistiken, Tabellen, Berechnungen, Grafiken – ich liebte das! Und neben meinen Jobs als Lübecker Sportdirektor und Berliner Trainer und Manager würde ich das auch noch hinbekommen! Entschlossen nahm ich den Griffel auf, den ich vor exakt 116 Tagen fallengelassen hatte, und machte mich daran, die Chronik des VfB Lübeck samt dem bemerkenswerten Weg des Emmo W. fortzuführen.

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