Un sogno azzurro

  • UN SOGNO AZZURRO

    1. Der geilste Tag

    (06.08.2022)



    Das war er, Leute! Der große Moment! Der Moment, mit dem für mich der Weg zum sogno azzurro beginnen sollte, zu dem Traum davon, einer der Azzurri zu werden! :hutab:


    Naja, sollte! Mein Papá fand schon immer, dass ich zu Übertreibungen neige. Aber was wollt ihr – in der 61. Spielminute war es tatsächlich endlich so weit, dass Paolo Barbagli eingewechselt wurde und seine ersten Spielminuten absolvierte. Wenn das kein Anfang ist! Gut, zugegeben, es ist nicht die Serie A und auch nicht Bayern München in der Bundesliga. Sondern es ist Norimberga, die Stadt, in der mein Onkel Pierfranco eine Pizzeria hat. Und „il club“ spielt halt zurzeit nur in der zweiten deutschen Liga. Aber was soll’s, es ist allemal besser, als überhaupt nicht Fußball zu spielen. :ball:


    Aber ich merke gerade, ich bin hier schon wieder viel zu schnell unterwegs. Ihr kennt mich ja noch gar nicht. Ich habe heute diesen Blog angefangen, um euch zu erzählen, wie (vielleicht) aus einem ganz normalen italienischen Jungen, der den Fußball liebt, ein künftiger Star der squadra azzurra wird. Mein Name ist Paolo Barbagli und ich stamme aus Milano. :italien:



    Si si, schaut euch diese Karteikarte mal ruhig eine Weile genau an. Sind das nicht irre Zahlen für einen 19-Jährigen – Marktwert! Gehalt!! Und so Sachen wie „Technik 99“ und die Werte von Ballkontrolle und Vorstößen. Okay, am Selbstvertrauen ließ sich da noch arbeiten, aber das war ja auch vor dem 6. August 2022. Nach meinem ersten Spiel für den 1. FC Nürnberg hat sich das natürlich gleich gewaltig geändert. :nummer1:


    Die Fußballkenner unter euch wissen natürlich, was „ST“ heißt: Ich bin Stürmer, immer schon gewesen. Weil das Toreschießen halt das Schönste an diesem Sport ist. Und weil die Mädchen am meisten auf die Typen stehen, die Tore schießen. Naja, mir laufen sie jetzt nicht gerade nach, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Nun bin ich kein Knipser oder Sturmtank oder Strafraumstürmer, sondern ein Dribbler, also einer, der seine Tore gern auch selbst mit herausspielt. Und falls ihr euch fragt, was diese Zeichen da hinter „Charakter“ sollen – die bedeuten: Einstellung, nachlässig, Fairness, Legionär und Sprachgenie. Was es damit konkret auf sich hat, weiß ich selbst nicht so genau. Aber ihr könnt im Laufe meiner Story ja mal selbst checken, ob ihr irgendsolche Charakterzüge bei mir finden könnt. „Sprachgenie“ finde ich allerdings selbst etwas übertrieben, denn außer meiner Muttersprache spreche ich nur ganz gut Deutsch, weil halt mein Onkel Pierfranco diese Pizzeria hat. 8)


    Aber ich labere hier ohne Unterlass, dabei wollt ihr ja wahrscheinlich endlich wissen, gegen wen wir denn da gespielt haben, wo ich nach einer Stunde eingewechselt wurde. Seht mal hier:



    Also schon echt ein wichtiges Spiel! Für alle, die sich im deutschen Fußball nicht so auskennen – will heißen, vor allem für meine Follower zu Hause in Mailand – muss ich erklären, dass der MSV Duisburg auch in der deutschen „2. Bundesliga“ spielt, ebenso wie zum Beispiel Hannover, Leipzig und Frankfurt; von denen habt ihr bestimmt schon gehört. Ach, wisst ihr, damit ihr gleich mal einen Überblick bekommt, seht ihr hier unsere Ligagegner der Saison, aufgelistet nach Mannschaftsstärken:



    Wir sind also schon ganz schön gut! Und ja, unser Saisonziel ist es, in die Bundesliga aufzusteigen. Da muss man so einen Konkurrenten wie Duisburgo, der nach zwei Niederlagen aktuell 16. in der Ligatabelle war, schon mal in der ersten Pokalrunde aus dem Weg räumen. :koks:


    Bis zu meiner Einwechslung ist es allerdings nicht so optimal gelaufen. Das hatte sich Carlos Barrena, unser Trainer, zweifellos anders vorgestellt. Dabei lag unsere Teamstärke bei 739 und die der Gegner nur bei 633. Auch die Mannschaft, die er aufgestellt hatte, konnte sich eigentlich durchaus sehen lassen:



    Wer meine Teamkameraden so im Einzelnen sind, darauf gehe ich später noch ein. Das sind alles großartige Fußballer, von denen ich noch sehr viel lernen will. Aber an dem Tag lief echt nicht viel zusammen. Irgendwie hatten wir den Gegner vielleicht unterschätzt oder uns überschätzt, jedenfalls lieferte nur Jan Kirchhoff eine gute Partie, der ein paar Mal Aktionen ablieferte, dass man sich bei ihm glatt bedanken musste, weil wir nicht in Rückstand gerieten. :nase:


    In der 55. Spielminute hatte es gerade etwas Aufregung gegeben, weil Turhan Algür auf Vorarbeit von Naqshband und Pinola ins Tor getroffen hatte, aber das war so was von klar Abseits, dass wir nicht wirklich ernsthaft protestierten, als der Schri den Treffer nicht gab. Und dann winkte mir der Chef. „Ich, echt?“, habe ich gefragt. Dabei hatte er mir vorher schon zugeraunt, dass ich heute wohl zu meinem ersten Einsatz kommen würde. Ich kann nur sagen, ich riss mir die Trainingshose runter und war sofort von Null auf Hundert, also perfekt bereit. :wecker:


    Viel besser wurde es dadurch aber auch nicht. Muss ich ehrlich zugeben. Ich rannte zwar, was das Zeug hielt, und versuchte mich exakt an die taktischen Vorgaben zu halten, aber es kam einfach nichts Ordentliches zustande. Wir hatten zwar am Ende 59 Prozent Ballbesitz, aber die Pässe kamen zu oft nicht an und Thomas Hertzsch und ich erhielten vorn kaum mal ein verwertbares Zuspiel. :maul:


    So kam es, dass wir in die Verlängerung mussten. Der Gegner hatte schon dreimal ausgewechselt, bei uns kamen mit Neustädter und Bastan erst spät noch zwei frische Spieler, aber auch das brachte nichts, die 120 Minuten gingen torlos zu Ende. :no:


    Es kam also, ihr ahnt es schon, zu den tiri di rigore, im Deutschen: Elfmeterschießen. Das ist übrigens witzig: Erst seit ich im Juli aus Mailand nach Deutschland gekommen bin, weiß ich, dass der Strafstoßpunkt genau elf Meter vom Tor entfernt ist – in Deutschland weiß das jedes Kind! :baby:


    Nun habt ihr vielleicht oben schon gesehen, dass meine Fähigkeiten vom Strafstoßpunkt mit 70 bewertet werden. Deswegen hoffte ich ja auch gegen Ende des Spiels mehr und mehr, dass kein Tor mehr fallen würde. Okay, das 1:0 für uns, das wäre mir natürlich recht gewesen. Andererseits war ich ziemlich sicher, dass der Chef mich auch einen Elfer schießen lassen würde. Und so kam es dann auch. :bigboss:


    „Stéph, du übernimmst den ersten“, bestimmte er, als wir nach dem Abpfiff zusammen standen, „wie immer. Und Javier den zweiten. Dann kommen Paolo, Thomas und Jan.“


    Ich gebe zu, ich musste mich schwer zusammenreißen, nicht in lauten Jubel auszubrechen. Ich durfte einen calcio di rigore treten! Natürlich hätte es ziemlich blöd ausgesehen, wenn ich da jetzt einen Freudentanz aufgeführt hätte, denn wir hatten das Spiel noch lange nicht gewonnen und vor allem – ich hatte den Strafstoß noch nicht verwandelt! :freu:


    Nach einer gefühlten Ewigkeit ging es endlich los. Aber was war das denn? Nachdem Duisburgs Luis Romero sein Ding reingemacht hatte, lief Stéphane M’Bia an – und schoss genau in die Arme von Bert Parreihs! Der MSV führte mit 1:0. :aaargh:


    Zum Glück machte es der nächste Gegner, der Stürmer Thomas Wagner, nicht besser. Florian, unser Keeper, wurde begeistert dazu beglückwünscht, dass er den Ball halten konnte. Und nachdem Javier Pinola seinen sicher verwandelt hatte, scheiterte gleich der nächste Duisburger, Jürgen Gjasula, indem er das Leder über die Latte knallte. Und dann kam also ich.



    Ganz sicher! Puh, dabei wäre mir beinahe das Herz in die Hose gerutscht. Und erst auf dem Rückweg zum Mittelkreis, wo ich von den anderen mit Beifall empfangen wurde, wurde mir klar: Ich hatte gerade mein erstes Tor für den 1. FC Nürnberg geschossen! Und damit hatte ich der Mannschaft möglicherweise den Einzug in die nächste Runde ermöglicht! :cheer_all:


    Tatsächlich trafen die beiden nächsten Schützen, ehe die Entscheidung zu unseren Gunsten fiel:



    Hinterher wurde kein Wort darauf verschwendet, dass wir es uns mit einem insgesamt ziemlich schwachen Spiel unnötig schwer gemacht hatten. Es wurde nur gefeiert! Auch der Chef hatte nichts dagegen, ja, er war mittendrin, als wir bis nach Mitternacht in der Hotelbar unseren Erfolg begossen. :drinks:

  • Dem was Serono da sagt, kann ich mich nur anschließen. Immer großartig Stories mit einem kleinen Dreh zu sehen, wie z.B. aus Sicht eines Spielers geschrieben. Ich bin sehr gespannt, wohin die Reise für den jungen Italiener geht.


    Ich tippe mal auf eine erste Berufung in den Kader der Gli Azzurri gibt es so ca. in der Saison 2025/2026... wenn die Entwicklung nicht irgendwo ins Stottern gerät.

  • 2. Mailand, Benevento, Nürnberg

    (14.08.2022)


    An der Stelle muss ich jetzt mal was erklären. Meine Kumpels aus Mailand fragen mich immer wieder, warum ich denn von da weggegangen bin. Es wäre doch viel cooler, bei Inter zu spielen als bei den crucchi in Norimberga, zweite Liga noch dazu. Ich sag‘ dann immer: Ja, spielen! Aber bei Inter habe ich ja nicht eine einzige Minute auf dem Platz gestanden! :seufz2:



    Fällt euch was auf? Ich meine jetzt nicht nur die Spielebilanz, sondern speziell das Gehalt. Wenn ihr mal nach oben scrollt, dann seht ihr, dass ich beim Club aktuell mehr als das Zweieinhalbfache verdiene! Das habe ich Francesco auch mehrmals deutlich gesagt, dass mir das zu wenig war (Francesco Bernardini ist der Trainer von Inter, wer das nicht weiß). Und dann hat man mir in Nürnberg tatsächlich diese Summe von 370.000 Euro angeboten! :fyou:



    Okay, okay, Geld ist nicht alles. Aber mich deswegen als traditore oder gar disertore zu beschimpfen, finde ich dann doch schifoso! Ich will Fußball spielen, und weil ich weiß, dass ich das gut kann, muss man mir dazu auch die Gelegenheit geben! Und die Gelegenheit dazu, Tore zu schießen! :tommy:


    Nun will ich nicht undankbar sein, voriges Jahr hatte man mir diese Gelegenheit ja auch für fast sechs Monate gegeben. Von Januar bis Juni 2021 war ich nach Benevento ausgeliehen. Jetzt wieder für meine nicht-italienischen Follower: das ist eine Stadt in Campania, nicht weit von Neapel. Also im Süden! :nase:


    Aber da wussten sie wenigstens, was sie an mir hatten. 20 Spiele und 16 Tore sprechen doch eine deutliche Sprache, oder? Schon gleich am ersten Tag setzte mich Trainer Mattia Baiocco von Beginn an ein und ich dankte es ihm mit zwei Toren gegen AS Livorno. Danach habe ich dann noch vier weitere Doppelpacks abgeliefert und schaffte es unter die ersten Zwanzig der Torschützenliste. :king2:



    Aber dann wieder: Mailand, keine Einsätze, meistens nicht mal Ersatzbank. Wie sollte ich mich da denn, bitte schön, verbessern? Ach ja, apropos, eine Statistik möchte ich euch noch zeigen, denn auf die bin ich ziemlich stolz:



    Das war Ende der vorvorigen Saison: Paolo Barbagli galt als bester Mann bei Benevento Calcio! Viermal wurde ich Spieler des Tages und ebenso oft landete ich in der Elf des Tages. Mit meiner nicht ganz unmaßgeblichen Unterstützung war das Team als Aufsteiger (!) am Ende noch Sechster in der Serie B geworden. Im Winter, bevor sie mich ausgeliehen haben, lagen sie noch auf Platz 13. :freu:


