Teil 8: Monatsvergleich
„Also ehrlich, ich verstehe das nicht.“ Carlo blickte ratlos auf die vor ihm liegenden Unterlagen.
„Nee, wirklich nicht?“ Benno wurde richtig laut. „Mann, Mann, Mann, ich kann gar nicht so viel Scheiße schreien, wie ich mich scheiße fühle!“
„Was ist da los, Carlo?“
Alle vier hatten sie nach dem Monatswechsel gleich mal in ihr Konto geschaut, aber da sah es überraschend mau aus.
„Von wegen 4.000 Euro!“, klagte Benno. „Mein Privatvermögen im Jahr 2011 liegt bei minus 166 Euro! Minus, ey! Und das Konto in der Jetztzeit existiert natürlich noch überhaupt nicht.“
„Bei mir sind es sogar minus 378 Euro“, beschwerte Arno sich. „Das ist zwar immer noch besser als mein Schuldenberg hier, aber ein bisschen mehr hatte ich mir doch versprochen!“
„Tja, das wird die Miete für eure Wohnungen sein. Meine kostet anscheinend nur 162 Euro, aber das habe ich mir natürlich auch anders vorgestellt.“
Frustriert mischte Arno die Karten.
„Also, wenn das nix bringt, können wir es auch wieder lassen“, sagte er.
Carlo hob ab.
„Ich kümmer‘ mich drum. Aber ich bin ganz sicher, dass das Geld irgendwann kommt.“
„Ich höre!“ Benno interessierte sich jetzt nur noch für sein Skatblatt.
Nach einer Weile überwog dann aber doch die Neugier.
„Spaß, macht es ja“, räumte Arno ein, „das muss ich zugeben. Wie ist es denn bei euch so gelaufen?“
Und nachdem alle ihre Erlebnisse in groben Zügen wiedergegeben hatten, erstellte Arno die erste Monats-Vergleichsstatistik.
Gegenüber dem Beginn hatten Benno und Carlo ihre Mannschaftsstärke doch schon ganz beträchtlich verbessern können, während Arnos Team auf Platz 2 abgerutscht war. Im Übrigen waren die Unterschiede nicht groß.
„Du solltest weniger Golf spielen und dich dafür mehr um deine Fans kümmern“, sagte Benno, an Arno gewandt.
„Also ehrlich, habt ihr für die Fans irgendwas gemacht?“ Die anderen schüttelten die Köpfe. „Und Golf ist halt bei mir die einzige mögliche Abwechslung. Ihr habt ja noch Segeln und Laufen und Klettern, aber das gibt es bei mir nicht.“
„Also, ich finde, das ist ganz gleich. Du hast jedenfalls im Juli insgesamt am schlechtesten abgeschnitten.“
„Stimmt“, bestätigte Carlo, „und deshalb musst du diesmal auch die fünf Euro in die Kasse zahlen.“
Der offizielle „Managervergleich“ bestätigte das allerdings nicht.
(von links: Arno/FM07, Benno/FM12 und Carlo/FM18)
„Jaah“, sagte Benno gedehnt, „da ist ja auch nur die Hälfte berücksichtigt!“
„Also, ich finde“, murmelte Arno, „dass Benno auch was zahlen muss.“
Und darauf einigten sie sich dann auch: Jeder der beiden zahlte einen Fünfer. Aber dann verlor mal wieder Carlo beim Skatspiel am meisten, so dass die Sache ausgeglichen war und sie sich letztlich wieder ganz vergnügt verabschiedeten.
„Okay“, erklärte Carlo schließlich, „jetzt bleibt noch zu klären, wer als Nächster den Sprung macht.“
„Och, macht ihr mal erst!“, sagte Arno.
„Okay, ich mach’s“, erklärte Benno sich bereit.
Und so war es am darauffolgenden Freitag an ihm, von seinen Erlebnissen aus der Vergangenheit zu berichten.
„Also, die drei bisherigen Mitarbeiter reichen mir nicht“, begann er, als sie wieder im „Schützen“ zusammensaßen. „Um ein bisschen was für die Fans zu tun, habe ich mich um einen Fanbeauftragten bemüht. Und wie Carlo wollte ich einen Scout haben. Das hat dann auch geklappt. Und weil es so schön war, läuft aktuell auch noch ein Angebot für einen Jugendtrainer.“
„Jugendtrainer ist keine schlechte Idee“, räumte Carlo ein. „Wir haben ja beide schon einem Jungen einen Vertrag gegeben. Nur bei Arno ist in der Hinsicht nicht viel los.
Arno brummte nur.
„Was allerdings ein totaler Fehlschlag war“, fuhr Benno fort, „war der sogenannte Probetrainingstag.“
„So was mache ich nie.“
„Das gibt es bei mir gar nicht.“
„Ich denke, ich mache das auch nie wieder. Aber ich wollte halt gern einen halbwegs brauchbaren Linksaußen finden. Und da gab es dann auch einen: Dominik Lehmann, 20 Jahre, angeblich mit einer Stärke von 30. Also im Vergleich etwas über dem Durchschnitt.“
„Und wieviel hatte er dann?“
„Pah! 16!“
Carlo und Arno amüsierten sich und zogen Benno auf. Selbst Erfolg zu haben war halt nur das halbe Vergnügen, man musste sich auch darüber freuen dürfen, wenn die anderen mal Pech hatten.
