Wild! Unbarmherzig! Stark! - Entfessle den Tiger in dir!

  • Der gestrige Tag hatte mich mental ziemlich gefordert. Einfache Entscheidungen, wen man für neue Spieler opfert gab es nicht. Wie beim Mikadospielen galt es ein Stäbchen nach dem anderen zu ziehen - respektive einen Spieler entlassen - und hoffen, dass das Gebilde nicht in sich zusammenfällt. Jedwede Entscheidung würde ab jetzt auf mich zurückfallen. Denn ich war letztlich dafür verantwortlich. Dementsprechend unruhig hatte ich vor dem ersten Training, welches ich leiten sollte, geschlafen. Neben diesem Training sollte die Entscheidung, wer den Verein verlassen sollte, dem oder denjenigen Spielern von mir persönlich mitgeteilt werden. Alles in allem keine guten Zutaten um ruhig zu schlafen.


    Gerädert wachte ich schließlich um ca. 7 Uhr 30 morgens im Bed & Breakfast auf. Die morgendliche Szenerie wiederholte sich. Mehr umnachtet als wach ging ich ins Bad, putzte meine Zähne und musste feststellen, dass wieder einmal eine Rasur fällig geworden war. Mehr schlecht als recht quälte ich mich zu einer anständigen Rasur, um mich dann in den Frühstücksraum zu begeben. In meinen ersten Tagen musste ich dieses englische Frühstück verdrücken. Mittlerweile hatte ich meiner Gastgeberin und deren Sohn bereits deutlich machen können, dass abgesehen von einer Tasse heißer Schokolade ich kein Frühstück benötigen würde. Eines war heute jedoch anders. Auf meinem Platz befand sich eine Ausgabe des Gloucestershire Echo.



    Für mich galt das Sprichwort „Morgenstund hat Gold im Mund“ nicht. So nahm ich als erstes „Teacher, 43, dies in garage smash“ wahr. Tat mir für den Lehrer und seine Familie wirklich leid, aber warum diese Ausgabe auf meinem Platz lag erschloss sich mir auf den ersten Blick nicht. Bis ich es checkte vergingen noch einige Sekunden, aber dann war ich auch geistig wach: „Österreicher wird Trainer bei den Tigers“. Außenstehende haben wohl bemerkt wie es in meinem Kopf vor Gedanken zu rattern begann. Ein Portrait über mich. Zur Amtseinführung bei City. Wow! Ich war Thema in einer Zeitung. Eine Premiere! Ein mehrseitiges Portrait noch dazu. Jetzt war ich wirklich stolz, aber bereits die Art und Weise wie ich zu meinem Posten gekommen war, lehrte mich hinsichtlich dieses Artikels vorsichtig zu sein.


    In den vergangenen Jahren hatte ich bei meinem Lieblingsverein immer die Neuigkeiten rund um einen Trainerwechsel verschlungen und noch so jedes unwichtige Detail in mich aufgesaugt. Nun war ich das Thema in Gloucester. Auf drei Seiten wurde ein Portrait über mich und meinen Hintergrund gebracht. (Wie die wohl an die Infos gekommen waren? Mich hatte niemand befragt.) Für mich ergab sich nichts Neues, aber es war allemal interessant zu lesen, dass ich 31-jährig, ledig und fußballverrückt sei. Zudem wurde ausführlich über mein Mathematik- und Geschichtestudium geschrieben.

  • Für mich wichtiger war allerdings das Tigers Spezial und die Analyse zur Verpflichtung eines ausländischen Trainers in den Niederungen des englischen Fußballs. Neben einem historischen Überblick über die „Erfolge“ der Tigers interessierten besonders die Stellungnahmen zur Verpflichtung eines ausländischen Trainers, der noch dazu aus einer Fußballnation ohne nennenswerte Erfolge - wird von dem 1931 und 1968 errungenen Titel des „Inoffiziellen Fußballweltmeisters“ abgesehen - stammt. Gloucestershire Echo hatte einige wichtige Größen der Tigers befragt, wie sie zur Verpflichtung des Österreichers stehen würden. Den Anfang machte der ehemalige Spieler und Trainer von Gloucester Chris Burns (47 Jahre).


    [cbox]„Die Verpflichtung eines ausländischen Trainers hat mich persönlich ziemlich überrascht. Und dann erst dieser Name! Ich habe ihn bis heute zu dieser Pressekonferenz nicht gekannt. Absolut niemand konnte mit diesem Namen etwas anfangen. Da muss man die Entscheidungsträger rund um die McGurk-Brüder und Präsident Nigel Hughes hinterfragen. Deren Entscheidung pro österreichischen Trainer steht nicht gerade auf soliden Säulen, ohne dass ich die künftige Arbeit des neuen Trainers geringschätzen möchte. Unerfahrenheit beschreibt ihn wohl noch am Besten! Kein Verein in seiner Heimat hat ihn bislang unter Vertrag genommen und dann entscheiden die McGurk-Brüder, dass er der beste Mann für Gloucester und sein Konzept zur Strukturanpassung das Beste sei! Dass er noch nie einen Verein betreut hat muss nicht unbedingt ein Nachteil sein, aber man kann sich nicht des Eindrucks verwehren, dass mit dieser Verpflichtung ein Schnellschuss gewagt worden war. Zwar heißt es „No risk no fun!“, aber bei einem Fußballverein wie Gloucester und seiner Tradition hört sich bei einer solchen Verpflichtung der Spaß auf und diese Verpflichtung hat definitiv einen schalen Beigeschmack. Hauptargument für das Engagement des Österreichers war die Strukturanpassung bei den Tigers. Diese hätten bereits mit seinem Vorgänger erarbeitet und umgesetzt werden können, ohne dass extra ein Trainernobody aus Österreich, der sich nachweislich hier auf Urlaub befand, geholt hätte werden müssen. Auf Nachfrage bei der Pressekonferenz konnte niemand eine exakte Auskunft geben, wie denn nun die neuen Strukturen aussehen sollen. Mit der fadenscheinigen Begründung: „Diese können „ja“ erst in den kommenden Wochen festgelegt werden!“ wiegelte man alle die am Wohl von Gloucester interessiert waren ab. So gut kann das Konzept des Österreichers nicht gewesen sein, da normalerweise die Strukturanpassung bereits abgesprochen hätte sein müssen und nicht erst in der Zukunft passieren solle. Definitiv hätte es zu einer anderen Lösung kommen müssen oder zumindest den Rückgriff auf etablierte und anerkannte Persönlichkeiten aus dem Umfeld von Gloucester. Neil Mustoe oder Adie Harris hätten sich meiner Meinung nach den Posten eher verdient, als dieser Österreicher. Sie haben in der Vergangenheit gezeigt - zB Mustoe, der nach Webb die meisten Spiele für den Verein bestritten hat und bereits die Trainerlizenz besitzt -, dass sie mit Gloucester verbunden sind und ihnen das Wohl des Vereins sehr am Herzen liegt. Besonders da die Verbundenheit zum Verein bislang immer das hervorstechendste Merkmal gewesen sei, wie von den McGurk-Brüdern bisher betont worden war. Nun ist es aber so, dass der Österreicher ab heute das Trainerzepter bei den Tigers schwingen wird. Von daher ist es unfair, ohne dass dieser mit den Tigers ein Bewerbsspiel absolviert und ein Training geleitet hat, ihn schlecht zu reden. Trotz aller Negativität muss ihm eine faire Chance gewährt werden. Trotz all meiner Bedenken hoffe ich, dass er entgegen meiner Erwartungen mit Gloucester Erfolg haben wird. Es ist für ihn natürlich viel schwieriger, als wenn dies jemand aus dem Umfeld des Vereins gemacht hätte, oder einer der sich mit der Liga und dem britischen Fußball an sich auskennt. Für den Österreicher wird es sehr, sehr schwer, da er eben nicht den Bonus eines Engländers oder einer Vereinsikone hat und den englischen Fußball nur vom Hörensagen kennt. Er muss von Anfang an Ergebnisse liefern. Ich kann ihm daher nur alles Gute und viel Erfolg wünschen. Aber es wird sehr schwierig hier alles umzusetzen.“[/cbox]