    Aber gut, das ist lange her. Vecchie notizie. Klar, dass ihr hier nicht nur lesen wollt, was früher war, deshalb zurück zur Gegenwart. Die erste Pokalrunde hatten der 1. FC Nürnberg und ich also überstanden, jetzt ging es an die Auslosung zur zweiten Runde, die wir alle noch in der Lobby unseres Duisburger Hotels mitverfolgten. Diese Teams hatten sich qualifiziert:



    Soweit ihr die deutschen Ligen nicht so gut kennt, sagen euch wahrscheinlich nicht alle Namen was. Aachen, Worms und Siegen spielen in der Dritten Liga, die hätte man also schon ganz gern als Gegner gehabt. Die Bayern, Meister Lübeck oder auch der Hauptstadtclub Hertha BSC wären deshalb spannend, weil sie einem viel Aufmerksamkeit bringen, vor allem, wenn man dann vielleicht auch noch gewinnt. Aber weder das eine noch das andere trat ein, uns wurde der FC Schalke 04 zugelost. Ma bene, wir haben immerhin Heimrecht. Die Schalker – die übrigens aus der Stadt Gelsenkirchen kommen – sind vorige Saison in der Bundesliga immerhin Dritter geworden, in dieser Saison hatten sie bisher nur ein Pflichtspiel, das war ihr 3:1 beim Drittligisten Eintracht Trier in der ersten Pokalrunde. :|


    Dass das Spiel in Duisburg mein allererstes in Nürnberg war, habe ich ja schon gesagt. Jetzt hoffte ich natürlich, dass der Chef mich am nächsten Samstag auch wieder aufstellen würde, optimalerweise von Beginn an. Ich will aber auch nicht unerwähnt lassen, welche Ergebnisse es bisher in dieser Saison schon gegeben hatte:



    Nachdem ich am 7. Juli hier ankam, fanden diese Spiele also alle ohne mich statt. Über die beiden Siege in der Liga gegen die Frankfurter Clubs habe ich mich natürlich trotzdem gefreut. Aktuell liegen wir danach in der Tabelle auf Platz zwei, hinter dem FC Augsburg und vor Wacker Burghausen, die wie wir bisher zwei Siege zu verzeichnen haben. :ui:


    „Chef, meinen Sie, ich habe heute die Chance auf einen Einsatz?“, habe ich Carlos Barrena beim Abschlusstraining vor unserem nächsten Spiel gefragt. Ihr müsst wissen, dass man ihn immer alles fragen kann, aber er gibt einem dann auch immer sehr direkte Antworten. Die lautete diesmal:


    „Tja, Paolo, ich muss zugeben, dass du deine Sache im letzten Spiel sehr ordentlich gemacht hast. Du setzt dich auf jeden Fall mal auf die Bank, dann sehen wir, wie es läuft.“



    Es lief – zu meiner Freude, aber irgendwie auch zu meinem Verdruss – gleich von Beginn an sehr gut im Heimspiel gegen Dynamo Dresden, den Tabellenzwölften. Schon nach fünf Minuten nagelte Thomas Hertzsch den Ball aus 13 Metern ins Dresdener Tor, nach einer halben Stunde konnte Thomas Weinzierl auf 2:0 erhöhen. Turhan Algür vergab übrigens zwei sehr gute Chancen, weshalb ich mir dann doch Chancen auf eine Einwechslung ausrechnete. Und nach 60 Minuten war dies unsere Leistungsbilanz:



    Der Chef ist dafür bekannt, dass er gern nach einer Stunde zwei Auswechslungen vornimmt. Und so war es auch heute: Auf der generell bei uns unterversorgten ZM-Position wollte er Timmy Simons Spielzeit geben und als Zweiten zeigte er auf – mich! :kiss:


    Ich war noch kein Mal richtig an den Ball gekommen, da erzielten die Dresdener per Bogenlampe ein Glückstor zum Anschlusstreffer. Und irgendwie brachte uns das aus dem Tritt. Es war wieder wie vor acht Tagen in Duisburg: Ich bemühte mich, alles richtig zu machen, aber wirklich gelungene Aktionen hatten Seltenheitswert. So waren am Ende alle froh, als es bei dem knappen Sieg blieb, und ich wurde immerhin noch mit der Note 3,0 bedacht. Da auch Augsburg gewann (3:0 bei Union Berlin), blieben wir in der Tabelle auf dem zweiten Platz:



    Übrigens werde ich euch im nächsten Post gleich noch was über unseren Trainer erzählen. Ich finde ihn einen tollen Typ, und alle nennen ihn nur „Chef“. Am liebsten hat er es, wenn er nach einem Spiel Interviews geben kann oder sogar ins Fernsehen eingeladen wird. Nach diesem Spiel gab er mal wieder einen ziemlich ausführlichen Kommentar ab:



    Verstehe ich das jetzt richtig oder haltet ihr mich für überheblich? Wenn er da sagt, „in den letzten 20 Minuten“, dann meint er doch genau die Zeit, in der ich auf dem Feld war, oder? Also kann ich ja eigentlich gar nicht so schlecht gewesen sein! :love:


    So, das war’s für heute hier, Leute. Lasst gern euren Kommentar da!

  • 3. Carlos Barrena

    (21.08.2022)



    In seiner aktiven Zeit war der Chef, der mit vollem Namen Carlos Alberto Barrena Fabián heißt, nicht wirklich eine große Nummer, glaube ich. Er spielte seit 2008 bei Colegio Nacional Iquitos, mit denen er in die erste peruanische Liga aufstieg, später auch noch bei einigen anderen peruanischen Clubs, zuletzt bei CCD Los Caimanes. Was ihn dann als Trainer nach Deutschland verschlagen hat, weiß ich nicht, will ich aber noch rauskriegen. Auf jeden Fall fand ich ihn vom ersten Tag an einen super Trainer, der sich richtig gut auskennt und immer einen Plan hat. Außerdem kann man mit ihm reden. Den Club hat er gerade erst zum Saisonbeginn übernommen, aber als ich herkam, schien er schon über alle und alles hier bis ins kleinste Detail Bescheid zu wissen. Das imponiert mir! :bravo2:


    Was ich auch gut finde: Er ist nicht so einer, der alles selbst macht. Dafür hat er ja schließlich auch die Mitarbeiter, und denen vertraut er ebenso wie seinen Spielern. Bis auf die Aufstellung und Bankbesetzung, das Auswechseln, das Verschieben zwischen erster und zweiter Mannschaft und die Spielerverträge hat er alles delegiert. :knot:


    „Chef, sollen eigentlich noch neue Spieler kommen?“, wurde er neulich gefragt, als eigentlich die Taktik für das nächste Spiel gegen Unterhaching besprochen wurde. So eine Frage weist er dann nicht zurück, sondern gibt immer eine Antwort. Diesmal lautete sie allerdings: „Lasst uns darüber anschließend reden.“


    Nach der Taktikeinheit kam er dann tatsächlich nicht nur auf die Frage zurück, er hatte sogar auch eine Liste dabei, die er an das Flipchart klemmte:



    „Was seht ihr da?“, fragte er.


    Vor allem die Älteren und Erfahreneren sahen sofort, worauf der Chef hinauswollte. Unser capitano, der Argentinier Javier Pinola, der schon 39 ist, sagte:


    „Ganz klar, wir haben zu wenige multivalente Spieler.“


    „Richtig. Vor allem die Positionen RV und LV sind unterversorgt. Und was die Wertigkeit angeht, sehe ich da noch mehr Lücken…“


    „LM, ZM und ST“, sagte Faizullah schnell. Der Usbeke, der mit seinen 23 Jahren von der Presse oft als bester Nürnberger Spieler bezeichnet wird, ist gern mal ein bisschen vorlaut und total humorlos. Ich mag ihn nicht besonders, auch weil er im Training öfter mal härter hinlangt als nötig. X(


    „Ich sage es euch ganz offen: unser Transferbudget gibt noch bis zu 2,7 Millionen her und auch bei den Gehältern ist noch viel Luft. Ihr könnt euch also in etwa vorstellen, was dem Präsidium und mir noch so vorschwebt.“


    Ich muss zugeben, ich bekam erst mal einen ziemlichen Schrecken. Und deshalb rutschte mir auch die Frage heraus: „Echt, Chef? Es soll noch ein Stürmer geholt werden?“


    Und da war seine Reaktion mal wieder sehr typisch für ihn. „Mach dir keine Sorgen, Paolo. Komm nach dem Training einfach mal in mein Büro drüben.“


    Das tat ich natürlich. Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass ich ziemlich aufgeregt war. :schiefguck:


    „Ciao, Paolo, komm rein“, sagte er und heftete sogleich eine vorbereitete Übersicht an die große Magnetwand gegenüber von seinem Schreibtisch. „Sieh dir das mal an.“



    „Ui, das sind ja ganz schön viele“, sagte ich.


    „Genau. Wir haben hier alle Stürmer der ersten und der zweiten Mannschaft. Was fällt dir noch auf?“


    „Naja, die Stärke sieht ja nicht gerade überragend aus.“


    „Auch richtig. Der Maximilian ist zwar aktuell noch im Profikader, aber eigentlich brauchen wir nur drei von denen anzusehen. Und die heißen Thomas, Turhan und Paolo.“


    „Wobei Thomas der Beste ist“, musste ich zugeben. „Aber auch der ist von den Stärkewerten anderer weit entfernt; die liegen ja zum Teil zwischen 73 und 75.“


    „Stimmt wohl. Du musst aber immer auch auf Alter und Talent sehen. Wie würdest du da jetzt an meiner Stelle planen?“


    Und plötzlich machte ich mir wirklich gar nicht mehr so große Sorgen. „Naja, den Turhan habe ich vielleicht bald überholt, dann müssen nur Thomas und ich sehen, noch richtig gut zu werden, aber dafür haben wir vermutlich auch noch Zeit.“ Der Chef nickte, sagte aber nichts. Deshalb fügte ich hinzu: „Wenn wir jetzt noch einen richtig guten Stürmer verpflichten, der ruhig auch etwas älter sein kann, dann sieht das doch eigentlich sehr vielversprechend aus!“


    Und genau dieser Meinung war mein Trainer auch. :gib5:


    Was mir übrigens bis dahin gar nicht klar gewesen war und er mir dann auch noch zeigte, war, welche Spieler der Club gerade erst zum Saisonbeginn neu verpflichtet hatte:



    Wie schwach muss da der Nürnberger Sturm in der vorigen Saison gewesen sein! Aber dazu komme ich noch, wenn ich euch im nächsten Post mehr über den Club erzähle. :coffee:


    Etwas will ich euch in dem Zusammenhang aber noch zeigen, nämlich wie der Chef die Mannschaft in den ersten Spielen aufgestellt hat, bevor er mich auf die Ersatzbank setzte:



    Ihr seht den Unterschied, oder? Nur ein Stürmer statt zwei und im zentralen Mittelfeld kein ZM, dafür ein OM und zwei DM. Deutlich defensiver also. Ob er es zwischendrin schon mal bereut hat, sich jetzt für zwei Stürmer entschieden zu haben? Immerhin haben wir in den beiden Spielen gegen Duisburg und Dresden nur zwei Tore erzielt, während es vorher gegen die beiden Frankfurter Teams fünf waren. Nun, ich hoffe natürlich, dass er das nicht wieder rückgängig macht. :wtf:


    Bei der nächsten Begegnung blieb er aber erst mal dabei. Die SpVgg Unterhaching, zu der wir nur zwei Stunden mit dem Bus fahren mussten, hatte gegen Union Berlin und Hannover 96 zweimal verloren, das dritte Ligaspiel gegen Holstein Kiel aber ebenso wie ihr Pokalspiel bei Waldhof Mannheim mit 3:1 gewonnen. Damit waren sie jetzt Zwölfter. Und stärkemäßig sollten wir ihnen eigentlich klar überlegen sein. :training:


    Bevor es dazu kam, gab es aber noch aufregende Neuigkeiten: Der Chef hatte tatsächlich zwei neue Spieler geholt, die am Sonntag auch bereits eingesetzt werden konnten:



    Wow – Christofi, das war ein echter Geniestreich! Allein schon wenn der auf der Bank sitzt, hast du für die komplette Abwehr ein Backup. Andreas wurde uns zwei Tage vor dem Spiel vorgestellt; vorher spielte er in Griechenland und Slowenien, allerdings spricht er kein Wort Deutsch. Joel dagegen, das gefiel mir schon weniger. Und Turhan Algür war sogar ausgesprochen verärgert über diese Personalie. Aber der Chef hat damit genau das getan, was er angekündigt hatte: Der Neue hat eine Gesamtstärke von 74, ist aber schon 27 Jahre alt, wir anderen sollen also um den zweiten Platz im Sturm kämpfen. :klopp:


    So war es dann auch nicht wirklich eine Überraschung, dass Joel am Sonntag gleich mal in der Startelf stand. Andreas Christofi dagegen nicht, der bekam einen Platz auf der Bank. Und ich? Naja, wie nicht anders zu erwarten, durfte Thomas Hertzsch, der ja bisher die meisten Tore geschossen hatte, neben Joel auflaufen, und erwartungsgemäß war auf der Bank nur Platz für einen weiteren Stürmer. Der Chef ließ uns bis kurz vor dem Anpfiff im Ungewissen – und dann entschied er sich für mich! Turhan Algür war da verständlicherweise ziemlich enttäuscht. ;(



