Alles Große ist ein Trotz

Goldener Oktober (2)

Leipzig und Dortmund heißen unsere nächsten Gegner, dazwischen liegt das Pokalspiel in Vellmar. Wenn wir das alles gewinnen, haben wir einen perfekten Oktober hinter uns. Wobei die nächste Hürde eigentlich wirklich kein Problem darstellen darf, denn die Rostbüchsen, wie Malte sie immer nennt, konnten in dieser Saison erst einmal gewinnen (allerdings bemerkenswerterweise auf Schalke). Doch weiß mein Sportdirektor auch zu berichten, dass wir diesen Gegner lange Zeit fürchten mussten, und er legt mir dazu sogar eine Statistik vor.

Naja, wer halt auf so was steht… Ich lasse heute wieder Elez ins Tor, weil er das in Tel Aviv ganz gut gemacht hat, und den erschöpften Torosidis draußen; der ist halt schon 35 und soll sich jetzt bloß nicht verletzen. An seiner Stelle kann sich Negrão weiter stärker auf der linken Seite einspielen und Rolff startet dafür wieder innen.

24. Oktober 2020

Ja, der Kicker bringt es auf den Punkt:

Irgendwann musste die VW-Bande ja mal einknicken! Uns gelingt zum zweiten Mal, was wir vorige Saison erst nach dem 17. Saisonspiel geschafft haben, nämlich den VfL Wolfsburg von der Tabellenspitze zu verdrängen. Jetzt wollen wir natürlich da oben bleiben!

Apropos Kicker: Malte schleppt mir die Liste der Neuzugangsbewertungen an, auf der sich auch unsere sieben Neu-Lübecker wiederfinden. Mich hat diese alljährliche Bewertung schon oft geärgert, und eine ernst zu nehmende Beurteilung ist das für mich nicht. Aber Malte steht halt drauf. Also schön:

„Nein, du bist kein Flop!“ Ich muss unseren empfindlichen Brasilianer tatsächlich mit Nachdruck beschwichtigen. „Im nächsten Spiel bist du dabei“, verspreche ich ihm, „und zwar von Beginn an!“ Das freut ihn dann sichtlich.

Gegen den Drittligisten nehme ich auch ein paar andere Umstellungen vor, um einigen Spielern etwas zusätzliche Spielpraxis zu verschaffen. Um ehrlich zu sein, nehme ich diesen Gegner nicht wirklich ernst. Nicht mit dem Potenzial, das wir hier aufzubieten haben.

28. Oktober 2020

Und die anderen Pokalergebnisse bin ich euch noch schuldig. Hier sind sie:

Die Bayern sind also raus. Da wird in München wohl mal wieder eine deftige Pressekonferenz angesagt gewesen sein – ich tu‘ mir sowas nicht an. Und jetzt wollt ihr sicher auch gleich wissen, welches Los uns für das Achtelfinale zugefallen ist. Tatsächlich wurden wir als Letzter aus der Trommel gezogen.

Die Mainzer haben ja, wie sich mancher vielleicht noch erinnert, 2019 den Pokal gewonnen. In der Bundesliga strampeln sie aktuell gegen den Abstieg. Da sollte also was für uns drin sein. Einen Tag vor Heiligabend finden die Begegnungen statt.

Aber jetzt kommen wir endlich zum letzten und schwersten Spiel des Monats. Okay, das schwerste ist es schon deswegen, weil es das nächste ist. Trainerweisheit, geschenkt. Aber ich habe tatsächlich Respekt vor den Dortmundern, auch wenn sie seit ihrer letzten Meisterschaft 2011 nie mehr über Platz vier hinausgekommen sind. Selbst in der Europa League sind sie nun schon seit drei Jahren nicht mehr dabei, und der elfte Platz vorige Saison war der absolute Tiefpunkt. Aber sie sind immer noch – oder wieder – stark, auf jeden Fall nicht zu unterschätzen. Ich beginne mit dem vermeintlich stärksten Aufgebot, das wir haben. Dazu gehört nun auch wieder Cissé im Tor, nur Negrão lasse ich zunächst auf der Bank für den Fall, dass ich Torosidis ersetzen muss oder will.