    Ebenfalls äußerte sich der ehemalige Star der Mannschaft Neil Griffiths (spielte von 1998 bis 2005 bei den Tigers) über meine Verpflichtung.


    [cbox]„Ich halte dies für eine extrem unglückliche Entscheidung von den McGurk-Brüdern. Ich bin total enttäuscht und frustriert, dass niemand der dem Verein nahe steht ausgewählt worden ist. Ich kann absolut nicht nachvollziehen warum der Verein meint, dass ein Österreicher für den Trainerposten besser geeignet ist als jemand wie Neil Mustoe oder Adie Harris, die in der Vergangenheit immer bewiesen haben, dass sie für den Verein ihr letztes Hemd geben würden. Dass die Trainerausbildung und das Schaffen neuer Strukturen ausschlaggebend für die Verpflichtung des Österreichers gewesen sein soll, kann ich nur bezweifeln. Generell wäre ich, wenn es um die Umsetzung neuer Strukturen gegangen wäre, ebenfalls zur Verfügung gestanden.“[/cbox]


    Neben den Vereinsikonen wurde ebenso jemand befragt, der mit mir die Trainerausbildung absolviert hat. Dieser wollte seinen Namen nicht veröffentlicht sehen und von daher bezeichnete ihn der Gloucestershire Echo als Max Mustermann (45 Jahre, Österreich):


    [cbox]„Das Fanvolk von Gloucester darf sich nicht all zu viel erwarten. Er hat in der Ausbildung zwar großen Eifer gezeigt, aber es war halt immer so, dass er etwas abseits zu uns anderen gestanden ist. Sicherlich hat dies auch ein kleinwenig mit seiner introvertierten Persönlichkeit zu tun, aber auch und vor allem mit der Tatsache, dass er absolut keine Erfahrung im Profifußball aufweist. Nichts für ungut, er hat die Ausbildung wie gesagt professionell und mit guten Noten absolviert, aber die nicht vorhandene Vorkenntnis im Profifußball und seine fehlende Trainerlaufbahn - ich denke dabei daran, dass dieser Mangel von Österreichs Vereinen richtigerweise erkannt worden ist - macht ihn nicht zum optimalen Kandidaten für einen Trainerjob im Ausland und seien es nur die englischen Niederungen. Meiner Ansicht nach wird dieses Projekt in wenigen Wochen wieder Geschichte sein und für nicht mehr als eine nette Anekdote im nächsten Pub taugen.“[/cbox]


    Lee Smith (von 2000 bis 2011 bei den Tigers) äußerte ebenso seine Bedenken gegen die Verpflichtung. In seiner Stellungnahme konnte ich lesen:


    [cbox]„Bereits in der Vergangenheit haben die McGurk-Brüder und Präsident Hughes immer wieder von ambitionierten Zielen mit dem Gloucester AFC gesprochen. Gedanklich waren die Entscheidungsträger im Verein bereits in der Championship und mit einem Bein haben sie dabei die Schwelle zur Premier League übertreten. Champions League - kein Problem für Gloucester! Gedanken und Wirklichkeit sind jedoch zwei Seiten einer Medaille. In der Realität ist es ihnen noch nicht einmal gelungen das Stadion wieder bespielbar zu machen und dann wird ein absoluter Niemand aus Österreich verpflichtet, um diese unausgegorenen Ideen umzusetzen. Doch die Teilnahme an der Champions League ist hier in Gloucester nicht das dringendste aller Probleme. Die Qualität haben wir weder im Kader noch im Umfeld. Entscheidender ist Anderes. Ich zähle mich zu den Kritikern der Entscheidung, dass ein ausländischer - noch dazu ein Österreicher! - Trainer verpflichtet worden ist, aber ich bin kein Kritiker der Person des Österreichers oder dem des österreichischen Fußballtrainers, sondern ich kritisiere vielmehr das Wunschdenken der McGurk-Brüder und von Präsident Hughes, das diese hegen und pflegen wie einen Bonsaibaum. Die Entscheidung ist grundsätzlich ein Kasperletheater gewesen. Mustoe wurde als Kandidat gehandelt. Neil Griffiths hatte bereits sein Programm bekannt gegeben und wollte für die nötige Umsetzung der Strukturen, die für einen Aufstieg von Gloucester in den Profifußball notwendig sind, sorgen. Es gab zahlreiche Spekulationen, die ich nachvollziehen konnte und dann kommt Präsident Hughes mit dem Österreicher daher. Da konnte ich nichts anderes mehr machen als meinen Kopf vor Ungläubigkeit zu schütteln. Es war eine Überraschung sondergleichen! Wir haben einfach keine Qualität - es tut mir leid für Tom Webb, aber das muss jetzt einmal gesagt werden. Wir haben einfach nicht die Qualität, um den gehobenen Ansprüchen zu genügen. Ob da jetzt ein Österreicher das Zepter schwingt oder nicht ist da beinahe egal, wenn sich nicht gleich das Umfeld mitändert. Wir haben nichts um auf höherem Niveau zu spielen. Es geht aber grundsätzlich um die Entscheidung, die getroffen worden ist. Ich habe ein Problem mit den Wurzeln und das sind die McGurk-Brüder. Die haben im letzten Jahrzehnt Null-Komma-Josef zusammengebracht und jetzt verkaufen sie uns den Österreicher als Erlöser, als Heiland von Gloucester. Wir haben nicht das Umfeld um die Ansprüche umzusetzen. Ich persönlich hätte mir einen echten Typen erwartet, der den englischen Fußball und wichtiger noch Gloucester kennt, damit endlich Bewegung in den Fußball von Gloucester kommt. Ich hoffe nicht, dass der Österreicher nur geholt wurde, da er ein Ja-Sager ist. Das wäre für den Verein verheerend. Ich hoffe, aber dass ich nicht recht habe mit meiner negativen Einschätzung und daher drücke ich dem Österreicher die Daumen, aber insgeheim sehe ich das Projekt zum Scheitern verurteilt.“[/cbox]