    Wie schon gegen Dresden erwischten wir einen fulminanten Start. Diesmal war es in der vierten Minute Sebastián Cifuentes Martínez, der ZM spielte, auf Vorarbeit von Matheos Dontas, der einen vom Hachinger Abwehrspieler abgefälschten Ball den Gastgebern in den Kasten knallte. 1:0 für uns! Und nach einer Viertelstunde legte Joel noch einen drauf, indem er einen Ableger von Thomas Hertzsch mit dem Außenrist im Tor unterbrachte. Na super, dachte ich trotz aller Freude über die Führung, da haben sich meine beiden Konkurrenten ja schon mal prima unentbehrlich gemacht! :P


    Als dann aber eine Stunde gespielt war, kam mir wahrscheinlich dreierlei zugute: Erstens hatten sich beide Stürmer eine Gelbe Karte eingefangen, zweitens hatte die Mannschaft das Spiel beim Stand von 2:0 sehr sicher im Griff und drittens war es ja Barrenas Plan, einen dritten (und vielleicht vierten) Stürmer gezielt aufzubauen. Jedenfalls durfte ich wieder auf den Platz, für mich ging Thomas runter. Und zugleich nahm der Chef eine taktische Veränderung vor, indem er in der Mitte auf eine Raute umstellte, Martínez OM spielen ließ und für M’Bia als DM Nicola Marcolini brachte. Die Wirkung war erstaunlich: Schon vier Minuten später erkannte Martínez eine sich auftuende Lücke in der Hachinger Abwehr, schickte mit seinem Pass Jonas Weinzierl (RM) genau dorthin und der tunnelte den gegnerischen Torwart dann ganz cool. 3:0! ^^


    Viel mehr passierte nicht. Es lief insgesamt gut, aber weitere spektakuläre Szenen blieben aus. Kurz vor Schluss kam noch Christofi zu seinem ersten Einsatz, und zwar für Pinola auf der LV-Position. Und jetzt habe ich in meinem dritten Spiel den dritten Sieg errungen! Trotzdem bleiben wir auch diesmal wieder in der Tabelle auf Platz 2, denn Augsburg hat bei Union Berlin ebenfalls mit 3:0 gewonnen:


  • 4. Der 1. FC Nürnberg

    (27.08.2022)


    Jetzt habe ich euch hier schon von drei Spielen berichtet, aber noch gar nicht viel über den Verein erzählt, für den ich spiele. Da zeige ich euch hier am besten erst mal das:



    Der 1. FC Nürnberg – auch einfach der „Club“ genannt“ – ist so etwas, was man in Deutschland (zum Totlachen!) eine squadra di ascensore nennt, eine Fahrstuhlmannschaft. Seit Beginn der Bundesliga 1963 – wo der Club übrigens dabei war – gab es sage und schreibe zehn Abstiege! Dabei hieß der 1. FC Nürnberg immer der „deutsche Rekordmeister“, ehe 1987 der FC Bayern München ihm diesen Titel ablief. Einmal übrigens – aber darüber redet hier niemand gern – verbrachte man sogar eine Saison in der Drittklassigkeit; das war 1996/97. Aber aktuell sind wir ja drauf und dran und total entschlossen, wieder in die Bundesliga aufzusteigen. :sgenau:


    Hier ein paar Zahlen: Der 1. FCN wurde neunmal Deutscher Meister (zuletzt 1968) und viermal DFB-Pokalsieger (zuletzt 2007). In der ewigen Bundesligatabelle liegt er auf Platz 15. 53.448 Zuschauer passen in das Origin-Stadion, das bei den Fans aber auf ewig Max-Morlock-Stadion heißen wird. Max Morlock war ein Nürnberger Stürmer, der beim Gewinn des ersten deutschen Weltmeistertitels 1954 im Finale gegen Ungarn (3:2) ein Tor schoss. Er genießt hier Heldenstatus. :oscar:


    In der vorigen Saison war dies die Tabelle der 2. Bundesliga nach dem letzten Spieltag:



    Und dabei hatte man sich als nominell stärkste Mannschaft so sehr den Aufstieg vorgenommen! Am 15. Spieltag war der Club sogar Tabellenführer und einige Wochen lang stand man auf einem Aufstiegsplatz, aber an den letzten acht Spieltagen lief dann gar nichts mehr so richtig. Naja, dafür soll es ja nun diesmal wenigstens klappen, und ich hoffe doch, dass ich meinen Beitrag dazu leisten kann! :jo:


    Meine compagni habt ihr ja schon ein bisschen kennengelernt. Aber damit ihr euch ein richtiges Bild machen könnt, liste ich sie euch hier nochmal auf. Und zwar alle, aus A- und B-Mannschaft. Zuerst die Torhüter:



    Da ist der Fall klar, denke ich. Florian ist unser uneingeschränkter Stammkeeper. Dass Patrick in der zweiten Mannschaft spielt, soll ihm Spielpraxis bringen, denn er könnte die künftige Nummer Eins werden. Jetzt zur Innenverteidigung:



    Das sind vor allem erst mal ziemlich wenige. Die Reserve hat mit Kuttor sogar nur einen einzigen Spieler mit dieser Hauptposition. Dafür gehört dieser Mannschaftsteil bei den Profis zu den Stärksten – vorausgesetzt, keiner verletzt sich. Notfalls können natürlich auch ein paar der Außenverteidiger nach innen rücken. Hier haben wir sie:



    Da sieht man, wie gut es war, Christofi zu verpflichten. Der kann RV ebenso wie LV, notfalls aber auch IV spielen und fungiert dadurch als Backup für die komplette Abwehrreihe. Richtig üppig besetzt sind wir aber im zentralen Mittelfeldbereich:



    Tja, und da fragt man sich doch, warum wir eigentlich mit zwei ZM spielen und nicht mit DMs und OMs. Vor allem mein Landsmann Nicola Marcolini hat sich das gefragt, von dem erzähle ich euch im nächsten Post noch. Andererseits können diese acht Spieler natürlich auch die Zentralposition einnehmen, und da Fußball selbst in Deutschland ein Bewegungssport ist, kommt es vielleicht auf diese Feinheiten nicht so an. Jedenfalls glaube ich, dass der Chef so denkt. Er hat halt sein System im Kopf, und bisher gibt ihm der Erfolg Recht. :cheers3:


    Es folgen die Spieler auf den Außenbahnen:



    Hält man diese Liste und die davor nebeneinander, muss man für mein Empfinden zu dem Ergebnis kommen, dass wir eigentlich nur zweieinhalb gute Mittelfeldspieler haben. In dem Bereich hätte ich für Verstärkung gesorgt, wenn man mich gefragt hätte. Na gut, ich soll mich aufs Spielen konzentrieren und habe ja auch da noch viel zu lernen. Andererseits, als attaccante brauchst du gute Männer hinter dir, die ein Spiel aufbauen, taktisch denken, pressen und notfalls auch mal ein Foul zur richtigen Zeit am richtigen Ort begehen oder provozieren können. Dazu gehören auch die Außen. Ich finde, von da kommt zu wenig.:maul:


    So, und zum Schluss noch die Stürmer, auch wenn wir das weiter oben so ähnlich ja schon mal hatten:



    Von den reinen Werten her sieht es da natürlich nicht besser aus als bei den Außenspielern. Quantità non qualità. Aber da bin ich mal ganz still, denn Turhan und Thomas will ich ja schnellstmöglich überholen und Joel hat, das sagte ich wohl schon, eine Grundstärke von 74, muss also sicher nur erst noch in Fahrt kommen. Und schließlich läuft es zurzeit ja nicht schlecht. :yeah:


    So viel zum Kader unserer ersten und zweiten Mannschaft. :closed:


    Die zweite Mannschaft spielt übrigens in der fünftklassigen Bayernliga und ist da etwa unteres Mittelmaß. Und die Jugendarbeit ist auch nicht sooo großartig. Zwar sind alle Jugendteams zweitklassig bis auf die D-Jugend, die sogar in der höchsten Liga spielt, aber große Talente zeichnen sich da wohl nicht ab. Immerhin hat der Verein ein Jugendcamp, und zwar in Debrecen in Ungarn. Soweit ich gehört habe, gibt es da aktuell drei hoffnungsvolle Talente:



    Aber jetzt mal zurück zum aktiven Geschehen. Diesen Samstag hatten wir nämlich wieder ein Spiel. Zwar war für die Profiligen Pause, aber dafür hatte der Chef einen Gegner aus den unteren Ligen aufgetan: den Hünfelder SV. Keiner von uns hatte je von denen gehört! Aber ich habe mich gleich mal schlau gemacht: Hünfeld ist eine Stadt mit 16.000 Einwohnern ziemlich in der Mitte von Deutschland in Hessen, die es schon seit über 1.200 Jahren gibt. Von dem berühmtesten deutschen poeta, Goethe (schon mal gehört? Sein bekanntestes Werk heißt „Faust“), gibt es sogar ein Gedicht „Jahrmarkt zu Hünfeld“. Das habe ich mir mal durchgelesen, ist ziemliche merda, aber einen Teil fand ich lustig:


    Bauer und Bürger, die schienen stumm,
    Die guten Knaben beinahe dumm.


    So habe ich mir die giocatori aus Hünfeld dann vorgestellt, groß, blond und dumm, aber das waren die gar nicht mal. Sie hatten nur ein Problem:



    Mit genau acht Mann und ihrem Trainer, Ralf Strobel, kamen sie nach Nürnberg, und dann wurde hin und her diskutiert, ob wir nun spielen oder nicht. Wir hätten ihnen ja ein paar Mann abgegeben, aber das wollten die nicht. Also vereinbarte der Chef mit Herrn Strobel, dass man ein bisschen kickt und das nicht so ernst sieht. :cheers2:


    Okay, und was glaubt ihr? Haben wir denen ein Dutzend reingemacht? Torta da soffiare! (Für meine italienischen Freunde: das ist wieder so ein komischer deutscher Ausdruck; wenn etwas nicht funktioniert, sagen sie hier „Pustekuchen“.) :lach:


    Nein, es wurde ein ganz nettes Trainingsspielchen, aber die stellten sich mit ihren acht Mann praktisch nur in den Fünfer und kloppten alle Bälle raus. Nach acht Minuten fiel immerhin das erste Tor:



    Also eigentlich mein Tor! Aber okay, soll der Hüne sich das meinetwegen als Eigentor gutschreiben lassen! Nur danach wollte quella cazzo di palla einfach nicht mehr bei denen in den Kasten! Am Ende stand es dann immerhin 3:0, was keine große Leistung war, aber als Testspiel konnte man das hier sowieso nicht bezeichnen. Sebastián Martínez und Thomas Hertzsch waren übrigens die anderen Torschützen, und ich zählte mit einer Note von 2,5 noch zu den Besten.:thumbup:


    Nächsten Samstag gibt es aber endlich wieder richtigen Zweitligafußball. Da empfangen wir den Tabellenführer: den FC Augsburg. Vorher schließt noch das Transferfenster, mal sehen, was es davon zu berichten gibt. Bleibt dran! :cheers4:

  • 5. Nicola und Alessandro

    (06.09.2022)



    Mindestens einmal am Tag saßen Nicola, Alessandro und ich bei zio Pierfranco in der Pizzeria Milano, und gequatscht wurde natürlich vor allem über Fußball. Etliche andere Spieler wussten davon, so dass es schon fast zur lieben Gewohnheit geworden war, dass man sich in größerem Kreis hier traf. Und mein Onkel ließ sich auch nicht lumpen und gab gern mal eine Runde Limo aus oder stellte Focaccia für alle auf den Tisch. :essen:


    Warum ich das hier in der Vergangenheit schreibe? Logisch, weil es nicht mehr so ist. Jedenfalls nicht mehr genauso. Aber eins nach dem anderen. :|


    Nicola ist 19 und der Sohn italienischer Eltern, die vor zehn Jahren oder so nach Deutschland gekommen sind. Mit dem Fußballspielen hat er in Nürnberg angefangen, 2015 trat er in den Club ein und durchlief sämtliche Jugendteams sowie die Reserve, ehe er Anfang des Jahres in die Profimannschaft berufen wurde. Wie auch Alessandro, der zwei Jahre jünger ist und noch in der A-Jugend spielt, spricht er fließend Deutsch, aber wenn wir drei zusammen sind, dann wechseln wir gern ins Italienische, weil man da besser fluchen kann und weil es die meisten anderen nicht verstehen. :talk:


    Mit Nicola konnte man wirklich super fluchen. Er ließ sich zuletzt besonders gern darüber aus, dass der Chef ihn nicht auf der DM-Position einsetzte, weil er partout mit zwei ZM spielen wollte. Dabei hatte sich zuletzt ja gezeigt, dass es auch anders ging. Und das mit Erfolg. Naja, ich bin mir nicht ganz sicher, ob unser Trainer ihm da was übelgenommen hat oder ob Nicola sich wirklich schlecht behandelt fühlte, jedenfalls war da auf einmal dieses Angebot aus Berlin. :lesen:


    „Berlin, Mann!“, schwärmte er. „Das ist die geilste Stadt überhaupt auf der Welt!“


    Findet ihr das auch? Berlin? Also, ich fand es nur traurig, dass Nicola plötzlich so anders war. Auf einmal war nichts mehr lustig. Was hatten wir immer darüber gefeixt, dass in Deutschland keiner unsere Namen richtig aussprach! Ihn nannten die Deutschen immer Nícola, also mit der Betonung auf dem „i“, und ich heiße bei allen „Pa-olo“, mit einer Pause zwischen dem „a“ und dem „o“, dabei sagt hier doch auch niemand „Pa-ul“ zu einem, der Paul heißt. Egal. Jetzt verdient er 120.000 Euro bei Union Berlin, mehr als das Doppelte wie hier, und ich wünsche ihm, dass er da, wie erhofft, häufiger auf seiner Lieblingsposition zum Einsatz kommt.



