Die Bild-Zeitung

  • 9.5.2005


    Punkt, Punkt, Punkt


    Irgendwie nachvollziehbar, dass die Musiker der Softpopgruppe "Juli" und ihre Plattenfirma nicht begeistert sind von der "Bild"-Behauptung, sie hätten für ihr neues Lied "Regen & Meer" ein "Terror-Video" gedreht. Sowas lässt man sich nicht gerne sagen - zumal dann nicht, wenn es stimmt. (Und da helfen auch keine kurzatmigen Beteuerungen der Bandmitglieder, man würde sich in dem als Kurzfilm gedrehten Videoclip "in keiner Weise" auf die Entführung und Ermordung Hanns Martin Schleyers beziehen. Wer die Geschichte und das Video kennt, dürfte das anders sehen.) Das vorweg.


    Andererseits ist die Empörung der Popgruppe nicht nur irgendwie nachvollziehbar, sondern - wenn man sich den "Bild"-Bericht vom vergangenen Mittwoch genauer anschaut - auch irgendwie berechtigt. In "Bild" hieß es nämlich über das ("Terror-Video") "Terror-Video":


    [Blockierte Grafik: http://www.bildblog.de/wp-content/julivideo1.jpg]


    Und unmittelbar im Anschluss an die (mit drei harmlosen Punkten) abgebrochene Nacherzählung schrieb "Bild" weiter:


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    Was "Bild" jedoch komplett verschweigt: Die auffälligen Parallelen zum "Deutschen Herbst" 1977 enden in dem "makabren Video" ungefähr dort, wo auch "Bild" ihre Nacherzählung abbricht… Hernach mündet die fiktionale Handlung des Clips (anders als die Schleyer-Entführung) nicht in die Ermordung des Opfers, sondern im Gegenteil in dessen Befreiung, die Entführer werden festgenommen…


    Hätte "Bild" also geschrieben, das filmische Werk zeige deutliche Unterschiede zum "Deutschen Herbst" 1977 - es hätte genauso gestimmt.

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  • 11.5.2005


    Ohne Rücksicht auf Verluste


    Zitat

    Manche machen sich das Leben einfach. Das Leben läuft dann so: Da gibt’s Männer, die brauchen was. Und Frauen, die wollen was. Die Männer brauchen Frischfleisch. Und die Frauen wollen berühmt werden. Paßt doch.
    "Bild" am 11.5.05 zum Auftakt einer neuen Serie über "Die Welt der Party-Luder" — unter der Überschrift "Schon 12jährige finden Ammer-Partys 'geil'"


    So, dann streifen Sie sich mal was Unempfindliches über, ziehen sich robustes Schuhwerk und eventuell Handschuhe an, denn wo wir uns jetzt hinbegeben, wird es schmutzig. Es geht um Promi-Partys, Party-Luder, Vergewaltigungsvorwürfe, zwielichtige "Model-Manager" und um Michael Ammer, "Deutschlands Partykönig" ("Bild"). Kurz: Es geht um ein Milieu, in dem der Boulevard-Journalismus — und insbesondere "Bild" — ganz bei sich selbst sind.


    Vergangenen Donnerstag wurde Michael Ammer im Kölner Maritim-Hotel festgenommen. Er wurde von der Polizei "in einer verfänglichen Situation mit der offenbar betrunkenen Katarina" überrascht. Katarina ist 15. Sie und ihre ebenfalls 15-jährige Freundin Natasha beschuldigen den 44-jährigen Michael Ammer, Katarina nach einer Party (übrigens Teil einer Clubtour namens "Hommes Uomo Fashion Night") sexuell belästigt zu haben. (Die Mädchen heißen in Wahrheit natürlich anders, der Einfachheit übernehmen wir aber hier die von "Bild" geänderten Namen.) Die Polizei ermittelt seither gegen Ammer wegen sexueller Nötigung und Vergewaltigung.


    Die "Bild am Sonntag" berichtet ausführlich über den Fall. Der Manager der beiden 15-jährigen "Nachwuchs-Models", Michael Marx wird mehrfach zitiert. Er behauptet laut "BamS" u.a., Ammer habe gewusst, dass das Mädchen erst 15 sei. Außerdem steht in der "BamS", dass Marx den "Kampf gegen 'Model-Mißbrauch'" weiterführen wolle.