    Vom Erzrivalen Cheltenham, deren Platz wir großzügigerweise nützen dürfen, äußert sich Trainer Mark Yates (41 Jahre) zu meiner Bestellung.


    [cbox]„Zuerst einmal muss ich sagen, dass ich mit österreichischen Trainern noch keinerlei Erfahrung habe. Von daher wäre es unfair bereits zu diesem Zeitpunkt einzuschätzen welche Arbeit er aufgrund seiner Vorbildung in Gloucester abliefern wird. Das Thema ist für mich nicht der Österreicher als Person, sondern in der Pressekonferenz wurde von der Struktur gesprochen. Dies ist für mich das eigentliche Thema der Diskussion. Ich bin der Meinung, dass sich der Fußball viel zu sehr von seinen Wurzeln entfernt hat. Manchester City hat es bei uns vorgemacht. Paris St. Germain ist gefolgt und der Konzern des Roten Bullens zeigt es ganz deutlich, ebenso wie Remscheid, dass nicht mehr das Spiel auf dem Platz zählt, sondern nur mehr wie viele Millionen ich in den Fußball investieren kann, um damit zumindest die Nr. 1 im eigenen Land zu werden. Wenn jetzt die Führungsriege in Gloucester glaubt in den kommenden Jahren den Durchmarsch in die Premier League zu schaffen, um dann sofort in die Champions League einzuziehen sind sie schief gewickelt. Gloucester kann niemals mit Manchester City konkurrieren. Es muss erst seine eigene Identifikation finden. Es bringt nichts den Ideen von Manchester City nachzueifern. Sie haben ja noch nicht mal einen Scheich in der Hinterhand! Wer ist denn Gloucester, dass es von einem Einzug in die Champions League träumen darf?!? Auf der Fußballlandkarte findet man Gloucester genauso wenig wie Cheltenham. Und daran ändert auch die überraschende Verpflichtung eines Österreichers wenig. Wesentlich ist die Rückkehr zu den Wurzeln des Fußballs, denn bodenständiger, ehrlicher Fußball wird hier gewünscht. Nicht mehr und nicht weniger. Mit einem gekünstelten Produkt à la FC Remscheid oder RB Leipzig kann hier niemand etwas anfangen. Sie werden zwar auf absehbare Zeit den Fußball prägen, aber was kommt danach, wenn sich der Sponsor zurückzieht? Gähnende Leere! Trotzdem ist dieses Missgeschick der Trainerverpflichtung passiert. Wenn schon die Erwartungshaltung des Umfelds in Gloucester es war, dass es unbedingt einen Typen aus dem Ausland benötigt, dann sollte dieser jemand eine Persönlichkeit haben, die den Verein bereits heute weiterbringt. Einen Guru von internationalem Format haben sich die McGurk-Brüder wohl zuvor erwartet. Und ich bin der Meinung - das richtet sich nicht gegen die Person des Österreichers - wir haben viele britische Trainer, die in dieser Liga bereits tätig waren, die bereits in ihrer sportlichen Vergangenheit etwas geleistet haben. Und warum nun der Österreicher? Keine Profierfahrung! Keine Erfahrung als Trainer! Wenn ich eine Identifikation suche, die Wurzeln anstrebe, aber gleichzeitig den Fußball von Manchester City in Gloucester sehen möchte, dann kann ich keinen unerfahrenen Österreicher holen. Aber seien wir an dieser Stelle mal ehrlich. Welcher Kapazunder tut sich schon die Niederungen des englischen Fußballs an, nur um dann mit der harten Realität konfrontiert zu werden? Da darf dann schon die Frage gestattet sein, was dies alles für einen Sinn macht? Die hochgelobte Trainerausbildung in England taugt nun nicht mehr für die 6. Spielklasse. Ganz davon zu schweigen, dass seit Jahren ausländische Trainer unser Nationalteam managen. Ist jetzt die englische Trainerausbildung wirklich um so viel schlechter als die österreichische? Haben wir keine Trainer mehr, die einen Verein aus der National League in höhere Gefilde führen können? Bedarf es wirklich eines Österreichers, wenn doch in England eh alles super ist? Der Ottonormalverbraucher unter den Fußballfans in Gloucester kann genauso wenig wie der interessierte Fachmann die Entscheidung des Vorstands von Gloucester nachvollziehen. Diese Entscheidung ist insofern enttäuschend, als dass sich alle erwartet haben, wenn schon ein Ausländer verpflichtet wird, dann jemand mit einem klingenden Namen und einer Reputation, die zwangsläufig Profis nach Gloucester führen wird. Und jetzt wurde ein österreichischer No Name verpflichtet, der folgendes aufweist: Erstens keine Reputation! Zweitens keine Profivergangenheit! Drittens die Absolvierung der österreichischen Trainerausbildung ohne darauf folgende Anstellung als Trainer bei einem Verein. Bis zum heutigen Tag war er von sämtlichen Vereinen abgelehnt worden. Was für ein Einstellungsmerkmal! Daher muss die abschließende Frage gestattet sein: Kann der Österreicher überhaupt das Allheilmittel für die Fußballseele Gloucesters sein?“[/cbox]