    Immerhin 220.000 Euro hat der Club für ihn gekriegt, plus 60.000 Euro für Roman Neustädter, den zweiten DM, den Carlos Barrena am letzten Tag des Transferfensters hat ziehen lassen, und zwar nach Jena. Okay, der war schon 34, aber noch zwei Punkte stärker als Nicola. Ich bezweifle, dass das gut war. Verstärkungen wurden anstelle der beiden jedenfalls nicht geholt. Und auf jeden Fall ist es porca miseria, dass Nicola weg ist, und jetzt schimpfen Alessandro und ich eben nur noch zu zweit in Pierfrancos Pizzeria. :friends:


    Alessandro Fiorotto ist übrigens nicht nur der Netteste und Witzigste aus der Club-Jugend, sondern auch der Beste! Er hat aktuell schon eine Grundstärke von 59 und wäre damit sogar in der B-Mannschaft als Innenverteidiger konkurrenzlos. So ist es kein Wunder, dass seine Mannschaft in dieser Saison noch kein einziges Gegentor zugelassen hat und sich mit zehn Punkten aus vier Spielen Hoffnungen auf einen Aufstieg in die Erstklassigkeit macht.



    Apropos Aufstieg: Da gab es für uns ja diese Woche eine hervorragende Gelegenheit, unsere Ambitionen nachdrücklich zu unterstreichen. Denn am Sonntag hatten wir den FC Augsburg zu Gast, der nach vier Siegen gegen Eintracht Frankfurt, Dynamo Dresden, Union Berlin und Holstein Kiel auf genau der Position stand, von der wir ihn herunterholen wollten. Augsburg hat übrigens sechs Jahre in der Bundesliga gespielt, und zwar 2012 und dann nochmal fünf Saisons ab 2014, aber in den letzten vier Jahren gehörten sie bestenfalls zum Mittelfeld der 2. Bundesliga. Auch zurzeit werden sie in der Stärkeliste der Liga auf Platz zwölf einsortiert. Alles Gründe, weshalb wir recht zuversichtlich auf eine Eroberung der Tabellenspitze hofften.



    Und so lief unsere Mannschaft auf:



    Ich saß wieder auf der Bank. Das war jetzt in jedem Spiel so und ich habe mich schon fast daran gewöhnt. Aber das ist nicht ungefährlich, denn ich habe in Italien schon manchmal an anderen Spielern gesehen, wie schnell man wieder vom Fenster weg sein kann. Und heute war ich nicht mal der einzige Stürmer, der sich Hoffnungen auf eine Einwechslung machte, denn Turhan Algür saß neben mir. :pups:


    Überraschte es mich, dass der Chef wieder mit einer Mittelfeld-Raute begann? Eigentlich nicht, aber es ärgerte mich ein bisschen, denn dann hätte er Nicola ja wirklich nicht gehen zu lassen brauchen. Und das seine Entscheidung richtig war, zeigte sich schon nach 23 Minuten:



    Wer dagegen in der ersten Halbzeit komplett enttäuschte, waren die beiden Angreifer, Joel und Thomas. Der Augsburger Deckung gelang es, die beiden komplett abzumelden. Als es dann beim Stand von 1:0 in die Kabinen ging, fand der Chef auch einige passende Worte:


    „So geht das nicht!“, wetterte er für seine Verhältnisse ziemlich laut. „Wenn ihr da vorn beide so passiv seid, kann der Gegner sein Spiel total ungestört von hinten aufbauen und wir bekommen prompt die Quittung!“ Er redete sich derart in Rage, dass er am Ende eigentlich praktisch nicht mehr anders konnte – obwohl er das vielleicht eigentlich gar nicht vorgehabt hatte – als zu sagen: „Und damit sich was ändert, bleibst du jetzt draußen, Thomas!“ :banned:


    Turhan und ich sahen uns an. Und dann war ich natürlich doch total enttäuscht, als der Chef sich für ihn entschied. Wir kehrten in die Arena zurück und ich nahm bekniffen wieder auf der Bank Platz, während mein Konkurrent auf den Rasen stürmte. Wurde es heute also nichts? :scared:


    Tatsächlich fiel kurz danach das 2:0. Und wieder waren mit Dontas (LM) und Martínez (OM) zwei Mittelfeldspieler dafür verantwortlich. Letzterer wurde mit seinem Assist und diesem Tor hinterher sogar zum Spieler des gesamten Spieltages gekürt. Und ich hatte zum Glück auch noch meinen Auftritt, denn an Joel lief das Spiel weiterhin ziemlich vorbei, andererseits gab der Vorsprung uns jetzt ziemlich Sicherheit. Nach einer Stunde durfte ich auf den Platz, und wenn auch kein weiteres Tor mehr fiel, verdienten Turhan und ich uns doch um zwei Noten bessere Bewertungen als die beiden Startelf-Stürmer. :gib5:


    Und damit sind wir jetzt Tabellenführer!



    Wenn ihr hier mal hochscrollt, könnt ihr sehen, dass unsere härtesten Konkurrenten in der Liga ja Hannover, Ingolstadt und Jena sind. Bis eben lagen die auch noch auf den Plätzen drei bis fünf, aber ich glaube ja, dass wir nur Hannover wirklich ernst nehmen müssen. Also, okay, natürlich muss man jeden Gegner ernst nehmen, aber ich würde an dieser Stelle schon mal wetten, dass wir am Saisonende mindestens Zweiter werden. Oder was meint ihr? :/

  • 6. Emmo Winter

    (08.09.2022)


    Kennt ihr Emmo Winter? Habt ihr von dem gehört? Und von seinem in jeder Hinsicht bemerkenswerten Weg durch die jüngere Lübecker Fußballgeschichte? Was mich aber am meisten interessieren würde – und beileibe nicht nur mich! – ist, was eigentlich aus ihm geworden ist. :/


    Die meisten meiner deutschen Follower hier wissen sicherlich, dass er zuletzt zweimal in Folge mit dem VfB Lübeck Deutscher Meister wurde. Wobei ich mal davon ausgehe, dass auch meine italienischen Freunde von ihm gehört haben werden. AS Rom zum Beispiel hat er vor anderthalb Jahren als Spieler, Trainer und Manager mit 1:0 und 3:0 aus der Europa League geworfen und den Wettbewerb anschließend gewonnen. Vorige Saison haben sie in der Champions League Real Madrid vom Platz gefegt und dann den *hust* AC Milan im Viertelfinale rausgekegelt, ehe sie dann ganz dramatisch gegen den FC Bayern München mit 0:7 und 0:0 selbst ausgeschieden sind. Hier, das war Emmo Winter:



    Tja, dieses 0:7, von dem hat damals wohl ganz Europa gesprochen. Dabei fing die Misere des VfB Lübeck schon vorher an. Bis in den März hinein sah es ganz nach einem souveränen Durchmarsch von Emmos Team zur zweiten Deutschen Meisterschaft aus, aber dann schwächelten sie plötzlich, in der Mannschaft gab es Stunk, ab Mitte März gab es bis zum Ligafinale nur noch zwei magere Siege und am letzten Spieltag drohte der vielgepriesene Jungstar plötzlich alles zu verlieren.



    Von auskömmlichen 13 Punkten Vorsprung auf die Bayern war nur noch ein einziger übrig geblieben. Am letzten Spieltag nun hatten die Münchner ein Heimspiel gegen den VfB Stuttgart, und das bei der besseren Tordifferenz. Emmos Lübecker mussten also unbedingt gewinnen. Und wer war der Gegner? Tja, das hätte der gute Emmo wohl kaum schlimmer treffen können: Ins Stadion an der Lohmühle kam niemand Geringerer als sein früherer Mentor, der 62-jährige Malte Womerde, mit seinen Dortmunder Borussen.


    Dessen Saison-Rückrunde war unvergleichlich erfolgreicher verlaufen. Nachdem er im Dezember das Amt in Dortmund angetreten hatte, gab es in 21 Spielen 13 Siege, 4 Unentschieden und nur 4 Niederlagen, wodurch man sich vom 13. auf den 7. Tabellenplatz hochhangelte. Ach ja, von dem Typen habe ich auch ein Bild:



    So, nun trafen die beiden also aufeinander. Malte wollte Platz sieben halten und Emmo die Meisterschaft holen. Und so entschied es sich:

    • 13. Minute: Mario Gomez trifft in München zum 1:0 für die Bayern. Damit springen die auf Platz 1.
    • 19. Minute: Kevin Kuranyi erzielt den Dortmunder Führungstreffer in Lübeck, was bedeutet: Emmo ist von der Meisterschaft weit entfernt.
    • 20. Minute: Simone Andrea Ganz markiert postwendend den Lübecker Ausgleich zum 1:1. München bleibt also vor dem VfB und Dortmund vor Stuttgart.
    • 33. Minute: Oliver Ruckendorfer bringt Lübeck mit 2:1 in Führung. Zur Halbzeitpause rutschen die Bayern also wieder auf Platz 2, Dortmund bleibt dank der besseren Tordifferenz vor Stuttgart.
    • 74. Minute: Martin Harnik schafft für die Stuttgarter das 1:1. Damit schieben sie sich vor die Borussia. Und dabei bleibt es dann auch – der VfB Lübeck ist zum zweiten Mal hintereinander Deutscher Meister!

    Was aber danach geschah, weiß niemand so genau. Fest steht, dass in Lübeck groß gefeiert wurde, während man in Dortmund über das Verpassen der Europa-League-Quali betrübt war. Aber Emmo Winter und Malte Womerde sind dann irgendwann einfach von der Bildfläche verschwunden. Von Malte wusste man ja, dass er mal in Schwierigkeiten mit der kroatischen Mafia gesteckt haben soll, damit könnte das zusammenhängen. Um Emmo dagegen gab es mal, vorsichtig ausgedrückt: Unklarheiten in Bezug auf einen angeblichen Doppelgänger, der sich dann als sein Halbbruder entpuppt haben soll. Der steht heute noch als Benno Pentz in der Profimannschaft des VfB, und es gibt Gerüchte, dass es sich dabei in Wahrheit doch wieder um Emmo Winter handeln soll. Aber Genaues weiß niemand darüber.



    Äußerst rätselhaft das Ganze. Falls ihr mal etwas darüber hört oder gar erfahrt, was aus Emmo und Malte geworden ist, lasst es mich gern wissen. Ruhig hier in dem Blog. Man weiß ja nie – plötzlich triffst du irgendwen zufällig auf der Straße, zum Beispiel in Mailand oder in Nürnberg oder sonstwo. Viele glauben ja nicht an Zufälle, ich aber schon, und zwar mit Leidenschaft! :huhu:


    So viel dazu. Jetzt aber mal wieder zurück in die Gegenwart. Am Mittwoch hatten wir das nächste Ligaspiel, und unser Gegner war genau der Club, den Malte Womerde mal gecoacht hat, zu dem aber gerade auch mein guter Kumpel Nicola Marcolini gewechselt ist: der 1. FC Union Berlin.



    Um es vorwegzunehmen: Nicola und ich begrüßten einander beim Rausgehen, aber auf dem Platz kamen wir nicht zusammen. Mein Eindruck ist, dass er seinen Wechsel schon wieder bedauert. Sein Trainer Diego Benaglio ließ im Prinzip genau dasselbe System spielen wie der Chef vor Nicolas Wechsel: ein 4-4-2 mit zwei ZM. Da fragt man sich natürlich, weshalb die überhaupt einen talentierten DM für 220 Mille geholt haben. :frech2:


    Aber auch ich war alles andere als glücklich. Im Sturm der Startelf stellte Barrena nämlich Joel und Turhan Algür auf. Bei Thomas Hertzsch hatte er eine akute Formschwäche ausgemacht, seine Leistung gegen Augsburg war ja auch wirklich nicht doll. Natürlich hätte ich mir gewünscht, seinen Platz einnehmen zu können, aber gut, vielleicht das nächste Mal, der Chef setzte ja sehr auf Konkurrenzkampf. Dummerweise ist da aber erst mal der im Vorteil, der spielen darf, und ich muss neidlos zugeben, dass Turhan seine Chance nutzte.



    Merda! Okay, die hätte ich wahrscheinlich auch noch reingemacht, und Thomas auch. Aber was zählt, ist, dass er sie gemacht hat. Zwei Tore in einer Halbzeit, das roch jetzt schon mal ziemlich stark nach einem Stammplatz. Merda nochmal! Aber dann passierte kurz nach Wiederanpfiff dies:



    Doch irgendwie passte es zu diesem maledetto giorno, dass der Chef sich für Thomas und nicht für mich entschied. Na gut, das konnte ich irgendwo nachvollziehen. Bei dem knappen Spielstand, zumal auswärts, wäre es ein Risiko gewesen, den Angriff mit zwei Jungspunden zu besetzen. Am Ende hatte das Ganze wenigstens noch drei mehr oder weniger positive Aspekte: erstens durfte ich in der 88. Minute auch noch kurz aufs Feld, zweitens spielte Thomas auch heute ziemlich schwach und drittens war Joels Verletzung nicht schwer, zwang ihn aber für elf Tage zum Aussetzen. Und, ach ja: es blieb bei dem 2:1 für uns. :effe:


    Turhan gab übrigens nach dem Spiel der ganzen Mannschaft einen aus, denn das waren seine ersten Zweitligatore gewesen, und das war sehr gut für die Stimmung. Auch zwischen ihm und mir gibt es keine Probleme, wir wissen halt, dass wir einfach nur gut sein müssen, möglichst besser als zwei andere Stürmer aus dem Kader. :drinks:


    Hannover punktete beim Tabellenletzten, auch Augsburg ist uns noch auf den Fersen, aber alles in allem muss man sagen: La direzione è giusta.