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    Die gesamte Seite 14 ist diesem Thema gewidmet. Die 15-jährige Katarina schildert, was sich im Hotel Maritim zugetragen haben soll. Außerdem hat "Bild" inzwischen einiges über Michael Marx, der so ausführlich in der "BamS" zu Wort kam, herausgefunden:


    Zitat

    Der Manager (…) veröffentlichte im Internet erotische Fotos von Minderjährigen – auch von Kronzeugin Natasha!
    Marx bietet getragene Schlüpfer der minderjährigen Mädchen zum Verkauf an (…)
    Marx drängte auch die 15jährige Katarina zu einem Foto-Shooting in erotischen Posen. Er bietet die minderjährigen Models gegen Geld im Internet an. Jeder kann die Mädchen dort mieten.


    In einem weiteren Text, der die Überschrift trägt, "Kronzeugin Natasha verkauft getragene Slips im Internet", schildert "Bild" noch ausführlicher, was Marx im Internet anbietet. Auch wenn Marx seine Internetseite fast täglich aktualisiert und der Shop für die "Mode- oder Dessous-Artikel (die ich in Shootings trage)" (so jedenfalls der Original-Text im Shop) mittlerweile nicht mehr online ist, ebenso wenig wie die erotischen Fotos von Natasha — im Kern scheinen die Vorwürfe nicht ganz falsch zu sein.


    Für die beiden 15-jährigen Mädchen ist das natürlich schlimm genug, sagt aber erstens noch überhaupt nichts darüber aus, ob Katarina tatsächlich von Michael Ammer vergewaltigt oder sexuell genötigt wurde. Und zweitens erscheint es zumindest fragwürdig, dass "Bild" am Montag einige der freizügigen Fotos, die sie so anprangert, abdruckte. Immerhin: Da wurden die Mädchen noch unkenntlich gemacht.


    Gestern war "Bild" dann nicht mehr so rücksichtsvoll, was die Identität des möglichen Vergewaltigungsopfers angeht:
    [Blockierte Grafik: http://www.bildblog.de/wp-content/ammer_nacht.jpg]


    Auf der Titelseite zeigte "Bild" also ein Foto der 15-jährigen, ganz ohne Balken oder sonstige Bemühungen, sie unkenntlich zu machen. Und auf Seite acht noch einmal dasselbe Foto – mit dieser widerlichen Schlagzeile:
    [Blockierte Grafik: http://www.bildblog.de/wp-content/ammer_ffahren.jpg]


    Sicher, höchstwahrscheinlich hat die Mutter der 15-jährigen Katarina der Veröffentlichung nicht widersprochen — aber dieselbe Mutter hat ihre Tochter ja auch dem sogenannten Model-Manager Marx anvertraut.


    Und heute findet sich schon wieder dasselbe Foto auf der "Bild"-Titelseite (und wir fragen uns etwas verwirrt, warum Katarina auf einem anderen Foto in "Bild" ein schwarzer Balken über die Augen montiert wurde):
    [Blockierte Grafik: http://www.bildblog.de/wp-content/ammer_beruehmtwerden.jpg]


    Jetzt ist Katarina also schon "Die 15jährige vom Party-König" und sie "gesteht total verzweifelt", dass sie ja nur berühmt werden wollte.


    Und damit kein falscher Eindruck entsteht: Mehr gesteht sie vorerst nicht, und ihr Geständnis steht, wie man dem Artikel zur Schlagzeile entnehmen kann, in keinem Zusammenhang zu ihren Vorwürfen gegen Michael Ammer. Es bezieht sich also nicht etwa auf die "Sex-Falle" vom Montag, sondern darauf, dass sie sich mit Michael Marx eingelassen habe. Über den berichtet "Bild" übrigens noch mehr Unappetitliches.


    So. Und wir alle haben ja nun den Vorteil, dass wir uns nach dieser Schmuddelreise einfach waschen gehen können. Und damit hat sich das für uns erledigt. Die beiden 15-jährigen Mädchen hingegen, die sind nun tatsächlich irgendwie berühmt – glücklich allerdings werden sie wohl auf absehbare Zeit nicht werden. Und was das angeht, spielt es auch keine Rolle, ob Katarina tatsächlich von Ammer sexuell genötigt oder gar vergewaltigt wurde, oder ob das Ganze eine "Sex-Falle" war.


    Aber so ist das wohl: Manche machen sich das Leben einfach. Das Leben läuft dann so: Da gibt's Zeitungen, die brauchen was. Und Mädchen, die wollen was. Die Zeitungen brauchen Schmuddel-Geschichten. Und die Mädchen wollen berühmt werden. Passt doch — jedenfalls für "Bild".

