Kapitel 1 - Wie alles begann...
Ich war auf der A7, Höhe Soltau Ost, da brachte NDR 2 das Lied. Ich kam zwar nicht aus Leverkusen, auch nicht aus Schalke, immerhin aber aus Köln. Hatte dort mein Vorstellungsgespräch und eigentlich war alles klar, doch da ich auch diesen Termin gemacht hatte wollte ich ihn auch warnehmen. Und nun dieses Lied. Vor ein paar Tagen war ich in Augsburg gewesen, auch dort suchten Sie einen wie mich, aber nein da war Köln besser. Und nun dieses Lied. Die A1 war voll, mal wieder ein LKW Unfall zwischen Bremen und Hamburg, darum war ich über Hannover unterwegs. Und nun dieses Lied. Eigentlich wollte ich nach dem was in den letzten Jahren passiert war auf keinen Fall, doch nun dieses Lied. Inzwischen fragt ihr euch vermutlich welches verdammte Lied? Dieses hier:
Das Lied ging zu Ende und der Radiosprecher hatte die Frechheit zu sagen, das haben wir extra für dich, Lance Lot, aufgelegt. Wir wollen dich willkommen heißen. Wir setzen unsere Hoffnung auf dich. Ich nahm es mit einem Schmunzeln zur Kenntnis, wirklich beeinflussen würde es mich in meiner Entscheidung nicht, sagte ich mir, aber im Unterbewusstsein tat es das dann wohl doch. Nicht nur das, die nächsten Kilometer hatte ich einen Ohrwurm. Irgendwie drang es also in mein Unberbewusstsein.
Die letzten zwei Jahre war man durch die Relegation gegangen, hatte sich mit viel Krampf in der Bundesliga gehalten. Dieser Krampf war es wohl der auch Bruno Labbadia am Ende den Job gekostet hatte. Und das war für mich eigentlich Warnung genug, Anspruch und Wirklichkeit klafften hier so weit auseinander wie sonst nirgends in der Bundesliga. Wieviele Trainer hatten die in den letzten Jahren verschlissen? 10? 12? Ich bekam sie gar nicht mehr alle auf die Reihe und nun bewarb ich mich dort. Ich hielt mich selbst für Wahnsinnig, doch ich tat es. Naja, ich sagte mir Köln ist die bessere Wahl, aber hör es dir an und nun war das erste was ich mir anhörte dieses Lied...
Präsident Meier empfing mich dann, nicht auf der Geschäftsstelle, nein wir hatten uns im Volksparkstadion verabredet, das ist einfacher, dann kann ich Ihnen das gleich mal zeigen meinte er nur. Was daran einfacher war blieb sein Geheimnis, schließlich war die Geschäftsstelle auf dem gleichen Gelände. Er redete von der goldenen Zukunft des HSV, von der jüngeren Vergangenheit wollte er weniger sprechen. Es war mir überlassen den Finger in die Wunde zu legen als ich mein Konzept vorstellte. Kurzum, ich hielt den Mann vom ersten Augenblick an für Wahnsinnig. Nein das war er natürlich nicht, aber er machte auf mich einen völlig weltfremden Eindruck. Schuld waren die anderen und nein, strukturelle Probleme oder gar finanzielle, nein die gab es natürlich nicht. Ich wusste es besser, jeder in Deutschland wusste es besser, jedenfalls jeder der keine HSV-Brille trug. Ihm schwebte vor das sein HSV schon bald, am liebsten natürlich schon in der kommenden Saison wieder in der oberen Tabellenhälfte platziert würde, dort gehörte er schließlich auch hin meinte Meier mit einem Ausdruck in der Stimme der überzeugend wirken sollte. Und in zwei Jahren, ja dann würde man wieder international spielen. Ich musste mir mit Mühe verkneifen den Zeigefinger gegen die Stirn zu tippen. Geld, ach Geld, ja hatten sie, ein Budget von 80,3 Million sollte jawohl ausreichend sein. Im Prinzip war es das, dem stimmte ich zu. Die Frage war eigentlich nur wieviele von den 80 Millionen waren für mich vorgesehen?
Die Frage war schnell beantwortet, 1,27 Millionen bot mir der Mann. Das war eine Menge, dazu noch eine Siegprämie in Höhe von 33.100,-. Das war allemal interessant, um ehrlich zu sein, da kam Köln lange nicht dran. Aber ich wusste natürlich auf was für einen Feuerstuhl ich mich da begeben würde. Und Meier machte auf mich genau den Eindruck das er keine Geduld haben würde. Ich sagte weder ja noch nein, ich sagte ich muss mir das überlegen Herr Meier, ich melde mich in sagen wir zwei Tagen? Das war ihm zu lang, morgen wollte er eine Antwort, morgen! O.k. dann morgen Herr Meier verabschiedete ich mich von ihm.