  • 7. In der Startelf!

    (18.09.2022)


    Der FC Carl Zeiss Jena ist einer von fünf Vereinen in der zweiten Liga, die aus der früheren DDR stammen. Wobei ich immer wieder staune, dass alle Deutschen dir sofort sagen können, ob ein Club aus dem Osten oder dem Westen kommt. Einen Unterschied kann ich aber überhaupt nicht feststellen, weder in der Sprache noch in der Einstellung oder in der fußballerischen Qualität. Jena hat immerhin auch schon dreimal in der Bundesliga gespielt, zuletzt waren sie da zweimal 16., voriges Jahr hat es über die Relegation noch mit dem Klassenerhalt geklappt, aber diesmal sind sie am FC St. Pauli gescheitert.



    Vor dem Spiel war ich aufgeregter als sonst. Der Grund: wegen Joels Verletzung kamen zum ersten Mal für die zwei ST-Startplätze nur drei Mann infrage. Thomas hatte aktuell eine Spielstärke von 66 und eine Form von 9, Turhan dagegen 66 bzw. 13 und ich 63 und 10. Der einzige Grund, weshalb ich erst mal wieder auf der Bank zu landen fürchtete, war der, dass Jena als Absteiger als einer unserer härtesten Konkurrenten im Kampf um den Aufstieg galt. Und trotzdem: schon am Morgen teilte der Chef mir mit, dass ich von Beginn an ran durfte. Sii! :freu:


    Turhan und ich klatschten uns noch einmal ab, als wir auf den Rasen des Max-Morlock-Stadions einliefen. Obwohl wir Konkurrenten sind, wünschen wir einander immer ehrlich, dass auch der andere gut spielt. Das haben wir beide schon in unseren Jugendmannschaften so gelernt. Und tatsächlich hatte er in der ersten halben Stunde gleich zwei gute Möglichkeiten, die er knapp vergab. Bei mir lief es weniger gut. Einmal zog ich aus dreißig Metern ab, aber das war überhaupt nichts. Trotzdem wurden wir beide zur Pause mit 3,5 benotet, was weder gut noch wirklich schlecht ist. :hmmmm:


    Viel entscheidender aber war, dass es immer noch 0:0 stand. Daran änderte sich auch bis zur 60. Minute nichts. Genauer: bis zur 66. Minute. Dann kam, was kommen musste: der Chef brachte Thomas Hertzsch in der Hoffnung, dass uns gegen diese destruktive Jenaer Abwehr doch noch ein Tor gelang. Turhan und ich blickten bang auf den vierten Offiziellen, und dann hielt der die Tafel in die Höhe – sie zeigte die Nummern 10 und 9! (Wenn ihr aufgepasst habt, wisst ihr, dass ich die Nummer 22 trage.) Turhan schlug mir im Vorbeilaufen noch einmal auf die Schulter, dann kamen Thomas für ihn und Yiðit Akdeniz (IV) für Faizullah al Naqshband ins Spiel. :gib5:


    Und was dann folgte, war einfach nur ein Traum!



    Meine ersten beiden „richtigen“ Tore! Alle, aber auch alle kamen sie nach dem 1:0 mit mir zur Eckfahne gerannt, sogar Keeper Florian Malek und natürlich Turhan von der Bank. Noch besser: nach dem zweiten Treffer gab es von den Rängen ein paar „Pa-o-lo, Pa-o-lo“-Rufe! Für einen Moment glaubte ich, dass das irgendwie eigentlich nicht wahr sein kann. :bravo2:


    Kurz vor Schluss machte Jonas Weinzierl (RM) noch das 3:0, und nach dem Abpfiff wurde vor der Fantribüne gefeiert. Wir hatten den Bundesligaabsteiger ganz locker abserviert! Und dann, auf dem Weg in die Kabinen, passierte es mir zum ersten Mal, dass ein Reporter mit dem Mikro auf mich zukam.



    Abends lud ich natürlich alle zu Onkel Pierfranco ins Milano ein, eine Runde ging auf mich, zwei auf den zio und die ohnehin schon gute Stimmung besserte sich noch einmal kräftig. Dazu trug auch der Umstand bei, dass ich von der Presse zum Spieler des Spiels erklärt wurde.



    Hannover spielte gegen Dresden nur Unentschieden, der höchste Tagessieg gelang Schlusslicht Kiel in Duisburg – aber was spielt das eigentlich für eine Rolle? Wir stehen weiter ganz oben!



    Alessandro und seine A-Jugend setzen übrigens auch ihren Lauf fort. Diesmal gab es ein 4:0 gegen den FSV Frankfurt, womit sie nach fünf Spieltagen weiterhin Tabellendritter und vor allem: ohne ein einziges Gegentor blieben. Alessandros Spiele finden immer dienstags statt, weshalb es uns schon zur Gewohnheit geworden ist, am Dienstagabend immer im Milano Pizza zu essen. Und wenn wir beide gewonnen haben – wie das bisher jedes Mal der Fall war –, geht die Pizza aufs Haus. Und noch eine gute Nachricht gab es diese Woche, die sicher mit der guten Stimmung in der Mannschaft zu tun hatte:



    Pünktlich am folgenden Samstag war Joel wieder fit. Er kam auch mit nach Kiel, wo der Tabellensechzehnte am liebsten an den 5:0-Erfolg der Vorwoche anknüpfen wollte. Holstein Kiel war zum ersten Mal seit Jahrzehnten in der zweiten Liga zu Gast, normalerweise waren sie in der Viertklassigkeit zu Hause. Da sahen wir einen Sieg natürlich als Pflichtaufgabe an. Und wer durfte wieder von Beginn an ran? Richtig, der kleine Pa-o-lo! Joel ließ der Chef noch draußen, damit er sich ganz von seiner Verletzung erholte, und meinen Platz auf der Bank nahm diesmal Turhan ein. „Warte, du kommst bestimmt nach einer Stunde für mich rein!“, sagte ich zu ihm.



    In Halbzeit eins taten wir uns unnötig schwer. Eine eigentlich ganz gute Vorlage von mir konnte Thomas Hertzsch nicht verwerten, Stéphane M’Bia (DM) sah die Gelbe Karte und in einer Tiefschlafphase unserer Abwehr machte Stefan Reuter das 1:0 für die Gastgeber. Aber zum Glück hat der 1. FCN ja noch diesen großartigen talentierten Stürmer!



    Auch nach der Pause hatte ich einige gute Szenen. Dann wechselte der Chef nach einer Stunde Turhan für Thomas ein, der heute wieder ziemlich glücklos agierte, und auf der RM-Position Ali Bastan für den schwachen Jonas Weinzierl. Der brachte übrigens kurz nach seiner Hereinnahme das Kunststück fertig, eine Ecke direkt an den Pfosten zu setzen – das habe ich so auch noch nicht gesehen. Fünf Minuten vor Schluss, als es klar nach einem Unentschieden aussah, ging noch Martínez (OM) raus, für ihn kam Timmy Simons rein – und das war wohl so etwas wie die spielentscheidende Maßnahme.



    Ja, schnell, das bin ich! Das muss auch dem Chef in diesem Spiel ein paar Mal aufgefallen sein. Und so hatte die Mannschaft nun schon zum zweiten Mal mir den Sieg zu verdanken! Dem kleinen Milanese! Dementsprechend wurde ich gefeiert, und capitano Javier Pínola sagte sogar zum Trainer: „Carlos, den Jungen musst du unbedingt jedes Mal aufstellen – der bringt uns Glück!“ :goodluck:


    Aber damit nicht genug: Ich war heute auch Spieler des Spiels und stand zum ersten Mal in der Elf des Tages! Außerdem belegte ich mit jetzt vier Treffern Platz fünf der Torschützenliste (zusammen mit vier anderen) und meine Stärkebewertung war von 63 auf 66 gesprungen! :thumbup:


    Nach nunmehr acht Siegen in Folge stehen wir in der Tabelle natürlich glänzend da, zumal Augsburg im Heimspiel gepatzt hat. Ihr Gegner war allerdings Hannover 96; gegen die spielen wir in zwei Wochen, da zeigt sich dann, was wir wirklich drauf haben.


  • 8. Internazionale Milano

    (26.09.2022)


    In Deutschland ist es zwar ziemlich cool, das muss ich zugeben. Aber ewig bleibe ich hier nicht. Rostbratwürste, Sauerbraten, das kalte Wetter und dieser Dialekt, den die hier sprechen – das ist eigentlich alles nur zum Weglaufen. Und außerdem schlägt mein Herz sowieso für Inter, das wird sich auch nie ändern – questo non cambierà mai ! :nummer1:


    Und deshalb gilt mein erster Blick bei SportEventz – das ist meine Sport-App – immer gleich den Ergebnissen der Serie A. Leider sieht es da zurzeit ziemlich brutto aus:



    Die Nerazzurri auf Platz 14! Das hat es in hundert Jahren nicht gegeben! Fünf Spiele, und gerade mal gegen Pescara gab es einen Sieg (3:1)! Pescara – ich wusste gar nicht, dass die überhaupt eine Fußballmannschaft haben! 0:1 in Bergamo, 0:3 bei AS Rom und gegen Brescia und Cagliari jeweils 1:1 – so wird es dieses Jahr wieder nichts mit dem scudetto. :patsch:


    Aber ich sage euch: eines Tages holt Diego Milito (oder wer zum Henker dann gerade Manager bei Milan ist) keinen Geringeren als Paolo Barbagli in die Beneamata, und dann werden wir wieder Meister! Zum ersten Mal nach 2015, und mit Sicherheit nicht zum letzten Mal! :freu:


    Immerhin, in der Coppa Italia sind wir noch dabei. Nach einem großartigen Sieg in der ersten Runde. Der Gegner hieß AC Isola Liri. Schon mal gehört? Ich auch nicht. Inter hatte Heimrecht, durfte also im San Siro spielen, und tatsächlich haben sie die Laziali mit 2:0 vom Platz gefegt. Mit 2:0! Ein Tor nach dem anderen! Mal ehrlich: mi vogliono fregare? Kann das wahr sein? Ich habe dann mal genau nachgeschaut, ob der Schiri vielleicht zu Spielbeginn die Hälfte unserer Spieler vom Platz gestellt hat, aber nein: es waren elf gegen elf. Und vor der Rekordkulisse von 92.980 Zuschauern, derentwegen allein sich die Provinzler schon in die Hosen hätten machen müssen, schafft es einzig der 35-jährige Altstar Mauro Zárate, zweimal das Tor zu treffen. :hunter:


    Überhaupt, Zárate, wenn wir den nicht hätten. Sieben unserer vierzehn Saisontore hat er erzielt. Zweimal auch in der Europa League, wo wir die Play-Offs gegen den schottischen FC Motherwell bestreiten mussten und mit einem blauen Auge durchkamen (1:0 und 1:1). Jetzt haben wir es in der Gruppenphase mit Celtic Glasgow, Újpest Budapest und ASC Oțelul Galați zu tun. Die kommen übrigens aus Rumänien, auch nie gehört. Celtic haben wir immerhin gerade schon 3:0 geschlagen, wieder war Zárate zweimal erfolgreich. Aber wie das weitergehen soll, da wird mir übel… <X


    Okay, sorry, Leute, das musste jetzt mal sein. Inter ist eben il mio cuore! Nun aber mal zu dem nächsten Spiel des 1. FC Nürnberg.



    Der SC Paderborn ist 2005 zum ersten Mal in die zweithöchste deutsche Spielklasse aufgestiegen – und dort seitdem geblieben, ohne dass je etwas Spektakuläres passiert wäre. Nur mit Ausnahme einer kurzen Stippvisite in der Dritten Liga 2008/09. Im besten Fall wurden sie mal Vierter, aber von so etwas wie der Bundesliga träumt in Paderborn niemand. Und so wird es auch diese Saison wieder werden. Gerade mal ein Spiel haben sie bisher gewonnen, 3:1 gegen Union Berlin. Und trotzdem warnte uns der Chef vor denen, denn die seien manchmal sehr schwer auszurechnen. Sie haben die zweitjüngste Mannschaft der Liga. :bigboss:


    Von uns vier Stürmern blieb diesmal Thomas Hertzsch draußen, Joel durfte nach seiner Verletzung wieder von Beginn an ran und Turhan blieb der Platz auf der Bank. Ich hatte dann auch die erste große Chance des Spiels, als ich nach einer Viertelstunde einen Freistoß von Javier Pínola mit dem Kopf erwischte, aber der Ball klatschte gegen den Pfosten und sprang von da dem gegnerischen Keeper in die Arme. Ansonsten durfte ich mich mal des Gefühls erfreuen, als gefährlicher Angreifer konsequent gedeckt zu werden. Kurz gesagt: viel gelang mir heute nicht. :wtf:


    Zur Halbzeit stand es 0:0, aber kurz nach dem Wechsel traf Martínez (OM) zu unserer Führung. Und keine fünf Minuten später war er wieder zur Stelle, obwohl das Tor eigentlich wegen eines vorangegangenen Fouls nicht hätte zählen dürfen. Dann kam der Wechsel: der erschöpfte und noch nicht wieder fitte Joel machte Platz für Turhan Algür. Eine Viertelstunde vor Schluss ergab sich dann diese Situation: M’Bia (DM) flankt, Martínez schießt, aber Keeper Marcolini – übrigens auch ein Italiener, aber in Düsseldorf geboren – kann abwehren. Der Ball rollt nach rechts rüber und Turhan und ich sprinten gleichzeitig drauf los. Er ist einen Tick schneller als ich und macht das 3:0. :umarm:


    In der Nachspielzeit ist dann noch der Paderborner Ehrentreffer gefallen, aber das juckt keinen. Wir sind zufrieden, alle haben gut gespielt und wir festigen unsere Tabellenführung.