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  • 12.5.2005


    Die bittere Rache


    Alexandra Neldel hat gerade ziemlich viel Erfolg mit der Telenovela "Verliebt in Berlin". In dieser Woche wurde die Sat.1-Vorabendserie sogar von mehr Zuschauern gesehen als die RTL-Konkurrenz "Gute Zeiten, schlechte Zeiten". Soviel steht fest: Glücklich ist RTL darüber ganz sicher nicht.


    Und jetzt "Bild":
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    So berichtet "Bild" heute auf der Titelseite unter einem Nacktfoto Neldels darüber, dass RTL im Sommer einen acht Jahre alten Film zeigen will, in dem die Schauspielerin in einer Sexszene, pardon: "drei Minuten lang bei wildesten Sex-Spielen mit Filmpartner Christian Brückner" zu sehen ist. Im Innenteil druckt "Bild" weitere Nacktfotos aus dem RTL-Film [URL=http://www.bild.t-online.de/BTO/promiskinomusik/2005/05/12/neldel__se__x__tv/neldel__se__x__tv,templateId=renderKomplett.html]und fragt:[/URL]


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    Bei RTL sind sie deshalb stinksauer. Sprecher Claus Richter sagt, der Film werde wiederholt, weil er bei seiner Erstausstrahlung sehr erfolgreich gewesen sei. Dass "Bild" behauptet, RTL strahle den Film womöglich aus, um sich an der Konkurrenz zu rächen, nennt Richter "kompletten Humbug". "Die Schlagzeile entbehrt jeder Logik und jeder Wahrheit. Hier wird RTL instrumentalisiert, um Frau Neldel zu schaden." Ein Zitat von Sprecher Wolfram Kons sei von "Bild" verkürzt wiedergegeben worden.


    Richter sagt auch, ein "Bild"-Redakteur habe bei ihm angerufen, sich erkundigt, ob und wann der Film laufe und um einen Mitschnitt gebeten. Dass es um eine Geschichte über Neldel geht, habe der Redakteur ihm nicht gesagt – und war auch nicht unmittelbar zu ahnen gewesen, da Iris Berben die Hauptrolle spielt. Neldel ist lediglich in einer Nebenrolle zu sehen. Folglich hat "Bild" die Sexzenen-Fotos gedruckt, ohne vorher bei RTL um Erlaubnis zu fragen. "RTL hat keinerlei PR-Effekt dadurch, diesen Film jetzt anzukündigen", erklärt Richter empört.


    Dass "Bild" die Neldel-Nacktbilder aus dem Film publiziert, ist allein deshalb reichlich unverschämt, weil das Blatt [URL=http://www.bild.t-online.de/BTO/promiskinomusik/2005/05/11/neldel__nacktfotos/neldel__nacktfotos,templateId=renderKomplett.html]gestern erst berichtete[/URL], die Schauspielerin habe "all ihre wunderschönen Nacktaufnahmen" aus dem "Playboy" von 1997 "aus dem Verkehr ziehen" lassen: "Sie dürfen nicht mehr veröffentlicht werden." Selbst der dümmste Redakteur hätte auf die Idee kommen können, dass Neldel offenbar keine Nacktfotos von ihr in der Zeitung sehen will.


    Gegen die Jugendzeitschrift "Yam", die wie "Bild" im Axel-Springer-Verlag erscheint, gehe Neldel juristisch vor, weil das Magazin die Titelseite der "Playboy"-Ausgabe mit Neldel abgebildet habe, schrieb "Bild" außerdem – und stellte frech den Titel der "Playboy"-Ausgabe mit der nackten Alexandra Neldel dazu. Als fahrlässig lässt sich das schon nicht mehr schönreden – soviel Sensationsgeilheit ist eigentlich schon: böswillig. Fragt sich also, wer hier auf eine "bittere Rache" aus ist.


    Die Berliner Agentur der Schauspielerin möchte zu den "Bild"-Berichten derzeit keinen Kommentar abgeben.

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  • 12.5.2005


    Die bittere Rache II


    Zitat

    Dass die Springer-Blätter politisch auf einer Linie fahren, ist nicht neu, auch nicht, dass sie sich gegenseitig helfen, indem sie die selben Texte drucken. Dass die Bild-Zeitung aber ihre Macht missbraucht, um das rechtswidriges Vorgehen eines Hausblättchens zu rächen, ist eine neue Qualität.