    [cbox]

    Anmerkung


    Mein Dank gilt dem ORF und seiner Diskussionsrunde zur Bestellung von Marcel Koller als österreichischen Teamchef im Oktober 2011. Aber natürlich in erster Linie den Diskutanten Herbert Prohaska, Toni Polster, Ricardo Moniz, Helge Peyer, Roman Mählich und Frankie Schinkels für deren Wortspenden, die mich zu diesem Post inspiriert haben. Die Handlungen und Aussagen dieses Posts sind frei erfunden. Die Zuordnung zu den einzelnen in diesem Post genannten Personen erfolgte ausschließlich aufgrund persönlicher Präferenzen des Autors und spiegeln nicht die Meinungen der angeführten Personen oder Persönlichkeiten wider.[/cbox]


    [cbox]

    Allgemeiner Disclaimer


    In dieser Story werden viele Personen angeführt, die real sind. Diese Geschichte selbst ist fiktiv und soll keinesfalls die Realität abbilden. Jedwede Aussagen handelnder Personen in dieser Geschichte beruhen einzig und alleine auf den Ideen und persönlichen Präferenzen des Autors. Sollte es dennoch zu Problemen kommen, bitte ich Sie sich an mich zu wenden, und entsprechende Einträge werden aus der Story entfernt. Die Bildrechte, der in dieser Story verwendeten Bilder liegen bei Sports Interactive und sind durch den Kauf des Fußballmanagers frei verfügbar, oder Lizenzfrei, oder mein Eigentum. Bilder die explizit Gloucester City AFC, deren Spielszenen und somit real existierende Personen zeigen sind Eigentum von Neil Phelps, der für die Fanseite http://www.tigerroar.co.uk verantwortlich ist. Zur Illustration dieser Story wurde die Erlaubnis der Benützung der Bilder von Neil Phelps eingeholt. Bei anderen Bildquellen wird selbstverständlich ein entsprechender Hinweis angeführt.[/cbox]

  • Sorry, dass es etwas länger gedauert hat für das nächste Update. Dafür gab es zwei Gründe. Einerseits beruflich, wegen der alljährlichen Schularbeitenphase im Dezember. Anderseits hatte ich bezüglich den Bildquellen eine Anfrage gestartet und dies wurde leider bislang nicht beantwortet. ;) Länger möchte ich nun aber nicht mehr zuwarten.


    Da saß ich nun im Bed & Breakfast mit meiner Tasse heißer Schokolade und der Ausgabe des Gloucestershire Echo. Der Kakao war abgekühlt und der Echo war auf jener Seite mit den Stellungnahmen zu meiner Ernennung als Trainer von City aufgeschlagen. Es war also soweit. Die mediale Jagd auf mich hatte begonnen. Nicht unerwartet, aber dennoch war es ungewohnt so im Mittelpunkt des Interesses zu stehen. Ein Störfeuer. Mehr aber auch nicht. Denn viel Zeit mich mit damit auseinanderzusetzen hatte ich nicht. Galt es doch nochmals das Trainingsprogramm der ersten Vorbereitungswoche mit Harris durchzugehen. Ein rascher Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich mich sputen musste, bei allem was bis zum ersten Training geplant war.


    Zeit war daher sicherlich das Ausschlaggebende. Sie würde mich antreiben. Sei es nun die Zeit, die mir bis zum Trainingsauftakt nun blieb - der Countdown bis dahin stand bei ca. 34.200 Sekunden -, die Zeit, die ich benötigen würde bis ich wieder in Österreich war, meine Wohnung gekündigt hatte und in Gloucester zurück war, oder aber die Zeit, die mir für das Training blieb. Aurelius Augustinus hatte einmal feststellen müssen


    [cbox]„Was also ist die Zeit? Wenn niemand mich danach fragt, weiß ich es; wenn ich es jemandem auf seine Frage hin erklären will, weiß ich es nicht.“ (Augustinus, Aurelius (2008): Bekenntnisse. Stuttgart. S. 343)[/cbox]


    Ich wusste nur, dass ich ein Getriebener der Zeit sein würde. Denn in der vierwöchigen Vorbereitungsphase auf die Saison waren nur zwei bis maximal drei Abendtrainings pro Woche vorgesehen. Unser einziger Profi hatte mit Mehew bereits ein Sonderprogramm ausgearbeitet, dass mir sehr vernünftig erschien. Aber vermutlich würde er dies nicht lange benötigen. Je nachdem ob sich für ihn ein Abnehmer finden lassen würde oder nicht. Die Voraussetzungen um mit meinen Spieler gezielt Abläufe einzustudieren, waren deshalb nur im geringen Umfang vorhanden. Nicht umsonst hieß es auf der Seite https://planet.training/de/blo…ikplanung-amateurfussball


    [cbox]Je niedriger das Spielniveau ist, desto mehr wird das tiefgreifende Taktiktraining vernachlässigt. Die taktische Ausbildung von Spielern im Amateurbereich geht oft nicht über Grundlagenkenntnisse, wie Startaufstellungen hinaus. Die Organisation der Unterlagen ist schlecht und viele Spieler haben noch nie eine durchdachte Standardsituation auf einem Blatt Papier oder gar Digital gesehen oder vom Trainer erhalten. (abgerufen: 28.12.2016)[/cbox]


    Mehr als den Spielern die Aufstellung mitteilen und dann Anweisungen auf das Spielfeld brüllen, die dann womöglich nicht umgesetzt werden konnten, wollte ich dann schon machen. Das machte jedoch Vorausplanung unabdingbar.