    „Du warst nicht schlecht“, sagte Carlos Barrena nach dem Spiel zu mir. Er sucht überhaupt immer gern mal das Einzelgespräch. „Und du hast sicher gemerkt, dass du dich an eine neue Rolle gewöhnen musst.“ :|


    Ich nickte. „Manndeckung ist die Krätze!“, sagte ich. :nase:


    „Klar, ich verstehe dich. Aber denke immer an zwei Dinge: Erstens, wer damit beschäftigt ist, dich zu decken, der kümmert sich nicht um die anderen, also eröffnest du deinen Mitspielern damit Chancen. Und zweitens sieh es als eine Herausforderung: lauf deinem Bewacher weg, schlage Haken, spiele unkonventionell! Das macht dich garantiert zu einem besseren Stürmer, als du es sonst jemals hättest werden können.“ :thumbup:


    Irgendwie ist das ja wirklich etwas Gutes, habe ich mir seitdem überlegt. Und ich bin entschlossen, diese Herausforderung anzunehmen. Am Schluss wollte der Chef wissen, ob ich noch eine Frage hätte.


    „Um ehrlich zu sein, ja. Ganz was anderes. Nächste Woche haben wir doch spielfrei, oder?“ :/


    „Richtig. Da werden wir uns wohl einen kleinen Testspielgegner suchen.“


    Da kam ich etwas ins Drucksen, aber er forderte mich auf, geradeheraus zu sagen, was mir am Herzen lag.


    „Könnten wir nicht mal, ich meine, einfach mal so…“



    Um es vorwegzunehmen: er hat es gemacht! 82.500 Euro will Inter dafür haben, aber es findet statt: mein erstes Spiel gegen die Nerazzurri! Und noch besser – es ist ja mein erstes Spiel überhaupt, bei dem ich mit den Inter-Profis auf einem Platz stehe! Non vedo l’ora! :love:


    Klar, dass ich darüber mit meinem Kumpel Alessandro aus der A-Jugend reden musste. Der hatte aber auch tolle Neuigkeiten: Zum ersten Mal durfte er in unserer B-Mannschaft mitspielen, und da sorgte er dafür, dass es beim 3:0 gegen den FC Ismaning mal wieder kein Gegentor gab. Inter ist dagegen nicht so sehr sein Ding, er möchte vielmehr unbedingt mal für Juve spielen. Naja, wenigstens nicht für *hust* Milan.X/


    Aber jetzt muss ich das erst mal aus dem Kopf kriegen. Denn als Nächstes kommt Hannover 96 ins Max-Morlock-Stadion. Wenn wir die schlagen, verwette ich meine Original-Autogrammkarte von Giuseppe Bergomi, dass wir in die Bundesliga aufsteigen! Insofern sieht unser Programm für den Monat Oktober schon ganz schön beeindruckend aus, oder?


  • 9. Großes Kino

    (16.10.2022)


    Hannover 96 hat insgesamt 34 Jahre in der Bundesliga zugebracht, das sind sechs Jahre mehr als beim 1. FC Nürnberg. Vor allem aber haben sie es geschafft, zwanzig Jahre in Folge dort oben zu bleiben, ehe sie dieses Jahr als Tabellenvorletzter den Gang in die Zweitklassigkeit antreten mussten. Nun wollen sie unter Trainer Marcus Hoffmann natürlich gleich wieder ins Oberhaus zurückkehren.




    Der Chef lässt im Angriff jetzt häufiger rotieren, aber zum Glück scheint er mir einen Stammplatz zu gönnen. Auch wenn er vor jedem Spiel betont, dass das keineswegs selbstverständlich sei. Heute ließ er Turhan draußen, Joel saß auf der Bank und neben mir stand Thomas Hertzsch in der Startelf. Ob er sich wohl gefragt hat, ob das die richtige Entscheidung war? Naja, falls ja, dann mit Sicherheit nicht lange.



    Ansonsten tat ich sehr viel fürs Spiel, fiel aber in der ersten Hälfte eigentlich nur dadurch auf, dass mir einmal ein Stollen abbrach und ich die Schuhe wechseln musste. Unser Keeper Florian Malek hatte dagegen zwei besondere Momente: Nach einem Foul, das eigentlich überhaupt keins war, gab es einen Elfer, den er bravourös hielt, und fünf Minuten später trat er über einen harmlosen Ball und ermöglichte den Hannoveranern damit den Ausgleich. Und auch bei dem Kopfballtor für die Gäste in der zweiten Minute der Nachspielzeit sah er gar nicht gut aus. Halbzeitstand: 1:2! :cry:


    In der Pause wurde der Chef ganz schön laut, das könnt ihr mir glauben. Und tatsächlich machten wir danach gleich mächtig Druck. Mir gelang sogar noch ein Tor, das allerdings wegen Abseits nicht gegeben wurde. Blöderweise gab der Schiri nach einer Stunde wieder Elfmeter für Hannover, obwohl Pínola das Foul, wie wir fanden, allenfalls außerhalb des Strafraums begangen hatte. Egal, Edgar Barreto unternahm seinen zweiten Versuch – und diesmal schoss er drüber! :effe:


    Das war dann der Moment, in dem der Chef Joel aufs Feld schickte. Aber nicht etwa für Thomas oder mich, sondern für Matheos Dontas (LM). Er wollte unbedingt eine Niederlage vermeiden, und wir wollten das natürlich erst recht! Die ungewohnte Drei-Stürmer-Variante machte uns keinerlei Mühe, im Gegenteil, beim ersten Angriff verfehlte ich mit einem Heber das Tor nur knapp. Es folgte eine Serie von Ecken, und die haben wir im Training geübt!



    Danach waren wir dem Siegtreffer näher als die 96-ziger, aber es blieb beim 2:2. In der Fankurve wurden wir frenetisch gefeiert, obwohl wir ja zum ersten Mal in dieser Saison nicht gewonnen hatten. Aber man muss schon zugeben, dass die Tabelle echt geil aussah.



    Erinnert ihr euch, dass ich hier am Anfang gesagt habe, Hannover, Ingolstadt und Jena seien unsere ärgsten Konkurrenten? Heute sieht man auch der Tabelle an, dass ich damit gar nicht so falsch gelegen habe. Auch wenn Jena noch etwas hinterherhinkt. Aber jetzt schon sieben Punkte Abstand zum Relegationsplatz, das nenne ich mal eine Ansage! :cheers5:


    So, nun aber zu meinem Spiel des Jahres! Die ganze Woche war ich total aufgeregt. Nur mehr am Rande nahm ich die „Bewertung der Neuzugänge“ durch den Kicker – das ist hier sozusagen der Corriere dello Sport – zur Kenntnis:



    Hertzsch und Algür zählten da nur als „Mitläufer“, Christofi wurde sogar als „Flop“ bezeichnet. Naja, ich kenne das aus Italien, das nimmt keiner so wirklich für voll. Aber beweisen wollte ich natürlich schon gern, dass das Urteil in Bezug auf mich stimmte. Am liebsten jetzt gleich, wenn Francesco Bernardini mit seiner squadra nach Nürnberg kam!



    Doch die erste Enttäuschung kam gleich am Samstagmorgen. „Paolo, du darfst dir deine Helden erst mal von draußen ansehen“, verkündete der Trainer zu meiner Verblüffung. Ich wusste sehr wohl, dass man besser keine Rückfragen stellte, wenn Carlos Barrena eine Entscheidung getroffen hatte. Aber blöd fand ich das schon. Denn da waren sie nun alle, fast zum Greifen nah und doch so weit weg:



    Die erste halbe Stunde des Spiels muss für die 5.660 Zuschauer ziemlich langweilig gewesen sein, für mich war sie aufregend und faszinierend. Einfach fantastico, wie die Schwarzblauen, die ich natürlich alle bestens kannte, da liefen und kämpften und fluchten und all das machten, was zum italienischen Fußball gehört! Und dann: zwei Freistöße des göttlichen Miralem Pjanic (LM) – einer fand genial die Lücke und knallte von der Unterkante der Latte aus knapp hinter der Torlinie auf, den zweiten konnte Zárate erlaufen und tunnelte unseren Keeper. 0:2 zur Pause! :pupillen:


    Aber zur zweiten Hälfte durfte ich endlich auf den Platz! Einige Nerazzurri, mit denen ich schon gemeinsam trainiert hatte, erkannten mich jetzt auch wieder und begrüßten mich sehr herzlich. „Bene, piccolo, dobbiamo aver paura di te?“, frotzelte Luca Antonelli, „Müssen wir vor dir Angst haben?“, und ich glaube, ich wurde sogar ein bisschen rot. :blush:


    Gespielt habe ich aber, glaube ich, ziemlich grottenmäßig. Irgendwie war ich unkonzentriert und musste immer denken: Mann, du stehst hier mit den Spielern von Inter auf dem Rasen! Okay, in den letzten zwanzig Minuten gelang mir noch so einiges, dreimal hätte mir mit etwas mehr Glück ein Tor gelingen können, doch stattdessen schlug Pjanic noch einmal zu, diesmal mit einem Eckball, den Galimberti (ST) ganz unkompliziert ins Tor köpfen konnte. Wir verloren also 0:3, aber trotzdem: es war ein einzigartiges, wundervolles Erlebnis!



    Nachdem wir nun allerdings zwei Spiele hintereinander nicht gewinnen konnten, waren in der nächsten Begegnung drei Punkte Pflicht. Der 1. FC Kaiserslautern hat mit dem Club – neben dem „1. FC“ im Namen – eine weitere Gemeinsamkeit: ihr Stadion ist nach einem WM-Helden von 1954 benannt; es heißt Fritz-Walter-Stadion. Obwohl: zurzeit haben sie den Namen aus Geldgründen verkauft, und so standen wir uns dann am 16. Oktober im RISIKO-Stadion gegenüber. Die „Roten Teufel“, wie sie auch genannt werden, sind zuletzt 2012 aus der Bundesliga abgestiegen, danach hatten sie 2020/21 sogar mal ein Gastspiel in der Dritten Liga. Aktuell standen sie vor unserer Begegnung auf Platz acht, hatten aber ein ziemlich happiges Programm vor sich: erst gegen uns, dann in Hannover und danach im DFB-Pokal gegen den SV Werder Bremen. Nun, von mir aus konnten sie sich heute schon mal ans Verlieren gewöhnen! :sarka:


    Wie ich gehofft hatte, stand ich diesmal wieder in der Startelf. Thomas Hertzsch wurde stattdessen auf die Tribüne verbannt, neben mir stürmte Joel. Und nach fünf Minuten hatte ich auch gleich die erste Chance, setzte den Ball aber leider knapp neben das Tor. Eine Viertelstunde später hätte es für mein Empfinden Strafstoß geben müssen, als ich im Strafraum festgehalten wurde, aber der Schiri winkte nur ab. Ärgerlich! Insgesamt waren wir überlegen, aber das Tor machten die Gastgeber: Guido Wagner (OM) köpfte nach einer Ecke zur Führung für die Lauterer. :sshithappens:


    Ich gebe zu, es war nicht mein bestes Spiel. Obwohl ich sehr viel rackerte und auch drei, vier gute Chancen hatte. Trotzdem war ich enttäuscht, als der Chef mich nach einer Stunde für Turhan rauswinkte. Eigentlich hatte ich gehofft, er würde Joel auswechseln, der in der ersten Hälfte richtig schwach spielte. Aber unmittelbar nach der Pause gelang ihm nach einem Doppelpass mit Dontas (LM) der Ausgleich und sieben Minuten mit einem absoluten Glückstor sogar das 2:1. Damit hatte er sich natürlich so eine Art Bleiberecht gesichert. Turhan machte es dann auch nicht besser als ich, aber Weinzierl (RM) gelang noch das 3:1, und damit gingen wir hier am Ende doch mit einem ziemlich souveränen Sieg vom Platz.



    Unsere Serie setzt sich also fort, wie es aussieht! Zwar haben Ingolstadt, Hannover und Jena ebenfalls gewonnen, aber nach einem runden Drittel der Saison muss man uns wohl als ernsthaften Titelanwärter ansehen.