    Schreibt die "Berliner Zeitung" in einem Artikel über die "widerliche Kampagne", die "Bild" gerade (wie berichtet) gegen die Schauspielerin Alexandra Neldel fährt.


    Der Hintergrund: Die Springer-Jugendzeitschrift "Yam" hat — offenbar rechtswidrig — ein acht Jahre altes Nacktfoto veröffentlicht, das Neldel exklusiv für den "Playboy" gemacht hat. Als die Schauspielerin jetzt juristisch dagegen vorging, zeigte "Bild" ebenfalls die nackte Neldel vom "Playboy"-Cover. Dabei hat laut "Berliner Zeitung" ein Gericht dem Blatt die Veröffentlichung der "Playboy"-Fotos schon 1998 ausdrücklich verboten. Neldels Anwalt sagt, "Bild" habe "in Kenntnis des Verbots gegen Recht und Gesetz verstoßen".


    Im vergangenen Jahr hat "Bild" bereits eine ähnliche Kampagne gegen die Schauspielerin und frühere Porno-Darstellerin Sibel Kekilli gefahren. Dafür wurde sie vom Presserat im Dezember 2004 gerügt. Auch über ein halbes Jahr später hat "Bild" diese Rüge — entgegen den Gepflogenheiten und der eigenen "journalistischen Richtlinien" — noch nicht im Blatt abgedruckt.

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  • 13.5.2005


    "Bild" mischt heimlich Diesel mit Benzin


    Diese ziemlich dämliche Frage stellt "Bild" heute auf Seite eins:
    [Blockierte Grafik: http://www.bildblog.de/wp-content/raps_benzin.jpg]


    Und auch davon abgesehen verwirrt der [URL=http://www.bild.t-online.de/BTO/news/2005/05/13/raps__benzin/raps__in__benzin,templateId=renderKomplett.html]Text[/URL] dazu ein wenig. Dort heißt es nämlich eingangs:


    Zitat

    Die Mineralöl-Multis Aral, Shell und Total mischen heimlich Bio-Kraftstoff aus Raps und Weizen in ihren Sprit: Bei Diesel und Normalbenzin sind es bis zu 5 Prozent pro Liter!


    Und etwas später wird dann ein Sprecher von Total zitiert:


    Zitat

    "Wir haben erhebliche Qualitätsprobleme, da sich in den Transport- und Lagertanks Wasser absetzt."


    Da wundert man sich schon, dass sich Total so offen zur heimlichen Rapsöl-Beimischung bekennt. Außerdem fragt man sich, warum die überhaupt Rapsöl verwenden, wenn sie doch finden, dass es damit Probleme gibt. Und eine Antwort könnte diese Pressemitteilung von Total geben, die die Überschrift trägt, "Richtigstellung zu fehlerhaftem Bericht der BILD Zeitung". Da steht u.a. dies hier:


    Zitat

    An keiner der rund 1200 Tankstellen von TOTAL in Deutschland wird Benzin mit Ethanol-Beimischung verkauft. (…) Insofern ist das Zitat in der BILD Zeitung zwar formal richtig, aber im falschen Zusammenhang: Es ist die Begründung, weshalb TOTAL kein Ethanol beimischt.


    Und wer will, mag sich auch noch diese Pressemitteilung des Mineralölwirtschaftsverbands durchlesen, oder diese des Deutschen Bauernverbands. In allen Mitteilungen kann man auch erfahren, dass die Mineralölgesellschaften gar keinen Hehl daraus machen, dass sie dem Diesel, anders als dem Ottokraftstoff, durchaus (Bioethanol) Biokomponenten beimischen.


    Natürlich muss man das nicht glauben, aber immerhin ergibt es Sinn — im Gegensatz zum "Bild"-Artikel.

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  • Überraschend ist etwas anderes II


    Zitat

    Amigo-Affäre um Grünen-Chefin Roth — Warum bekam ihr Freund so lukrative Staatsaufträge?


    So schrieb "Bild" am 20. April 2005. Die Antwort auf die von "Bild" gestellte Frage muss offen bleiben, denn Roths Freund bekam die "lukrativen Staatsaufträge" schon, als er noch gar nicht ihr Freund war, was es ein bisschen knifflig macht, darin eine wie auch immer geartete "Amigo-Affäre" zu sehen.