    Seit einiger Zeit hatte ich mit Begeisterung Spiele des American Football, zunächst auf ORF1 und seit kurzem bei Puls 4 verfolgt. „Gameplans“ schien es da in Massen zu geben und je nach Spielsituation wussten die Teams immer (die unterlegenen Teams fast immer) wie es zu reagieren galt, wenn die Trainer mit bestimmten Codewörtern unterschiedliche Spielstrategien einforderten. Spieler bekamen von ihren Trainern Taktikunterlagen, die diese bestmöglich auf das Spiel des Teams vorbereiten sollten. Zu diesen kamen noch Taktikunterlagen über die Gegner. Vorbereitung konnte so zumindest in Ansätzen aus dem eigentlichen Training ausgelagert werden. Und da mir Zeit vermutlich fehlen würde, war ich darum nicht abgeneigt für mein Team eine solche Taktikunterlage anzufertigen. Nun waren 34.200 Sekunden nicht gerade ein langer Zeitraum um eine solche Unterlage anzufertigen, aber da ich nun seit geraumer Zeit wusste, dass ich bei den Tigers meine erste Stelle antreten würde, waren meine Planungen dahingehend bereits weit fortgeschritten.


    Was ärgert man sich als Fan nicht, wenn wieder einmal ein Standard des Gegners zu einem Tor führt? Gefühlt wusste man schon zuvor, dass sich Spieler X um Spieler Y hätte kümmern müssen. Standards wie Ecken, Freistöße, Einwürfe oder aber Elfmeter gehören zu einem Spiel und setzen ein Mindestmaß taktischen Kenntnissen voraus. Ohne die Grundlagen bei Standards zu schaffen war allerdings nicht an ballbesitzorientierten Fußball, wie ihn Pep Guardiola mit Barcelona spielen ließ oder andere taktische Finten, zu denken. Dies galt im Großen wie im Kleinen. Zumindest in einem war ich mir sicher, dass sich niemand Fußball von Barcelona von den Spielern des Gloucester City AFC erwarten würde. Darin, dass solche Spielereien nicht zu den dringendsten Problemen zählten, stimmte ich mit Lee Smith überein. Nichtsdestotrotz musste es mein Ziel sein den Spielern das nötige Rüstzeug für taktische Änderungen mit auf den Weg zu geben, die einerseits in Überzahlsituationen und anderseits in Unterzahlsituationen funktionieren. Um dies zu gewährleisten hatte ich diese taktischen Unterlagen bereits zu 90 % vorbereitet. Die letzten Änderungen sollten an diesem Vormittag passieren und dann ging es in den Druck.


    Die Begeisterung der Zusammenarbeit von Harris mit mir hielt sich bei meinem Gegenüber in engen Grenzen. Trotz allem schien er mein Bemühen wohlwollend zur Kenntnis zu nehmen. Vorab hatte er ein Ansichtsexemplar zu meinem „Spielbuch“ für den Kader von Gloucester erhalten. Schweigend hatte er zunächst in diesem geblättert, um in einer späteren Phase sich doch darin zu vertiefen. Mehr als ein „Kann man mal probieren“ kam Harris nicht über die Lippen. Immerhin keine Ablehnung. Die sollte in Ansätzen noch kommen, als er hinzufügte „Vielleicht sollten sie über eine Kürzung ihres „Spielbuchs“ nachdenken. Ist doch sehr umfangreich geworden.“ Wobei Ablehnung sicherlich einer zu starken Interpretation von meiner Seite entsprach, da ich doch zugeben muss, dass der Umfang mit ca. 50 Seiten für den Anfang wohl doch sehr groß geworden war. Zur Ehrenrettung muss angefügt werden, dass diese 50 Seiten auch Bilder beinhalten, die einen beträchtlichen Teil des Umfangs einnahmen.


    Harris hatte sein OK gegeben und ich machte mich nun an die Fertigstellung und die Reproduktion. Unaufhaltsam näherte sich der Countdown der Zahl 0. Noch aber hatte ich ca. 16.200 Sekunden zur Verfügung. Jede Einzelne dachte ich auszunützen, um bestens vorbereitet den Auftakt zu gestalten.

  • Leider hatte ich im letzten Monat kaum Zeit an der Story weiter zu arbeiten, so dass es erst heute zur Fortsetzung kommt.


    LG Michael


    Kurz vor Ablauf der 16.200 Sekunden hatte ich mich zu den Mannschaftsräumlichkeiten begeben. Diese dürfen jedoch nicht mit Team-Building-Zentren verwechselt werden, die größere Räumlichkeiten zur Verfügung haben. Unter Mannschaftsräumlichkeiten ist hier die Kabine - ein knapp 20 m² großer Raum - gemeint, in die ich mich begab. Ich kam mir dabei wie ein Packesel vor, als ich mit einem größeren Karton in die Kabine spazierte. Der anfänglich hohe Geräuschpegel nahm, wie es zu erwarten war, ab und als ich den Karton auf den Boden stellte, machte dieses auf den Boden stellen des Kartons ein Geräusch bei dem Tote wieder zum Leben erwachen würden. Mit Spannung warteten nun die Spieler von City auf meine ersten zur Mannschaft gerichteten Worte. Einmal kurz durchgeatmet und los ging’s.


    Spieler des Gloucester City AFC ich möchte mit dem hawaiianischen Sprichwort „A'ohe pu'u ki'eki'e ke ho'a'o ia e pi'i“ beginnen, kam es mir nahezu flüssig über die Lippen. Dies bedeutet so viel wie „Keine Klippe ist so hoch, dass sie nicht erklommen werden kann.“ Die letzten Wochen waren geprägt von großer Unsicherheit als sich die Vereinsführung für die Entlassung von Trainer David Mehew entschieden hat. Für viele von euch war und ist diese Entscheidung sicher nicht nachvollziehbar. Dennoch ist sie zur unumstößlichen Tatsache geworden. Wir, sie als Spieler und ich als Trainer, befinden sich nun an einem neuen Abschnitt in unseren allen Karrieren. Vor uns hat sich nun eine neue Klippe aufgetan, die auf den ersten Blick unüberwindlich erscheint. Doch auch wenn es auf dem ersten Blick so scheint, dass diese Klippe nicht überwunden werden kann, kann sie es doch. Dazu bedarf es jedoch nicht eines Ichs, sondern eines Wirs. Hier sind verdiente Spieler gemeinsam mit jungen, wilden Talenten versammelt, die das Gerüst dieses Wir darstellen. Nur wenn wir gemeinsam an einen Strang ziehen können wir diese Klippe und jedes folgende Hindernis überwinden.