  • 10. Zwei schwere Spiele

    (26.10.2022)


    Am Dienstag saßen Alessandro und ich mal wieder in Onkel Pierfrancos Pizzeria und mampften Pizza. :essen:


    „Schon geil, wie ihr den anderen davonzieht!“, sagte er mit vollem Mund. „Wenn ich nächstes Jahr einen Profivertrag kriege, sind wir sicher in der Bundesliga dabei.“


    Ich stimmte ihm zu. Ein kleines bisschen ärgerte es mich allerdings, dass er so überhaupt nicht auf mein Spiel gegen Inter einging. Naja, wahrscheinlich ist er neidisch – kann ich ihm auch nicht verdenken. Dann fragte er:


    „Was glaubst du, ob ich eine Chance habe, dann schon zu den Profis zu kommen?“


    Tja, was sollte ich darauf jetzt antworten? Seine Spielstärke würde bis dahin wohl kaum über 60 gekommen sein und zweieinhalb Sterne sprachen auch nicht gerade für eine super Talenteinschätzung. Andererseits konnte man ihm eins nicht absprechen: dafür, dass die A-Jugend in zehn Spielen immer noch kein einziges Gegentor kassiert hatte, war er zweifellos mitverantwortlich.



    Offen gestanden beeindruckte mich das außerordentlich. Blöd war nur, dass sie schon dreimal unentschieden gespielt hatten und deshalb nicht auf einem Aufstiegsplatz standen. :patsch:


    „Wart’s ab“, riet ich ihm, „das hängt nicht allein von dir ab. Hauptsache, du bekommst überhaupt einen Vertrag, und wenn es erst mal für die zweite Männer ist.“


    Im Grunde träumen wir ja beide, wenn wir ehrlich sind, davon, in der Serie A zu spielen. Er für Juve und ich für Inter. Oder notfalls auch erst mal woanders (außer natürlich für *hust* Milan).



    Das nächste Spiel sorgte im Vorfeld für mächtig Schlagzeilen: Die beiden Spitzenteams der Liga trafen aufeinander, Erster gegen Zweiter. Okay, ich fand ja, dass die Schanzer lange nicht so stark einzuschätzen waren wie Hannover, aber gegen unseren unmittelbaren Verfolger, der fünf Punkte hinter uns lag, standen wir dann doch ziemlich unter Spannung. „Spielt euren Stil“, sagte der Chef, „damit seid ihr für die am schwersten zu kriegen.“ Und ich? Ja, ich stand wieder in der Startelf! Diesmal traf es Turhan, der zuschauen musste, Thomas Hertzsch durfte wenigstens auf der Bank Platz nehmen, weil er eine leichte Formsteigerung zu verzeichnen hatte. Zum ersten Mal war übrigens auch der Ukrainer Mikhail Storozhuk (LM) mit von der Partie, der wegen eines Patellasehnenrisses vier Monate ausgefallen war. :hi:


    Ein kurze Erläuterung zu Ingolstadt: Bundesliga ist für die ein Fremdwort. Kam in ihrer Geschichte noch nicht vor. Aber immerhin konnten sie in den letzten vier Jahren dreimal Rang vier in der zweiten Liga belegen, scheiterten also nur knapp am Aufstiegsziel. Das wollen sie dieses Jahr besser machen. :loko:


    Aber nicht gegen uns! Wir starteten gleich furios ins Spiel und erarbeiteten uns eine erkleckliche Zahl von Chancen. Die erste Hälfte von Halbzeit eins gehörte nur uns. Und als Lohn erzielte Martínez (OM) in der 23. Minute das 1:0. Danach wurde das Spiel ausgeglichener, aber ich scheiterte einmal am Gästekeeper Sebastian Peter und kurz vor der Pause schlug Martínez nach einem Abwehrfehler erneut zu – 2:0! :ok:


    Nach Wiederanpfiff ging es genauso weiter. Martínez zog die Fäden, ganz stark spielte auch Thomas Gluderer (RV) und nach einer Stunde hätte ich um ein Haar das 3:0 gemacht. Dann brachte der Chef Thomas für Joel, der wenig glücklich agiert hatte, und Robert Mak als RM. Irgendwie ging uns damit aber die Linie verloren und in der 79. Minute schaffte Ingolstadt durch Kuck (RV) den Anschlusstreffer. Zum Glück überboten wir uns danach aber alle an Harmlosigkeit und es blieb bei dem knappen Sieg. :anzeige:


    Die Stürmernoten (die ich mir nach jedem Spiel notierte) waren: 3,5 für Joel, 3,0 für Thomas und 2,5 für mich. :yeah:


    Immerhin, dieses wichtige Spiel hatten wir gewonnen! Na klar, auch Hannover holte drei Punkte, und so waren die jetzt unsere Verfolger, allerdings schon mit ziemlich beruhigenden sieben Punkten Rückstand.



    Schwach gespielt, knapp gewonnen – normalerweise ist das eher eine gute Ausgangsbasis für das nächste Spiel. Diesmal hätten wir aber wohl schon eine überragende Leistung zeigen müssen, um vier Tage später nicht als krasser Außenseiter zu gelten. Da kam nämlich im DFB-Pokal der FC Schalke 04 nach Nürnberg. Die lagen zwar gerade nach einem ziemlich verkorksten Saisonstart nur auf Platz 13 der Bundesliga, aber mit Spielern wie Per Mertesacker, Lars Bender und Aaron Hunt waren die doch eine ganz andere Kragenweite als unsere Ligakonkurrenz. Umso schärfer war ich natürlich darauf, von Beginn an zu spielen und mein Können zu zeigen!



    52.652 Zuschauer kamen ins Stadion – vor so vielen hatte ich noch nie gespielt! Die Kulisse war überwältigend, die Stimmung riesig. Natürlich waren wir hier der Underdog, aber wenn man die Fans so hörte, stand nur noch die Höhe unseres Sieges infrage. :party2:


    Das Spiel begann nervös, seltsamerweise auch auf Schalker Seite. Und es zeigte sich bald, dass beide Torhüter – Florian Malek bei uns und Tim Bauer auf der anderen Seite – die besten Spieler auf dem Platz waren. Nach einer Viertelstunde ergaben sich die ersten müden Chancen, aber Hochklassiges sahen die Zuschauer in der ganzen ersten Hälfte nicht. :hmmmm:


    Nach dem Wechsel änderte sich daran nicht viel. Unsere Abwehr erwies sich als erstaunlich sattelfest und die Königsblauen als zu umständlich, um uns ernsthaft gefährlich zu werden. Zudem fischte Malek alles weg, was aufs Tor kam. Dann war eine Stunde rum und ich blickte besorgt in Richtung Trainerbank, aber der Chef machte keinerlei Anzeichen, einen Wechsel vornehmen zu wollen. Setzte er jetzt schon auf eine Verlängerung? Schalkes Trainer Nicolas Kurz schickte dagegen Marcus Dreher auf den Platz, ein 18-jähriges Stürmertalent, das zu Saisonbeginn aus Bremen gekommen war. Aber das stachelte mich nur an, und in den nächsten Minuten hatte ich drei nicht ganz schlechte Gelegenheiten, die Nürnberger Führung zu erzielen. Leider wurde da nichts draus, und die reguläre Spielzeit endete tatsächlich 0:0. :ui:


    Bei Schalke kamen danach auch noch ein IV und ein ZM ins Spiel, während der Chef diesbezüglich weiter vollkommen untätig blieb. Anscheinend hatte er gemerkt, dass wir alle noch bei ziemlich guter Kondition waren, insgesamt gut mithielten und mit etwas Glück die Null hielten. Erst zehn Minuten vor dem Ende der Verlängerung brachte er mit Christofi (RV), Simons (ZM) und Joel (ST) drei frische Spieler, die zudem gut Strafstöße treten können. Wow, dachte ich, ziemlich abgezockt! Aber er lag total richtig damit, denn wir überstanden tatsächlich auch den Rest der Spielzeit torlos. :thumbup:


    Und dann kam das Elfmeterschießen! Zum zweiten Mal im zweiten Pokalspiel! Und das vor über fünfzigtausend, die buchstäblich tobten! :hutab:


    Wir hatten den ersten Schuss. M‘Bia fing an. Und er verwandelte seinen sicher. Aaron Hunt war der Erste für die Gäste, und – Florian Malek hielt! Riesenjubel im Stadion, der Außenseiter lag in Führung! Danach waren zunächst einmal jeweils die Schützen erfolgreich; auch ich! Ich entschied mich für die linke Ecke, und da wäre sogar noch viel Platz geblieben. Aber nach mir war für uns Christofi dran, und der schoss ziemlich kläglich am Tor vorbei. Schade – doch ausgeträumt? Nein!!



    Unglaublich – wir haben den großen FC Schalke 04 aus dem DFB-Pokal geworfen! Und ich habe dabei auch wieder getroffen! Jetzt stehen wir schon in der dritten Runde des Pokals! Ich glaube, ich bin ein paar Stunden nur wie unter Drogen gewesen und kann jetzt noch gar nicht richtig begreifen, was da passiert ist. :irre:


    Anschließend haben wir dann noch mit der gesamten Mannschaft die Auslosung der nächsten Runde angesehen. Außer Schalke sind auch die Bundesligisten Stuttgart (in Cottbus) und Fürth (gegen Jena) an Zweitligisten gescheitert. 1860 München, Mönchengladbach und Mainz sind gegen andere Bundesligisten ausgeschieden und Wolfsburg, Freiburg und St. Pauli waren schon gar nicht mehr dabei. Im Lostopf waren also nur noch neun Erstligisten, und wir zogen – ausgerechnet den aktuellen Drittplatzierten der Bundesliga, den 1. FC Köln!


  • 'Oh man, wer war gleich nochmal Emmo Winter? Mit Paolo Barbagli gibt es längst einen neuen Superstar. Ich liebe deine Art zu erzählen, muss ich einfach mal loswerden und bin froh das es wieder eine Story dieser Machart von dir gibt.

  • 11. Ohne Gegentor

    (13.11.2022)


    Nach diesen beiden schweren Spielen kamen erst mal drei vergleichsweise leichte Aufgaben auf uns zu. Natürlich schwammen wir immer noch auf der Riesenwelle der Euphorie nach dem Pokalspiel. Da waren wir uns ziemlich einig, dass es jetzt gegen Duisburg, Burghausen und Cottbus eine Siegesserie geben musste. Man kann Carlos Barrena allerdings nicht vorwerfen, dass er uns nicht vor Überheblichkeit gewarnt hätte.



    Der MSV lag nun schon seit dem dritten Spieltag auf einem Abstiegsplatz. In der Bundesliga waren sie zwar ganz zu Beginn mit dabei gewesen – damals noch als „Meidericher SV“ mit der WM-Legende Helmut Rahn –, aber zuletzt sind sie nach vier Jahren Drittklassigkeit gerade erst wieder in die 2. Bundesliga aufgestiegen. In dieser Saison noch ohne Sieg, befinden sie sich anscheinend gerade wieder auf dem Rückweg, den wir Ihnen natürlich nicht verstellen wollen. :devil:


    Eigentlich hätten wir schon früh in Führung gehen müssen, aber es dauerte bis zur 22. Minute, ehe der wiedergenesene Storozhuk (LM) auf Vorarbeit von Joel sehenswert zum 1:0 traf. Und auch danach war es teils dem Duisburger Glück und teils unserer Unfähigkeit zuzuschreiben, dass es bis zur Halbzeit bei diesem knappen Spielstand blieb. :pinch:


    Nach dem Wechsel das gleiche Bild: Wir haben die Chancen, die Gastgeber zeigen praktisch nichts, aber uns gelingt kein weiteres Tor. Nach einer Stunde wagte der Chef mal ein Experiment, indem er Turhan ins Spiel brachte, aber nicht etwa für Joel oder mich, sondern für den gelbverwarnten Naqshband (IV). Außerdem durfte Christofi (RV) rein. Aber irgendwie verloren wir damit endgültig den Faden, das Spiel wurde fade und fand fast nur noch im Mittelfeld statt. Kurz vor Schluss erhielt Robert Mak (RA) noch einmal etwas Spielzeit, aber das brachte auch überhaupt nichts. :no:


    Okay, 1:0 ist auch gewonnen. Dass der Tabellenletzte der Gegner war – Schwamm drüber.



    Wie ihr seht, gewannen unsere Verfolger ebenfalls. Nur Jena habe ich vielleicht doch etwas überschätzt. :fyou:


    Unter der Woche ging ich übrigens mit Alessandro und einem weiteren Italiener aus der A-Jugend, Rocco Benci (IV), mal in das Vereinsmuseum des Clubs. Bis dahin hatte ich gar nicht gewusst, dass wir so etwas haben. Aber am Rande hatte ich Christian Frahn, unseren Geschäftsführer, mal stöhnen hören, dass das Museum wieder 4.630 Euro Verlust gemacht hatte. Ich fand das sehr schade und eigentlich auch ziemlich unverständlich für einen Verein, der immerhin neun Mal Deutscher Meister war und schon 122 Jahre alt ist. Und interessant ist es da auch. Ihr könnt es sogar online besuchen:


    1. FC Nürnberg: Club-Museum


    Aber eins stimmt schon: da müsste unbedingt bald mal wieder ein Titel her! Na gut, erstmal werden wir Zweitligameister! :sdafür:


    Es gibt übrigens noch einen weiteren Italiener bei uns. Okay, Ali Bastan (RM) ist in erster Linie Türke, hat aber auch unsere Staatsangehörigkeit. Und mit ihm verbindet mich, dass er wie ich erst 19 ist und damit der Zweitjüngste bei den Profis. Mit einer Spielstärke von 60 bis 64 hat er in dieser Saison allerdings erst vier Einsätze zu verzeichnen, und hinter Jonas Weinzierl und Robert Mak sieht es für ihn insofern auch nicht gerade nach großen Verbesserungen aus. Weshalb ich das Ganze erzähle? Nun, Ali ist der Nächste, der uns verlassen wird.