31. Oktober 2020

Unter den Kandidaten für die Wahl zum Fußballer des Monats ist diesmal kein Lübecker, dafür geht die Auszeichnung verdientermaßen an Daniel Dober (VfL Wolfsburg), der aktuell die Torschützenliste souverän mit 17 Treffern vor Alcacer (10) anführt.

Personalangelegenheiten und drei sehr unterschiedliche Spiele

In den nächsten zwei Wochen tut sich in personeller Hinsicht so dies und das. Malte meint, ich solle das hier unbedingt erwähnen, weil er zurzeit so gar nicht zum Schreiben seines Blogs kommt. Ich wünschte ja, er würde allmählich mal seine Schreibblockade überwinden, mir wird das hier nämlich langsam zu viel. Zumal sich anscheinend auch kein Schwein wirklich dafür interessiert. Aber gut, Personalangelegenheiten, dann mache ich das mal.

Es beginnt damit, dass unser Jugendcamp mal wieder ein talentiertes Eigengewächs hervorbringt. Markus Feulner heißt der Junge, 12 Jahre ist er alt, seine Stärken sind Stellungs- und Passspiel, aber er muss schon noch einiges lernen.

Wir stecken ihn direkt in die D-Jugend, die aktuell Zweiter in der dritten Spielklasse ist und sich zum Aufstieg anschickt.

Es folgen unsere Heimspiele gegen Tel Aviv und München 60, auf die ich gleich noch zurückkomme. Ich soll ja erst mal die Personalnachrichten abarbeiten. Dazu gehört, dass sich mein Zwillingsbruder Benno Pentz einen Muskelfaserriss zuzieht und für – immerhin nur – 12 Tage der Reserve fehlen wird. Mir geht es zum Glück gut. Man sagt ja, eineiige Zwillinge hätten immer die gleichen Krankheiten zur gleichen Zeit, aber für Benno und mich hat das noch nie gegolten. Soweit ich weiß.

Am selben Tag geschieht etwas, das man nur sehr bedingt unter „Personalnachrichten“ verbuchen kann.

Ich hätte es wissen müssen! Maltes Sabrina und meine Manuela sind ja seit Monaten unzertrennlich, und nachdem ich weiß, wie wenig Malte von Pferden hält, hat da wohl mal wieder meine Liebste ihr Portemonnaie aufgehalten. Respektive meins. Naja, das Pferd steht nun in Stockelsdorf wie schon Sabrinas vor sieben Jahren, als die zwei noch verheiratet waren. Muss ich das alles verstehen? Ich finde, nein, muss ich nicht.

Interessanter ist da schon die Nachricht, dass Malte und unser Scout gemeinsam mal wieder ein spanisches Talent auftun konnten. Das hat ja schon mit dem guten alten Arne Rolff bestens geklappt, allem voran mit Albornos (TW), aber auch mit Sprösslingen aus anderen Ländern. Ich sage nur: Foma Radev. Diesmal ist es ein 16-jähriger Rechtsverteidiger von Barça, jetzt schon angeblich ein Flankengott.

Er hat in seinem zarten Alter bereits eine Grundstärke von 64. Alex Fröhlich macht gleich mal Joe Everswald (RV) zu seinem Mentor.

Aber beim Thema Außenverteidiger denkt ihr vermutlich wie ich gleich noch wieder an ein anderes Problem. Rasmussen und Torosidis, nicht wahr? Das LV-Dilemma. Doch auch da ist Malte weiter dran geblieben, und in diesen Tagen findet sich ebenfalls eine Lösung, mit der ich sehr zufrieden bin. Am 11.11., quasi als Faschingsrakete, geht das Angebot raus und zwei Tage später ist das Ding schon in Sack und Tüten.

Der Nationalspieler ist 27 und damit, wie ich hoffe, noch entwicklungsfähig. Jedenfalls stelle ich mir vor, dass er ab dem 1. Januar 2021, wenn er zum VfB Lübeck stößt, als Ersatzmann für sämtliche Verteidigerpositionen einsetzbar sein wird und sich dann in eine Stammrolle hineinarbeitet.