    Bedauerlicherweise musstet ihr in den letzten Wochen miterleben, dass das Fußballgeschäft nicht immer fair ist, wie die Entlassung von Mehew zeigt. Man könnte mich nun als Judas, als Verräter titulieren, da ich seinen Posten übernommen habe. Vielleicht ist das auch so, aber ich möchte, dass jeder Einzelne von euch weiß, dass ich mein letztes Hemd für diesen Verein, der mir nun eine Chance gegeben hat euch in Zukunft zu betreuen, geben werde. Wir müssen das Beste aus dieser Situation machen und Animositäten hintan stellen. Es gibt nur mehr ein Wir und kein ich.


    Alleine die Umstände um die Entlassung von eurem Ex-Trainer Mehew zeigen, dass Zeiten des Umbruchs angebrochen sind, die nicht immer mit einer einvernehmlichen Trennung einhergehen. Nachdem trainerseitig vom Vorstand entschieden wurde Mehew zu entlassen und mich einzustellen hat nun sicherlich der eine oder andere Bedenken, wie es in Zukunft weitergehen soll. Bleibe ich beim Verein oder muss ich bei einem anderen vorstellig werden? Dies waren sicherlich jene Gedanken, die ihr in den letzten Tagen gewälzt habt. Im Trainerteam haben wir uns natürlich auch darüber unsere Gedanken gemacht und uns ist durchaus bewusst, dass ihr in der Vergangenheit viel für den Verein geleistet habt. Keine der bereits getroffen oder möglicherweise in der Zukunft zu treffenden Entscheidungen sind uns bzw. werden uns besonders leicht fallen. Wie von der Vereinsführung angedeutet sind solche Entscheidungen im Sinne der Anpassung an neue Gegebenheiten im Fußball notwendig geworden.


    Wenngleich die Medien bereits zu spekulieren begannen, möchte ich sagen, dass von Seiten des Vereins noch absolut keine endgültigen Entscheidungen getroffen wurden. Persönlich hege ich gewisse Abneigungen gegenüber Spekulationen und es ist aus meiner Sicht absolut nicht zulässig bereits vor einem ersten Training zu verkünden wer zukünftig nicht mehr für die Tigers auflaufen wird. Deshalb wird es jetzt in diesem Augenblick keinerlei Auskunft über mögliche Kaderabgänge geben. Ich möchte mir erst einen Eindruck von euch im Training verschaffen. Leider muss ich in den nächsten Tagen noch persönlich nach Österreich, so dass Harris das kommende Training leiten wird. Dieses wird vollständig aufgezeichnet, um mir eine weitere Möglichkeit zu geben euch besser einschätzen zu können. Erst danach werde ich denjenigen mit denen wir nicht mehr planen persönlich meine Entscheidung mitteilen. Sollte der eine oder andere den Wunsch hegen die Tigers zu verlassen bitte ich ebenfalls um ein persönliches Gespräch nach meiner Rückkehr aus Österreich. Vielleicht kann ich euch ja dann noch überzeugen bei den Tigers zu bleiben. Mir ist bewusst, dass dies Spekulationen Tür und Tor öffnen kann. Aber bedauerlicherweise gibt es keinen optimalen Zeitpunkt solche Entscheidungen zu verkünden.


    Dies ist die erste Klippe, die wir nun auf unserem gemeinsamen Weg nehmen müssen. Ich bitte euch in den kommenden Tagen nicht all zu viel auf die Spekulationen in der Presse, die zwangsläufig kommen werden und es zum Teil bereits gibt, zu geben. Gebt weiterhin euer bestes für Gloucester und dies wird sich am Ende bezahlt machen.


    Bevor es nun hinaus auf den Platz geht, möchte ich kurz auf den Inhalt des Kartons zu sprechen kommen. Bei einigen von euch habe ich bereits die Blicke wahrgenommen, die dieser auf sich gezogen hat. Unsere gemeinsamen Trainingszeiten sind begrenzt. Es lässt sich daher nicht jedes taktische Element im vollen Umfang im Training besprechen. Deswegen habe ich ein „Spielbuch“ zusammengestellt, in dem im Wesentlichen die wichtigsten taktischen Abläufe unseres künftigen Spiels zusammengefasst werden. Ihr werdet Beschreibungen zum Verhalten bei Standards, in der Offensive, in der Defensive sowie in Über- und Unterzahl finden. Ich bitte euch, dass ihr dieses Spielbuch soweit es geht bis kommende Woche verinnerlicht. [Während diesen Worten teile ich bereits das Spielbuch aus.] Wir werden in der Zukunft bei den Trainings derlei taktische Varianten immer wieder durchspielen, um dieses Grundgerüst zu festigen.


    Zwei bis drei dieser im „Spielbuch“ beschriebenen Spielformen werden wir in unserem eineinhalbstündigen Training bereits durchspielen. Exemplarisch möchte ich nun eure Aufmerksamkeit auf Seite 35 - Flanken in Spielsituationen lenken.


    Zur Erklärung dieser Spielform. Im ersten Schritt wird der Aufbau skizziert. Im Zweiten Schritt erfolgt die Beschreibung des Ablaufs dieser Spielform mit einer detaillierten Beschreibung was von den jeweiligen Spielern (2er, 6er, 7er, 9er und 10er) erwartet wird, um aus dieser Situation möglichst ein Tor zu kreieren. In gleicher Form werden die anderen Spielformen beschrieben. Bei Fragen könnte ihr euch jederzeit an meine Assistenztrainer und mich wenden. Sobald wir eine solche Formation im Training häufiger geübt haben werden euch bestimmte Abläufe und Anweisungen sicherlich klarer verständlich werden.


    Dabei fällt mir auf, dass kaum einer von euch Fußballschuhe angezogen hat. Ich vermute mal, dass ihr darauf wartet, dass ich das Kommando zum ersten Ausdauertraining der Saison gebe. Mir ist es allerdings viel wichtiger, dass die Automatismen mit dem Ball im Training eingeübt werden. Konditionelle Maßnahmen sind zwar wichtig, aber da wir uns nur an maximal drei Abenden in der Woche beim Training sehen werden, werde ich das Ausdauertraining in euren Verantwortungsbereich geben. Ferner wird trainingsbedingtes Ausdauertraining immer in Verbindung mit Technik und Taktik stehen.