    Erstaunlicherweise blieb die "Bild"-Zeitung dennoch bei ihrer Darstellung, und Claudia Roth musste sich ihr Recht auf eine Gegendarstellung erst vor Gericht erkämpfen. Heute nun steht sie im Blatt. Und der Artikel, von dem ein "Bild"-Sprecher zuletzt noch sagte, die Fakten seien korrekt und man habe sich nichts vorzuwerfen, ist spurlos aus dem Online-Angebot verschwunden.


    Korrektur, 14. Mai: Nur der Online-Ableger von "Bild" hat die Gegendarstellung akzeptiert und gedruckt. Die "Bild"-Zeitung geht weiterhin juristisch dagegen vor.

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  • Die bittere Rache III


    Faustregel 1: Wenn die "Bild"-Zeitung gegen jemanden eine Kampagne fährt, hört sie nicht nach zwei Tagen auf.


    Faustregel 2: Je länger die Kampagne andauert, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass in den Artikeln noch Dinge stehen, die stimmen.


    Heute ist der dritte Tag der aktuellen "Bild"-Kampagne gegen Alexandra Neldel, und die Zeitung hat sich Folgendes einfallen lassen:


    [Blockierte Grafik: http://www.bildblog.de/wp-content/neldel.jpg]


    "Bild" schreibt: Weil RTL im Juli den Film "Miststück" mit ihr wiederhole, in dem "heiße Sexszenen" mit ihr zu sehen seien, sei Neldel "stinksauer" und wolle vielleicht sogar bei "Verliebt in Berlin" aussteigen.


    Nun kann man sich fragen, ob das denn stimmt. Vorher aber noch kann man sich fragen, ob das überhaupt einen Sinn ergibt: Neldel ist bei Sat.1 so erfolgreich, dass RTL sich ärgert. RTL will Neldel zurückärgern und wiederholt deshalb einen alten Film mit ihr. Neldel ärgert sich so sehr über RTL, dass sie daraufhin bei Sat.1 kündigt.


    Oder, anders gesagt: Hä?


    "Bild" behauptet weiter, Christian Popp, der Produzent von "Verliebt in Berlin", habe "Bild" gegenüber gesagt:


    Zitat

    "Ob Frau Neldel auch in einer weiteren Staffel mitwirkt, ist derzeit noch unklar."


    Mal abgesehen davon, dass auch "noch unklar" ist, ob es eine weitere Staffel geben wird (Telenovelas wie "Verliebt in Berlin" sind eigentlich nicht auf Unendlichkeit angelegt), hat sich Alexandra Neldel schon vor einem Monat festgelegt. Bei "Beckmann" sagte sie am 18. April 2005:


    Zitat

    "Ich fände es traurig, weiterzumachen. Dann müssen sie jemand anderes suchen. Nach 225 Folgen ist die Geschichte erzählt."


    Damals war von dem angeblichen Wirbel um die RTL-"Miststück"-Wiederholung noch nichts zu ahnen; der von "Bild" hergestellte Zusammenhang ist offenkundig falsch.


    Dass der eigentliche "Zoff um Sexszenen", von dem "Bild" schreibt, nicht zwischen RTL und Sat.1 stattfindet, sondern zwischen Neldel und dem Springer-Verlag, in dem "Bild" erscheint, verheimlicht die Zeitung. Neldel geht (wie gesagt) dagegen vor, dass Springer mehrmals rechtswidrig ein altes "Playboy"-Foto von ihr veröffentlicht hat. Wenn man das weiß, erkennt man auch den "Bild"-Humor, der sich in diesem Text unter einem Foto von Neldel ausdrückt:


    [Blockierte Grafik: http://www.bildblog.de/wp-content/neldel2.jpg]

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  • 14.5.2005


    Alte Produkte, neu verpackt


    Wie "Bild" zunehmend Einfluss darauf gewinnt, was in Deutschland zum Verkaufsschlager wird

    Das Jahr hat gut begonnen für den Autohersteller Seat. Im Januar und Februar verzeichnete die VW-Tochter im Vergleich zum Vorjahr das Dreifache an Aufträgen für ihren Kleinwagen "Ibiza", meldete Seat Deutschland im März. Dass das Modell urplötzlich so beliebt war, lag nicht etwa daran, dass der schon etwas betagte "Ibiza" mit exklusiven Extras angeboten oder mit einer besonders flotten Kampagne beworben wurde – sondern vor allem an einer Kooperation mit der "Bild"-Zeitung. Zwei Monate bot Seat das Sondermodell "Ibiza Sport Edition" als "Volks-Seat" an. "Bild" und Bild.T-Online warben kräftig für die Aktion – und erzielten offenbar den erwünschten Erfolg.