So, jetzt aber endlich wieder zurück zu dem Runden und dem Eckigen. Mit einem Sieg im Rückspiel gegen Hapoel Tel Aviv können wir das Weiterkommen in der Europa League schon klar machen, weshalb ich mit der vermeintlich besten mir zur Verfügung stehenden Elf beginne. Die Erwartungen sind hoch und ich will mir nicht nachsagen lassen, ich hätte diese Aufgabe zu leicht genommen. Vor dem Spiel sage ich deshalb auch zu der Mannschaft: Unterschätzt die nicht!

5. November 2020

Damit stehen wir nun also tatsächlich schon als Gruppensieger fest. Ich nehme mir vor, in den beiden verbleibenden Spielen verstärkt die Bankdrücker zu Einsätzen kommen zu lassen.

Nur zwei Tage später geht es gleich weiter, aber wenigstens brauchen wir nicht zu reisen. Wir empfangen den TSV 1860 München, der sich in dieser Saison auf dem Weg in die Zweitklassigkeit zu befinden scheint. Bei dem 0:2 vor einer Woche gegen die Bayern sahen sie allerdings nicht allzu schlecht aus, so dass es auch diesmal keinen Grund gibt, übermütig an das Spiel heranzugehen. Deswegen beginnen wir mit der gleichen Startelf wie gegen Tel Aviv, nur mit Cissé im Tor.

7. November 2020

Schalkes überraschende Heimniederlage gegen Mainz führt dazu, dass das Trio an der Spitze sich nun schon deutlich abgesetzt hat. Wolfsburg tut sich beim 1:0 in Jena schwer, aber wie die Bayern geben auch sie sich keine Blöße. Na gut, in drei Wochen kommen sie an die Lohmühle, da sehen wir dann weiter.

Jetzt ist aber erst mal wieder Länderspielpause. Wie immer nutze ich die für ein Testspiel, wobei „Test“ vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck ist. Es soll mehr ein lockeres Spielchen mit Spaßfaktor werden und mit der Gelegenheit für die Reservisten, sich zu präsentieren. Zu Gast ist der 15. der Regionalliga Nord, der FC Anker Wismar. Die Hanse lässt grüßen. Und weil wir mal wieder etliche Spieler für ihre Nationalteams freistellen müssen, hole ich erneut zwei Drittligaspieler ins Team: Albornos (TW) und Luca Moretti (LV). Letzterer darf sogar von Beginn an ran, weil Torosidis in Griechenland weilt, und wie schon gegen Brøndby bis zum Schluss durchspielen.

14.November 2020

So viel dazu. Ich muss jetzt zurück zu meiner Mannschaft. Überhaupt, sagt mal: findet ihr nicht auch, dass Malte so langsam mal wieder hier die Schreiberei übernehmen könnte?

Die Tabellenführung verteidigen!

Sämtliche Nationalspieler kehren glücklicherweise unbeschädigt zur Mannschaft zurück. Elez (Kroatien), Torosidis (Griechenland), Matthews (Wales), Hakanpää (Finnland) und Alcacer (Spanien) boten insgesamt gute Leistungen, Matthews erzielte gegen Serbien sogar eins von fünf Toren und Alcacer war gegen Weißrussland und Malta insgesamt dreimal erfolgreich.

Auf unsere nächste Aufgabe in Stuttgart müssen wir dann ein wenig länger warten als vermutet, denn wegen Nebels wird das Spiel auf den folgenden Dienstag verschoben. Was uns in die interessante Lage versetzt, am Samstag zu beobachten, wie sich unsere Konkurrenten schlagen. Oder auch schlagen lassen. Denn die beiden unmittelbaren Verfolger, Wolfsburg und Bayern, treffen direkt aufeinander. Da hätte ich mir ein Unentschieden gewünscht, aber den Gefallen tun sie uns leider nicht. Stattdessen gewinnen wie gewohnt die Münchner, und zwar mit 3:1, was ihnen vorübergehend Platz eins in der Tabelle einbringt. Jedenfalls hoffen wir doch sehr, dass das vorübergeht!