„Aber dann kamen die weiteren Testspiele, und mit denen bin ich ganz zufrieden.“
Vor allem zu dem Kantersieg gegen den Freiburger FC wurde Benno beglückwünscht. Zwar galt die lokale sportliche Feindschaft vor allem dem Bundesligisten SC Freiburg, aber jeden anderen Freiburger Club schlug man natürlich ebenso gerne.
„Und weitere Spieler hast du nicht geholt?“
„Ich wollte, aber der Transfermarkt gab nichts Vernünftiges her und sonst will keiner nach Hornberg kommen. An einem Christian Willibald (FSV Schramberg, ST, 20 Jahre, 0 Euro) war ich dran, aber letztlich hat der dann doch abgesagt.“
Als Nächstes stand nun also für Benno der Ligastart an. Doch zuvor reisten die beiden anderen jeweils in ihre Zeit. Diesmal war die Reihe an Carlo, der eine Woche später über seinen Abschluss der Saisonvorbereitung berichtete.
„Also, ihr glaubt ja nicht, was ich erlebt habe!“, begann Carlo, während er sich zu den anderen setzte und die mitgebrachten Skatkarten auf den Tisch warf.
„Da bin ich ja gespannt!“
„Wieso wirst du denn so rot?“
„Ja, wirklich – ‘ne knallrote Kartoffel hat er!“
„Birne, meinst du.“
„Naja, ich glaube, ich erzähle mal der Reihe nach.“
Carlo hatte im August noch einmal ein Trainingslager gebucht, und zwar für 14 Tage auf Texel.
„Was’n das?“ Benno glänzte mal wieder durch Unwissenheit.
„Das ist die größte und westlichste der Westfriesischen Inseln“, erklärte ihm Carlo. „In den Niederlanden. Das Blöde war nur, dass offenbar nicht nur du das nicht kennst, sondern auch sonst kein Schwein. Jedenfalls fanden wir in den zwei Wochen nicht einen einzigen Testspielgegner.“
„Tja, dumm gelaufen“, kicherte Benno.
„Mag sein. Aber dafür war ich sehr erfolgreich mit meiner Personalpolitik.“
„Hört, hört: Personalpolitik!“
„Ja, läster‘ du nur. Dafür habe ich jetzt vier weitere Mitarbeiter: Torwarttrainer, Marketingmanager, Jugendtrainer und Masseur.“
„Na, den Masseur würde ich mir ja gern mal ansehen. Wetten, dass der nix kann?“ Benno bildete sich ziemlich viel ein auf sein Können als Physio.
„Naja, sonderlich große Fähigkeiten haben die natürlich alle nicht“, gab Carlo zu, „aber dafür muss ich das alles nicht selber machen, und einen Ehrenamtlichen wie ihr habe ich halt nicht.“
Doch auch um eine Verstärkung der Mannschaft hatte er sich bemüht.
„Thorsten Kinzel (ZM, 27 Jahre, Stärke 29, ablösefrei vom SV Schramberg) kam allerdings mit einer noch vier Tage dauernden Verletzung an und Richard Kühnert (Allround-Verteidiger, 27, 34, für 0 Euro von SG Hausach) verletzte sich in seinem ersten Spiel schon gleich mal für zwei Wochen. Dritter im Bunde ist Christian Harouz (ST, 25, 31, 0 Euro von Germania Wolfach). Leider konnte ich die nun alle nicht so gut testen, aber zwei Freundschaftsspiele haben wir dann immerhin noch gemacht.“
„Na, doll ist das ja nicht gerade!“
„Nun ja, immerhin sind beides Bezirksligisten. Biederbach war geringfügig stärker als wir, Fischerbach etwas schwächer. In beiden Spielen habe ich ein 3-2-3-2 ausprobiert, also mit Dreierkette und zwei DM. Aber der Weisheit letzter Schluss ist das noch nicht.“
Da stimmten die beiden anderen ihm zu.
„Aber jetzt sag doch mal, Carlo: Was hast du denn so Großartiges erlebt?“
Wieder bekam Carlo einen hochroten Kopf.
„Tja, ihr müsst mir aber versprechen, dass ihr meiner Frau nichts davon sagt!“
„Versprochen!“, kam es von Arno und Benno.
„Ich hab‘ da nämlich jemanden kennengelernt.“
Benno pfiff einmal kurz durch die Zähne. Arno schüttelte nur den Kopf.
„Na klar, eigentlich geht das gar nicht“, räumte Carlo ein, „aber sie ist ja soo intelligent und total fußballbegeistert!“
„Also meine Erfahrung ist ja“, wandte Arno ein, „dass du mit Frauen nur Scherereien bekommst.“
„Bringt sie denn wenigstens Kohle mit?“, wollte Benno wissen.
Aber da wurde Carlo kleinlaut. „Leider im Gegenteil.
Und jetzt steht mein Konto erst mal bei 1.862 Euro im Soll!“
Carlos letzter Satz ging schon im schadenfrohen Gelächter der beiden anderen unter. Benno bekam sogar einen solchen Lachkrampf, dass er nicht anders konnte, als sich vom Stuhl auf den Fußboden fallen zu lassen. Auch Arno konnte sich kaum halten. Und als er halbwegs wieder zu Atem gekommen war, rief er:
„Also, darauf gebe ich einen aus!“