    Längst nutzt "Bild" den eigenen Namen nicht mehr nur für Zeitschriften-Ableger wie "Computer-Bild" oder "Audio-Video-Foto-Bild". Mit den "Volks"-Produkten will das Boulevardblatt von der Spülmaschine über die Zahnbürste bis hin zur Bettdecke nun auch allerlei Gebrauchsgegenstände verkaufen.


    Deutschlandweit bekannt


    Die produziert "Bild" natürlich nicht selbst. Die Zeitung, genauer: deren Internet-Ableger Bild.T-Online, kooperiert lediglich mit den Herstellern der Waren, die es in der Regel auch ohne "Volks"-Label längst im Handel zu kaufen gibt. Die Unternehmen profitieren davon, dass "Bild" ihr "Volks"-Produkt innerhalb kürzester Zeit deutschlandweit bekannt macht. Entsprechend gut verkaufen sich viele der angebotenen Waren.


    Begonnen hat alles mit dem Volks-PC im September 2002. Mit der Handelskette Plus brachte "Bild" einen PC in die Läden, der von jedem Nutzer einfach zu bedienen und auch für jeden erschwinglich sein sollte. Die Aktion lief so gut, dass man sich entschied, sie fortzuführen. Inzwischen gibt es über 25 "Volks"-Produkte. Partner waren oder sind Unternehmen wie Seat, Quelle, Deichmann, Talkline und Deutsche Bank. Bild.T-Online verkauft den Herstellern Werbe-"Packages", die prominent platzierte Online-Beiträge auf Bild.de, Sonderbeilagen in der Printausgabe sowie Anzeigen in "Bild" und "Bild am Sonntag" beinhalten. Als Eye-Catcher werben Promis für die Angebote (manchmal sogar ohne ihr Wissen). Die Kooperationen machen bei Bild.T-Online schon jetzt 30 bis 40 Prpzent des Umsatzes aus, der laut "FAZ" im Dezember 2004 bei rund 30 Millionen Euro lag.


    Keine "Stiftung Warentest"


    Im Prinzip ist gegen eine solche Vermarktungsstrategie nichts einzuwenden. Nicht nur "Bild", sondern auch viele andere Zeitungen mussten sich in den vergangenen Jahren überlegen, wie sie sich zukünftig finanzieren würden. In der Medienkrise waren den Verlagen die Einnahmen weggebrochen, die sie bisher mit Rubrikenanzeigen und Werbebuchungen erzielten.


    Problematisch ist jedoch, dass die "Volks"-Produkte leicht als Empfehlung der "Bild"-Redaktion missverstanden werden können. Die "Volks-Waschmaschine" "hat ordentlich Wasch-Power in der Trommel" und zahlreiche "Finessen", sie "geht dem Schmutz gehörig an den Kragen", ist einfach "Spitzenklasse". Das "Volks-Fahrrad" "rostet nicht (…), es ist sicher (…) und hat tolle Extras", "das Licht ist besonders hell" und "mit dem aktiven Bremssystem (ABS) brauchen Sie weniger Kraft zum Bremsen". So steht es bei Bild.de.


    Die rein werblichen Beiträge sind inzwischen zwar korrekt als "Anzeige" gekennzeichnet, suggerieren aber dennoch, dass es sich um ein besonderes Schnäppchen oder ein besonders hochwertiges Produkt handelt, das die Redaktion womöglich ganz besonders schätzt.


    Schlechter als die Basisversion


    Das muss nicht immer auch der Fall sein. Hanno S. Ritter vom Online-Portal Autokiste.de nennt das kürzlich von "Bild" und Blaupunkt angebotene "Volks-Navi" als Beispiel: "Das beworbene Gerät war schlechter als die ihm zu Grunde liegende Basisversion, etwa weil ein Tacho-Anschluss fehlte." In der Produktbeschreibung von Blaupunkt sei darauf verwiesen worden, dieser wäre nicht nötig. Das stimmt zwar. Ritter meint aber: "Richtig wäre gewesen: Ein Tacho-Anschluss ist bei diesem Gerät nicht möglich." Zudem sei das bessere Basisgerät mit Tacho-Anschluss im Handel bereits für denselben Preis wie das "Volks-Navi" angeboten worden.