Natürlich wollen wir uns den Spitzenplatz umgehend zurückzuerobern. Gegen den VfB Stuttgart haben wir vor zweieinhalb Jahren mal zu Hause 0:0 gespielt, ansonsten gab es gegen die immer Lübecker Siege. Bei denen sie uns aber im Schnitt jeweils knapp zwei Tore einschenkten. Die Abwehr ist also gewarnt.

24. November 2020

Am selben Tag ergibt sich übrigens eine Personalie, die ich mit etwas gemischten Gefühlen zur Kenntnis nehme: Unsere beiden Dauerbänkler Rildo (RA) und Jahn (LA) werden ab dem 1. Januar 2021 verliehen, und zwar beide zu Hertha BSC. Die Berliner übernehmen das komplette Gehalt und zahlen zusammen knapp eine Million Leihgebühr. Gut ist daran, dass sie Spielpraxis bekommen können, und das auch noch gemeinsam beim selben Club, zudem nehmen wir das Geld und die Gehaltseinsparung auch gern mit. Andererseits halte ich Malte die Frage vor, wen ich denn bitteschön noch auf die Bank setzen soll, falls jetzt ein weiterer Spieler ausfällt. Er aber ist um eine Antwort nicht verlegen: „Moretti, Maiello, Grasser – möchtest du noch ein paar Namen aus der zweiten Mannschaft hören?“ Ich brumme nur. „Oder war da nicht sogar einer, der dir irgendwie ähnlich ist…?“ „Ach, halt die Klappe!“, sage ich.

Noch weniger behagt mir, dass jetzt einige Vereine Interesse an Adam Matthews (RV) äußern. Zum Glück will der Waliser gern in Lübeck bleiben, aber man weiß ja nie, ob sich das nicht noch ändert. Ich nehme mir deshalb vor, ihn häufiger von Beginn an einzusetzen. Allerdings noch nicht im nächsten Spiel.

Am Samstag finden 27.124 Zuschauer den Weg ins Lohmühle-Stadion, damit sind wir zu 96 Prozent ausverkauft. Das entspricht den Zahlen gegen Dortmund und die Bayern. Jetzt müssen wir nur noch siegen. Vorige Saison ist uns das gegen die Wölfe nicht gelungen, da hieß es auswärts 1:3 und vor heimischem Publikum 1:1. Lediglich in der Spielzeit davor konnten wir sie zweimal schlagen (2:1 und 2:0). Zeit also für eine Aufbesserung der Bilanz!

28. November 2020

Die Krönung des Spieltages ist natürlich, dass die Bayern daheim gegen die Abstiegskandidaten aus Mainz nicht über ein torloses Remis hinauskommen. Insofern tut uns die Niederlage nicht wirklich weh. Andererseits bleiben die Verfolger Hamburg, Schalke und Leverkusen siegreich, so dass man da oben wieder ein wenig mehr zusammenrückt.

In dieser Phase kommt mir das nächste Spiel gerade recht: In Odense auf der Insel Fünen (Fyn) erwarten uns zwar sehr entschlossene Dänen, die ihre Chancen aufs Weiterkommen in der Europa League wahren wollen, aber da wir den Gruppensieg bereits in der Tasche haben, sehe ich die Begegnung in erster Linie als Chance für die Spieler, sich zu motivieren und gegebenenfalls für die Stammelf zu empfehlen. Und ein paar andere dürfen sich im Hinblick auf das schon zwei Tage später stattfindende Ligaspiel regenerieren.

3. Dezember 2020

Das zweite Spiel in Folge ohne Sieg und ohne Tor. Nach einem Dutzend Siegen hintereinander sollte das Anlass zum Nachdenken geben. Mir fällt auch auf, dass erneut der gegnerische Rechtsverteidiger bester Mann ist – fehlt es unserer linken Angriffsseite an Durchschlagskraft? Da hat beide Male Deulofeu durchgespielt.

Nur am Rande: Schalke und Hoffenheim sind in ihren EL-Gruppen auch bereits durch. Ich würde gern vermeiden, dass wir auf einen von ihnen treffen.