Ich setzte mich in mein Auto und fuhr wieder nach Hause, im Radio spielten sie Tage wie diese von den Hosen. Campino du weisst gar nicht wie Recht du hast dachte ich als ich es hörte. Meinte es aber anders als Campino, ganz anders. Ich hatte noch eine Verabredung zum Golf mit meinem Freund Klaus die ich unbedingt einhalten wollte, ich brauchte jemanden zum quatschen.
Klaus und ich hatten uns eine Woche lang nicht gesehen, ich erzählte ihm von Augsburg, von Köln und von Hamburg. Klaus hatte keine Ahnung vom Fussball, von daher war er mir keine Hilfe, er focussierte sich in seiner Meinungsfindung nur an einem, am Geld. Sonst war er ja ein guter, aber Fussball, nein davon wusste er nichts. Also machte ich mich nach einer Dusche wieder an den Rechner, verglich die Kader von Köln und von Hamburg, Augsburg war für mich schon jetzt raus. Die taten sich nicht viel, ja Hamburg war etwas besser, vor allem viel mir sofort auf das der Kader zu groß war. Zu groß für mich. Im Hintergrund lief der Fernseher, ich war so vertieft das ich es fast überhört hätte, doch dann bekam ich es doch mit. Dietmar Beiersdorfer hatte seinen Rücktritt erklärt brachten die Nachrichten. ??? Was ist das? fragte ich mich, davon hat der Meier nichts erwähnt. Prompt klingelte kurz darauf mein Handy, Meier war dran um mir genau das zu sagen was ich gerade im Fernsehen mitbekommen hatte. Bernhard Peters würde die Aufgabe kommissarisch übernehmen bis man einen Nachfolger gefunden hätte meinte Meier, wieder tat er so als wenn das überhaupt kein Problem sei. Auf meine Frage nach dem Warum, nannte er mir nur das es eine persönliche Entscheidung von Dietmar gewesen sei. Hmmm, was sollte ich dazu sagen, ich konnte nichts dazu sagen. Ich bedankte mich daher nur bei Meier für die Information, er erinnerte mich noch einmal daran das er morgen etwas von mir hören wollte. Die Wahrheit war also, denen läuft die Zeit weg und sie haben ein Riesenproblem sagte ich mir selbst als Erkenntnis aus dem Telefongespräch. Lance lass die Finger davon, das ist ein zu heißes Eisen für dich sagte ich zu mir selbst. Nachts hatte ich dann einen Traum, ich sah Lotto King Karl auf einem Kran im Stadion wie er sein Lied singt.
Am nächsten Morgen machte ich das Radio an und was kam als aller Erstes? Das hier:
Genau sagte ich, genau so geht es mir gerade. Ich brauchte eine Entscheidung und zwar möglichst jetzt. Es dauerte noch ein paar Stunden bis ich mich selbst aus dieser Zwittersituation befreite. Am Ende gewann das Herz. Das Herz? Nicht der Bauch? Naja, irgendwie beides. Schließlich sagte ich jedenfalls Köln ab und Hamburg zu. Jens Meier war begeistert diese Baustelle geschlossen zu haben und fragte nur wann ich anfangen könnte. Wie wäre es mit dem 28. fragte ich ihn, ja das ist gut war seine Antwort. Dann machen wir da eine Pressekonferenz und stellen sie vor, anschließend den Mitarbeitern, nein umgekehrt verbesserte er sich. Auch gut meinte ich, lerne ich die gleich mal kennen. Vorab versprach er mir ein paar Unterlagen per e-mail zu schicken.
Zeit ein paar Worte über mich selbst zu verlieren, viele werden es nicht werden, soviel ist schon jetzt klar. Ich bin inzwischen 43 Jahre alt, seit etwas über 15 Jahren mit der selben Frau verheiratet. Mit ihr habe ich drei Kinder, ein Mädel und zwei Jungs. Von Beruf bin ich wie wohl nicht anders zu erwarten Fußballlehrer. Nein, das ist nicht ganz korrekt, das ist der Beruf den ich zur Zeit ausübe, gelernt habe ich einmal Eventmanager, doch das ist länger her. Als Trainer bin ich eher bekannt in der Zweiten und Dritten Liga, in meiner Vita stehen u.a. Rostock und Bielefeld um nur zweie zu nennen. Dennoch kann ich das dort nicht so schlecht gemacht haben, sonst hätte mein Freund, Manager und Nachbar Rainer mir nicht gleich drei Angebote von Bundesligsten vorlegen können. Ich muss schon sagen, Rainer kann was, denn alle drei Angebote sind im Grunde doch Glücksfälle für mich. Gut er ist auch prima vernetzt, hat jede Menge Kontakte, die braucht er aber wohl auch in seinem Job. Wer braucht die aber nicht. Ich könnte ein paar mehr davon durchaus auch vertragen.