    Nicht alles, was aggressiv als Schnäppchen beworben wird, ist automatisch auch eins. Die "Volks"-Produkte-Strategie ist dennoch so erfolgreich, weil sie Vertrauen aufbaut – das Vertrauen der Leser in "Bild", einer Zeitung, die immerzu von sich behauptet, für den kleinen Mann zu kämpfen. Wieso sollte man deren Empfehlungen nicht trauen? Ob die Kunden mit dem gekauften Produkt zufrieden sind, muss "Bild" erst einmal nicht weiter interessieren. Die Sache ist erledigt, sobald der Kunde das Produkt bestellt hat – es sei denn, Beschwerden häufen sich und der eigene Name könnte beschädigt werden. Damit das gar nicht erst passiere, würden sämtliche Produkte intensiv überprüft und von externen Experten bewertet, bevor sie beworben werden, heißt es bei Bild.T-Online. (Hier ein interessantes Gegenbeispiel.)


    Zweifelhafte Markenmacht


    Verbraucher können oft nur schwer nachprüfen, ob die angebotenen Waren tatsächlich so günstig sind, wie die "Volks"-Werbung suggeriert – zumindest, wenn es dabei um Produkte mit zahlreichen Funktionen geht, die nicht so einfach zu überblicken sind. Mag sein, dass das ein oder andere Angebot tatsächlich einige Euro günstiger ist als im Handel.


    Viel wichtiger ist jedoch, dass "Bild" nicht mehr nur Einfluss darauf nimmt, was in Politik und Gesellschaft diskussionswürdig erscheint, sondern mit zunehmendem Erfolg der "Volks"-Produkte auch darauf, welche Waren welches Herstellers die Verkaufsschlager von morgen werden – egal ob Waschmaschine, Fahrrad oder Computer. Ob eine solche Markenmacht auf Dauer tatsächlich im Sinne von Herstellern und Verbrauchern sein kann?

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  • 14.5.2005


    "Büld" kennt sich aus


    Es gibt Leute, die halten die morgige "Wetten, dass"-Sendung aus der Türkei für ein Zeichen der Integration und Verständigung und für eine wunderbare Möglichkeit, Vorurteile abzubauen. Andererseits ist Partner der Sendung die "Bild"-Zeitung und für die ist das Wundbare an Vorurteilen nicht ihre Abbaubarkeit, sondern ihre endlose Wiederaufwärmbarkeit.


    "Bild" also macht heute anlässlich der Veranstaltung ganz viele lustige Witze über "Thümüs Güttschylük" und "getürkte" Sendungen und zeigt den Moderator in einer Fotomontage mit schwarzem Schnurrbart, fiesem Goldzahn und einem Fes, der traditionellen Kopfbedeckung der Türken…
    [Blockierte Grafik: http://www.bildblog.de/wp-content/gottschalk.jpg]
    …oder genauer: der in der Türkei seit 1925 verbotenen traditionellen Kopfbedeckung der Türken. Kemal Atatürk untersagte das Tragen. Er sah in ihm ein Zeichen der Rückständigkeit und des Feudalismus. Die Abschaffung des Fes ist ein Symbol für den Laizismus und die Modernität des türkischen Staates. Und die "Bild"-Zeitung schreibt in ihrer Ahnungslosigkeit unter den Gottschalk mit Fes: "Nie war er soviel Türke!"


    "Bild" hat "für Thomas Gottschalk" dann noch einen "[URL=http://www.bild.t-online.de/BTO/promiskinomusik/wettendass/aktuell/2005/05/gottschalk__tuerkei/galerie,templateId=renderPopup.html]Kanakisch-Kurs[/URL]" organisiert, den "Kult-Autor" Michael Freidank "extra für BILD" geschrieben hat. Das ist nett, und vielleicht hebt Gottschalk ihn sich für die nächste Sendung in Essen, Berlin oder München auf. Denn in der Türkei spricht man selbstverständlich nicht "kanakisch". In den Worten des "Kult"-Autors selbst:


    Zitat

    Diese Sprache ist eine Art Dialekt, die sich in den letzten Jahren rasant ausgebreitet hat und es auch in Zukunft noch tun wird. Er wird in Deutschland gesprochen — und zwar unabhängig von Religionen oder Staatsangehörigkeiten.

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