Keine 48 Stunden später haben wir schon wieder Bundesligarasen unter den Füßen, diesmal in Mönchengladbach. Die sind zurzeit zwar nur Elfter und seit Jahren nicht gerade einer der Großen im Land, aber irgendwie habe ich trotzdem immer Respekt vor ihnen. Malte hat ja noch erlebt, wie sie in den Siebzigern fünfmal Deutscher Meister wurden. Ich verbinde mit ihnen mehr die sechs bisherigen Aufeinandertreffen, die dreimal unentschieden und dreimal mit Siegen für uns ausgingen. Richtig Spaß gemacht hat natürlich das unvergessene 5:0 vor einem halben Jahr. Wer würde nicht gern heute dergleichen wiederholen! Im Tor kommt wieder Elez zum Zug, Matthews darf auch gleich von Beginn an auflaufen und Deulofeu steht für mich bis auf weiteres nicht zur Debatte. Auf der anderen Seite gibt es übrigens ein Wiedersehen mit Andrea Foggia (ZM).

5. Dezember 2020

In München wackelt nicht etwa der Trainerstuhl, er steht lichterloh in Flammen! Präsident Hekuran Scholl – angeblich ein Sohn von Mehmet, viel wahrscheinlicher aber ein entfernterer Cousin – hält eine öffentliche Wutrede, in der er Presse, Fans und Verband die Schuld gibt und sich demonstrativ vor den Trainer stellt. Von dem wiederum, Dennis Noll, hört man überhaupt nichts. Naja, ich nehme mal stark an, Malte hat sich bereits mit seinem Spezi Max Stehle kurzgeschlossen, der jetzt endlich ernsthaft auf ein Ende des Bayern-Meister-Abonnements hoffen darf.

Aber wer weiß, vielleicht wird ja nun Marcel Doppler, der siegreiche Frankfurter Trainer, Nolls Nachfolger. Sowas soll’s ja geben…

Halbzeitmeisterschaft

Oh je, Malte war mal wieder busy! „Ich schicke dir hier mal ein paar Scoutergebnisse“, schreibt er. Wenigstens kommt er damit nicht persönlich zu mir angelatscht. „In Berlin habe ich ja immerhin zwei Scouts. Wäre da nicht was für unsere Reserve dabei?“

Aber warum fragt er mich das? Ist doch klar, dass das in seinem und Martin Wiss‘ Interesse liegt. „Ja“, antworte ich wohlwollend, „dieser Marquet scheint ja jung und talentiert und nicht zu teuer zu sein.“ Tatsächlich ist der für eine feste Ablöse von 650 Teuronen zu haben, ein Spielmachertyp mit Bestwerten in Technik, Passspiel und Ballkontrolle. Und einen vielversprechenden Linksaußen kann nicht nur unsere zweite Mannschaft gebrauchen, ich muss auch bei den Profis perspektivisch denken.

Außerdem muss man Malte eins lassen: Was er anpackt, macht er gründlich. So hat er die Lübecker Drittligamannschaft mittlerweile auf die Erfolgsspur zurückgebracht, von den letzten zehn Spielen ging nur eins verloren, 23:10 Tore sprangen dabei heraus und in der Tabelle ein Aufstieg bis zu Platz vier. Mit dieser Bilanz hat er diese Aufgabe nun wieder an Martin zurückübertragen.

„Bei der Gelegenheit: Wie sieht es denn dieses Jahr mit Weihnachtsfeier und Hallenturnier aus?“, will er dann noch wissen. „Ja, okay“, schreibe ich zurück, „kümmer dich drum!“ Das macht er dann auch.

Überhaupt ist er zurzeit sehr rührig. Nach dem 16-jährigen Tejera (RV) gelingt es ihm, einen weiteren Jugendspieler von Barça loszueisen, nämlich den ebenso alten Ricardo Torres Guardeño (IV).