    Klassisches Ausdauertraining wie die Waldläufe bis man jeden Fuchs beim Namen nennen kann oder Treppenlaufen oder harte Trainingsmethoden, wie etwa die Arbeit mit Medizinbällen, wird es in dieser Form bei mir nicht geben. Sehr viel des Konditionstrainings wird in eurem eigenen Verantwortungsbereich, natürlich in Absprache mit Harris, Mustoe und mir, liegen. Familie, Beruf und Hobby Fußball in Einklang zu bringen, wird euch wie in den Saisonen zuvor einiges abverlangen. Dennoch möchte ich, dass ihr euer Bestes gebt. Wir haben noch eine lange Saison vor uns, die von uns noch viele Opfer fordern wird. Ziehen wir an einem Strang und geben wir unser Bestes, werden die Erfolge - so bin ich mir sicher - sich zwangsläufig einstellen.


    Zum Abschluss noch ein paar grundsätzliche Worte zum Training. Euch sollte von Beginn an klar sein was ihr erreichen wollte und wie dies erreicht werden kann. Ich werde versuchen euch gewisse Ideen vorzugeben, unter anderem mit dem „Spielbuch“, wie eure Ziele, die Ziele des Vereins und meine Ziele erreicht werden können. Die Umsetzung ist ein Prozess, der langfristig gedacht werden muss. Wir werden also nicht heute raus gehen und morgen bereits eine Siegesserie starten, die endlos anhält. In kleinen Schritten werden wir uns unserem Ziel, dem Mittelfeldplatz mit Tendenz nach oben annähern. Mehew hat mit dem Klassenerhalt in Saison 1 nach dem Aufstieg und dem gesicherten Mittelfeldplatz in der abgelaufenen Saison die Marschrichtung vorgeben. Kurzfristig soll diese Platzierung gehalten werden. Langfristig strebt das Umfeld nach oben und gleichzeitig soll jeder von euch im Rahmen seiner Möglichkeiten individuell besser werden und von dem Streben des Vereins profitieren. Auch die Verbesserung von Kleinigkeiten ist ein Schritt in die richtige Richtung.


    Um die vereinsseitigen und die individuellen Ziele zu erreichen verläuft das Training zukünftig in drei Phasen ab. In der ersten Phase des Trainings steht die normale Trainingsarbeit im Zentrum des Geschehen. Aufwärmarbeit und Technik sind hier die zentralen Parameter, bei denen der Ball in den Mittelpunkt des Geschehens gerückt werden soll. In der zweiten Phase wird das Hauptaugenmerk auf einen bestimmten Schwerpunkt wie taktische Voraussetzungen, das Einhalten von Grundordnungen oder aber auch individuelle Maßnahmen gelegt und in geringem Umfang fließen sicherlich bereits Spielformationen ein. In der dritten und letzten Phase geht es dann schließlich um das Einüben der Spielformationen.


    In jegliche Aufgabe muss der Ball mit eingebunden sein. Nur so gelangt ihr zu einem selbstsicheren Umgang mit diesem Spielgerät. Wir können keine Zeit verschwenden und den Ball außen vor lassen. Er ist zentral im Spiel und daher auch im Training. Nur wenn ihr seinen Umgang beherrscht werden sich die Erfolgslebnisse auch einstellen. Die taktischen Möglichkeiten im „Spielbuch“ sind zwar schön und gut, aber erst wenn eine sichere Ballannahme erreicht, der Ball am Fuß über das Spielfeld geführt, ein Dribbling angesetzt und so ein Zweikampf gewonnen werden kann, das Passspiel sicher ist und der Torabschluss gesucht wird, kann es daran gehen taktische Maßnahmen umzusetzen. 4-4-2, ein System mit Libero, das 4-3-3 des totalen Fußballs oder jegliche anderen Systeme sind zum Scheitern verurteilt, wenn wir es nicht gemeinsam schaffen diese Grundlagen am Ball zu beherrschen. Wir sind nur so stark wie unsere Grundlagen. Erst wenn wir als Kollektiv diese Grundlagen umsetzen können, werden sich mittel- und langfristig unsere Ziele erfüllen lassen.


    Das heutige Training startet mit dem körperlichen Aufwärmen und der Ballgewöhnung jeder für sich. Nach 10 bis 15 Minuten geht es in Gruppenformen über, die unter anderem Passspiel mit einem oder zwei Kontakten inkludieren. Danach geht es dann über in den Belastungslauf in Gruppen zu vier Spielern. In den verschiedenen Gruppen wird mit diesem grundsätzlich Ausdauer und Technik geübt. Es geht in diesen Gruppierungen um die Forcierung des Kopfballspiels, das Einüben des Passspiels bzw. des Doppelpasses sowie um die Ballannahme. Um die Ausdauer zu stärken wird nach und nach die Intensität für unsere Jugendspieler, die sich an den Profikader heranarbeiten auf ein Maximum von 40 Sekunden erhöht, während unser Profikader eine Intensität von bis zu einer Minute erreichen soll. In der zweiten Phase geht es dann vornehmlich um Verteidigungsstrategien und das Defensivverhalten. Sowohl im Verbund als auch in Individualsituationen. In der dritten Phase geht es nun um das Einüben bestimmter Spielformen. Abgeschlossen wird das heutige Training mit der Tschechenrolle. So nun genug gesprochen. Zieht eure Fußballschuhe an und dann raus auf den Platz.

  • Ich würde gerne ein Exemplar des Spielbuchs bestellen ... ;)
    Der Coach stellt seine Spieler ganz schön auf die Probe mit seiner vergleichsweisen langen Ansprache. Allerdings ist es ja auch so etwas wie eine Grundsatzrede und die kann schon mal etwas länger dauern.


    Ich bin auf die Reaktionen der Spieler gespannt!

