Hornberger Schießen Reloaded
Die Idee zu so einem Projekt hatte ich schon länger. Und jetzt, wo die Emmo-Story etwas an ihre Grenzen stößt, habe ich einfach mal damit begonnen. Kann sein, dass die Posts in längeren und unregelmäßigen Abständen kommen werden und nicht immer sehr lang sind. Aber ich habe vor, das Ganze so zu handhaben, dass es mir richtig Spaß macht, und wenn es euch auch Spaß macht, dann freue ich mich riesig.
Es
gibt da die Geschichte vom Hornberger Schießen. Jeder kennt die
Floskel „etwas geht aus wie das Hornberger Schießen“ – aber wie ist es
eigentlich ausgegangen? Null zu Null? Ja, so ähnlich…
- Im Jahr 1564 hatte
der Herzog Christoph von Württemberg seinen Besuch in der Stadt Hornberg im
Schwarzwald angekündigt. Die Hornberger Verantwortlichen waren darüber sehr
aufgeregt und befahlen, man solle den Herzog mit Salutschüssen empfangen. Als
alles vorbereitet war, näherte sich der Stadtgrenze eine große Staubwolke. Die
Hornberger Bürger setzten zum Jubel an und die Salutkanonen wurden gezündet –
es war ein wahrhaft würdiges Spektakel. Doch leider stellte sich dann heraus,
dass nicht der Herzog und sein Gefolge die Staubwolke verursacht hatten,
sondern eine einfache Postkutsche. Als dann tatsächlich der Herzog einritt,
hatten die Hornberger – buchstäblich – ihr Pulver verschossen.
Aber wir wollen jetzt doch mal sehen, ob die Hornberger nicht auch „richtig“ schießen können – natürlich ganz ohne Pulver, dafür aber mit einem Ziel, das getroffen werden soll.
Teil 1: Der Plan
„Männer, ich glaube, ich habe die Lösung all unserer Probleme!“
(Carlo)
Carlo sagte diesen Satz, noch bevor er sich zu den beiden anderen gesetzt hatte. Die waren, wie so oft, schon einige Minuten vor ihm eingetroffen und hatten auch für ihn bereits ein Bier bestellt. Nach dem griff Carlo jetzt und hob es ihnen entgegen, als wolle er auf etwas anstoßen.
„Wie jetzt?“, fragte Benno.
(Benno)
„Was meinst du damit“, konkretisierte Arno, „die Lösung all unserer Probleme?“
(Arno)
Carlo grinste breit. Und nahm einen ausgiebigen Zug von dem Bier.
Die drei Männer trafen sich wie jeden Freitagabend im Gasthaus „Zum Schützen“, in der Mitte des Tisches lagen schon die Skatkarten bereit. Normalerweise hätte Arno, der Gymnasiallehrer, jetzt den Stapel genommen und angefangen zu mischen. Aber heute begann der Abend etwas anders.
„Nu mach’s nicht so spannend, ey!“ Das war Benno.
„Na, was ist denn euer größtes Problem?“, fragte Carlo zurück und hörte gar nicht auf zu grinsen.
„Sag bloß, du weißt eine Möglichkeit, an viel Geld zu kommen?“ Arno war plötzlich voll da.
Jeder der drei Freunde hatte so seine … tja, ganz speziellen finanziellen Probleme. Seien wir fürs Erste mal diskret und gehen da nicht ins Detail. Die Fälle lagen jeweils unterschiedlich, aber gemeinsam war ihnen eindeutig eins: sie waren hoch verschuldet, und ihre Frauen – alle drei waren verheiratet – durften nichts davon wissen.
„Na, wenn das mal nicht wieder so ‘ne Luftnummer von dir ist!“, gab Benno zu bedenken.
„Überhaupt nicht. Werdet ihr schon sehen. Die Sache ist im Grunde denkbar einfach und doch genial.“
„Nun spann uns nicht so auf die Folter!“, sagte Arno.