Internationale Neuigkeiten sind dieser Tage auch zu vernehmen: Die WM 2026 wurde an Peru vergeben – was nicht nur bei mir einige Fragezeichen aufwirft – und zwei Spieler des frischgebackenen Europameisters liegen bei der Wahl des Weltfußballers am Ende ganz vorn (obwohl sie mit ihrem Verein im Vergleich zu uns gerade nicht so brillant dastehen).

Bei unserem nächsten Ligaspiel kann ich Alexander Esswein (ST) immerhin erst mal wieder auf die Bank setzen, während dafür jetzt Adam Matthews (RV) mit einer Sehnenreizung eine Woche ausfällt. Ich schaue kurz: ja, Torosidis kann notfalls auch auf seiner Position einspringen, aber erste Wahl ist natürlich Schmelzer. Zwischen die Pfosten darf heute wieder Cissé, denn ich habe das Gefühl, dass die Rotation den beiden Torhütern guttut und dem Spiel der Hintermannschaft nicht schadet. Gegner an der Lohmühle ist der SAP-Club aus Sinsheim, gegen den wir bisher eine Bilanz von vier Siegen, zwei Unentschieden und zwei Niederlagen haben. Zuletzt konnten sie hier in Lübeck 3:1 gewinnen. Was folgern wir daraus? Richtig, dass das heute anders wird!

12. Dezember 2020

Sogar der HSV blamiert die Bayern, und das vor deren eigenem Publikum. In der Mitarbeiterrunde gebe ich schon mal eine Wette darauf ab, dass sie dieses Jahr nicht Meister werden, aber niemand will dagegen halten. Ganz anders Wolfsburg: Die beeindrucken mit dem 5:0 bei 1860, und auch den Dortmundern würde ich nach ihrem 4:0 gegen Gladbach zutrauen, dass sie noch oben mit spielen können, wären sie nicht so schwankend in ihren Leistungen.

In der nächsten Woche haben wir mal wieder zwei Spiele binnen 48 Stunden. Wer hat eigentlich was gegen Sonntags- oder Montagsspiele? Ich nicht, wenn sie vernünftig angesetzt sind. Aber gut, die Europa League ist bekanntlich eh was für Loser, und sei es nur, weil man mit diesem Problem leben muss.

Für dieses Mal können wir das allerdings leicht nehmen, denn im letzten Gruppenspiel geht es für uns um überhaupt nichts mehr. Trotzdem wollen wir unsere Fans natürlich gern noch einmal gut unterhalten. Zu Gast ist der ukrainische Meister, dem ein Unentschieden genügt, um in die nächste Runde einzuziehen. Ich nutze die Gelegenheit, ein paar Stammkräfte zu schonen.

17. Dezember 2020

Die Dänen können ihre Chance nicht nutzen und werden sogar noch Letzter. Ich hole mir von Teamarzt Thomas Ehrentraut die Hiobsbotschaft ab, dass Trindade für 14 Wochen ausfallen wird. Damit hat nun übermorgen der gesamte Kader auf Rasen und Bank Platz. Soll ich auf Malte hören und einen Spieler aus der Reserve dazuholen? Na, warten wir’s erst mal ab.

Die beiden anderen deutschen Teilnehmer erreichen ebenfalls die nächste Runde: Hoffenheim wird Gruppensieger vor Tottenham, Schalke läuft hinter HJK Helsinki als Zweiter ein. Und so werden anschließend die Begegnungen der letzten 32 ausgelost:

Mit Lazio haben wir, finde ich, einen relativ schweren Brocken erwischt. Allerdings hatten die eine ziemlich leichte Gruppe, in der sie hinter Twente Enschede und vor Sparta Prag und Plovdiv nur Zweiter wurden. In der Serie A liegen sie auf einem schwachen achten Platz. Und da ich sowieso der Überzeugung bin, dass wir in dieser Saison praktisch alles erreichen können, schreckt mich das Los nicht.

Okay, Matthews meldet sich wieder fit, damit sehen wir am Samstag in Frankfurt wenigstens nicht allzu schmal aus. Gegen den Tabellenzwölften haben wir die Chance, uns den inoffiziellen Titel des Herbstmeisters zu sichern, was wir natürlich fest vorhaben. Esswein lasse ich trotz seiner großartigen Leistung vom Donnerstag erst einmal auf der Bank, ebenso Schmelzer und Elez. Unsere Bilanz gegen die Eintracht: ein Remis (1:1) und ein Sieg (2:0) in der vorletzten Saison.