  • Leises Gemurmel hatte sich nach dem Ende meiner Grundsatzrede erhoben, aber dennoch streiften die Spieler ihre Laufschuhe ab, um in ihre Fußballschuhe zu schlüpfen. Wenige Minuten später war dann die Mannschaft auf dem Trainingsplatz und konnte mit dem ersten Training unter meiner Leitung beginnen. Gerne würde ich behaupten, dass bereits zu diesem Zeitpunkt klar erkennbar war, dass ich der beste Trainer der Welt war (Selbstüberschätzung?), aber trotz aller guten Vorbereitung zeigte sich doch rasch, dass dies mein erstes öffentliches Training auf diesem Niveau war. Hatte ich mich zuvor im Nachwuchsbereich verdingt, war es nun doch gänzlich etwas anderes einen „Profikader“ zu trainieren. Zu meiner Erleichterung gab es nur „leichte“ Anlaufschwierigkeiten und nach einer kurzen Eingewöhnungsphase konnten die Spieler immer besser den Instruktionen folge leisten.


    Als dann das Training zu Ende gegangen war, versuchte ich meine Erleichterung, dass dieses nahezu reibungslos über die Bühne gegangen war zu verbergen. Ich wollte den Spielern nicht einen weiteren Angriffspunkt liefern. Ich bedankte mich bei den Spielern für das gute Training. Ging nochmals mit meinen Assistenztrainern den Ablauf des kommenden Trainings durch und dann musste ich mich sputen, denn eine mehrstündige Reise nach Österreich und wieder retour stand nun auf dem Programm. Ein Umzugsunternehmen hatte ich bereits beauftragt, dass bei meiner Ankunft vor der Wohnung auf mich warten sollte, damit meine Habseligkeiten nach Gloucester gebracht werden können.


    15 Minuten nach dem Ende des Trainings startete ich den Motor meines neuen Wagens, dieser hatte bereits drei Jahre auf dem Buckel, da ich aber bis dato nur Kurzstrecken und kaum Kilometer zurückgelegt hatte, war er in meinen Augen noch so gut wie brandneu. Meinen ipod hatte ich wieder angeschlossen und zur Entspannung für diese Fahrt hatte ich dieses Mal beschlossen mit dem Album „Deleted Scenes From The Cutting Room Floor“ von Caro Emerald zu beginnen. Die niederländische Sängerin hatte im April mit dem retro Titel „A night like this“ in Österreich die Nr. 1 Position einnehmen können und war so überraschend wie unerwartet zu einer der Popsensation des Jahres aufgestiegen. Zu den Klängen von „That man“ startete ich mein Unternehmen mein Leben in Österreich zu beenden und einen Neustart in Großbritannien zu wagen.


    Die Fahrt nach Österreich verlief um einiges reibungsloser als meine Fahrt nach Gloucester, die ich im Juni angetreten war, zumal ich einigen Baustellen schon im Vorfeld ausweichen konnte. Trotzdem gelang es mir nicht pünktlich in Österreich anzukommen, so dass das Umzugsunternehmen beinahe eine Stunde auf mich warten musste. Leicht gestresst begann so das Packen meiner Habseligkeiten. Da ich nun doch schon „etwas“ länger auf den Beinen war als mir lieb war, ging natürlich auch einiges in die Brüche, aber Scherben bringen bekanntlich Glück. Nach ca. fünf Stunden war dann alles im Umzugswagen verstaut. Die Schlüssel für den Lagercontainer bei Gloucester hatte ich dem Fahrer übergeben und als sich dieser auf den Weg nach Gloucester begab, war es an der Zeit endgültig mit meiner Heimat abzuschließen, da ich auf absehbare Zeit nicht mehr zurückzukehren gedachte.


    Mit meinem Vermieter war im Grunde bereits alles telefonisch abgeklärt worden, so dass ich diesem nur mehr die Schlüssel zur Wohnung aushändigen musste. Danach begab ich mich auf das Gemeindeamt und meldete meinen Hauptwohnsitz in Österreich ab. Beinahe ein Vierteljahrhundert hatte ich in derselben Stadt verbracht und auch wenn ich mich auf die neue Aufgabe freute, beschlichen mich sentimentale Gefühle, die sich noch verstärken sollten als ich mich von meinen Eltern und meinen Geschwistern verabschiedete. Nochmals versuchten sie mich zu überreden doch in Österreich zu bleiben, aber an meinem Entschluss gab es nichts mehr zu rütteln. Die letzte Nacht in Österreich verbrachte ich in meinem Kinderzimmer. Ausgeruht und mit Proviant von meiner Mutter eingedeckt ging es zurück nach Gloucester. Damit konnte das Abenteuer meines Lebens beginnen.

  • Vorbereitung konnte so zumindest in Ansätzen aus dem eigentlichen Training ausgelagert werden.


    "Und wenn ihr das zu Hause nicht artig lernt, dann schreibt sich der Weihnachtsmann das auf seine Liste der unartigen Jungs!" - Habe ich deinem Helden gerade Naivität unterstellt?


    Die sollte in Ansätzen noch kommen, als er hinzufügte „Vielleicht sollten sie über eine Kürzung ihres „Spielbuchs“ nachdenken. Ist doch sehr umfangreich geworden.“


    In der Kürze liegt die Würze! Es hat schon seinen Grund, dass es bei schriftlichen Ergüssen oft so etwas wie Obergrenzen gibt.


    Spieler des Gloucester City AFC ich möchte mit dem hawaiianischen Sprichwort „A'ohe pu'u ki'eki'e ke ho'a'o ia e pi'i“ beginnen, kam es mir nahezu flüssig über die Lippen.


    Hab es ausprobiert und es erschien mir tatsächlich gar nicht so schwer. Aber es war auch kein Muttersprachler im Raum, den ich mit meinem Versuch hätte quälen können.


    Dies ist die erste Klippe, die wir nun auf unserem gemeinsamen Weg nehmen müssen.


    Boah, ist das Meta! Na ja, nicht wirklich, aber irgendwie klingt das nach einer Mischung aus einer 90er-Jahre-Selbstmotivationskasette und Generalsprechstunde eines Philosophieseminars.


    Ich bin auf die Reaktionen der Spieler gespannt!


    Ich fühlte mich gerade in die Schulzeit zurückversetzt. Doppelstunde Latein kurz nach 15 Uhr. :hmmz:


    Zu meiner Erleichterung gab es nur „leichte“ Anlaufschwierigkeiten und nach einer kurzen Eingewöhnungsphase konnten die Spieler immer besser den Instruktionen folge leisten.


    Das sind ja auch ehr oder weniger Profis, das haben sie dem Trainer noch voraus.


    Irgendetwas sagt mir, dass auf der anderen Seite des Kanals wohl eine Überraschung auf uns warten wird.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!