Das war mal wieder irgendwie typisch für Carlo Cehrens, den sie auch den „Professor“ nannten. Er machte es gern spannend, und wenn er dann etwas erklärte, dann verstand man durchaus nicht immer, was er meinte. Jedenfalls Benno nicht, manchmal auch Arno. Denn Carlo war Naturwissenschaftler und arbeitete als solcher zwar nicht an einer Uni, aber doch in einem großen Forschungsunternehmen, wo es um Dinge wie Quanten und Teilchen und Paradoxa und derlei Dinge ging.
„Vielleicht doch eine Bank überfallen?“ Bennos Einfälle waren immer eher ordinärer Natur.
Carlo schüttelte den Kopf. „Die simple Lösung lautet: Wir gründen einen Fußballverein.“
Den beiden anderen fiel nur die Kinnlade runter. Sagen konnten sie für den Moment dazu nichts. Nicht einmal Arno, der ja doch Lehrer war und daher gewohnt, nie um eine Aussage, Antwort oder Erklärung verlegen zu sein.
Die erste Reaktion kam dann von Benno: „Wieso denn einen Fußballverein, Mann?“
Benno war hier mit 36 Jahren der Jüngste, und als Physiotherapeut hatte er den am wenigsten einträglichen Job. Außerdem stand er bei den anderen in dem Ruf, nicht ausgesprochen der Hellste zu sein, aber das hätten die natürlich unter keinen Umständen je ausgesprochen.
„Benno, ich glaube, der will uns verarschen.“ Damit griff Arno nun endlich zu dem Kartenstapel und begann zu mischen. „Wer schreibt heute?“
„Nein, das ist mein voller Ernst!“, sagte Carlo jetzt doch ein wenig in Sorge, dass er seine große Sensation nicht richtig würde an den Mann bringen können. „Wir gründen einen Fußballclub, scheffeln jede Menge Geld und können damit alle unsere Schulden ausgleichen!“
„Sag ich doch, der hat ‘ne Schraube!“, erklärte Benno.
„Locker, meinst du.“
„Hä? Ja, klar, locker.“
Aber jetzt nahm Carlo Arno die Spielkarten aus der Hand und legte sie beiseite.
„Hört mir doch erst mal zu! Ihr wisst ja noch gar nicht, wo wir den Verein gründen.“
„Nicht hier, in Hornberg?“
„Aber hier gibt’s doch schon den VfR!“
„Doch, natürlich machen wir das hier. Aber der Verein wird nicht VfR Hornberg heißen. Und wir gründen ihn auch nicht heute und auch nicht morgen, sondern…“
„Kommendes Jahr vielleicht? Na, danke! Ich muss am nächsten Ersten schon meine nächste Rate zahlen und hab nicht den blassesten Dunst, wovon!“
„Nein, natürlich auch nicht erst nächstes Jahr. Sondern: gestern!“
Arno und Benno erstarrten in ihren Bewegungen. Carlo sah sie auffordernd an. Dann schüttelte Benno den Kopf.
„Jetzt ist er komplett Klapse.“
„Du meinst, er gehört in eine!“
„Wie?“
„Okay okay, ich sehe schon, ich muss etwas deutlicher werden.“
„Das wär‘ nicht schlecht.“
„Passt auf: Wir gründen einen Fußballverein, aber nicht heute, im Jahr 2019, sondern in der Vergangenheit! Oder genauer gesagt: in drei verschiedenen Zeiten in der Vergangenheit. Und zwar im Jahr 2006, im Jahr 2011 und im Jahr 2017.“
„Find‘ ich große Klasse“, sagte Benno ohne Begeisterung.
„Na, das ist doch mal eine sehr nachvollziehbare Idee“, ergänzte Arno sarkastisch. „Hätt’ ich auch selbst drauf kommen können. Und wie soll der Verein bitteschön heißen?“
„Also, ich stelle mir vor, wir nennen ihn: FC Hornberger Schützen!“
(Wappen von Hornberg)