19. Dezember 2020

Unser Vorsprung vergrößert sich sogar noch durch das 0:0 von Wolfsburg gegen den VfB Stuttgart. Aber ich habe ja immer gesagt, dass wir am Ende nur einen Gegner zu fürchten haben werden, und der hat nach drei sieglosen Spielen heute wieder gewonnen, nämlich 2:0 in Bremen. Bemerkenswert ist ansonsten noch das 3:0 von Schalke beim HSV, und auch Leverkusen (1:1 gegen Hannover) scheint diese Saison den Erwartungen nicht gerecht werden zu können.

Und jetzt zeige ich euch noch eine Übersicht, mit der ich Malte – zu meinem großen Vergnügen – auf die Palme treiben kann: die Kicker-Statistik der Herbstmeister.

„Ja, echt mal, Emmo“, schnauzt er, während ich nur am Grinsen bin, „die Bayern, ja? Okay, jetzt sind sie schon zum vierten Mal nicht im Winter Erster, aber am Ende – du siehst doch, was zuverlässig dabei rauskommt!“

Auch die anderen lachen mittlerweile, wenn das Thema darauf kommt. Aber ich bleibe optimistisch. Was meint ihr denn: Schaffen es die Münchner wieder, sich letztlich die Schale zu holen?

(Jahres)Ende

Stille Nacht? Von wegen! Sowohl der 1. FC Union als auch der VfB Lübeck lassen es zur Weihnachtsfeier ordentlich krachen. Bei den Spielern kommt das hier wie dort sehr gut an (nur die Frische leidet etwas). Ja, richtig, daraus lässt sich schließen: Malte war zu diesem Anlass in Berlin, und übrigens nicht nur zu diesem. In letzter Zeit ist er überhaupt wieder öfter in der Hauptstadt. Das hat irgendwie mit seinem Prozess zu tun, naja, ich verstehe das alles nur bedingt und er selbst schreibt ja nicht darüber.

Ihm überlasse ich es auch, die Teilnehmer für unser diesjähriges Hallenturnier auszusuchen. Hatte ich schon erwähnt, dass wir wieder eins machen? Malte ist ein großer Freund von diesen Veranstaltungen und hat für Union bereits eine noch in diesem Jahr organisiert. Er wollte, dass der VfB daran teilnimmt, aber ich hab‘ ihm gesagt: „Nee, Malte, lass mal. Aber wenn du unbedingt willst, dann könnt ihr ja nach Lübeck kommen.“

Und so ergibt es sich, dass dann für Anfang 2021 auch in der Lübecker Hansehalle ein solches Turnier angesetzt ist. Die Fans lieben das, und nur äußerst selten kommt es dabei zu nennenswerten Verletzungen. Also sage ich zu Malte: „In Gottes Namen.“ Und als er fragt, wen er einladen soll, sage ich: „Ach, weißt du, nimm einfach die Nächstbesten aus dem Alphabet, nur möglichst aus unterschiedlichen Ligen.“ Und dann hat er das auch (fast) in diesem Sinne hinbekommen.

Ein letztes Pflichtspiel steht im alten Jahr noch an, und zwar im DFB-Pokal. Wir reisen nach Mainz, es ist kalt und alle wollen eigentlich nur zu ihren Familien und dem Tannenbaum. Oder so ähnlich. Aber mir ist es diese Saison wichtig, keine Titelchance früher als unbedingt unvermeidbar aus der Hand zu geben. Und ein Pokalspiel gegen den FSV Mainz 05 muss man da für mein Empfinden unbedingt gewinnen. Ärgerlicherweise meldet sich am selben Morgen Meywald (IV) wegen einer Prellung ab. Das sollte aber eigentlich kein entscheidendes Hindernis sein.