    Beim nächsten Spiel saß er dann auch schon gar nicht mehr auf der Bank.



    Wacker Burghausen – von denen hatte ich zuvor auch noch nie etwas gehört. Bundesliga kam bei denen noch nicht vor, aber in der zweiten Klasse sind sie nun immerhin schon im siebten Jahr dabei. Dass ich wieder in der Startelf stand, war für mich schon fast zur Selbstverständlichkeit geworden. Joel bildete die zweite Spitze, Thomas Hertzsch stand heute als Ersatz in den Startlöchern. :huhu:


    Was die Qualität unseres Spiels anging, knüpften wir nahtlos an die vorige Begegnung an. Viel Gerenne, kein Ertrag. Immerhin hatte ich einige gute Szenen. Aber auch gegen diesen eher schwachen Gegner brachten wir nichts Zählbares zuwege, zur Pause stand es 0:0 und das Publikum murrte. Zu recht. Aber wurde es danach besser? Nein. Auch nicht, als der glücklose Joel für Thomas rausging. Etliche unzufriedene Zuschauer hatten das Stadion schon verlassen, als zum Glück doch noch etwas passiert.



    Yesss! Das war zwar etwas glücklich und nun schon das zweite schwache 1:0, aber letztlich kommt es ja nur auf die Punkte an. Und ich war stolz darauf, dass ich das für das Team hinbekommen hatte. Vermutlich war es letztlich allein diesem Tor zu verdanken, dass ich nicht nur zum Spieler des Spiels erklärt wurde, sondern auch zum zweiten Mal in die Elf des Tages kam. In der Torschützenliste schob ich mich nun wieder auf Platz sieben vor; wie ich hatten die vor mir liegenden Christoph Schlegel (Ingolstadt) und Manuel Neidhart (Dresden) siebenmal getroffen. Aber viel wichtiger: Wir hatten unsere Tabellenführung sogar ein bisschen ausgebaut!



    Hier sieht man übrigens erschreckend gut, was Ali Bastan sich da antut: Im neuen Jahr spielt er für einen künftigen Drittligisten. Es sei denn, er bringt in Kiel die Wende. Naja, wünschen würde ich es ihm. :friends:


    „Chef?“, sprach ich unseren Trainer und Manager unter der Woche mal an. „Hat hier eigentlich irgendwer was gegen Italiener?“


    Er grinste gleich, weil er wusste, dass ich so etwas nicht ernst meinte. Aber dass wir jetzt schon zwei Italiener in Folge abgegeben hatten, machte ihn dann doch nachdenklich. :ssorry:


    „Hast du etwa Heimweh?“, fragte er zurück, was ich natürlich entschieden verneinte. Aber als Südamerikaner konnte er sehr gut nachfühlen, dass man schon gern ein bisschen Heimatgefühl um sich herum hat. „Weißt du was, wir können Hanno Flender ja mal einen kleinen Italienurlaub gönnen.“ Dabei zwinkerte er mir verschmitzt zu, aber was er damit gemeint hatte, wurde mir erst klar, als ich tags darauf den Zettel am schwarzen Brett las. Und ich muss sagen, ich fand den Chef da mal wieder grandioso!



    Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass ich mir jetzt immer die Bewertungen von uns vier Stürmern notiere? Nach den letzten beiden Spielen sah es da so aus:



    Vor unserem dritten vermeintlich leichten Spiel in Folge, nämlich in Cottbus, gab es mal wieder ein ligaspielfreies Wochenende. Und da ließ sich Carlos Barrena ja immer gern mal etwas Besonderes einfallen. Diesmal hatte er drei Teams zu einem kleinen, lockeren Turnier eingeladen. Unsere Gäste waren drei unterklassige Teams.



    Um es vorwegzunehmen: dem 1. FC Passau begegneten wir nur in den Kabinen und am Spielfeldrand, denn die verloren ihre erste Begegnung gegen Schwachhausen gleich mal mit 1:4. Gegen die Kieler durfte Ali Bastan (RM) gleich von Beginn an ran und blieb bis zum Schluss auf dem Platz – es dürfte sein letztes Spiel für den Club gewesen sein. Dafür frotzelten die Spieler des Gegners teils sehr freundlich mit ihm, denn sie hatten natürlich schon davon gehört, dass er im Januar zum Lokalrivalen Holstein wechselte. :lach:


    Auch sonst gab der Chef hier den Reservisten einen Startelfeinsatz. Joel und ich kamen wie die meisten anderen Stammspieler erst zur – oder in der – zweiten Halbzeit. Und auch so entledigten wir uns der Aufgabe in einem unterhaltsamen Spiel mit der erwarteten Souveränität.



    Ich freue mich natürlich, dass ich auch hier wieder mein Törchen beisteuern konnte. Am Sonntag hieß unser „Endspielgegner“ TuS Schwachhausen – für meine italienischen Freunde: übersetzt heißt das so etwas wie Vividebole! :frech2:


    Und reichlich schwach spielten sie tatsächlich. Mir gelangen allein in der ersten Hälfte drei Tore, dann durfte Thomas Hertzsch für mich rein. Am Ende hatte Joel mit vier Treffern den größten Anteil an dem für die Gäste doch ziemlich blamablen 11:0.



    Das Spiel um Platz drei zwischen Passau und Kiel endete übrigens 1:1; das Elfmeterschießen habe ich nicht mehr abgewartet, so dass ich auch nicht sagen kann, wer am Ende gewonnen hat. Ist mir auch ziemlich egal. Einer unserer Spieler stand diese Woche aber mehr als gewohnt im Mittelpunkt, und das ist Robert Mak. Denn der 31-jährige Slowake bestritt als einziger Nürnberger ein Länderspiel: Bei dem beachtlichen 2:2 gegen Spanien wurde er 18 Minuten vor Schluss als RM eingewechselt. :in:


    So, liebe Leute, das nächste Mal schreibe ich euch hier von den anstehenden Ligaspielen in Cottbus (13.) und gegen Bochum (5.), und dann ist ja auch schon fast Dezember. Mann, freue ich mich darauf, die Mamma und den Papá über Weihnachten wiederzusehen!

  • 12. Tore nur auf einer Seite

    (27.11.2022)


    Der FC Energie Cottbus ist ziemlich genauso alt wie la Germania riunificata, denn er wurde erst 1990 gegründet. Die Vorgängermannschaft verbrachte nur insgesamt sechs glücklose Jahre in der obersten DDR-Spielklasse. Dafür gelang im Jahr 2000 der Aufstieg in die Bundesliga, wo man insgesamt zwölf Spielzeiten zubrachte, aber auch siebenmal abstieg, zuletzt gerade jetzt im Sommer. Aktuell läuft es nicht so doll, doch immerhin haben sie mit dem VfB Stuttgart gerade – wie wir auch – einen Erstligisten aus dem Pokal geworfen und die beiden letzten Ligaspiele vor der Begegnung mit uns gewonnen. Wir waren also gewarnt.



    In der ersten halben Stunde hatte Cottbus mehr vom Spiel, aber das Tor machte unser Innenverteidiger Naqshband mit einem Sonntagsschuss in der 24. Minute. Das hatte es offenbar als Wachmacher gebraucht. Wenig später verfehlte ich das Tor noch knapp, aber in Minute 33 klappte es dann besser.



    In der zweiten Hälfte lief es ähnlich: Zuerst war Energie am Drücker und Florian Malek (TW) musste sein ganzes Können zeigen. Nach einer Stunde nahm der Chef wieder mal Joel für Thomas Hertzsch raus und für den gelbverwarnten Weinzierl (RM) kam Robert Mak. Prompt ergaben sich für uns wieder Chancen, auch für mich. Eine davon nutzte ich.



    Aber Sicherheit ging jetzt vor, das Mittelfeld stand ziemlich weit zurückgezogen und der Gegner biss sich die Zähne aus. Lediglich in der allerletzten Minute gab es für die Gästefans noch einen Leckerbissen, als M’Bia (DM) mit einem Heber über Energies Keeper Timo Horn zum 4:0-Endstand traf. :cheer_all:


    Faizullah al Naqshband und ich kamen in die Elf des Tages und in der Torschützenliste lag ich jetzt schon auf Platz drei hinter Lukas Hunziker (Augsburg) und Jan Schlaudraff (Hannover). Letzterer hatte beim 1:0 in Duisburg diesmal allerdings nicht getroffen.



    Unter der Woche rief ich übrigens mal Hanno Flender an. Ihr erinnert euch: der weilte zurzeit in Mailand, um die Inter-Spieler zu beobachten. Klar, dass ich ihn darum beneidete, aber er wusste auch ganz genau, wem er diesen Auftrag zu verdanken hatte. ;)


    „Ciao Paolo“, sagte er, gar nicht überrascht, „möchtest wohl mal wissen, ob ich hier jemanden nach Nürnberg lotsen kann?“


    „Ich hab’s einfach nicht ausgehalten,“ gab ich zu. „Und? Was machen meine Interisti?“


    „Naja, dass sie immer noch nur auf Platz elf liegen, wirst du ja selbst mitbekommen haben. Nach dem Rauswurf von Bernardini läuft es auch nicht besser, und die Fans fordern schon wieder den Kopf des neuen Trainers, Pietro Vitale.“


    „Ja, das ist indicibilmente incapace, was die da zusammenspielen! Dabei haben sie doch eigentlich gute Spieler. Wie sieht es denn“ – an der Stelle räusperte ich mich verlegen – „mit der Jugend aus?“


    „Oh, da gibt es durchaus einige Talente. Und in ihren Ligen mischen die deutlich besser mit als die Profis.“


    „Äh, hast du denn auch mal den einen oder anderen gefragt, ob er nach Nürnberg kommen würde?“ Ich hegte ja im Stillen die Hoffnung, mit einem wahren Freund und Interessensgenossen leichter zum Club meines Herzens wechseln zu können. :loveyou:


    „Nun, da spreche ich natürlich nicht die Jungs selbst an, aber ein paar Kontakte habe ich schon geknüpft, vor allem wegen der stärksten A-Jugendspieler.“



    Ich verkniff mir eine Bemerkung darüber, dass da ja unsere 17- und 18-Jährigen um Alessandro Fiorotto auch nicht viel schlechter waren, und war ziemlich enttäuscht. Naja, es hilft halt nichts: ich muss meine Karriere allein gestalten, indem ich immer besser werde und durch gute Leistungen auf mich aufmerksam mache. :training:


    Am nächsten Sonntag ging es gegen den VfL Bochum. Bochum liegt im Kohlegebiet an der Ruhr und „VfL“ heißt Associazione per l'educazione fisica. So weit, so lustig. Der VfL Bochum ist 2010 das letzte Mal aus der Bundesliga abgestiegen, danach verbrachten sie eine Saison in der Dritten Liga, den Rest waren sie zweitklassig, und das ziemlich durchschnittlich. Platz fünf, den sie jetzt belegten, ist da schon etwas Besonderes.



    „Das gewinnen wir hundertprozentig!“, war die Ansage von Carlos Barrena vor dem Spiel in der Kabine. Derselben Meinung waren wir auch. Aber erneut tat sich fast eine halbe Stunde lang so gut wie gar nichts. Ehe M’Bia mal wieder einen große Auftritt hatte und den Ball nach einer Ecke aus 19 Metern in die Bochumer Maschen hämmerte! Und danach lief es.



    Damit hatte ich jetzt schon im dritten Spiel in Folge getroffen! Und sechs Minuten später war es genau umgekehrt wie eben: Nach einer Ecke verlängerte ich auf Joel und der traf aus dem Gewühl heraus flach zum 3:0. Nach der Pause setzte sich das ebenso munter fort, und wieder ging dem nächsten Tor eine Ecke voraus.



    Ich muss allerdings zugeben, dass ich da schon ziemlich platt war. Deshalb hatte ich auch gar nichts dagegen, als der Chef mich für Turhan rausnahm; zugleich kam Christofi für den ebenfalls erschöpften Pínola (LV). Danach passierte so gut wie nichts mehr und wir brachten unser zweites 4:0 in Folge sicher nach Hause. Es war außerdem das vierte Ligaspiel nacheinander ohne Gegentor. Und ich – ich wurde Spieler des Spiels und Spieler des Tages, landete in der Elf des Tages und lag in der Torschützenliste jetzt auf Rang zwei!



    Durch die überraschende Heimniederlage von Hannover wurde unser Vorsprung nun noch deutlicher, als Herbstmeister standen wir bereits fest und jeder sah uns auch schon als sicheren Aufsteiger. Aber jetzt mal eine Frage an euch mit der Bitte um eine ehrliche Antwort: Findet ihr auch, dass wir aufsteigen werden? So erfolgreich wie bisher mit nur einem Unentschieden und ohne Niederlage wird es ja wohl nicht weitergehen, oder?


    Zum Schluss für heute noch die Zahl des Monats: 25 Tore haben wir im November geschossen und kein einziges kassiert!


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