23. Dezember 2020

Echte Überraschungen bleiben heute aus. Okay, Schalke ist raus, Bremen auch, damit sind von den ersten Zwölf der Bundesligatabelle nur noch Leverkusen (5.) und Hamburg (6.) dabei. Mir wäre natürlich ein Heimspiel gegen einen der fünf anderen am liebsten. Aber wenn man sich schon mal was wünscht…

An einem der nächsten Tage erscheint ein Journalist in meinem Büro. Nein, nicht Rob Referee, irgendeiner vom Kicker, dessen Namen ich mir nicht gemerkt habe. Uwe Müller, unser Pressesprecher, hat den Termin wohl vereinbart, weil er meinte, er müsse mir etwas Gutes tun. Naja, ich schlage mich ganz ordentlich, und am nächsten Tag finden alle die, die auch in der Winterpause die Sportpresse lesen, einen recht positiven Artikel über mich in dem Online-Blatt.

Am 28. Dezember werde ich 25 Jahre alt. Ich bin etwas schlecht gelaunt, weil ich finde, 25 Jahre sind irgendwie schon ein fortgeschrittenes Fußballer-Alter, vor allem dann, wenn man noch nicht ein einziges Mal vom Bundestrainer kontaktiert wurde. Der setzt zurzeit sowieso fast ausschließlich auf ältere Semester. Sollte mich nicht wundern, wenn er damit mal ganz plötzlich sein Waterloo erlebt.

Aber zu meiner Freude hat Malte was vorbereitet. Wir spielen nämlich gleich schon mal wieder gegen unsere A-Jugend. Ich brauche ja nicht zu erwähnen, wie sehr mir diese Begegnungen ans Herz gewachsen sind, weil ich nie vergessen werde, wie ich selbst bei den Knirpsen gespielt habe. Erwähnte ich schon das 4:4 damals … ja, erwähnte ich wohl schon.

28. Dezember 2020

Als wir anschließend bei ein paar Flaschen Schampus in großer Runde zusammensitzen, lasse ich mir von Malte mal eine Übersichtsliste der Jungs bringen. Tatsächlich sind da, wie mir scheint, nur vier oder fünf Spieler dabei, die für unsere zweite Mannschaft in Betracht kommen könnten.

Malte ist mal wieder anderer Meinung. „Ein paar von denen, die noch ein weiteres Jahr in der Jugend spielen dürfen, können sich durchaus noch entwickeln“, sagt er. Alexander Fröhlich schließt sich dem an. Okay, mir soll es recht sein, wenn die Jungs hart trainieren in der Hoffnung auf einen Vertrag, aber ich lege mich fest: Von diesen 22 wird nie auch nur einer in der Bundesligamannschaft auflaufen. Da haben wir in der B-Jugend bereits vergleichsweise vielversprechendere Talente dabei.

Wie üblich veröffentlicht der Kicker dieser Tage auch wieder seine Liste der vermeintlich besten Spieler im Land. Mich amüsiert, dass von uns da genau elf Spieler genannt werden; wir stellen damit also eine komplette Mannschaft.

Weniger gefällt mir dagegen, wer alles nicht dabei ist. Elez (TW) beispielsweise steht in meinen Augen Cissé in nichts nach und Trindade ist vermutlich wieder beleidigt, wenn er das sieht. Mich persönlich ärgert aber vor allem, dass der Weltklassespieler Emmo Winter noch immer nicht für die deutsche Nationalelf berücksichtigt wurde. Und damit steht auch schon mein Ziel für 2021 fest: Ich will das Trikot mit dem Adler!

„Nu halt mal die Luft an“, sagt Malte dazu. Er ist der Meinung, dass der Bundestrainer mich vor allem deswegen nicht einlädt, weil ich zugleich den Doppeljob als Trainer und Manager innehabe. „Oder kennst du einen Nationalspieler, der jemals so eine Dreifachbelastung gehabt hätte?“

„Ach weißt du was“, schnauze ich ihn an, „dann mach‘ doch den Käse hier alleine!“ Und damit kehre ich ihm den Rücken und stapfe davon.

„Wie meinst du das?“, höre ich ihn mir noch hinterherrufen. Aber ich bin sicher, er wird schon begreifen, wie ich das meine.